Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

SFB 616 wird für weitere vier Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert

8 Mio. für die Physik und Chemie

[04.06.2009] Wegen seiner hervorragenden Leistungen in der Forschung erhält der Sonderforschungsbereich 616 „Energiedissipation an Oberflächen“ im Fachbereich Physik der Universität Duisburg-Essen (UDE) mehr als acht Mio. Euro, um weitere vier Jahre lang forschen zu können. Damit bleibt die UDE mit ihrer Physik weiterhin unter den sechs forschungsstärksten Universitäten Deutschlands, Maßstab ist das Förderranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die internationalen Gutachter lobten die „Forschung auf allerhöchstem Niveau“ und den „einzigartigen Standort“. Die wissenschaftliche Arbeit wird von 22 Physikern und Chemikern sowie zahlreichen Forschungsstudierenden getragen. Unterstützt werden sie dabei durch eine einzig-artige Ausrüstung. „Was uns auszeichnet, ist das Equipment“, erklärt SFB-Sprecher Prof. Dr. Michael Horn von Hoegen, „so steht bei uns beispielsweise eines der schnellsten Elektronenmikroskope der Welt.“

Thema des SFB ist die „Energiedissipation an Oberflächen“. Horn von Hoegen: „Als die Neandertaler vor 100.000 Jahren Steine aufeinander geschlagen haben, um Feuer zu machen, hatte das schon mit unserem Thema zu tun, denn sie haben Bewegungsenergie in elektrische umgewandelt. Was wir heute machen, ist im Grunde ähnlich, nur dass es in viel kleinerem Maßstab geschieht. Wir stoßen Atome gegeneinander und beobachten, was passiert.“

Was passiert, wenn Energie auf eine Oberfläche trifft?

Die Forscher interessieren sich dafür, welche Prozesse ablaufen, wenn Energie auf eine Oberfläche trifft. Die Energie hat dabei beispielsweise die Form von Licht. Das Licht wird von der Oberfläche aufgenommen und bringt die Teilchen, aus denen die Oberfläche besteht, in Bewegung. Während die Analyse dieses Vorgangs reine Grundlagenforschung ist, sind die Anwendungsfelder vielfältig und reichen von der Medizin über die Elektronik bis zu den Materialwissenschaften.

Ein Anwendungsbereich sind medizinische Operationen durch Laserstrahlen. Diese gelingen nur, wenn im Vorfeld genau geklärt ist, was geschieht, wenn der Strahl auf die Oberfläche, zum Beispiel die Hornhaut eines Auges, trifft. Hier muss gewährleistet sein, dass die entsprechende Stelle der Hornhaut verdampft – und nicht einkocht. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Elektronik: Mit den Computerchips werden auch die elektrischen Leiterbahnen auf diesen Chips immer kleiner. Dadurch steigt die Dichte des elektrischen Stroms in diesen Verbindungen. Wenn Strom durch Leiterbahnen fließt, bewirkt er jedoch eine Bewegung in dem Material, die sogenannte Elektromigration.

Wenn also die Leiterbahn immer kleiner und die Dichte des Stroms immer höher wird, steigt auch die Gefahr, dass es durch Elektromigration zu Rissen kommt, und die elektrischen Verbindungen unterbrochen werden. Dies kann ein Grund dafür sein, warum ein hochgerüsteter Plasmabildschirm plötzlich streikt.

Die Physiker und Chemiker des SFB verwenden für ihre Untersuchungen ultrakurze Laserpulse, die Materie sofort zum Schmelzen oder Verdampfen bringen. Oder sie schicken Elektronen in Nanostrukturen und beobachten diese dabei. Dafür nutzen sie Mikroskope, die extrem schnelle Bewegungen sichtbar machen können. So lässt sich die Flugbahn eines Elektrons auch dann noch verfolgen, wenn es mit einem Tempo durch die Gegend rast, das der Hälfte der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Mit einer Länge von acht Femtosekunden entstehen auf diese Weise die kürzesten Filme der Welt: eine Femtosekunde ist ein Millionstel von einem Milliardstel einer Sekunde. Es ist eins der schnellsten Elektronenmikroskope der Welt und ist teurer als ein Einfamilienhaus.

Spitzen-Mikroskop tastet einzelne Atome ab

Eine weitere Besonderheit ist das Rastertunnelmikroskop, das die Oberfläche einer Probe mit Spitzen abtasten kann, an deren Ende genau ein Atom sitzt. Im Duisburger Prototypen kommen gleichzeitig vier solcher Spitzen zum Einsatz, mit denen jeweils einzelne Atome kontaktiert werden können. Horn von Hoegen: „Dieses Instrument hat das Tor zur Nanowelt weit aufgestoßen und ermöglicht Untersuchungen, an die vor fünf Jahren niemand zu denken gewagt hat!“ So können zwei Spitzen genutzt werden, um eine Spannung anzulegen. Mit den anderen kann dann der Verlauf des Stromes beobachtet werden, um auf atomarer Ebene zu sehen, wo der elektrische Widerstand entsteht.

Die internationalen Gutachter lobten außerdem das ausgezeichnete Managementkonzept - von der Nachwuchsförderung über die internationale Vernetzung bis hin zur einzigartigen Ausstattung hat der SFB Modellcharakter. „Wir schicken unsere Doktoranden schon mal für einige Wochen nach New York in unterschiedliche Forschungseinrichtungen, darunter das Forschungslabor von IBM“, so Michael Horn von Hoegen, „die Amerikaner nehmen unsere Leute mit Handkuss, weil die so gut ausgebildet sind“. Der SFB hat hervorragende Kontakte und nutzt sie auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Bereits Diplomanden werden zu internationalen Konferenzen oder zu Forschungsaufenthalten bei Kooperationspartnern in San Francisco, Tokio oder Stockholm geschickt. „Dort lernen sie die ‚Bigsghots‘ unseres Faches kennen und erleben, wie diese sich wiederum für Forschungsergebnisse aus Duisburg begeistern. Das motiviert ungeheuer“, erzählt Horn von Hoegen. Das Konzept zur Nachwuchsförderung ist eine der Stärken des SFB, die von den DFG-Gutachtern besonders hervorgehoben wurden. Dazu gehört auch die Eigeninitiative der Diplomanden und Doktoranden, die selbstständig Mitarbeiterworkshops organisieren, um ihre Projekte vorzustellen. Auf diese Weise wird eine Kommunikationskultur etabliert, die kontinuierlich Synergieeffekte schafft.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Michael Horn von Hoegen, Tel. 0203/379-1438 / 1439, horn-von-hoegen@uni-due.de

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