Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Necla Kelek und der Islam
[10.01.2007] Die bekannte Publizistin Dr. phil. Necla Kelek und Inhaberin der Mercator-Professur hat ihre Vortragsreihe an der Universität Duisburg-Essen kürzlich abgeschlossen. Wer sich für die Vorträge interessiert, kann die Aufzeichnung ihrer öffentlichen Auftritte über den Dokumentenserver der UDE im Internet abrufen.
In ihren Vorlesungen im Rahmen der Mercator-Professur setzte sich Dr. Kelek mit dem Islam als politische Bewegung und dessen Integration in die Demokratie auseinander. Denn obwohl täglich über den Islam, den Islamismus, über Integration von Islam und Muslimen, Moscheebau, Kopftuch, Zwangsheirat und Terror berichtet wird, halten sich die politischen Redakteure und Feuilletonisten, die Politiker und Theologen bislang auffallend zurück, wenn es um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Religion geht, kritisiert Kelek.
Bei der Diskussion über und mit dem Islam müsse es aber darum gehen, fordert die Mercator-Professorin, Wege zu finden, das individuelle Recht auf Glauben und die Freiheit vom Glauben zu bewahren, d.h. die Trennung von Staat und Religion auch für den Einzelnen durchzusetzen. In ihren Vorträgen wird Dr. Kelek untersuchen, welche Politik und welche Strukturen im Namen des Islam vertreten und gefördert werden und wie demokratische Öffentlichkeit darauf reagiert.
Necla Kelek hat in Deutschland Volkswirtschaft und Soziologie studiert und über das Thema „Islam im Alltag“ promoviert. Sie forscht zum Thema Parallelgesellschaften und berät u. a. die Hamburger Justizbehörde zu Fragen der Behandlung türkisch-muslimischer Gefangener. Ende September hat sie für ihr jüngstes Buch „Die verlorenen Söhne“ den internationalen Sachbuchpreis CORINE 2006 erhalten. Sie ist geladene Teilnehmerin der Islamkonferenz der Bundesregierung, die Ende letzten Jahres unter Vorsitz von Bundsinnenminister Schäuble einberufen wurde.
Necla Kelek hat mit ihrem Buch „Die fremde Braut“ eine heftige Debatte über arrangierte Ehen und Importbräute und die gescheiterte Integration der Türken in Deutschland entfacht. Im jüngsten Buch
„Die verlorenen Söhne“ wendet sie sich der anderen Hälfte der traditionell türkisch-muslimischen Gesellschaft zu: den Vätern, die als Patriarchen das Leben der Familie bestimmen, den Söhnen, die sich von den Müttern vorschreiben lassen, wen sie zu heiraten haben, und den Brüdern, die ihre Schwestern kontrollieren und bestrafen. Anhand von Lebensgeschichten muslimischer Männer ? vom Mörder bis zum Vorbeter einer Moschee ? untersucht Necla Kelek das auf Ehre, Schande und Respekt, tatsächlich aber auf Gehorsam und Gewalt aufgebaute System der traditionell türkisch-muslimischen Erziehung.
Mit der Mercator-Professur soll das wissenschaftliche Vermächtnis des berühmten Duisburger Kartographen und Universalgelehrten aus dem 16. Jahrhundert wachgehalten werden. Zentrales Kriterium für die Vergabe der Mercator-Professur ist Weltoffenheit und Weitblick für die wichtigen Zeitfragen. Die bisherigen Inhaber der Mercator-Professur waren Bundesaußenminister a.D. Hans-Dietrich Genscher, der Schriftsteller Siegfried Lenz, der Literatur- und Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts a.D. Prof. Dr. Jutta Limbach, der Filmregisseur Volker Schlöndorff, der Journalist und TV-Moderator Ulrich Wickert, der ehemalige Top-Manager und Autor Daniel Goeudevert, der Schriftsteller Walter Kempowski sowie Bundespräsident a.D. Dr. Richard von Weizsäcker.
Koordiniert wird die Mercator-Professur durch das Zentrum für Interdisziplinäre Studien an der Universität Duisburg-Essen.
Redaktion: Beate H. Kostka, Tel. 0203/379-2430
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