Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Griechische Münzen und ihr Umfeld
[11.07.2008] Mit annähernd 70.000 Münzen, 200 Schmuckstücken und 500 anderen, überwiegend antiken Kunstobjekten zählt die Sammlung Köhler-Osbahr im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg zu den großen Sammlungen in Nordrhein-Westfalen. Sie ist eine lebende, d.h. offene und wachsende Sammlung, die immer wieder neue „alte Schätze“ bieten kann.
Seit ihrer Eröffnung im Jahre 1990 wird die Sammlung wissenschaftlich betreut und systematisch erfasst. Eine langjährige wissenschaftliche Zusammenarbeit besteht mit dem Althistoriker Professor Dr. Ruprecht Ziegler von der Universität Duisburg-Essen. Zuletzt hat Professor Ziegler zum Beispiel mit seinen Studierenden in einer Uni-Veranstaltung die Sammlung antiker Münzen aus Anemurion gesichtet, sortiert, bestimmt, einzeln beschrieben und den geopolitischen Kontext für Anemurion herausgearbeitet. Die Ergebnisse dieser Gemeinschaftsarbeit sind jetzt als Buch erschienen*.
Professor Ziegler: „Die Aufgabe war deshalb so reizvoll, weil die Köhler-Osbahr-Sammlung die weltweit größte Spezialsammlung von Münzen der kilikischen Stadt Anemurion enthält. Sie vermittelt einen guten Überblick über die bislang kaum erforschte Münzprägung dieser Stadt. Wir freuen uns, dass wir damit eine Forschungslücke schließen helfen können.“ Ein großer Nachholbedarf bestand vor allem bei der geld- und wirtschaftsgeschichtlichen Auswertung des Münzmaterials.
Anemurion (lateinisch Anemurium) war eine antike Siedlung in Kilikien südwestlich des heutigen Anamurs in der Südtürkei. In der Blütezeit dieser Siedlung in der römischen Kaiserzeit wohnten dort schätzungsweise mehr als 20.000 Einwohner. Noch heute sind Überreste eines großen Theaters für etwa 1.500 Zuschauer zu besichtigen sowie ein Odeon mit etwa 900 Plätzen und drei Bäder mit Warmwasserbecken.
In der Publikation kann aufgezeigt werden, dass die lokalen Münzen mit dem Reichsgeld kompatibel waren und somit das Kleingeld zum Edelmetallgeld darstellten. Die Ausprägung eigenen Geldes war für die Städte nicht nur eine Prestigeangelegenheit, sondern auch ein lukratives Geschäft. Die Münzen aus Anemurion wurden in unregelmäßigen Abständen geschlagen, je nach Bedarf.
Quer durch Anatolien führten gut ausgebaute Heeres- und Handelsstraßen, die die Hafenstadt Anemurion mit wichtigen Etappenstationen verband. Zu Kriegszeiten und bei Spannungen an den Reichsgrenzen wurden über diese Straßen erhebliche Truppenverbände verschoben. Die konsumfreudigen Soldaten, die Reichs-Edelmetallgeld mitführten und damit für einen Kapitalzufluss sorgten, benötigten in den Städten, in denen sie Quartier bezogen, lokales Kleingeld. Wie die Datierungen auf den Münzen aufzeigen, wurde dieses vor allem geprägt, um während der Truppenpräsenz die steigende Nachfrage nach Wechselgeld decken zu können.
Die Gewinne, die in der Stadt blieben, dürften dazu geführt haben, dass Anemurion in den kriegerischen Zeiten des späten 2. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts eine Blüteperiode erlebte, so dass kostspielige und prestigeträchtige Repräsentationsbauten in Auftrag gegeben werden konnten. Die Archäologen konnten bei ihren Grabungen für diese Zeit tatsächlich einen regelrechten Bauboom nachweisen, obwohl in den anderen Teilen des Römischen Imperiums ein wirtschaftlicher Niedergang eingesetzt hatte.
Mit dem Einfall der Sasaniden 260 n.Chr. war die Blüteperiode jedoch vorbei, auch Anemurion wurde dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen. 255 n. Chr. wurde auch die lokale Münzprägung eingestellt, durch den Verfall der Reichswährung war die Ausprägung eigenen Geldes nicht mehr rentabel.
*Prof. Dr. Ruprecht Ziegler, Ralf H. Althoff, Dr. Regina Hauses, Stephan Schulze „Griechische Münzen und ihr Umfeld. Die Prägungen der kilikischen Stadt Anemurion“
Redaktion: Beate H. Kostka, Tel. 0203/379-2430
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