Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Winzige, maßgeschneiderte Magnete
[11.11.2011] Nanomagnete werden heutzutage vielerorts eingesetzt: in der Medizin genauso wie in der Datenspeicherung. Dazu müssen sie mal stark, mal schwach magnetisch sein. Wie man die winzigen Magnete mit ganz bestimmten Eigenschaften herstellt, haben Forscher vom Center for Nanointegration (CeNIDE) der Uni soeben herausgefunden und ihre Ergebnisse veröffentlicht.
Nanomagnete, rund zehntausendmal kleiner als ein Blatt Papier dick ist, ermöglichen heute die fortschrittliche Datenspeicherung, dienen als Kontrastmittel bei der MRT-Untersuchung und werden für Hyperthermie-Behandlungen bei Krebspatienten eingesetzt. Dies sind nur einige Beispiele, doch machen sie bereits deutlich, dass bei so vielfältigen Anwendungen ebenso unterschiedliche Eigenschaften der Nanomagnete gefragt sind: Für die Datenspeicherung in Computern müssen die Nanomagnete etwa fest in eine Richtung ausgerichtet bleiben, um Daten für lange Zeit speichern zu können. Würden sie selbsttätig ihre Magnetisierungsrichtung ändern, ginge die gespeicherte Information verloren.
Für die hyperthermische Behandlung von Krebspatienten wiederum braucht man Nanomagnete, die sich ganz leicht umpolen lassen. Für die Therapie bringt man die winzigen Partikel direkt in den Tumor ein und ändert durch Magnetfelder von außen in schneller Geschwindigkeit ihre Magnetisierungsrichtung. Dadurch erzeugen die Nanomagnete Hitze, die die umliegenden Krebszellen lokal zerstört.
In Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen der Experimentalphysiker Prof. Heiko Wende und Prof. Michael Farle sowie der Arbeitsgruppe des Theoretischen Physikers Prof. Peter Entel wurden nun konkrete Regeln definiert, mit denen es möglich ist, schon bei der Herstellung der Nanomagnete deren Eigenschaften genau zu bestimmen. Dazu hat das Team um Prof. Wende die Nanopartikel mit unterschiedlichen Metallen ummantelt und anschließend deren Effekt auf die magnetischen Eigenschaften der innenliegenden Partikel gemessen.
Um möglichst aussagekräftige, detaillierte Messwerte zu erhalten, haben die Forscher ein Messgerät etwas anderer Größenordnung eingesetzt: BESSY II vom Helmholtz-Zentrum Berlin beschleunigt Elektronen in einem 240 Meter langen Ringsystem auf beinahe Lichtgeschwindigkeit. Die dadurch erzeugten hochbrillanten Röntgenstrahlen lassen Rückschlüsse auf die magnetischen Eigenschaften der Probe zu. Dr. Carolin Antoniak hat sich so manche Nacht an den Schalttafeln des Großgeräts um die Ohren geschlagen: „Es hat sich aber definitiv gelohnt“, betont die Physikerin. „Nur hier konnten wir unsere Messungen so detailliert durchführen und zwischen unterschiedlichen Magnetisierungstypen unterscheiden.“
Parallel dazu hat Dr. Markus Gruner aus der Arbeitsgruppe von Prof. Entel den Einfluss der verschiedenen Ummantelungsmetalle theoretisch berechnet – und zwar für jedes einzelne Atom in einem Nanomagneten. Für diese komplizierten Rechnungen nutzte der Theoretische Physiker Europas größten akademischen Forschungsrechner JUGENE am Forschungszentrum Jülich, der bis zu eine Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde ausführen kann. „Man steht in einer Halle neben 72 großen Schränken, die den Rechner beinhalten“, zeigt sich Gruner beeindruckt. „Wir mussten mehrere Wochen lang auf mehr als 1.000 Prozessoren gleichzeitig rechnen, bis wir Gewissheit hatten. So etwas geht nur auf JUGENE.“
Beide Ansätze – experimentell und theoretisch – ergänzen sich ideal: Die theoretische Berechnung ist zwar extrem genau, beruht jedoch auf Annahmen. Annahmen, die im Experiment bewiesen wurden. So können die Forscher nun voraussagen, mit welcher Metallummantelung welche Eigenschaften zu erreichen sind. Auch Charakteristika von bisher nicht hergestellten Arten von Nanomagneten können nun auf Grundlage der erhaltenen Daten zuverlässig berechnet werden. So lassen sich die Nanomagnete je nach Art der gewünschten Eigenschaften bereits in der Produktion maßschneidern. Eine ungemeine Erleichterung für Anwender jeder Art.
„Für die Zukunft haben wir uns vorgenommen, die Nanomagnete mit organischen Materialien zu umhüllen“, erklären Farle und Wende. „Eventuell ist es dann möglich, die Eigenschaften nachträglich durch äußere Einflüsse wie zum Beispiel Licht zu modifizieren.“
Link zur Veröffentlichung: http://dx.doi.org/10.1038/ncomms1538
Redaktion und Kontakt: Birte Vierjahn, CeNIDE, 0203/379-1456, birte.vierjahn@uni-due.de, http://www.uni-due.de/cenide/
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