Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Königsberg als Weltbürgerrepublik
[01.07.2005] Jürgen Manthey, Professor für Literaturwissenschaft der Universität Duisburg-Essen im Ruhestand, reist am 3. Juli mit Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Kaliningrad. Anlässlich der Feierlichkeiten zur Gründung der Stadt Königsberg im Jahr 1255 treffen sich Schröder, Putin und Chirac dort zu politischem Meinungsaustausch und zu kulturellem Tun. Manthey hat vor kurzem das von der Kritik hoch gelobte Buch: ‚Königsberg. Geschichte einer Weltbürgerrepublik’ veröffentlicht. Er wird das Buch feierlich an Präsident Putin überreichen.
In Mantheys Buch erfährt man, dass Königsberg schon einmal, von 1758 bis 1762, zum Zarenreich gehörte. Aber in der Geschichte der Stadt sind ganz andere Entwicklungen bedeutsam, die sich auf ganz Deutschland und weltweit auswirkten. Vom großen Aufklärer Kant wissen alle. Dass Kant auch ein glänzender Gesellschafter in einer Stadt war, in der die offene Diskussion zwischen den Kraftfeldern der Handelsleute, der Regierung mit ihrer Verwaltung sowie der Universität das Leben prägte, ist nur eine der vielen Entdeckungen, die man im Buch macht. Viele Impulse gingen von hier aus: die Unabhängigkeitskämpfe gegen Napoleon, die preußisch städtische Verwaltungsreform, das bürgerliche Theater mit der ersten städtischen Bühne, geprägt vom dort geborenen Gottsched, erste republikanische und demokratische Überlegungen. Die preußischen Könige ärgerten sich immer über den Königsberger Oppositionsgeist und die Königsberger Hartungsche Zeitung.
Diese Stadt am Pregel war im 18. Jahrhundert mit über 50 000 Einwohnern größer als Berlin und die einzige deutsche Hafenstadt mit einer Universität. Mit Königsberg ist eine Perlenkette bekannter Namen verbunden: Simon Dach mit seinem Lied ‚Ännchen von Tharau’, natürlich Kant, weiter Herder, Hamann, Kleist, E.T.A. Hoffmann, die erste deutsche Bestseller-Autorin Fanny Lewald, Agnes Miegel, Johannes Bobrowski und schließlich Hannah Arend, die 1964 in New York, 40 Jahre nachdem sie die Stadt verlassen hatte, sagte: „In meiner Art zu denken und zu urteilen komme ich immer noch aus Königsberg.“
Die Altstadt von Königsberg ging in den Bombennächten von 1944 und den Straßenkämpfen von 1945 unter, und die Schlossruine wurde in den 1970er Jahren abgerissen. Doch die heute in Kaliningrad mit seinen 435 000 Einwohnern lebenden Russen greifen auf die Vergangenheit zurück. Dass die Universität dieses Jahr den Namen ‚Russische Kant-Universität’ erhalten hat, wobei geschickt das Problem des Städtenamens umgangen wird, gehört mit in die neueste Geschichte. Und auch, dass die Kaliningrader Brautpaare sich vor dem Kantgrab am wieder aufgebauten Dom fotografieren lassen.
Manthey reiste im Rahmen einer Kooperation der Essener und Kaliningrader Germanisten mehrmals nach Königsberg/Kaliningrad. Das Kooperationsprojekt wird von der Möllgaard-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gefördert – noch eine Verbindung zu Essen.
Redaktion: Christoph Lindemann, Tel.: (0201) 183?4518
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