Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Neues Buch über Innenansichten angehender Lehrer

Wissen ist nicht alles

[18.09.2006] „Nichts ist schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß als das, was die Schüler wissen sollen.“, wusste schon Johann Wolfgang von Goethe. Und das weiß auch die religionspädagogische Forschergruppe der Universität Duisburg-Essen. Der Öffentlichkeit präsentiert sie jetzt ihre Untersuchungen zur Kompetenzentwicklung angehender Religionslehrer in der Grundschule in Buchform.

Hinter dem Titel „Innenansichten des Referendariats“* verbirgt sich eine Studie, in dessen Zentrum die Frage steht, wie zukünftige Religionslehrer auf ihren Beruf vorbereitet werden: Wie sehen und erleben Lehramtsanwärter das Referendariat? Was hilft ihnen, ihre fachliche und berufspraktische Kompetenz weiter zu entwickeln, was hindert sie eher in dieser Entwicklung? Worin sehen sie die Aufgabe des Religionsunterrichts und wie versuchen sie das religiöse Lernen der Kinder zu fördern? Mit Hilfe von Interviews und Fragebögen haben die Forscher die Meinungen von rund 150 Referendaren ausgewertet.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind überraschend: Entgegen immer wieder geäußerten Vermutungen bringen die angehenden Religionslehrer häufig einen religiösen Hintergrund aus Familie und Gemeinde mit in ihre Ausbildung. Erste berufspraktische Kompetenzen haben sich viele Befragte bereits durch Jugendarbeit angeeignet. Positiv beurteilt wird daher auch der vor einigen Jahren eingeführte so genannte bedarfsdeckende Unterricht. Der bringt zwar ein hohes Maß an Belastung mit sich, bietet aber auch eine willkommene Chance, sich in der Lehrerrolle zu erproben. Nicht verwunderlich ist daher, dass die begleitenden Studienseminare mit praxisferner Theorie in Verbindung gebracht werden und berufspraktisch als nicht sehr hilfreich betrachtet werden. Selbst die dort besprochenen fachdidaktischen Konzepte haben für die konkrete unterrichtliche Arbeit offenbar kaum handlungsorientierende Bedeutung. Für wichtig bei der Entwicklung von Kompetenzen halten die Referendare hingegen ihre Ausbildungslehrer, ihre Mentoren. Daher ist es bedauerlich, dass nur für einen Teil der Fächer Mentoren zur Verfügung stehen und dass es

einigen an Motivation oder Kompetenz fehlt, ihre Nachfolger qualifiziert zu begleiten.

Das Fazit der Untersuchung: (Religions)pädagogische Handlungskompetenz darf nicht nur als eine Summe bestimmter Einzelkompetenzen verstanden werden. Es muss vielmehr Bezug genommen werden auf die individuellen Unterschiede im Profil der Referendare. Das heißt aber auch, dass es kein optimales, allgemeingültiges Modell zur Förderung berufspraktischer Kompetenzen geben kann, sondern dass die Begleitung von Lehrern individualisiert erfolgen muss.

Das sechsjährige empirische Untersuchungsprojekt wurde durch Sachmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt. Forschungsleiter Prof. Dr. Rudolf Englert von der UDE und Prof. Dr. Burkard Porzelt von der Universität Regensburg sowie Fachleiter, Referendare und Wissenschaftliche und Studentische Hilfskräfte haben gezeigt, wie die Zusammenarbeit zwischen der ersten und zweiten Ausbildungsphase von Lehrern gelingen kann.

*Rudolf Englert, Burkard Porzelt, Annegret Reese, Elisa Stams. Innenansichten des Referendariats: Wie erleben angehende Religionslehrer/innen an Grundschulen ihren Vorbereitungsdienst?
Eine empirische Untersuchung zur Entwicklung (religions)pädagogischer Handlungskompetenz. Münster 2006 (LIT-Verlag).

Redaktion: Julia Harzendorf, Tel. 0203/379-1489

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