Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Dickmacher „rs7566605“
[20.04.2006] Zeigt die Waage nicht das Wunschgewicht, so kann die Ursache hierfür auch in den Genen liegen: Etwa zehn Prozent der Bevölkerung besitzen eine genetische Variante, die das Risiko für Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) im Kindes- und Erwachsenenalter erhöht. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Gruppe von Professor Dr. Johannes Hebebrand, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität Duisburg-Essen, analysierte jetzt zum ersten Mal insgesamt rund 100.000 Genvarianten im menschlichen Erbgut – und fand einen neuen „Dickmacher“: rs7566605.
Die Wissenschaftler hatten gezielt nach Auffälligkeiten gesucht, die bei Personen mit Übergewicht vermehrt auftreten. Dabei entdeckten sie eine Erbgut-Veränderung in der Nähe des Gens INSIG2 (Insulin-Induced Gene 2), das den Fettstoffwechsel steuert. Diese Genvariante mit der Bezeichnung „rs7566605“ konnten die Forscher sowohl bei Menschen mit westeuropäischer wie auch mit afroamerikanischer Abstammung nachweisen. Zwei wesentliche Bestätigungen kommen dabei aus Deutschland: Das Team um Professor Hebebrand analysierte 368 stark übergewichtige Kinder- und Jugendliche sowie ihre Eltern. Das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in München untersuchte eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe aus der Region Augsburg mit Daten von rund 4.000 Personen.
Ob eine Person Übergewicht oder gar eine Fettleibigkeit entwickelt, wird zu 60 Prozent durch das Erbgut bestimmt. Mehrere Gene, die das Gewicht beeinflussen, sind bereits bekannt. „Dennoch spielen natürlich auch unsere Lebensumstände eine wichtige Rolle. Genetische Ursachen, wie die Genvariante rs7566605, alleine machen nicht dick“, stellt Hebebrand klar. „Erst die Kombination mit anderen Genvarianten bzw. Umweltfaktoren wie einer energiereichen Ernährung oder mangelnder Bewegung führt dazu, dass wir stark zunehmen.“
Die Untersuchungen sollen jetzt weitergeführt werden, um weitere genetische Ursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit zu identifizieren. „Wir hoffen, dass wir so die molekularen Prozesse aufklären können, die uns dick werden lassen. Das ist eine Voraussetzung, um effektive Medikamente entwickeln zu können, die Patienten mit Adipositas helfen“, erklärt Hebebrand, der auch das vom BMBF geförderte Genomnetz „Adipositas“ koordiniert. Adipositas gilt unter anderem als eine der Ursachen für Bluthochdruck, Typ 2 Diabetes, Herzinfarkte und einige Krebsarten.
Die Ergebnisse der internationalen Untersuchung werden in einer der nächsten Ausgaben der renommierten Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.
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