Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Deutschlandinteresse in Spanien
[01.02.2006] Unter Friedrich dem Großen wurde Preußen zu einer einflussreichen politischen Größe innerhalb Europas und zu einem Zentrum des wissenschaftlich-kulturellen Fortschritts. Eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Siegfried Jüttner, Romanist an der Universität Duisburg-Essen, wurde nun darauf aufmerksam, dass die Popularität des preußischen Königs bis nach Spanien reichte und mit einem dort aufkommenden Deutschlandinteresse in Zusammenhang zu bringen ist. Bei der Analyse der Zeitschrift „Espíritu de los mejores diarios literarios que se publican en Europa“ im Rahmen des DFG-Förderprojektes „Kulturtransfer in Europa“ wurde zudem deutlich, dass Friedrich in zahlreichen Anekdoten und Beiträgen als asketisch, tugendhaft und bibelfest stilisiert wurde. Ganz offenbar war für die spanischen Reformer mit dieser journalistischen Inszenierung der Figur ein alternatives politisches Strukturmodell assoziiert.
Insgesamt nimmt die Forschergruppe das Deutschlandinteresse in der spanischen Presse zur Zeit der Aufklärung (1736-1808) in den Blick und untersucht seinen Einfluss auf die spanische Kultur. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ihre Förderung, aus der zwei der insgesamt drei Mitarbeiterstellen des Projektes finanziert werden, jetzt um ein weiteres Jahr verlängert.
Schon weit vor Anbruch des 19. Jahrhunderts haben spanische Journalisten deutsche Abhandlungen aus Historiographie, Rechtsgelehrsamkeit, Theologie, Naturwissenschaft, Landwirtschaft, Medizin oder Minenwesen gelesen und so durch die Berichterstattung in ihren Zeitschriften dem deutschem Schrifttum zur Popularität verholfen. Die Motivation für das Deutschlandinteresse sei vor allem gewesen, ein Gegengewicht zur kulturellen Vormachtstellung Frankreichs zu schaffen. Die These „Kulturtransfer in Europa“ besagt, dass dieses Deutschlandinteresse eingebettet war in eine damals einsetzende intellektuelle Bewegung, die den internationalen Austausch von Wissen und Technik vorantrieb und damit zum Aufbruch in die Informationsgesellschaft anspornte.
Ein Zwischenergebnis der Arbeitsgruppe um Professor Jüttner liegt mit der bereits genannten Analyse der Zeitschrift „Espíritu“ vor, die zwischen 1787 und 1791 in Spanien publiziert wurde. Die Projektmitarbeiter stellten fest, dass im Zuge pressespezifischer Publikationsstrategien eine nationale Auffächerung der Wissens- und Wissenschaftsräume entstand: Wissen und Wissenschaft werden der Nation zugeordnet, aus der sie hervorgehen. Die positive Darstellung des deutschen Wissenschaftsraumes stehe daher in Zusammenhang mit der Nationalisierung der Kulturen an der Schwelle zur Moderne.
Redaktion: Christoph Lindemann, Tel.: (0203) 379-1489
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