Promotionsprojekt Die Entwicklung reflexiver mathematischer Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern im sozialen Kontext des jahrgangsgemischten Mathematikunterrichts.

 

In diesem Projekt wird eine empirische Studie erstellt, in der kognitive und soziale Entwicklungsverläufe von Kindern im Mathematikunterricht der jahrgangsübergreifend organisierten Schuleingangsstufe beobachtet, über den Verlauf von ca. zwei Jahren begleitet und eingehend analysiert werden.
Die Grundlage des Forschungsprojektes bildet ein jahrgangsgemischter Mathematikunterricht, der unter Berücksichtigung gültiger mathematikdidaktischer Prinzipien - wie aktiv-entdeckendes, eigenständiges und sozial-interaktives Lernen -  auf eine mediale und inhaltliche Parallelisierung der Unterrichtsinhalte sowie auf die Kooperation von jahrgangsjüngeren und jahrgangsälteren Schülerinnen und Schülern angelegt ist. Untersucht werden soll, inwieweit dieser eine Plattform bietet, auf der Kinder im Zuge ihres Rollenwechsels vom »jüngeren«, schulunerfahrenen zum »älteren«, schulerfahrenen Kind angeregt werden, über ihr Mathematikhandeln nachzudenken und somit in ihren fachlichen Fähigkeiten gefordert und gefördert werden.
Im Mittelpunkt der Forschung stehen jahrgangsheterogene, sozial-interaktive Lernsituationen. Jahrgangsältere und jahrgangsjüngere Kinder kooperieren und kommunizieren über mathematische Aufgaben und Problemstellungen. Während die Jahrgangsjüngeren die Bedeutung ihres aktuellen Wissens für zukünftige Lernsituationen erkennen, ergeben sich vor dem Hintergrund des Rollenwechsels vom Jahrgangsjüngeren zum Jahrgangsälteren für die »älteren« Schüler vielfältige Gelegenheiten bzw. Erfordernisse, einen Meta-Standpunkt in Bezug auf die eigene Lernentwicklung einzunehmen, über mathematische Strukturen zu reflektieren, auf den eigenen früheren Lernweg zurückzublicken und diesen in Ansätzen noch einmal nachzuvollziehen. Im Kontext solcher Lernsituationen erscheint besonders die Frage nach dem Erwerb bzw. der Entwicklung reflexiver mathematischer Fähigkeiten interessant.
In der Untersuchung geht es um die theoretische sowie empirische Klärung und Präzisierung der Begrifflichkeit »reflexive mathematische Fähigkeit«. Zum forschungsmethodischen Einsatz kommen qualitative Methoden der Erhebung. Die Grundlage bilden sowohl Beobachtungen von Situationen der Partnerarbeit im Mathematikunterricht als auch jeweils im Anschluss stattfindende halbstandardisierte Interviews mit den beobachteten Kindern. Die epistemologisch orientierte Interaktionsforschung stellt die Basis für die Analyse und Interpretation der Unterrichtssequenzen und Interviews dar. Als Leitmotiv gilt diesbezüglich zum einen die Fragestellung, inwieweit sich verschiedene Ebenen der Reflexion sowohl differenzieren als auch kategorisieren und beschreiben lassen, zum anderen die Frage, welche Veränderungen bzw. Entwicklungen in Bezug auf diese Ebenen im Verlaufe der zwei Jahre sichtbar werden, bzw. inwieweit eine Erweiterung, Vernetzung oder Verstärkung der Ebenen stattfindet.

Die anhand der Untersuchung gewonnenen Einsichten sollen einen Beitrag zu einem besseren Verstehen von Lern- und Entwicklungsprozessen bei Kindern sowie zur Erforschung der Auswirkungen integrativ organisierten jahrgangsübergreifenden Mathematikunterrichts leisten. Somit kann eine Perspektive für die konzeptionelle Weiterentwicklung des jahrgangsgemischten Mathematikunterrichts sowie für die didaktische Reflexion, Planung und Förderung von Lernprozessen im Rahmen der täglichen Unterrichtspraxis eröffnet werden.