Tempus fugit - Gender bleibt
Donnerstag 22. Oktober 2009 Denken an Doris Janshen
Im Feburar 2009 starb plötzlich und unerwartet Prof. Dr. Doris Janshen, Gründerin und langjährige Direktorin des Essener Kollegs für Geschlechterforschung.
Um Prof. Dr. Doris Janshen und ihr Lebenswerk zu würdigen, fand am 22. Oktober 2009 ab 10.00 Uhr im Glaspavillon der Universität Duisburg-Essen (Campus Essen) das interdisziplinäre Symposium „Tempus fugit – Gender bleibt. Denken an Doris Janshen“ statt, in dessen Verlauf die Forschungsgebiete und die Lebensleistung Doris Janshens reflektiert und in ihrer Aktualität vergegenwärtigt wurden.
Die Grußworte sprachen Prof. Dr. Ute Klammer (Institut für Soziale Arbeit und Sozialpolitik und Prorektorin für Diversity Management) und Dr. Edelgard Bulmahn (MdB).
Ein Leben voller Aufbrüche Himmelhochjauchzend...
Die Publizistin und langjährige Freundin von Doris Janshen, Dr. Sibylle Plogstedt, hielt einen Rückblick auf das bewegte Leben der Professorin. Ihr erzählerischer Schwerpunkt lag dabei auf Doris Janshens Zeit in Berlin an der Technischen Universität und der darauf folgenden Professorenzeit an der Universität Essen, wo Prof. Janshen 1997 das Essener Kolleg für Geschlechterforschung begründete.
Der Vortrag berührte alle TeilnehmerInnen des Symposiums, da Sibylle Plogstedt es großartig verstand den ZuhörerInnen die Erfolge und Herausforderungen in Prof. Janshens wissenschaftlicher Karriere wieder nahe zu bringen. Die Person Doris Janshen war zum Zeitpunkt ihres Vortrags unglaublich präsent.
Link zum Vortrag auf der Homepage des Grundrechtekomitees
Sibylle Plogstedt und Doris Janshen hatten zuletzt gemeinsam am Projekt "Die soziale Situation von ehemaligen politischen Häftlingen der DDR unter Berücksichtigung des Gender-Aspekts" gearbeitet.
Frauenforschung - Männerforschung - Geschlechterforschung
Prof. Dr. Anne Schlüter (Fakultät Bildungswissenschaften, Universität Duisburg Essen) erläuterte in ihrem Vortrag die Situation von Frauen und Männern in pädagogischen Berufen. Prof. Schlüter ist Vorstandsmitglied des Essener Kollegs für Geschlechterforschung.
Den Abschluss des Vormittagsprogramms bildete der Vortrag "Männlichkeiten in Bewegung. Hegemoniale Männlichkeit und der Strukturwandel von Erwerbsarbeit" von Prof. Dr. Michael Meuser (Fakultät Erziehungswissenschaft und Soziologie, Technische Universität Dortmund). Prof. Meuser war ein langjähriger Mitarbeiter von Doris Janshen am Essener Kolleg für Geschlechterforschung. U.a. gab er gemeinsam mit Prof. Janshen die Schriftenreihe des EKfG heraus und veröffentlichte dort auch den Artikel: "Männerwelten. Zur kollektiven Konstruktion hegemonialer Männlichkeit"
Nach dem Mittagsbuffet genossen die Gäste des Symposiums eine musikalische Darbietung von Daniel Brandl am Cello. Er dokumentierte ebenfalls das Symposium mit seinen Fotos, die auch hier auf der Seite zu sehen sind.
Geschlechterforschung in den medizinischen Diziplinen
Am Nachmittag konnten die TeilnehmerInnen vier ausgezeichnete Vorträge zum Thema sex und gender hören, die von MedizinerInnen unterschiedlichster disziplinärer Provienienz gehalten wurden:
- PD Dr. Vera John-Mikolajewski (Institut für Radiologie, Universitätsklinikum Essen) trug zum Thema "Die Entwicklung der Geschlechterperspektive in der Medizin" vor. Vera John-Mikolajewski war lange Jahre stellvertretende Direktorin des Essener Kollegs für Geschlechterforschung.
- Anschließend referierte PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn (Institut für Pathologie und Neuropathologie, Universitätsklinikum Essen) über sex und gender bei komplexen genetischen Erkrankungen. Dr. Kindler-Röhrborn ist Vorstandsmitglied des Essener Kollegs für Geschlechterforschung und arbeitet zur Zeit u.A. an einem Forschungsprojekt, das noch gemeinsam mit Doris Janshen initiiert wurde, bei dem es um die Implementierung der Genderperspektive in die medizinischen Disziplinen geht.
- Prof. Dr. Dieter Bingmann (Institut für Physiologie, Universitätsklinikum Essen) thematisierte mit dem Vortrag "Vernetzte Sinne" das Phänomen der Synästhesie. Prof. Bingmann hatte über Jahre gemeinsam mit Doris Janshen über Synästhesie geforscht und sich als Wissenschaftler in die von Doris Janshen konzipierte Performance "Mind Dancing" eingebracht.
- Den Abschluss der medizinischen Vorträge bildete Prof. Dr. Dr. Bettina Pfleiderer (Institut für Klinische Radiologie, Universität Münster), die über "Cognition & Gender" sprach. Bettina Pfleiderer war im Jahr 2003 die Trägerin des Maria-Sibylla-Merian-Preises gewesen, der durch das Essener Kolleg für Geschlechterforschung und die deutsche Telekom vergeben wird. Mehr dazu>>>
Mit diesen Vorträgen würdigte das Symposium Doris Janshens Engagement in der soziomedizinischen Genderforschung. Schon früh beschäftigte sich Prof. Janshen mit dem Mangel an geschlechtsdifferenzierender Forschung, unter Beachtung von sex und gender, in den medizinischen Disziplinen: Ein Forschungsdesiderat, das zunehmend abgebaut wird, wie Forschungsansätze u.a. von Andrea Kindler-Röhrborn exzellent aufzuzeigen vermochten.
Abschlusspodium Wohin geht die Geschlechterforschung?
Dr. Gudrun Schäfer (Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn,) moderierte diese Podiumsdiskussion und die Diskutantinnen Prof. Violeta Dinescu (Angewandte Komposition, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) Ingrid Fitzek (Gleichstellungsbeauftrage der Universität Duisburg-Essen), Dr. Beate Kortendiek (Koordinationsstelle Netzwerk Frauenforschung NRW, Technische Universität Dortmund), Prof. Dr. Britta Schinzel (Institut für Informatik und Gesellschaft, Universität Freiburg) und Dr. Uta C. Schmidt (Fakultät Bildungswissenschaften, Universität Duisburg-Essen) lieferten zahlreiche interessante Beiträge.
Offener Ausklang
In den Räumen des Essener Kollegs für Geschlechterforschung kamen alle TeilnehmerInnen des Symposiums bei gutem Essen und Wein zum offenen Ausklang des Tages zusammen. Erinnerungen an Doris Janshen wurden ausgetauscht und Zukunftspläne geschmiedet.