Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft

Cover der CHE-Publikation

Die Perspektive von ProfessorInnen in den Naturwissenschaften

Im Zuge der ProfessorInnenbefragung für das CHE Hochschulranking wurden WissenschaftlerInnen der mathematisch-/naturwissenschaftlichen Fächergruppe (inkl. Humanmedizin und Pflege) gebeten, Fragen zum Thema „Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft" zu beantworten. 1117 Professorinnen und Professoren haben an dieser Befragung teilgenommen.

Im Mittelpunkt der Studie stand erstens die Frage, inwieweit das Thema „Unterrepräsentanz von Frauen auf Professuren" für die Befragten persönlich bedeutsam ist, zweitens der Aspekt der realistischen Wahrnehmung der niedrigen Professorinnenanteile. Darüber hinaus sollten die Befragten Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen angeben und Instrumente und Maßnahmen benennen, die sie für sinnvoll halten um der Unterrepräsentanz von Frauen zu begegnen.

Hier können Sie die CHE-Studie als Volltext herunterladen. Nachfolgend gibt es eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse.

Ergebnisse

Bedeutsamkeit und Schätzwerte
In Bezug auf die persönliche Bedeutsamkeit zeigt sich ein deutlicher Geschlechterunterschied – die meisten Professoren sehen das Thema Unterrepräsentanz für mittelmäßig bedeutsam, knapp ein Viertel sehr und etwa ein Drittel für wenig bedeutsam. Mehr als die Hälfte der weiblichen Befragten sah das Thema dagegen als sehr bedeutsam an, nur 14% wenig und 28% mittelmäßig bedeutsam (S. 9).

Überraschend war, dass ein großer Teil der Befragten, sowohl Frauen als auch Männer, im Hinblick auf die Schätzung der Professorinnenanteile in Ihrem Fach recht dicht am realen Wert lagen (S. 10).

Tabelle: Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen, S. 11der CHE-Studie

Gründe für die Unterrepräsentanz
Als Hauptgrund gaben sowohl Frauen als Männer die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Hier konnten die Befragten ihre Einschätzung zu bestimmten Aspekten auf einer Skala geben (1 trifft gar nicht zu bis hin zu 5, trifft voll zu). Eine ebenfalls hohe Übereinstimmung gab es bei dem Faktor „geringere Motivation" von Frauen, eine Professur anzustreben.

Bei den weiteren Faktoren sind die Differenzen zwischen weiblichen und männlichen Befragten zum Teil sehr groß. Dies betrifft z. B. den Aspekt dass Frauen aufgrund der „männlichen Prägung"  der Wissenschaft größere Schwierigkeiten hätten, sich im Wissenschaftsbetrieb durchzusetzen. Dem stimmten deutlich mehr Frauen als Männer zu. Wenig überraschend ist, dass die Einschätzungen stark mit der persönlichen Bedeutsamkeit des Themas zusammenhängen. Für weitere Ergebnisse zu diesem Thema können Sie in der Publikation auf den Seiten 11 bis 12 nachlesen oder klicken Sie auf die Grafik (zusammenfassende Tabelle).

In einem offenen Antwortbereich konnten die Teilnehmenden weitere Gründe für die Unterrepräsentanz äußern. Welche Gründe hier formuliert wurden, lesen Sie auf den Seiten 14-16.

Tabelle: Maßnahmen zur Gleichstellung, S. 17

Instrumente zur Erhöhung der Chancengleichheit
Es überrascht nach den oben genannten Ergebnissen wenig, dass als wichtigstes Instrument der Ausbau der Kinderbetreuung genannt wurde. Mit deutlichem Abstand folgen Maßnahmen, die auf die Förderung einzelner Personen abzielen, wie etwa Coaching und Mentoring. In Bezug auf strukturelle Maßnahmen, wie etwa die Formulierung von Berufungsrichtlinien oder Ziel- und Leistungsvereinbarungen, gab es deutliche Geschlechterunterschiede (S. 17 f.) Für weitere Ergebnisse zu diesem Thema können Sie in der Publikation ab S. 17 nachlesen oder klicken Sie auf die Grafik (zusammenfassende Tabelle).

Kritik: Krippen statt Quote?

In einem Beitrag für die Ausgabe der Zeitschrift Forschung und Lehre 9|12 diskutiert Dr. Andrea Löther, stellvertretende Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung von GESIS, die Ergebnisse der CHE-Studie aus einer wissenssoziologischen Perspektive:

Die Meinungsbefragung unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sei zwar ein wichtiger Forschungsansatz zur Vertiefung der Kenntnisse über die Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft. Das Problematische sei aber, dass in u.a. den Pressemeldungen des CHE erstens "die subjektiven Meinungsäußerungen der Befragten nicht als Diskurs über Gleichstellung, sondern als zutreffende Beschreibung der Wirklichkeit" dargestellt würden. Zweitens gelten die ausgewählten Maßnahmen und Instrumente als passende Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungen". Die CHE-Studie biete, so Löther, keine Erkenntnisse über die Ursachen der Unterrepräsentanz von Wissenschaftlerinnen. Meinungsumfrage und Ursachenanalyse würden vielmehr gleichgesetzt.

Den Aufsatz (S. 734-735) können Sie unter folgendem Link herunterladen: www.forschung-und-lehre.de/wordpress/Archiv/2012/ful_09-2012.pdf