Germanistik, Pädagogik oder vergleichende Literaturwissenschaft waren lange „typische" Männerfächer. Der Grund: weil an den Universitäten in Deutschland bis etwa 1910 nur Männer ordentlich studieren durften. Vereinzelt, auf Antrag oder die Gunst eines Professors hin, gab es den Status der „Gasthörerin". Erst im Wintersemester 1909/1910 konnten sich, aufgrund von massivem Druck u. a. der Frauenbewegung, in allen deutschen Flächenstaaten Frauen zum Universitätsstudium einschreiben.

Die Gründe warum es Frauen so lange verwehrt war, ein Studium aufzunehmen und bestimmte Berufe zu ergreifen, wurzeln in historisch gewachsenen Stereotypen, die aus heutiger Sicht für viele lächerlich erscheinen. Stichworte sind u. a. „natürliche Bestimmung als Ehefrau und Mutter", „andersartige" weibliche Intelligenz, Gefahr der „Vermännlichung" aufgrund der Mühen des Studiums oder bestimmter Arbeit usw. Diese Stereotype beeinflussten nicht nur den Zugang zu Hochschulen, sondern auch zum Arbeitsmarkt - und sie tun es nach wie vor. Zwar nicht mehr direkt, jedoch aber indirekt.

Als einer der wenigen Berufe, die auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Frauen des Bürgertums* als „schicklich" galten bzw. dem „Wesen" der Frau entsprechend, war Lehrerin. Lehrerinnen und Lehrer wurden im 18. und 19. Jahrhundert an Seminaren außerhalb der Uni ausgebildet. Die Ausbildung hier war aber inhaltlich für Frauen eingeschränkt: Naturwissenschaften und Mathematik blieben an den Seminaren lange die Domäne der Männer. Viele der Lehrkräfte sahen im Universitätsstudium die Möglichkeit der Weiterqualifizierung.

Was heute kaum bekannt ist: In den naturwissenschaftlichen Fächern waren zu jener Zeit ebenfalls Frauen eingeschrieben. Viele kamen jedoch aus Russland oder den USA. Diese Frauen studierten diese Fächer „offenbar auch wenn sie sich bewusst waren, dass für sie auf Basis eines solchen Studiums damals kaum Berufsmöglichkeiten offen standen." (Gildemeister, Robert 2008: 171)

 

*Frauen aus der "Arbeiterschicht" fanden Arbeit, etwa in Fabriken oder Privathaushalten, wurden aber deutlich schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.