Auswirkungen von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt

Die Konsequenzen von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt sind in Bezug auf die betroffene Person, auf das Umfeld sowie auf die TäterInnen unterschiedlich. Die betroffene Person, die Belästigungen erfahren hat, fühlt sich verantwortlich:

„Vielleicht hatte ich das Falsche an?“ oder „Vielleicht ist mein freundliches Lächeln falsch verstanden worden?“

Die Verantwortung liegt aber eindeutig bei dem Täter bzw. der Täterin

Erschwerend kommt häufig hinzu, dass den Betroffenen Überempfindlichkeit in Bezug auf einen „kleinen Scherz“ oder einen „missglückten Flirtversuch“ angelastet oder die Person gar als Verleumder/in des Täters oder der Täterin dargestellt wird. Die Betroffenen befürchten daher Unterstützungs- bzw. Vertrauensverlust von Kolleg/innen oder Kommiliton/innen. 

Die weiter reichenden Konsequenzen auf der Ebene der Betroffenen sind: Von Selbstzweifeln, Verunsicherung, über Minderwertigkeitsgefühle, Vertrauensverlust oder Motivationsverlust die ausgeübte Tätigkeit/das Studium weiter zu betreiben bis hin zu psychosomatischen Problemen. Viele Personen versuchen das Erlebte zu verdrängen anstatt weiteren Übergriffen Einhalt zu gebieten. Die Folgen hängen mit der Art und Dauer der Belästigung zusammen.  Hierfür gibt es verschiedene Handlungsmöglichkeiten und rechtlich verbriefte Gegenstrategien.

Literaturtipp: Charlotte Diehl, Jonas Rees, Prof. Dr. Gerd Bohner - Uni Bielefeld: Zur "Sexismus-Debatte": Ein Kommentar aus wissenschaftlicher Sicht (pdf-Dokument)

Linktipp: Eine ägyptische Bloggerin zum Thema Angestarrt werden, "vermeintliche "Schuld" und Handlungsmacht. Hier geht es zum Link.

Handlungsstrategien

Aktive Gegenwehr ist der beste Weg um sexualisierter Diskriminierung und Gewalt kurz- und langfristig Einhalt zu gebieten. Wenn Sie von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt betroffen sind…

  • vertrauen Sie auf ihr Gefühl, wenn Ihnen etwas „komisch“ vorkommt,
  • handeln Sie umgehend und 
  • machen Sie deutlich, dass Sie bestimmte Verhaltensweisen ablehnen. 
  • Vor allem aber: Machen Sie sich keine Selbstvorwürfe. Sie sind nicht verantwortlich für das Fehlverhalten anderer.
  • Nein heiß NEIN. Ohne Kompromisse.
  • Zögern Sie nicht, nach Hilfe und Unterstützung zu fragen! Suchen Sie sich umgehend eine Vertrauensperson, mit der Sie über die belastenden Vorkommnisse sprechen können und die Sie unterstützt.
  • Hier finden Sie Informationen zu Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern an der UDE.

Konkrete Verhaltenstipps
Pauschale Ratschläge gibt es nicht, jedoch aber verschiedene Handlungsoptionen. Zunächst gilt: Eine selbstbewusste Körperhaltung sowie klare Ansagen wie "Starren Sie mich nicht an!" oder "Nehmen Sie die Hand von meinem Bein!" können sehr wirksam sein. Hilft dies nicht, schreien Sie. Bei einem körperlichen Angriff ist eine deutliche Gegenwehr mit allen zur Verfügung stehenden Kräften und Gegenständen (Schlüssel, Tasche, Stift usw.) ratsam. Als wirksam erweisen sich Selbstbehauptungskurse wie etwa "Wen-Do". Eine ausführliche Darstellung möglicher Handlungsstrategien finden Sie hier ab S. 24: www.uni-goettingen.de

Weitere "Tipps für eine aktive Form der Gegenwehr" im Handbuch zur Gleichstellungspolitik an Hochschulen von Eva Blome et al. (2013), S. 423

Wissen und Sensibilisierung
Die effektivste Strategie um sexualisierter Diskriminierung und Gewalt dauerhaft Einhalt zu gebieten ist zum einen: Wissen schaffen, also sensibilisieren für die Hintergründe, Erscheinungsformen und Auswirkungen sexualisierter Diskriminierung und Gewalt. Zum anderen kann jede/jeder im persönlichen und beruflichen Umfeld Sorge für eine Atmosphäre tragen, die keine Toleranz zulässt.

Die verschiedenen "Neins"

„Vielleicht später“ heißt NEIN. „Nein danke“ heißt NEIN. „Verpiss dich“ heißt NEIN. „Lass uns jetzt lieber schlafen gehen“ heißt NEIN. „Ich weiß noch nicht“ heißt NEIN. „Ich mag dich, aber…“ heißt NEIN. „Du bist nicht mein Typ“ heißt NEIN. Abwenden heißt NEIN. Zögern heißt NEIN. Schweigen und Stille heißt NEIN."

("Informationen und Strategien bei sexualisierter Gewalt an Hochschulen: Hochschulen ... (K)ein Raum für sexualisierte Gewalt?!": 16.)

Politisch werden

Ein Beispiel für eine Graswurzelinitiative ist der Slutwalk - Demonstrationen von Menschen die für das öffentliche Bewusstmachen des "Neins" eintreten. Die Demos fanden vor allem im englischsprachigen und europäischen Raum statt. Hintergrund war die Aussage eines kanadischen Polizisten*. Er riet Frauen im Januar 2011 bei einem Vortrag in der Juristischen Fakultät der Uni Toronto zum Thema "Sicherheit auf dem Campus", sich nicht wie "Sluts" ('Nutten') zu kleiden um nicht 'viktimisiert' zu werden. Den Grund für Straftaten sieht er also in der vermeintlich "aufreizenden" Kleidung von Frauen.

Die Initiativen zum Slutwalk sorgen unter anderem in der Blogszene für Diskussion - hier einige Beispiele der Befürworterinnen- und Skeptikerinnen.

Ein Argument der Befürworterinnen: Auf den Straßen formiert(e) sich Widerspruch gegen patriarchale Normen, die Demos regen Nachdenken an. Menschen gehen für Frauen- und damit Menschenrechte auf die Straße. Der Slutwalk kann als eine frauenpolitische Bewegung verstanden werden, die sich nicht nur in den Feuilletons abspielt und "Alphamädchen" diskutiert.

Die Skeptikerinnen hingegen sind mitunter kritisch gegenüber bestimmter Medien, die die Message offenbar missverstanden haben und die Initiativen unter "Frauen demonstrieren für das Recht sexy zu sein" verbuchen. Sie stellen darüber hinaus die Frage, ob die Wahl bestimmter Klamotten tatsächlich befreiend ist von patriarchalen Normen - was bestimmte Vorabendserien wie etwa "Sex and the City" suggerieren.

Hier geht es zum Blog der Initiative Slutwalk Ruhr.

* Der Polizist sei wieder zurückgerudert und entschuldigte sich für seinen Kommentar.