SEGESTA - Seilgetriebene Stewart-Plattformen in Theorie und Anwendung, ARTIST - Arbeitsraum synthese seilgetriebener Parallel kinematik strukturen

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Eine der gebräuchlichsten Parallelkinematikstrukturen ist die Stewart-Gough-Plattform, die unter anderem in den Bereichen Fahr- und Flugzeugsimulation, Ausrichtung großer Teleskope sowie als Konstruktionsprinzip von Werkzeugmaschinen Verwendung findet. Dabei nutzt man die Vorteile der Parallelkinematiken gegenüber den seriellen Strukturen:
  • Durch die Verteilung der Last auf mehrere parallele Verbindungselemente kann eine sehr hohe Steifigkeit erzielt werden. Durch die geringere Last auf die einzelnen Verbindungselemente können diese im Vergleich zu seriellen Systemen vergleichsweise leicht gebaut werden.
  • Da sich die Fehler in den Gelenken weit weniger ausgeprägt auf den Endeffektor auswirken als dies bei seriellen Systemen der Fall ist, kann eine hohe Positionsgenauigkeit erreicht werden.
  • Da die Antriebe nicht Teil der zu bewegenden Massen sind, können parallele Roboter gegenüber seriellen Systemen weit höhere Geschwindigkeiten und Beschleunigungen erreichen.
Ein Nachteil der Parallelkinematikstrukturen gegenüber seriellen Manipulatoren liegt im - verglichen mit dem Gesamtbauraum der Maschine - kleinen Arbeitsraum, der sich durch den begrenzten Hub der Aktuatoren ergibt. Eine Lösung dieses Problems besteht in der Verwendung von Seilen als Verbindungselementen. Man spricht dann von einer seilgetriebenen Stewart-Plattform. Vorteilhaft sind hier bei Verwendung leichter Seile die geringen bewegten Massen. Dies ermöglicht es, eine Nutzlast mit sehr hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen zu bewegen.
 
SEGESTA SEGESTA-Arbeitsraum SEGESTA-Arbeitsraum-Animation
 
Seilgetriebene Parallelkinematiken beinhalten ein großes Potential für technische Anwendungen im Bereich von Handhabungsaufgaben, da aufgrund der systembedingten Leichtbauweise ein hochdynamisches Verhalten bei gleichzeitig leichter Rekonfigurierbarkeit erreicht werden kann. Ein schwieriges Problem bei der Auslegung solcher Systeme ist allerdings die Ermittlung des Arbeitsraumes der bewegten Plattform, der im gleichen Maße von der Plattformgeometrie als auch von der Zahl der Seile und der Wahl der Anlenkpunkte - sowohl plattformseitig wie auch auf Seiten des Maschinenrahmens - abhängt. Gekoppelt an die geometrischen Eigenschaften des Arbeitsraumes, wie Konvexität, einfach oder mehrfach zusammenhängende Gebiete sowie das Auftreten von Singularitäten ist die aufgabenabhängige Bahn- und Einsatzplanung. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Zahl der zu verwendenden Seile und die damit verbundene mögliche kinematische Redundanz des Systems. Innerhalb des Forschungsprojekts ARTIST soll daher geklärt werden, wie sich der Arbeitsraum, ausgehend von einer Klasse von zu definierenden Handhabungsaufgaben, optimal gestalten lässt.
 
Das Ziel des Projekts ARTIST ist die Entwicklung von einfach zu handhabenden Synthesealgorithmen für seilgetriebene Parallelmanipulatoren, welche die optimalen Geometrieparameter für den durch die Applikation vorgegebenen Arbeitsraum ermitteln. Daneben gilt es, Verfahren zur Kalibrierung des Systems zu entwickeln und eine präzise und verschleißarme Möglichkeit der Seilführung zu finden. Die im Rahmen des Projektes ARTIST entwickelten Algoritmen zur Regelung können an einem Prüfstand (SEGESTA) erprobt werden. Dabei werden verschiedene Echtzeitsysteme auf ihre Verwendung überprüft:
Denkbare Anwendungsfelder sind:
  • Bühnentechnik:
    Die seilbasierte Manipulation von Objekten mit konventionellen Mitteln ist in der Bühnentechnik etabliert. Es ist im weiteren Verlauf des Projektes geplant, die Verwendung einer seilbasierten Parallelkinematik im Bühnenraum zur 6-dimensionalen (räumlichen) Manipulation von Bühnenobjekten zu untersuchen und im vorhandenen SEGESTA-Prüfstand exemplarisch zu implementieren. Diese fortgeschrittene Technik wird als „Raumflugwerk” bezeichnet.
  • Tests dynamischer Sensoren (z.B. Beschleunigungssensoren, Gyroskope, etc.):
    Seilbasierte Parallelkinematiken erreichen hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. Damit sind sie ideal für Belastungstests elektronischer Bauteile geeignet, insbesondere wenn nicht nur eine oszillierende Bewegung, sondern genau festgelegte dreidimensionale transiente Bewegungsmuster (z.B. Bahn und Beschleunigung in Abhängigkeit von der Zeit) eingebracht werden sollen.
  • Tests von Automobil-Komponenten (Electronic Control Units), z.B. zur Überroll-Detektierung
  • Hochdynamische Manipulatoren:
    In der industriellen Applikation wird stets angestrebt, Handhabungsaufgaben in minimaler Zeit zu erledigen. Das Geschwindigkeitspotential seilbasierter Parallelkinematiken spricht für den Einsatz in diesem Bereich.
Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG unter der Projektnummer HI 370/24-1 gefördert.
 
Ansprechpartner:  Dipl.-Ing. T. Bruckmann