Rickers, Folkert: Autobiographischer Rückblick

 

Rickers, Folkert: Autobiographischer Rückblick

1)    Politik

Mit Politik kam ich erst im Verlauf der Jahre 1968ff. in Berührung. Bis dahin war mir eine tiefere Einsicht in politische und gesellschaftliche Zusammenhänge nicht möglich. Ich war politisch im Grunde ahnungslos, hatte praktisch kein Wissen und war nicht in der Lage, eine politische Diskussion zu führen, geschweige gar, politisch zu urteilen. Dabei war ich politisch keineswegs uninteressiert. Als ich 1965 in Heidelberg ein Promotionsstipendium der VW-Stiftung erhielt und also für damalige Verhältnisse "reich" war, abonnierte ich "Die Welt" und las sie regelmäßig. Aus ihr sog ich dann das Material, um einem promovierenden Mitstudenten gegenüber das amerikanische Kriegsengagement in Vietnam zuerst vorsichtig, dann vehement zu verteidigen. Mit der Springerpresse schien mir dort die Freiheit der westlichen Welt auf dem Spiel zu stehen. Die von Napalm-Bomben getöteten Menschen berührten mich natürlich. Aber ich hatte ja vor allem gelernt, Prinzipien und Ideale hochzuhalten. Was zählten demgegenüber die leidenden Menschen, die Opfer? Schließlich ging es um die Abwehr des Bösen schlechthin, nämlich des Kommunismus. Differenzierungen habe ich in der ideologisch aufgeputschten damaligen Atmosphäre nicht wahrgenommen. Meine politische Naivität ging so weit, dass ich mich über die Wiederbewaffnung Deutschlands zwar ein wenig gewundert, aber auch nichts gegen sie einzuwenden hatte. Ich hatte mich darauf eingerichtet, nach dem Abitur dienen zu müssen. Mein Jahrgang (1938) war der erste, der ganz gezogen wurde. Von der Möglichkeit der Wehrdienstverweigerung hatte ich keine Ahnung, hätte sie allerdings damals auch wohl kaum in Anspruch genommen. Mir war auch unbekannt, dass Theologiestudenten auf Antrag vom Wehrdienst befreit werden konnten. Ich erfuhr es erst vom Vorsitzenden der Musterungskommission, der mir erstaunlicherweise diesen Schritt nahe legte. Ich konnte mein neuerworbenes Wissen jedenfalls noch an einen katholischen Mitschüler weitergeben, der auf dem Flur wartete und nach mir dran war. Er wollte Priester werden.

Von meiner gesellschaftlich-politischen Sozialisation her gesehen, war solche politische Ahnungslosigkeit nicht weiter verwunderlich. Und wie mir erging es damals vielen anderen Kindern und Jugendlichen. Politische Gespräche fanden weder im Elternhaus, jedenfalls nicht vor den Ohren der Kinder, noch auf der Ebene der Kirche oder der Schule statt. Das betraf natürlich auch die jüngste Vergangenheit. Ich weiß bis heute nicht, wie meine Eltern, Lehrer und Pfarrer zum Dritten Reich standen. Nie haben sie auch eine klare politische Option durchblicken lassen. Ob sie Demokraten waren? Sicher ist nur, dass ich von niemandem erfahren habe, was Demokratie als Gesellschaftsform, geschweige gar als Lebensprinzip ist. Ich habe es mir später angelesen. Eine Möglichkeit, Demokratie einzuüben, existierte erst recht nicht, im Gegenteil: Autoritäre Erziehungspraktiken in den vierziger und fünfziger Jahren trieben uns geradezu den Wunsch aus, eine eigene Meinung zu entwickeln, selbst etwas zu gestalten und zu wagen. Prügelstrafe habe ich in Elternhaus und Schule noch als "normale" Erziehungsmaßnahme erfahren. Zum Zweck der Züchtigung mussten wir in der Ofenerdieker Volksschule z.B. die Hände vorstrecken und zwar mit den Handflächen nach oben. Der Lehrer, den wir im übrigen sehr verehrt, ja geliebt haben, schlug dann mehrfach mit einem dünnen Rohrstock auf die Finger, bis sie schwollen. Schmerz und vor allem Demütigung durch dieses Verfahren spüre ich noch heute.

Demokratie wurde in der Schule der vierziger und fünfziger Jahre wenn überhaupt dann als bloße Institutionenkunde vermittelt. Wenn ich meine Zeugnisse Revue passieren lasse, dann findet sich kein

Fach, das diese Aufgabe hätte übernehmen können. In der siebenjährigen Volksschulzeit gab es das Fach Politische Bildung überhaupt nicht. Im Herbst 1954 tauchte zum erstenmal in der Abschlussklasse der Mittelschule "Gegenwartskunde" auf. Die Klassenlehrerin hatte die Bezeichnung des Fachs handschriftlich nachgetragen. Denn im Zeugnisformular war es nicht vorgesehen. In den Zeugnissen der gymnasialen Oberstufe dokumentiert ein Stempelvermerk: "Gemeinschaftskunde: teilgenommen". Politische Bildung war also in zweifacher Weise ein diskreditiertes Fach. Zum einen hatte es im damaligen Fächerkanon keinen Stammplatz. Zum anderen wurden die Leistungen wie im Religionsunterricht nicht bewertet.

Das ist eigentlich ein erstaunlicher Befund. Denn nach dem Desaster des Dritten Reiches hätte man erwarten können, dass die ideologisch betrogene Generation meiner Erzieher in Familie, Schule und Kirche politische Instruktion auf demokratischer Grundlage für eine der wichtigsten Aufgaben der wiederaufzubauenden Gesellschaftsorganisationen erklären würde. Genau das Gegenteil aber war der Fall. Zwar hatte man jedenfalls ab 1949 die grundsätzliche Bedeutung einer politischen Bildung erkannt, hatte die Diskussion um sie jedoch in ganz unangemessener Weise geführt. Sollte sie gemäß ihrer grundsätzlichen Bedeutung willen eher als Unterrichtsprinzip oder doch lieber als Fachunterricht betrieben werden? – so lautete die Alternative. Indem die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder sich für das erste entschieden und besondere Fachstunden lediglich "empfohlen" hatte, waren die Weichen für die nächsten Jahre gestellt (SANDER 1980, 7ff.). Denn obwohl politische Bildung als Unterrichtsprinzip allgemein einleuchtete, passierte tatsächlich gar nichts. Es war die bequemste Art der belasteten Lehrer-Generation, die ganze Sache loszuwerden, indem man sie gleichsam auf "rationale" Weise erledigte. Selbst völkisches Denken war noch akzeptiert. Bei unserer Abiturentlassungsfeier am 7. März 1959 gab uns der damalige Schulsprecher zu bedenken: "Das Volk, das ja für uns bis jetzt durch Schulträger, durch Eltern, durch Lehrer und andere Personen, die sich um uns bemühtenverkörpert wurde, hat nicht umsonst euch und auch uns allen die Gelegenheit gegeben, uns mit den Geistes- und Naturwissenschaften, mit Kunst, Musik und Sport zu beschäftigen. Es verlangt von uns erstens, dass wir uns mit allen Kräften für das Wohlergehen unseres Volkes einsetzen und dass wir zweitens diejenigen Leute aus unserem Volke, denen es nicht geschenkt war, sich solange mit den Fragen zu beschäftigen, mit denen wir uns auseinandergesetzt haben, durch unser Beispiel, durch unsere Einsicht führen. Jeder von uns wird einmal später bewusst oder unbewusst viele Menschen beeinflussen; seien wir uns der Verantwortung bewusst, die wir damit auf uns laden" ("Kranich". Schülerzeitung der Graf-Anton-Günther-Schule Oldenburg 3/1959). Niemand empörte sich über derlei Gerede.

Das Ergebnis meiner politischen Sozialisation ist einigermaßen ernüchternd. Mein Bewusstsein von politischen Dingen war reichlich diffus. Eigentlich war es gar nicht vorhanden. Ich wäre nach dem Abitur niemals auf den Gedanken verfallen, Politik zu studieren oder mich in einer Partei zu engagieren. Ich trieb im breiten Mittelstrom politischer Bewusstlosigkeit wohl der meisten meiner Zeitgenossen einfach so mit. Mit Staunen nahm ich wahr, dass die Söhne eines Pastors in Oldenburg sich öffentlich bei einer Kundgebung auf dem Pferdemarkt gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ausgesprochen hatten. Ich registrierte das als einen ungewöhnlichen Schritt, den ich irgendwie akzeptieren konnte. Aber ich hätte deren Verhalten in einem Gespräch wohl kaum verteidigt. Ich hätte gar nicht gewusst, mit welchen Argumenten ich das hätte tun sollen. Bewusstlosigkeit wohin ich auch zurückblicke.

 

2)  Religion


Religion, die ich später zu meinem Beruf gemacht habe, habe ich durchweg freundlich erlebt. Ich begegnete ihr in einer allgemeinen protestantisch-bürgerlichen Form. Ich nehme an, dass meine drei Brüder und ich in den ersten Jahren mit unserer Mutter ein Nachtgebet gesprochen haben. Aber da weder meine Mutter noch mein Vater aus religiös geprägten Familientraditionen kamen, genossen wir auch keine besondere religiöse Erziehung. Ein Ansatzpunkt dazu ergab sich allerdings über die Musik. Denn meine Mutter war Organistin. Es ergab sich von selbst, dass sie bereits lange vor unserem Schuleintritt mit uns gesungen hat. Wir kannten relativ viele Lieder. Sie öffnete uns damit den Weg zu einer besonderen Erfahrungswelt, die uns nachhaltig bis auf den heutigen Tag geprägt hat. Als meine Mutter nach Kriegsende wieder eine Organistenstelle annahm, war es mehr oder weniger selbstverständlich, dass wir nicht nur Sonntag für Sonntag am Kindergottesdienst, sondern bereits vor dem Konfirmandenunterricht oft auch am Hauptgottesdienst teilnahmen.. Meine Eltern haben keinen Zwang ausgeübt. Wir fanden zwar meistens die Predigten reichlich langweilig. Aber wir kannten die liturgischen Stücke und viele Lieder auswendig und konnten auf diese Weise aktiv und mit einer gewissen Zustimmung am Gottesdienst teilnehmen. Wir wuchsen auf diese Weise in das Leben der Gemeinde hinein und fühlten uns zunehmend dazugehörig.

Auch der Konfirmandenunterricht war kein Kreuz, obwohl er im wesentlichen aus Auswendiglernen ...

bestand. Denn die meisten Choräle hatte ich bereits im Kopf. Mühe hatte ich nur mit dem Behalten der Erklärungen des Kleinen Katechismus von Luther, weil ich die Texte überhaupt nicht verstand. Sie wurden ja auch nicht weiter interpretiert. In der öffentlichen Konfirmandenprüfung haben mein Bruder und ich unsere Mutter auf dem Orgelboden jedenfalls nicht blamiert. Irgendwie wuchs ich dann auch in die Jugendarbeit hinein. Gemeindejugend, Schülerbibelkreise und schließlich die Christliche Pfadfinderschaft waren die maßgebenden Stationen. Die CP war mein absolutes Ideal. An der Verbindlichkeit gemeinsamen Jungenlebens, die u.a. auch dokumentiert wurde durch die Tracht, an der Verpflichtung auf bestimmte Ideale oder an der Selbstdisziplin lag mir ebenso wie an der christlichen Orientierung. Schon als ich selbst noch nicht recht Fuß gefasst hatte, gründete ich in einem anderen Stadtteil selber CP-Gruppen und habe sie bis zum Abitur geleitet. Hinzu kamen noch Mitgliedschaften in Posaunenchören und in einem Chor mit Ausrichtung auf christliche Literatur.. Bis über die Studienzeit hinaus habe ich die Ideale des Pfadfindertums völlig ungebrochen beibehalten. Es hatte sich in mir ein diffuses Sammelsurium gebildet von völlig unreflektierten Idealen der bündischen Bewegung, autoritären Normen, einer gewissen Neigung für formale Disziplin, einer kritiklosen aber keineswegs sich ihrer selbst gewissen Gläubigkeit, abhold allerdings jeder frömmelnden Glaubensweise, eher suchend nach rationalen Gründen für den Glauben.. Diese verschiedenen Ebenen passten irgendwie gut zusammen, weil sie durch eine unglaublich unkritische Weltsicht gebündelt waren. Ich wurde nirgendwo in Frage gestellt oder zu meiner Identitätsgewinnung herausgefordert, nicht einmal in meiner Glaubensposition.

Auch die Schule bot überhaupt keine Möglichkeit und Anregung, den Mischmasch der Welt von "Idealen" und religiösen Vorstellungen zu durchleuchten. Im Gegenteil! Als ich gegen Ende der fünfziger Jahre das Kultbuch der Jugend der zwanziger Jahre "Wanderer zwischen beiden Welten (1917)" von WALTER FLEX geschenkt bekam (von wem eigentlich?), habe ich das Buch nicht nur mit innerer Zustimmung gelesen, sondern darüber in der Schule auch ein Referat gehalten. Ich kann mich nicht erinnern, dass mich unser damaliger Gemeinschaftskundelehrer auf die weitreichende ideologische Problematik dieses Textes hingewiesen hätte. Und wenn er es getan haben sollte, dann war ich damals wohl nicht in der Lage, sie zu verstehen. Bewusstlosigkeit also auch hier.

 

3) Impulse der Befreiung

Schon früh hatte sich bei mir der Wunsch herausgebildet, Theologie zu studieren. Er war allerdings nicht begründet in besonderen religiösen Neigungen oder angetrieben durch existentielles Fragen. Der Religionsunterricht hatte nichts in dieser Richtung bei uns entwickelt. Natürlich gab es Zweifel und es war auch die Neugier da, was an den Wundern Jesu und an seiner Auferstehung dran wäre. Ein gewisses Problem war mir das Abendmahl. Aber eigentlich wollte ich – angespornt durch gute Vorbilder – Pfarrer mit Schwerpunkt in der Jugend- und Posaunenarbeit werden.

Dann aber begegnete ich zunächst einmal der Wissenschaft. Das war für mich eine vollkommen neue Erfahrung. Mit ihr war ich weder zu Hause noch in der Kirche in Berührung gekommen. Auch die Oberstufe des damaligen Gymnasiums habe ich kaum als eine wissenschaftspropädeutische Bildungsphase erlebt, im Religionsunterricht schon gar nicht. In der Kirchlichen Hochschule in Bethel aber lehrte seinerzeit WILLY MARXSEN, der uns mit einer unglaublichen Akribie und Lust am Detail in die historisch-kritische Forschung eingeführt hat. Ich bin nie wieder einem Exegeten begegnet, der mit soviel didaktischem Geschick Texte zerpflückte, sie wieder zusammensetzte, neue Beziehungen stiftete und methodisch wie systematisch nachvollziehbare Schlüsse zog. Fast ein ganzes Sommersemester verbrachte er damit, uns die Geheimnisse des vierten Kapitel des Markusevangelium aufzuschließen. MARXSENS Schriften haben mich dann während des ganzen Studiums begleitet, insbesondere seine redaktionsgeschichtlichen Studien des Markusevangeliums.

Was mich an der Exegetik so sehr fasziniert hat, war der Umstand, dass sie half, kritisches Vermögen zu entwickeln, das ja nicht auf die Theologie zu beschränken war. Dieses war nicht nur geeignet, grundsätzliche Einsichten wissenschaftlichen Denkens zu eröffnen, sondern des Lebens überhaupt und eben auch des politischen Lebens. DOROTHEE SÖLLE hat mit Berufung auf JOSEF BLANK davon gesprochen, "dass Kritik als solche ein politischer Faktor ist, weil sie ja nicht nur Anschauungen und Dogmen, sondern auch die meist mit ihnen verbundenen, durch sie abgesicherten Einrichtungen und Machtpositionen vor das Forum der Vernunft bringt" (1971, 22f.). Bei HEINZ-JOACHIM HEYDORN fand ich dann schließlich die Einsicht, dass Vernunft, entbunden etwa zu dem Zweck, Menschen für ein bestimmte Können und für ein bestimmtes Verhalten zu disponieren, eben nicht auf diese Zwecke begrenzen lässt (instrumentalisierte, domestizierte Vernunft). Vernunft ist eine und sie ist darauf angelegt, alles zu durchleuchten, zu durchdringen, zu analysieren und dem Individuum größtmögliche Freiheit und Selbstbestimmung zu schaffen.

Aber noch war es nicht soweit. Noch bezog ich Kritik vornehmlich nur auf den theologischen Bereich.

Aber mit diesem Schritt war die Bewusstlosigkeit endlich aufgebrochen, war Lust auf Reform und auf neue Gestaltung in Kirche, Christentum und Theologie entfacht. Mein Ziel war es nun, diese ganze Welt meines zukünftigen Berufes kritisch zu durchdringen und den Glauben von den Elementen eines antik-mittelalterlichen Weltbildes zu entlasten. Die Folge war, dass ich keinen rechten Zugang finden konnte zur Systematischen Theologie. Sie war meistens ohne Bezug zur historisch-kritischen Forschung formuliert. Anfangs hatte mich noch GERHARD EBELING begeistert. Sein Buch "Das Wesen des christlichen Glaubens", das im Jahre meines Studienbeginns erschien und allgemein auch als Publikationsereignis gefeiert wurde, stachelte meine Neugier so sehr an, dass ich im vierten Semester nach Zürich wechselte. Ich las das Buch als Versprechen des Autors, christlichen Glaubens so zu formulieren, dass er dem kritischen Forum der Zeitgenossen standhalten und konkret genug werden konnte. Viele meiner KommilitonInnen hofften ebenso. Aber Begeisterung wollte sich in den Veranstaltungen von EBELING nicht so recht einstellen. Denn er entwarf Theologie nicht nur fast ausschließlich monologisch, sondern auch auf einer vollkommen abstrakten Ebene und kam – entgegen gelegentlicher Ankündigungen – nie bei der Gemeinde an. Spürbare Nachwirkungen hat seine Theologie bei mir eigentlich nicht ausgelöst. Bewundert habe ich allerdings EBELINGS fundamentale Kenntnis der Theologie LUTHERS. Zur gedanklichen Klärung hat mir sein Buch "Luther. Einführung in sein Denken" sehr geholfen. Angezogen fühlte ich mich dagegen von dem Neutestamentler EDUARD SCHWEIZER, weil er seine Wissenschaft durchaus auch gemeindebezogen verstand. Viel gelernt habe ich schließlich von dem Neutestamentler SIEGFRIED SCHULZ.

Um des Alten Testaments willen wechselte ich nach Heidelberg. Aber nicht die Veranstaltungen von GERHARD VON RAD und CLAUS WESTERMANN beeindruckten mich dort am meisten, sondern die kirchengeschichtlichen Vorlesungen von HANS VON CAMPENHAUSEN und von HEINRICH BORNKAMM, besonders die brillante Vortragsweise des ersteren. Beide Theologen haben bei mir kirchengeschichtliche Neigungen ausgelöst, die mich mein ganzes Berufsleben begleitet haben. So war es kein Zufall, dass ich gern die Gelegenheit ergriff, nach dem ersten theologischen Examen mit einer Arbeit über Luther zu promovieren ("Das Petrusbild Luthers. Ein Beitrag zu seiner Auseinandersetzung mit dem Papsttum").


4)  Befreiung durch Praxis


An der Dissertation habe ich abschließend meine methodischen Kenntnisse hermeneutischer Methodik vervollkommnet, besonders die Fähigkeit philologisch detailgenau zu arbeiten. Mit dem Vikariat (1967) begann dann ein Berufsabschnitt, der mir einen neuen Impuls vermittelte. Ich war von der Praxis, d.h. von den Möglichkeiten des Pfarramtes fasziniert. Die Kleinstadt Varel am Jadebusen bot mir die Gelegenheit auszuprobieren, wie sich moderne hermeneutische Theologie auf das gemeindliche Leben auswirken konnte. Manches gelang, wie z.B. ein Erwachsenenbildungsseminar über Leben und Denken des Paulus oder die Arbeit mit Jugendlichen. Anderes wiederum misslang. So fand ich nur mühsam einen historisch-kritisch zu verantwortenden glaubwürdigen Zugang zu Beerdigungen. Und humanwissenschaftliche Einsichten des Trauerprozesses standen mir und anderen nicht zur Verfügung. In dem mir übertragenen Katechumenenunterricht bin ich, mich an autoritären Unterrichtsformen meiner eigenen Schulvergangenheit orientierend, regelrecht gescheitert. Aber in diesem letzteren Falle gab es 1968 einen neuen Impuls durch das "Zauberwort" des "problemorientierten Religionsunterrichts". Für ihn gab es damals weder eine Theorie noch Unterrichtsmaterial. Aber er wirkte wie eine Befreiung. Dass das Evangelium so ausgelegt werden sollte, dass es mit dem konkreten Leben der Jugendlichen verknüpft werden konnte, war ein einleuchtender Grundgedanke für alle, denen der rein biblische bzw. der am Katechismus orientierte Katechumenen- und Konfirmandenunterricht zunehmend stärker eine Last war.

An Religionsdidaktik war in Göttingen, wo ich meine beiden letzten Semester verbrachte, nichts zu lernen gewesen. Das didaktische Seminar von GÖTZ HARBSMEIER war das einzige Seminar meines Studiums, das ich vorzeitig verließ.

 

5) Problemorientierter Religionsunterricht


Im Oktober 1968 übernahm ich eine Assistentenstelle an der damals noch selbständigen PH Oldenburg. Dieser Berufswechsel war zunächst nicht mit einer grundsätzlichen Entscheidung für eine wissenschaftliche Laufbahn verbunden. Denn es drängte mich aufgrund der sehr guten Erfahrungen in Varel ins Pfarramt. Dennoch ergab sich aus der Assistententätigkeit ein eigener Weg. Aber der gewann seine besondere Attraktivität erst aus der Begegnung von Wissenschaft und Schulpraxis, der ich in meiner neuen Tätigkeit verpflichtet war. In ihr verband sich gleichsam meine Studienerfahrung mit der

gemeindlichen Praxis und stellte eine eigene Herausforderung dar. Konkret wurde sie in den religionspädagogischen Fachpraktika, die durchzuführen Aufgabe der Assistenten war. Ich war für sie nicht gerüstet, hatte aber das Glück, auf eine Religionslehrerin zu treffen, die ihre Arbeit im hermeneutischen Sinn praktisch wie theoretisch gleichermaßen souverän vertreten konnte, gleichzeitig aber offen war für Innovationen. MARGOT SCHMIETENKNOP (später: RICKERS) und ich haben nicht nur in den Fachpraktika, sondern auch an einer ganzen Reihe von Unterrichtseinheiten zusammengearbeitet, mit denen wir versuchten, das Konzept des problemorientierten Religionsunterrichts als fächerübergreifendes Konzept im didaktischen Experiment zu profilieren. Meine ersten Veröffentlichungen entstammen dieser Zusammenarbeit und sind ohne sie nicht denkbar. Das betrifft vor allem die erst 1977 herausgegebene 27stündige Unterrichtseinheit über christlich-revolutionäre Bewegungen in Lateinamerika, die wir 1969 als Blockunterricht realisiert haben.

Der problemorientierte Religionsunterricht hatte seinen Anfang im Religionspädagogischen Institut Loccum genommen und ist verbunden mit seinem damaligen Direktor HANS-BERNHARD KAUFMANN. Er hat nicht nur versucht, das Konzept in seinen vielfältigen theologischen, humanwissenschaftlichen und pädagogischen Verzweigungen bewusst zu machen, sondern hat auch Projektgruppen angeregt und gefördert, die aus LehrerInnen, HochschuldozentInnen und gelegentlich auch SchülerInnen bestanden, die ein Thema in seinen wesentlichen Dimensionen für eine Unterrichtseinheit erarbeiten, praktisch erproben und die Ergebnisse schliesslich publizieren sollten. KAUFMANN nahm dabei an, dass sich solche Arbeit gleichermassen auswirken würde auf das Curriculum des Religionsunterrichts (und seine ständige Revision) wie auf die Ausbildungssituation von ReligionslehrerInnen. Ich habe zusammen mit meiner Frau an der Projektgruppe zum Thema "Vergeltung und Vergebung" teilgenommen, die von meiner damaligen Kollegin GRITTA ULRICH aus Hannover angeregt und geleitet wurde. Diese Arbeit hat mich in religionspädagogischer und hochschuldidaktischer Hinsicht geprägt. Es wurde vor allen Dingen deutlich, wie fruchtbar solche Teamarbeit für die didaktische Forschung ist.

(2) Die problemorientierte Didaktik bringt mit dem Hinweis auf das konkrete Leben der SchülerInnen ein neues Element in diese ein: die Gesellschaft. Angesprochen werden die SchülerInnen nicht nur als Individuen, sondern zugleich auch als gesellschaftliche Wesen, die von der sie umgebenden Gesellschaft geprägt sind und auf diese zurückwirken. Religionsdidaktik kann deshalb nicht gelingen, wenn sie sich ihrer Sache nicht auch sozialwissenschaftlich vergewissert.

(3) Solche Vergewisserung kann aber nur in einem gesellschaftskritischen Ansatz bewältigt werden. Denn nur er sichert ab, dass der Religionsunterricht nicht für bestimmte gesellschaftliche Zwecke instrumentalisiert wird, sondern einer zu entwickelnden besseren Humanität dient. Das bedeutet aber in letzter Konsequenz, dass der Religionsunterricht unzweifelhaft auch eine politische Aufgabe hat, welche religiösen Intentionen man auch immer sonst mit ihm verbinden mag.

(4) Der problemorientierte Religionsunterricht zeigte schlagartig auf, dass es eine ganze Reihe von Themen gibt, die wegen der herkömmlichen Fächerstruktur der Schule einfach nicht erfaßt werden können, zugleich aber die lebensweltlich wichtigsten Probleme der Schüler darstellen und eigentlich nur im fächerübergreifenden Zugriff sachgemäss behandelt werden können: Sexualität, Frieden, soziale Randgruppen, interkultureller und interreligiöser Dialog, Dritte Welt, Sucht und Drogen, Feminismus u.ä.

(5) Weiter impliziert der problemorientierte Ansatz eine andere Vorstellung von didaktischer Forschung. Sie erhält ihre Nötigung nicht aus einer Fachwissenschaft, sondern aus dem Lebenshorizont der Schüler, durch den bestimmte traditionelle Inhalte (z.B. biblische Texte)einen anderen Stellenwert erhalten. Das ist in gewissem Sinn die genaue Umkehrung des Weges von der Fachwissenschaft zur Didaktik, in der letztere immer wieder zur Anwendungswissenschaft verkommt.

 

6) Durchbruch des Bewusstseins


Mit meiner Wendung zum problemorientierten Religionsunterricht gingen andere Erfahrungen einher, die sich alle mehr oder weniger aus den Ereignissen der 68-Bewegung ableiteten und sich mit ihr auf die vielfältigste Weise verquickten. Ich weiss nicht mehr, welcher der entscheidende Anstoss war. Aber ich lernte 1969, mein Leben und die mich umgebende Gesellschaft aus einer völlig anderen Sichtweise zu betrachten bzw. überhaupt das grundsätzliche Phänomen zu registrieren, dass man das Leben aus verschiedenen Perspektiven und Interessen beleuchten und zu divergierenden Ergebnissen kommen

kann. Die Welt konnte ganz anders sein, als sie mir bis dahin vermittelt worden war. Die Entdeckung des Pluralismus, die hinter diesem Prozess stand und die mein bis dahin unbezweifeltes Weltbild gründlich durcheinander gewirbelt hatte, war für mich Schlüsselerfahrung. Und ich entdeckte weiter, dass meine damalige Weltsicht alles andere war als eine durch kritische Arbeit gewonnene eigene Überzeugung. Was ich für einigermaßen wahr hielt, war bei kritischer Betrachtung ein bloßes Stück übernommene Ideologie.

Ich halte die Erkenntnis, dass jeder Mensch von dem jeweiligen gesellschaftlichen System ideologisch vereinnahmt werden kann, für die wichtigste überhaupt. Sie müsste das Ziel aller Bildungsbemühungen sein, wenn das Bild des mündigen und für die Gesellschaft verantwortlichen Bürgers ihr Leitgedanke sein soll.. Man kann viel Kritisches gegen die 68er-Bewegung sagen. Eines aber hat sie auf jeden Fall erreicht: Sie hat vielen einzelnen zum Durchbruch ihres eigenen Bewusstseins als gesellschaftliche Wesen verholfen, auch in der Kirche. Das ist ein Potential, das bis heute nachwirkt und auf das weiter Hoffnung gesetzt werden kann.

Wenn ich Bücher nennen sollte, die den Durchbruch meines Bewusstseins mit bewirkt und mich auch im pädagogischen Anspruch verändert haben, so weise ich gern auf die Arbeiten des allzu früh verstorbenen Didaktikers der politischen Bildung ROLF SCHMIEDERER hin. Vor allem aber muss ich den weithin vergessenen Pädagogen HEINZ-JOACHIM HEYDORN nennen, dessen Arbeiten ich auch das Leitmotiv dieser autobiographischen Skizze entnommen habe. In großartiger Weise hat er den Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Verhängnis des Menschen und seiner möglichen Freiheit herausgearbeitet. Er hat damit auch der Religionspädagogik eine pädagogische Leitlinie vorgegeben. Was ich schließlich von den Texten, Reden und Diskussionsbeiträgen von DOROTHEE SÖLLE profitiert habe, ist erheblich und kann in wenigen Sätzen nicht beschrieben werden.

Aber Bücher waren eher Begleiter als Auslöser meines beschriebenen Bewusstseinswandels. Am meisten habe ich von Menschen gelernt, die schon ein Stück weiter waren, von Studenten, die uns in der Seminaren herausforderten, neue Wege zu gehen, von den Debatten um Mitbestimmung im Hochschulbereich in den Konferenzen der Wissenschaftlichen Mitarbeiter, in den Debatten der "Kritischen Kirche" Oldenburg, in der Teilnahme an Reformen im Bildungsbereich, auf den Tagungen "Christen für den Sozialismus". Aber es gab auch viele Begegnungen mit einzelnen nachdenklich gewordenen Menschen, die z.B. dem vorherrschenden Antikommunismus oder dem Vietnamkrieg der Amerikaner kritisch gegenüberstanden. Ich war wach genug, die von vielen Seiten auf mich einwirkenden Impulse nicht einfach zu ignorieren, sondern zu verarbeiten. Intensiv geprägt und bis heute nicht losgelassen haben mich die Ergebnisse der II. Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Medellín 1968, die Christen verpflichtete, an der Seite der Armen zu stehen, aber auch die Ökumenische Weltkonferenz von Uppsala im selben Jahr, wie sie insbesondere ihren Niederschlag gefunden hat in der Schrift GOLLWITZERS Die reichen Christen und der arme Lazarus. Dass Nächstenliebe sich in der Veränderung gesellschaftlicher Strukturen niederschlagen müsse ("love in structures"), war mir ein vollständig neuer, mich sehr aufwühlender Gedanke. Das Problem der Dritten Welt hat mich seitdem nicht losgelassen. Ich habe immer wieder Lehrveranstaltungen dazu durchgeführt. Im August 1995 habe ich mit einer Studentengruppe eine Studienreise nach Brasilien durchgeführt, die große Betroffenheit bei uns ausgelöst hat.


7)  Politische Hermeneutik und politische Religionspädagogik

Bewusst wurde mir nicht nur, dass Religionspädagogik und Religionsunterricht aufs engste mit dem gesellschaftlichen System zusammenhängen, sondern auch eine politische Aufgabe haben. Das lässt sich nicht nur historisch untermauern, insofern z.B. der Religionsunterricht in Preußen eine durchweg obrigkeitshörige Linie verfolgt hat, sondern ergibt sich auch aus dem problemorientierten Religionsunterricht. Denn Lebensbezug bedeutet immer Politik. Neben einigen Thesen zum problemorientierten Religionsunterricht wurde mir damals wichtig, den Grundgedanken einer politisch intendierten Religionspädagogik auch theoretisch zu entfalten (RICKERS 1973a). Für die theologisch-politische Arbeit hat sich mir der Satz GOLLWITZERS tief eingeprägt: "Glaubensbekenntnisse, die nicht irdische, diesseitige Veränderungen tief in die Gesellschaft hinein zur Folge haben, sind Privatvergnügen und deshalb als irrelevant und ungefährlich längst toleriert" (GOLLWITZER 1969, 16). Von hier aus gesehen ergab es sich gleichsam von selbst, dass mir Anfang der siebziger Jahre Themen zuwuchsen wie Theologie der Revolution, Theologie der Befreiung, Schwarze Theologie, Feministische Theologie, Reformation als "Frühbürgerliche Revolution", Friedenstheologie, materialistische und sozialgeschichtliche Auslegung biblischer Texte u.ä. Mit diesen kontextuellen Ansätzen war – wie man sie auch im einzelnen beurteilen mag – ein neues hermeneutisches Prinzip gefunden, das sich theoretisch klären ließ, indem man die existentiale Interpretation Bultmanns fortschrieb. Das hermeneutische Modell

Bultmanns, wie er es in brillanter Weise in seinem Aufsatz "Das Problem der Hermeneutik" entwickelt hatte, konnte vom Vorverständnis her neu entfaltet werden (SÖLLE 1971,76ff.), wenn man die um abstrakten Lebenssinn kreisenden Existentialien um soziale Lebensfragen ergänzte. Das hatten schon die Sklaven Nordamerikas getan, wenn sie den Exodus nicht nur als Offenbarungsgeschehen deuteten, sondern auch als "politische Affäre" (GUTIÉREZ 1973, 144). Das hermeneutische Prinzip müsste dann "das authentische Leben für alle Menschen" sein (SÖLLE 1971, 77). Indem die Religionspädagogik diesen hermeneutischen Ansatz theoretisch wie praktisch entfaltet, bekommt sie eine grundsätzliche wissenschaftstheoretische Bedeutung für die gesamte Theologie.

 

8)    Neue Wege der Religionslehrerausbildung


Es war mir schon im Oldenburg bewusst geworden, dass eine ihrer gesellschaftlichen Implikationen sich bewusste Religionspädagogik auch Konsequenzen für die Religionslehrerausbildung haben musste. Der Weg der PH Oldenburg zur PH Niedersachsen, Abt. Oldenburg, und schließlich zur Universität Oldenburg, bot den Anlass, dieses Problem in Angriff zu nehmen. Ein erster Ansatz bot das Fachpraktikum, das in einem intensiven 14tägigen Blockpraktikum durchgeführt wurde. In ihm erprobten wir Formen einer besseren Koordination von Theorie und Praxis. Jeder Unterrichtsschritt und jede methodische Maßnahme wurde sorgfältig aus pädagogischer, religionspädagogischer, theologischer und humanwissenschaftlicher Sicht bedacht und reflektiert. Es entstand eine Arbeitsform zwischen Studierenden, Klassenlehrerin und Hochschuldozenten, die wir als "Forschendes Lernen" einordnen konnten und die in der äußeren Gestaltung und in der Qualität auf neue Möglichkeiten der Lehrerbildung abzielten, die seinerzeit in Oldenburg noch diskutiert wurden, später aber zu Markenzeichen der jungen Universität wurden: "Projektstudium" und "Einphasige Lehrerausbildung". In Theologia Practica 1972 habe ich dieses Modell beschrieben (RICKERS 1972). Es beeinflusste dann auch die Einordnung der Religionspädagogik in die neuen Fachbereiche der Universität. Gegen den anfangs heftigen Widerstand der Soziologen (die sich aus grundsätzlichen Erwägungen mit Religion und Theologie nicht befreunden mochten) konnten wir aus dem neuen religionspädagogischen Konzept in Forschung und Lehre deutlich machen, dass unser Fach am sachgerechtesten bei den Sozialwissenschaften einzuordnen wäre. Und das gelang. Dagegen scheiterte der Versuch, die Didaktik zur Schlüsseldisziplin der weiteren

Organisation des Faches zu machen. Diese Absicht ist dokumentiert in der "Stellungnahme der Fachschaft Theologie und Religionspädagogik zur Errichtung einer religionswissenschaftlich-religionspädagogischen Sektion innerhalb des sozialwissenschaftlichen Bereichs der Universität Oldenburg" vom Juni 1972. An ihr waren alle Professoren, Wissenschaftlichen Mitarbeiter und Studierenden des Faches beteiligtund haben sie mit getragen. Diese Stellungnahme war und ist ein bemerkenswerter Entwurf für einezeitgemäße Religionslehrerausbildung. Aber das Neue wurde nicht gewagt. Heute wird in Oldenburg wie gehabt nach der klassischen Struktur der evangelischen Theologie mit ihren fünf Disziplinen ausgebildet.

Mein Engagement in der Reform der Religionslehrerausbildung brachte mich bald auch in Kontakt mit der Bremer Universität. Sie musste entsprechend der Bremer Besonderheit eines nichtkonfessionellen Unterrichts in "Biblischer Geschichte" die Lehrerausbildung in diesem Schulfach neu organisieren. Das war ein spannender Akt. Ich lernte interessante theologische Zeitgenossen kennen, wie DOROTHEE SÖLLE, CARSTEN COLPE und YORICK SPIEGEL. Von der Zusammenarbeit habe ich sehr profitiert. Die Arbeit zog sich über viele Jahre hin. In den Antrag der Planungskommission zur Errichtung eines Studiengangs "Religionswissenschaft/Religionspädagogik" (ThPr 10 [1975], S. 139-153) sind auch Elemente meines Gutachtens "Reformtendenzen im Bereich der Religionspädagogik" (Bremen 1972) eingegangen. Auch die Bremer Planungen haben bis heute nicht die erhoffte Struktur gefunden.


Aus der Mitarbeit an der Entwicklung einer problemorientierten Didaktik in den Jahren 1969ff. ergaben sich die folgenden Perspektiven, die für meine weitere Arbeit bestimmend wurden:

(1) Es ist schlechterdings nicht mehr möglich, eine Didaktik für den Religionsunterricht zu vertreten, die sich ausschliesslich aus theologischem Selbstverständnis ableitet. Theologie ist eine, wenngleich sehr bedeutsame Bezugsdisziplin des Faches.