Energieeffiziente BioabfallVerwertung (EnBV2)
Im FuE-Vorhaben „EnBV“ wurde in den vergangenen 2,5 Jahren durch Pressen und Perkolation die Verteilung der bioverfügbaren Organik aus Bioabfällen auf eine Festphase und eine weiter verwertbare Flüssigphase untersucht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie förderte das Projekt aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages (FKZ 0327846). Dabei lag der Fokus auf der Betrachtung der Feststoffphase, die entfrachtet von leicht verfügbarer Organik energieeffizienter weiterbehandelt werden kann. Dieses Vorhaben „EnBV“ zeigte, dass sowohl Festphase als auch Flüssigphase in der geplanten Weise erzeugt werden können und eine Verminderung des spezifischen Energiebedarfs bei der weiteren Behandlung der Festphase erreicht werden kann.
Ziel für die Erweiterung des FuE-Vorhabens „EnBV“ (FKZ 0327846 C-E; Aug. 2011 bis Juni 2015) ist, bekannte Verwertungsverfahren derart abzuändern, dass eine energetische Verwertung der erzeugten Flüssigphase sinnvoll möglich wird, indem diese umgewandelt in Biogas zusätzlich zur Energieeffizienzerhöhung des Gesamtprozesses beiträgt und eine energieaufwändige Entsorgung der Flüssigphase umgangen werden kann.
In großtechnischen Versuchen wurden im Rahmen des Projekts in bestehenden repräsentativen Vergärungsanlagen (Nass-, und Festbettvergägunh) folgende Untersuchungsschwerpunkte erarbeitet (Sutco Recycling, EGW) und durch das Fachgebiet Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft (Universität Duisburg-Essen) wissenschaftlich ausgewertet:
- Aufbereitung des Presswassers zur Weiterbehandlung in einer Vergärungsanlage
- Grundlegende Ermittlung einer Prozessführung für die Vergärung dieser Flüssigphase und Durchführung großtechnischer Versuche in der Nass-Vergärungsanlage der EGW in Gescher
- Prüfung der Verwertbarkeit der Flüssigphase als Co-Substrat in Trockenvergärungsanlagen für Bioabfall
- Prüfung der Möglichkeit die Flüssigphase in einem Hochleistungsfermenter zu verwerten
Die Variation der Lochgrößen der Siebkörbe hat gezeigt, dass mit der 5 mm Lochung nur sehr geringe Feststoffmengen in die Flüssigphase überführt wurden und die Biosuspension zu dünn ist. Siebkörbe mit 20 mm Öffnungsweiten hingegen lieferten die gewünschte Beschaffenheit des Presswassers und -kuchens. Interessant ist dabei die deutliche Steigerung der Durchsätze der Pressen. So konnte in der Anlage der EGW in Gescher eine der beiden Pressen aus dem Betrieb herausgenommen werden. Dadurch ergibt sich eine gute Redundanz für Wartungsarbeiten, sowie ein geringerer Energiebedarf und Verschleiß. Der Vorteil beim Einsatz dieser Sieblochgrößen ist somit der geringere spezifische Energiebedarf für das Abpressen, er konnte bezogen auf die Tonne Bioabfall um gut ein Drittel reduziert werden.
Auf eine Aufbereitung des Presswassers vor der Vergärung wird im entwickelten Gesamtprozess verzichtet. Die Versuche mit Sieben und Zyklonen den Sand aus dem Presswasser abzutrennen lieferten bei sehr hohem Aufwand nur unbefriedigende Ergebnisse. Das Presswasser wird direkt in einen Vorlagebehälter mit untenliegender mechanischer Sandaustragsmöglichkeit gegeben und von dort in die Biofilmreaktoren zur weiteren Entsandung während des Vergärungsprozesses gefördert.
Für die weitere Behandlung des Presswassers wurden zu Beginn des Anschlussvorhabens zwei in Reihe geschaltete Festbettfermenter einem Rührkesselfermenter der EGW in Gescher vorgeschaltet. Der Rührkesselfermenter arbeitete hierbei als Nachgärer und sorgte für den Abbau der restlichen anaerob abbaubaren Organik im Austrag aus den Festbettreaktoren. In den ersten Monaten nach Inbetriebnahme der Festbettfermenter zeigten die Analysen einen relevanten Abbau der organischen Bestandteile im Presswasser bereits nach zwei Tagen Verweilzeit in den Festbettfermentern, die restliche Organik wurde dann im Nachgärer zu Biogas umgewandelt. Es konnten bis zu 50 m³ Biogas je Tonne Presswasser gewonnen werden. Der nach unten in den Behältern abgesunkene Sand konnte ebenfalls zu Beginn in plausiblen Mengen über den automatischen Austrag am Fuß der unterliegenden Trichter abgezogen werden.
Nach Havarie der Festbettfermenter durch einen Programmierfehler im Biogassystem der Anlage wurden einige Erkenntnisse über den Zustand und Funktion der innenliegenden Bestandteile der Fermenter gewonnen. Folgende Probleme wurden erkannt:
- Unerwartete Mengen von Sandablagerungen in den Trichtern und im Wärmetauscher
- Das Röhrenfestbett im nicht havarierten Festbettfermenter war zerstört und verstopft
- Die erforderliche Erwärmung des Substrates kann allein über die außenliegende Fermenterbeheizung nicht sichergestellt werden
Als Lösungsansatz für die Vermeidung der Sandablagerungen wurden die Wandung der Trichter steiler ausgebildet. Nachdem der Sandaustrag aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen auf dem Standort der EGW nur horizontal aus den Behältern erfolgen kann, wird ein Austrag über Schneckensysteme entwickelt und der Trichter asymmetrisch mit einer senkrechten Wand auf die Austragsöffnung ausgebildet werden. Weiterhin wird ein automatisches Messsystem, welches bereits den Beginn von Anhaftungen von Schwergut meldet, installiert. Im Hinblick auf die Gestaltung des Festbettes wird ein robusteres Festbett aus Textilien, die in die Behälter eingespannt werden, eingesetzt. Die Materialien sind auf ihre Resistenz gegen mikrobiellen Angriff in vergleichbaren Medien getestet worden. Durch sanftes Verspannen der Bänder ist bei einer ausreichenden Stabilität des Festbettes dennoch eine gewisse Bewegungsmöglichkeit gegeben, bei der sowohl ein Wärme- als auch Substrataustausch im Behälter erfolgen kann. Weiterhin verringert sich durch die gewisse Flexibilität der Bänder die Gefahr, dass sich das Festbett aus seinen Halterungen löst und beginnt den Reaktorraum zu blockieren. Die Oberfläche der hier vorgesehenen Bänder ist in etwa vergleichbar mit derjenigen, welche die Röhrenfestbetten zur Verfügung gestellt hatten. Eine Anlage aus zwei Festbettfermentern wurde im halbtechnischen Maßstab in den Räumen des Fachgebiets Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen in zwei Versuchsreihen über einen Zeitraum betrieben. Dabei wurden insbesondere Randparameter wie die hydraulische Verweilzeit und die organische Raumbelastung sowie die Auswirkung unterschiedlicher Chargen des Presswassers auf die Biogasproduktion und die Biozönose untersucht.
Ein Vorteil der Vergärung in diesen Biofilmfermenter ist die Entkoppelung der Aufenthaltszeit des Substrats von der Generationszeit der methanbildenden Bakterien. Die Bakterienkulturen siedeln sich auf dem Festbett an und werden so nicht beziehungsweise nur vermindert mit dem Flüssigkeitsstrom aus dem Fermenter ausgespült. Durch Erhöhung der Biomassekonzentration und „Festhalten“ der für die Vergärung erforderlichen Bakterienkulturen kann das Reaktorvolumen verringert und der Durchsatz erhöht werden. Aufgrund der möglichen Kreislaufführungen der Gärreste kann je nach regionalen Bedingungen auf eine kostspielige externe Entsorgung verzichtet werden. Das Festbett erlaubt außerdem, den Vergärungsprozess nach Energiebedarf zu regeln. So ist zum Beispiel eine Anpassung an den nächtlichen geringeren Energiebedarf im Netz möglich.
Im Ergebnis sind folgende Punkte als wesentliche Vorteile des Verfahrens zur Vergärung von Bioabfallpresswasser in den neu entwickelten Biofilmfermentern zu nennen:
- Vergärung eines „Abfallstoffes“ als Substrat
- Vergärung einer hochenergetischen Flüssigphase und Entfrachtung des Bioabfalls von leicht verfügbarer Organik
- Hohe Raumbelastungen und Durchsatzleistungen im Festbettfermenter
- Hygienisierung durch thermophile kontinuierliche Fermenterdurchströmung
- Einfach zu bedienende, wartungsfreundliche und mit wenig Verschleiß verbundene Anlagentechnik
- Rückführung des Gärrestes zum Bewässern des frischen Bioabfalls, es entsteht kein extern zu entsorgendes Abwasser
- Bei Kreislaufführung des Gärrestes ist keine Hygienisierung erforderlich und somit auch eine mesophile Fahrweise möglich
- Automatische Sandabtrennung im laufenden Vergärungsprozess möglich
- Hoher Methangehalt von 60-70% im Biogas
- Keine Nachrotte von Ammoniak-haltigen Gärresten in der bestehenden Kompostierung mit Gefährdung der Maschinen und Hallentragwerk durch Korrosion
Unter der Voraussetzung, dass ein Großteil der leicht verfügbaren Organik in die Flüssigphase überführt wird, könnten etwa 40-50 Nm³ Biogas je Mg Bioabfall Input erzeugt werden.
Das Projekt wurde im Juni 2015 erfolgreich abgeschlossen.
Versuchsanlage im Technikumsmaßstab