Nachruf Prof. Altfrid Gramm

Nachruf

Wir trauern um unseren hochgeschätzten ehemaligen Kollegen und Mitbegründer der Essener Chemiedidaktik

Prof. Altfrid Gramm,
30. Mai 1934 – 28. Mai 2013

Altfrid Gramm hat die Chemiedidaktik in Nordrhein-Westfalen von Beginn an maßgeblich mitgestaltet, von der PH Ruhr bis zur Universität Essen. Nach seinem Studium der Fächer Chemie und Mathematik für das höhere Lehramt an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, seinem Referendariat und einer sechsjährigen Lehrtätigkeit als Studienrat an der Alfred-Krupp-Schule, einem Gymnasium in Essen, wechselte er 1968 als Akademischer Rat an die Pädagogische Hochschule Ruhr, Abteilung Essen. Er war damit einer der ersten Lehrenden für das Fach Didaktik der Chemie. Parallel dazu studierte er Pädagogik in Bochum und Köln. 1979 wurde Altfrid Gramm Studienprofessor und 1982 ordentlicher Professor an der Universität GHS Essen. 1996 entschied er sich für den vorzeitigen Ruhestand, stand aber weiterhin für intensive Diskussionen zur Verfügung und war weitere Jahre ständiger Gast in den chemiedidaktischen Forschungskolloquien.

Sein besonderes Interesse galt dem Sachunterricht und der frühen naturwissenschaftlichen Bildung. Damit war er seiner Zeit weit voraus, und zwar unter verschiedenen Perspektiven: So fokussierte er ebenso auf einen integrierten Naturwissenschaftsunterricht wie auch auf einen frühen Beginn dieses Unterrichts, zwei Themen die heute aktueller sind denn je. Um die zukünftigen Lehrkräfte für diese Aufgaben kompetent ausbilden zu können, war er Mitinitiator fakultätsübergreifender Kooperationen in Forschung und Lehre, die die Denkweisen in der Essener Chemiedidaktik entscheidend geprägt haben und auch als erste Schritte in die heute mit großer Selbstverständlichkeit gelebte interdisziplinäre Forschungskooperation in der empirischen Bildungsforschung gesehen werden können.

Er war Lehrer, Forscher und prägender Mensch, für den die Studierenden immer im Mittelpunkt standen. Diese Grundhaltung prägte auch seine fachdidaktischen Überzeugungen, die die Schülerinnen und Schüler als Ausgangpunkt und gleichzeitig als Ziel hatten, Schülerorientierung im besten Sinne. In diesem Sinne war er Wagenschein sehr nahe. Für dieses Ideal arbeitete er in diversen Arbeitsgruppen und Kommissionen. Sein wissenschaftliches Lebensmotto lässt sich mit dem Zitat von Georg Christoph Lichtenberg wunderbar zusammenfassen: „Rousseau hat glaube ich gesagt: ein Kind, das bloß seine Eltern kennt, kennt auch die nicht recht. Dieser Gedanke lässt sich auf viele andere Kenntnisse, ja auf alle anwenden, die nicht ganz reiner Natur sind: Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht.“

Neben diesem großen beruflichen Engagement galt sein persönliches Engagement seiner Familie, die seine Liebe für das Nachbarland, die Niederlande, teilte und teilt. Nach der Pensionierung wurde für ihn Westkapelle zur zweiten Heimat, von der er sich in den letzten Wochen genauso persönlich verabschiedete wie von seinen beiden Kindern und seinen Freunden. Nach langer schwerer Krankheit wusste er genau, dass die finale Phase erreicht war. Dem Tod sah er gelassen entgegen. Wir werden ihn nicht vergessen – Tot ziens.

Im Namen der Essener Chemiedidaktik

Stefan Rumann, Karin Stachelscheid, Elke Sumfleth und Maik Walpuski