Berichte aus der Fakultät
NachberichtDramaturg Maximilian Löwenstein besucht Masterseminar
Am 20.11. war der Dramaturg des Schauspiel Essen, Maximilian Löwenstein, zu Gast im Masterseminar über ‚Migrationsgeschichte(n)‘ von Dr. Liane Schüller. Im Seminar setzen sich die Studierenden anhand ausgewählter literarischer Texte mit verschiedenen Aspekten von Migration und Flucht auseinander, unter anderem mit Bezug zum Roman ‚Der Reisende‘ (1939) von Ulrich Alexander Boschwitz, dessen Bühnenadaption am 13.09. im Schauspiel Essen Premiere hatte. Die Seminargruppe hat die Aufführung besucht und im Gespräch mit Maximilian Löwenstein spannende Einblicke sowohl in den Arbeitsprozess eines Dramaturgen als auch in den Entstehungskontext der Inszenierung des Regisseurs Hakan Savaş Mican erhalten, der den hochaktuellen Stoff auf sehr persönliche Weise mit eigenen Texten ergänzt hat.
Über seinen Bezug zum Roman sagt Hakan Savaş Mican in einem Interview: „Es geht um den jüdischen Geschäftsmann Otto Silbermann aus Berlin, der nach den Ereignissen der Novemberpogrome 1938 fliehen muss. Mit 41 Tausend Mark in einer Aktentasche, alles, was von seinem Vermögen übriggeblieben ist, reist er in Zügen durch das Deutsche Reich und versucht, aus dem Land herauszukommen. Das ist seine äußere Reise. Während dieser Flucht versucht er aber zu verstehen, warum er als ein Bürger, der im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hat, zum ‚Anderen‘ erklärt wird. Das ist seine innere Reise. Ich finde es sehr wichtig, dass Silbermann sich in erster Linie als Deutscher sieht. Seine jüdische Identität kommt erst danach. Der Autor bringt in diesem Buch ein Gefühl stark auf den Punkt: Die ständige Unruhe, die durch die Angst entsteht, zum ‚Anderen‘ gemacht werden zu können. Dieses große Fragezeichen hinter der eigenen Existenz beschreibt Boschwitz faszinierend. Ich kann sagen, dass ich dieses Gefühl der Rastlosigkeit empathisch wahrnehme, weil ich das von mir und meiner Familie sehr gut kenne. Meine Eltern sind Arbeitsmigrant*innen, die 1969 nach Deutschland gekommen sind. Dieses Gefühl, Deutschland aus dem Blickwinkel der ‚Anderen‘ heraus betrachten zu müssen, dieses ungewollte ‚Draußensein‘ hat mein Leben stark geprägt“.
Das Seminar ist eingebettet in das Projekt ‚Geschichte(n) von Migration, Mobilität und Flucht‘ von Dr. Liane Schüller und PD Dr. Simone Loleit.
Weitere Infos: www.uni-due.de/germanistik/litdid/schueller/migration.php
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