AG Trilling
Forschungsbereich
Ubiquitin-Proteasom-System, Neddylierung und Cullin RING-Ubiquitin-Ligasen im Kontext von Virusinfektionen: Eine Chance für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und Impfstoffen.
Das humane Immundefizienz-Virus (HIV) stellt für infizierte Personen die zentrale Ursache für assoziierte Krankheiten wie das erworbene Immunschwäche-Syndrom (englisch acquired immunodeficiency syndrome [AIDS]) dar. Zahlreiche AIDS-assoziierte Erkrankungen werden jedoch nicht direkt von HIV verursacht, sondern durch andere Erreger, deren immunologische Kontrolle durch HIV beeinträchtigt wird. Unter den AIDS-assoziierten Erregern und für AIDS-definierende Krankheiten spielen Herpesviren wie das Cytomegalovirus (CMV), Epstein-Barr-Virus (EBV) und das Kaposi-Sarkom-assoziierte Herpesvirus (KSHV) eine hochrelevante Rolle. Unser Team untersucht deshalb Retroviren, Herpesviren und deren Wechselwirkungen.
Viren können sich nur in geeigneten Wirtszellen vermehren. Dabei programmieren die Viren den gesamten zellulären Stoffwechsel so um, dass die Zellen anschließend keine andere Wahl haben, als den Großteil ihrer Ressourcen für die Synthese neuer Viren einzusetzen. In Bezug auf die Proteine der Wirtszelle haben Viren deshalb ein gespaltenes Verhältnis: Die Funktion von Proteinen, die an der Bereitstellung von molekularen Bausteinen wie Aminosäuren und Nukleotiden beteiligt sind und dem Virus somit „in die Hände“ spielen, werden von Viren häufig gesteigert. Im Gegensatz dazu werden Proteine, die die Virusvermehrung behindern, attackiert und oft sogar zerstört. Eine sehr wichtige Rolle im letzteren Prozess spielt das sog. Ubiquitin-Proteasom-System. Durch das Anhängen von Ubiquitin werden Proteine für den geregelten Abbau durch das Proteasom markiert. Dieser Prozess der Ubiquitinierung und des anschließenden proteasomalen Abbaus reguliert die Halbwertszeit der Mehrheit aller Proteine. Die Ubiquitinierung erfolgt über einen komplizierten, mehrstufigen Prozess, bei dem am Ende sog. Ubiquitinligasen Zielmoleküle erkennen, binden und die Verknüpfung mit Ubiquitin katalysieren. Um Restriktionsfaktoren des Wirtes zu zerstören und so dessen Verteidigungsmechanismen zu schwächen, zweckentfremden Viren das Ubiquitin-Proteasom-System. Wir konnten zeigen, dass die Klasse der sog. Cullin-RING-Ubiquitin-Ligasen von verschiedenen Viren ausgenutzt werden, um Wirtsproteine wie z.B. STAT2 zu zerstören und damit die angeborene Immunität und das Interferonsystem zu beeinträchtigen (Link). Interessanterweise ist dieser Mechanismus für viele Viren im Laufe der Evolution so relevant geworden, dass sie sich entweder gar nicht mehr oder nur noch sehr ineffizient vermehren, sobald Cullin-RING-Ubiquitinligasen inaktiv sind. Dieses Wissen ermöglicht es uns nun, auf zweierlei Weise gegen Viren vorzugehen: (I) Wir können pharmakologische Inhibitoren des Ubiquitin-Proteasom-Systems oder von Cullin-RING-Ubiquitinligasen als antivirale Wirkstoffe einsetzen, um die Virusvermehrung zu behindern. In Zellkultur sowie in Organoiden gelingt dies bereits (Link; Link; Link). (II) Außerdem können wir abgeschwächte Virusmutanten gezielt erzeugen, die das Ubiquitin-Proteasom-System oder Cullin-RING-Ubiquitin-Ligasen weniger effizient ausnutzen. Diese beeinträchtigten Viren entwickeln wir als mögliche Impfstoffe und Impfstoff-Plattformen (Link; Link). Die virale Zweckentfremdung des Ubiquitin-Proteasom-Systems sowie von Cullin-RING-Ubiquitinligasen findet sich sowohl bei Herpesviren wie den Cytomegaloviren als auch bei Retroviren wie HIV.