Charakteristika des Werks

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Thematische Aspekte [ ↑ ]

Polleschs Theater lässt sich thematisch in zwei Bereiche einteilen: in Popkultur und Theorie.

  • Popkultur
    Pollesch nutzt Pop nicht nur als ästhetisches Prinzip, sondern auch inhaltlich ist Polleschs Theater durch Bezüge und spielerischen Umgang mit massenkulturellen Erzeugnissen wie Werbung, Musik, (Video-)Clips, Filme etc. charakterisiert. Polleschs Theater ist damit u.a. ein Spiegel der gegenwärtigen Kunst- und Kultursozialisation, die sich bspw. am sogenannten Trash abarbeitet: „Ich [Pollesch, L.L.] gehöre ja zu der Generation mit dieser auch zynischen Trash- oder Rezeptionsästhetik; sich Filme ansehen, die scheinbar scheiße sind und als misslungen angesehen werden und dann an ihnen etwas entdecken. Von dieser Generation wurden dann auch „Flipper“ und „Lassie“ zum ersten Mal in die Theater gebracht.“ (Pollesch, 2003a, 113-127, hier: 120.)
  • Theorie/Diskurstheater
    Eines der auffälligsten inhaltlichen Merkmale von Polleschs Theater ist sein Umgang mit und die exzessive Nutzung von Theorie, weshalb sein Theater auch als Diskurstheater bezeichnet werden kann. Doch Pollesch wählt nicht irgendwelche theoretischen Diskurse aus, um sie mit seinen Schauspieler*innen zu diskutieren und zu bearbeiten, sondern „[e]s sind […] Texte, die in einem Milieu gelesen werden, das man gerne das avanciertere innerhalb der in Pollesch-Stücken aufgerufenen größeren gesellschaftlichen Schicht nennen kann, der Schicht der kulturellen, Symbole verarbeitenden westlichen Mittelklasse und ihren Randgebieten, Neben- und Subkulturen. Diese in Studenten- und Aktivistenkreisen gelesenen theoretischen Texte haben ja einen gewissen Ruhm besonderer Art. Sie sind ganz offensichtlich nicht allein deswegen bekannt, weil sie auf irgendwelchen Seminarplänen stehen, sondern weil sie von den Betreffenden auch gelesen werden, um eigene Probleme und Fragen des Selbstbildes zu lösen oder formulieren zu können.“ (Diederichsen, 2005, 7-19, hier: 13.) Es geht folglich um die pragmatische Anwendung von Theorie auf die eigene Lebenswirklichkeit: „Mit dieser Art Theater versuchen wir, unsere Form der Desorientierung zu bearbeiten oder einen schärferen Blick auf Konstruktionen, die als Normalität ausgegeben werden, zu bekommen. Also stellen wir das Normale in Frage und entlarven es als Konstruktion, indem wir die Herrschaftstechniken zeigen, die darin eingegangen sind.“ (Raddatz, 2007, 195-213, hier: 196/197.) Summierend ist das Ziel des Theaters von Pollesch, die Dekonstruktion von Normalität, die den Subjekten als natürlich entgegentritt, ihre Konstruiertheit verschleiert und die Subjekte, Michel Foucault zufolge, sowohl hervorbringt als auch unterwirft. Ein besonderes Augenmerk Polleschs liegt dabei auf der binären Geschlechtertrennung in Mann und Frau, der damit einhergehenden Zwangsheterosexualität sowie auf den neoliberalen Arbeits- und Lebensverhältnissen. Aus diesem Grund besteht das „theoretische Material […] aus soziologischen Theorien zur neoliberalen, spätkapitalistischen Gesellschaft und ihren Produktionsverhältnissen, aus Texten des kritischen Urbanismus, der Postcolonial Studies, der Gender und Queer Theory.“ (Dreysse, 2011, 357-370, hier: 358/359.) Obwohl sich Polleschs Theater mit komplexer Theorie auseinandersetzt und sich an ihr abarbeitet, glaubt Pollesch, dass sein Theater die Zuschauer*innen nicht autoritär von oben herab behandeln und unterweist, sondern ihnen eine Orientierung bietet, ihre eigenen Leben ebenfalls zu hinterfragen und zu bearbeiten: „Ich glaube […] nicht, dass wir mit dem Gestus der Unterweisung auftreten, den das Publikum gewohnt ist. Die Frage ist, ob man uns vorwerfen kann, dass Ihnen Ihre Bildungslücken Panik machen. Wir sind es gewohnt, alles verstehen zu müssen, dabei hat jeder irgendwo Lücken! Die werden im Theater allerdings oft benutzt, um Autorität zu erzeugen. Bei uns versuchen die Schauspieler, selbst etwas herauszufinden und nicht gesicherte Wahrheiten ans Publikum auszugeben. Wir setzen nicht voraus, dass die Zuschauer alles wissen müssen, um uns zu verstehen. […] Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Leben derer berühren, die zu uns kommen. Generell geht es darum, dass wir Sehhilfen bekommen für die Wirklichkeit.“ (Pollesch, 2009, 357-364, hier: 358) Um es in einem Satz zu sagen: „Es geht um das real gelebte Leben!“ (Pollesch, 2009, 357-364, hier: 358.)

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Formale Aspekte [ ↑ ]

Polleschs Theaterstücke sind durch einen spezifischen Produktionsprozess gekennzeichnet: Pollesch schreibt seine Texte nicht vor der Probenarbeit und legt sie als fertiges Stück den Schauspieler*innen, Bühnen- und Kostümbildner*innen und verschiedenen Techniker*innen vor, die dann seine (Autor-)Intention verwirklichen müssen, sondern er bearbeitet ein biographisches Problem mit verschiedenem Material – vornehmlich theoretischen Texten – und bringt dieses Textmaterial mit zu den Proben, d.h. der Grund für ein Stück „muss ein biographischer sein, ein Theaterstück darf keine bloße Dienstleistung sein.“ (Pollesch, 2003a, 113-127, hier: 127.) Bühnen- und Kostümbildner*innen und auch Techniker*innen arbeiten nebenbei autonom, nach ihren Vorstellungen, ohne Autorisierung durch Pollesch. Das von Pollesch mitgebrachte Material wird gemeinsam mit den Schauspieler*innen gelesen, diskutiert, teilweise verworfen und schlussendlich wird der Text gemeinsam fertiggestellt. Dieser Kollektivarbeit ist es auch geschuldet, dass Pollesch nur sehr wenige Texte für andere Regisseure und Regisseurinnen freigibt: „[D]er Text [wird] während der Probenarbeit gemeinsam hergestellt. Die Schauspieler erinnern sich, während sie das Stück aufführen, an die Diskussionen. Man kann sie nicht einfach einem anderen Ensemble geben, das sie als Fertigprodukte nutzt.“ (Pollesch, 2009, 313-318, hier: 313.) Wie sehr eine gelungene Inszenierung davon abhängt, dass der Text auch mit den Schauspieler*innen zu tun hat und von ihnen mit erarbeitet wurde, zeigt die Kritik von Till Briegleb an der Inszenierung des Stückes Die Welt zu Gast bei reichen Eltern durch das Thalia-Ensemble: Das Ensemble gehörte nicht zu den Schauspieler*innen, die regelmäßig mit Pollesch arbeiten und seine Arbeitsweise kennen und so ging der Bezug zwischen Schauspieler*innen und Text, d.h. der persönliche Bezug zum Text, verloren und die Aufführung misslang. (Vgl. Briegleb, Till: „Das Subversive, ARD-tauglich“. In: Süddeutsche Zeitung, 27.11.2007, zit. nach: Nissen-Rizvani, 2011, 212/213.)

Pollesch hat eine große Anzahl an Texten geschrieben und inszeniert, von denen nur sehr wenige veröffentlicht wurden, so dass eine Analyse der Form sich zumeist auf die Inszenierungen beziehen muss.

Auf-Anschluss-Sprechen
Ein besonderes Merkmal von Polleschs Texten ist das sogenannte Auf-Anschluss-Sprechen, „[d]as heißt, daß keine Pausen zwischen den Sätzen und auch nicht zwischen den Beiträgen der einzelnen Sprechenden gelassen werden, sondern die Redenden sich das Wort förmlich aus dem Mund nehmen, sich fast ins Wort fallen, also dicht aneinander sprechen.“ (Schrödl, 2008, 117-129, hier: 121.) Das Auf-Anschluss-Sprechen wurde von Pollesch erfunden und kann als sein trademark angesehen werden (Vgl.: Wirth, 2003, 126-131, hier: 131.). Durch diese spezielle Form des Sprechens wird ein Dialog verhindert: „Die Darstellerinnen und Darsteller sprechen zwar abwechselnd, sie schauen sich dabei auch an, ein Dialog als Ausdruck des Zwischenmenschlichen im Sinne eines psychologischen Realismus aber entsteht nicht. Die Sprache hat keine Motivation, keinen Ursprung im Inneren der Subjekte, sie ist vorgefertigtes Material, das allen gleichermaßen zur Verfügung steht und gleichermaßen fremd bleibt.“ (Dreysse, 2011,357-370, hier: 365)

Komik
Polleschs Inszenierungen zeichnen sich durch eine spezifische Komik aus. Seine Texte sind eine Mixtur aus leichter Unterhaltung – wie Gags, Slapstick und Kitsch – und komplexer Theorie, vorgetragen mit einem Wechsel aus Rede und Schrei. Diese schnelle und unerwartete Kollision zweier konträrer Bereiche ist nach Pollesch die Ursache seiner Komik: „Ich glaube die Leute lachen auch darüber, wie die Themen kollidieren. Dass die Schnitte so unrealistisch sind, die Anschlüsse so merkwürdig. Es gibt natürlich Effekte, die der Text produziert. In dieser Absurdität, die Komik erzeugt. Und diese unvermittelten Ausbrüche. Wenn man es nicht gewohnt ist: Jemand redet, dann schreit er, dann redet er einfach weiter, das ist, glaube ich, einfach komisch.“ (Pollesch, 2009, 313-318, hier: 318.) Ein weiterer Kunstgriff, welcher Komik herbeiführt, ist die Übertragung der Rede in der 3. Person, wie sie in den theoretischen Texten anzutreffen ist, in die Rede der 1. Person: Pollesch gelingt mit seinem Theater die „grundkomische Übertragung einer fürs Denken und Diagnostizieren anhand von dritten Personen entstandenen Sprache in die Rede seiner ersten Personen. überträgt diese Rede in die 1. Person, um sie auf die eigene Lage anwenden zu können. (Vgl.: Diederichsen, 2002, 56-63, hier: 59.) [CS1] 

  • Körperlichkeit (Schrei)
    Die Körperlichkeit ist einer der Aspekte, die Pollesch mit seinem Theater hervorheben will: „Ich wollte immer dem Schauspielerkörper oder dem Körper an sich zu mehr Recht verhelfen […].“(Pollesch, 2008, 12-15, hier: 14.) Diese Markierung der Körperlichkeit gelingt Pollesch insbesondere durch die, in fast jeder Inszenierung enthaltenen, Schreie: „Und so scheint sich auch bei Pollesch im unvermittelten Schrei sowohl auf semantischer wie physischer Ebene der Körper als Widerstand, als Protest zu artikulieren, ein gewalttätiger und zugleich ohnmächtiger Ausbruch des Körpers gegen die Zumutungen, denen das Subjekt ausgesetzt ist und die es selbst immer wieder reproduziert.“[(Dreysse, 2011, 357-370, hier: 367.) Die Schreie der Schauspieler*innen sind oftmals bis zur Heiserkeit oder bis zum Bruch der Stimme gesteigert, so dass der Körper auch in seiner Nichtbeherrschbarkeit und Imperfektion erscheint. (Schrödl, 2008, 117-129 , hier: 124/125.)
  • Loops, Permutationen und Sampling
    Polleschs Texte sind nach Diederichsen durch Permutationen („Veränderungen der Textanordnung durch das Vertauschen ihrer Elemente“(Eke, 2009, 175-191, hier:179)) und Loops (Schleifen) organisiert, d.h. Polleschs Texte zeichnen sich durch Strategien aus, die aus der Pop-Musik entlehnt sind. Ein weiteres Strukturmerkmal, ebenfalls aus der Pop-Musik, ist die Strategie des Samplings, womit gemeint ist, dass Pollesch, als eine Art DJ, in seinen szenischen Text unterschiedlichste Medien wie Zitate aus theoretischen Texten, Filmszenen, Werbung, Musik, (Video-)Clips etc. montiert.
  • Repräsentationstheater
    Einer der wichtigsten Punkte gegen den Polleschs Theater sich abzugrenzen versucht, ist das traditionelle Repräsentationstheater. Polleschs Kritik richtet sich dagegen, dass das Repräsentationstheater auf der Annahme einer universal möglichen Kommunikation beruht und damit nicht mit, wie Donna Haraway einfordert, sondern für die/den andere*n spricht. Traditionellen Theaterformen geht es Pollesch zufolge um Lesbarkeit, die durch eine allgemeine Sprache hergestellt werden soll; diese entpuppt sich jedoch, und dies ist Polleschs Kritik, als Sprache des weißen, heterosexuellen, mittelständischen, westlichen Mannes(Vgl.: Pollesch, 2006, 100-136, hier: 103.): „Denn das Allgemeine ist immer ein Zwang zur Übertragung, außer man ist ein weißer, heterosexueller Mann Anfang vierzig, denn das ist die Kategorie der Normalität.“ (Raddatz, 2007, 195-213, hier: 210.)

Weiterhin ist dem Repräsentationstheater die sogenannte Einheit der Bühnenfigur zu eigen, d.h. die „Einheit von Sprechen, Fühlen und Handeln“ (Nissen-Rizvani, 2011, 202.). Konträr dazu ist bei Pollesch diese Einheit von Schauspieler*in und (Theater-)Figur auf mehreren Ebenen gebrochen. Ein erster Bruch zeigt sich als Effekt des genannten Auf-Anschluss-Sprechens, denn durch dieses „entsteht der Eindruck, daß die Stimme – und auch der Text – über die einzelnen Akteur/innen hinweg einfach weitergeleitet werden: Es etabliert sich ein endloser Stimm- und Redefluß, der den Effekt einer Losgelöstheit der Stimme und der Rede von den einzelnen Sprechenden evoziert.[…]“ (Schrödl, 2008, 117-129, hier: 121.) Diese Differenz zwischen Stimme, Rede und dem/der Sprechenden betrifft besonders auch die Ebene der Geschlechtertrennung. Dadurch, dass es keine feste Figurenzuordnungen gibt, die Schauspieler*innen Textpassagen mit verschiedenen Geschlechtermarkierungen sprechen und sich auch gegenseitig mit unterschiedlichem Geschlecht anrufen, welches nicht immer mit ihrem biologischen übereinstimmt, wird die, als natürlich angesehene, Entsprechung zwischen sex und gender parodiert, als Konstrukt entlarvt und somit dekonstruiert.
Ein weiterer Bruch zwischen Schauspieler*innen und Figuren wird durch die Tatsache deutlich, dass die meisten von Polleschs Texten auf der schriftlichen Ebene dadurch gekennzeichnet sind, dass „dem Dramentext […] kein Personenverzeichnis und keine Rollennamen vorangestellt [sind], sondern die Abkürzungen der Vornamen der Schauspieler stehen vor den Repliken.“ (Nissen-Rizvani, 2011, 190.) Das Fehlen von Figuren auf der schriftlichen Ebene wird in der Inszenierung fortgesetzt: die Schauspieler*innen sollen keine Figuren erfüllen. Der Text wird, möglichst gleichberechtigt, unter allen Schauspieler*innen aufgeteilt und wandert zwischen ihnen hin und her, so dass eine figürliche Identifikation dekonstruktiv unterlaufen wird. Es geht somit um eine kollektive Bearbeitung, um ein gemeinsames Abarbeiten an bestimmten Themen, welche die Schauspieler*innen jedoch trotz aller Distanz persönlich betreffen müssen: „Für mich [Pollesch, L.L.] ist das entscheidende Merkmal, ob ein Schauspieler den Text verinnerlicht, zu seinem Text macht, an eine Figur heranzieht, oder ihn von sich weghält, obwohl er sehr viel mit dem Text zu tun hat.“ (Pollesch, 2003a, 113-127, hier: 114.)

  • Serialität
    Pollesch inszeniert nicht nur tatsächliche Soaps (vgl. world wide web slums, ab 2001, Berlin, Prater), sondern seine Stücke sind generell in Bezug auf Personal, Ausstattung, Struktur, Ästhetik und Thematik durch das Prinzip der Serialität gekennzeichnet: „Einmaligkeit gilt nicht viel bei René Pollesch. Themen, Textzeilen, Slogans wiederholen sich, Inhalte überlappen einander, Prinzipien werden penetrant beibehalten, bis sie brechen. Serien und Soaps sind ihm Modell in mancher Hinsicht. Theoreme und Probleme spielen die Hauptrollen und hangeln sich von Episode zu Episode.“ (Diederichsen, 2002, 56-63, hier:57/58.)
  • Überforderung
    Polleschs Theater ist von einer zweifachen Überforderung gekennzeichnet: die der Schauspieler*innen und die der Zuschauer*innen. Erstere sind damit konfrontiert, dass sie einen quantitativ und qualitativ dichten Text auswendig lernen müssen, den es ohne Souffleur*innen nicht gelingt zu bewältigen: „[Sie] [die Schauspieler*innen, L.L.] verlieren […] alle, egal wie alt und professionell, ständig den Faden und treten so in einen Dialog mit Souffleuren ein, die oft ganze Dialogstellen alleine sprechen, während die erschöpften Darsteller zuhören und auf den geeigneten Moment warten, wieder in den Theoriegrove zu kommen.“ (Diederichsen, 2002, 56-63, hier: 59.) Auch die Zuschauer*innen werden durch diesen meist rasend schnell gesprochenen, komplexen, assoziativen und mäandernden Redefluss auditiv überfordert und müssen sich vom traditionellen Theatererlebnis, bei welchem die Handlung (linear) entschlüsselt bzw. interpretiert werden kann, verabschieden. Die Zuschauer*innen müssen bei Pollesch ihre traditionellen Erwartungen ans Theater und ihre herkömmlichen Sehgewohnheiten aufgeben, da Pollesch mit diesen bricht.   

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Pressespiegel [ ↑ ]

Zusammenfassend lassen sich die Pressestimmen zu Pollesch-Inszenierungen in zwei Lager aufteilen: Die eine Seite lobt die Stücke für ihre absurde, aber höchst unterhaltene Komik, ist von den Schauspieler*innen begeistert und sieht in Polleschs trashigen Umgang mit und seiner grotesken Abarbeitung an Theorie trotz allem Systemkritik und Potential zur Subversion der Normalität. Die andere Seite ist von dem redundanten Theoriegefasel der Pollesch-Stücke gelangweilt und charakterisiert diese aufgrund der Selbstbezüglichkeit und fehlenden (stringenten) Handlung als sinnlos oder beliebig.

Liebe ist kälter als das Kapital (21.09.2007, Schauspiel Stuttgart)
Die meisten Pressestimmen äußern sich positiv zu Polleschs Stück Liebe ist kälter als das Kapital, mit welchem er, ein Jahr nach der Uraufführung in Stuttgart, auch zu den Mülheimer Stücken eingeladen wurde. Tomo Mirko Pavlovic auf nachtkritik.de (22.09.2007), Katrin Bettina Müller in der taz (25.09.2007) und Peter Müller in der Zeit (27.09.2007) betonen besonders den Aspekt der Subversion und des Widerstands gegen Normalitäten, den Pollesch mit seinem Stück geleistet hat. Auch die Kritik von Peter Michalzik in der FR (24.09.2007) und Eckhard Fuhr in der Welt (24.09.2007) fällt positiv aus, beide heben die Komik des Polleschstücks hervor. Fuhr merkt jedoch kritisch an, dass die Kritik am traditionellen Theater, welche Pollesch zu leisten meint, nicht gelingt. In den Stuttgarter Nachrichten (24.09.2007) lobt Nicole Golombek besonders die Thematik des Stücks und die Leistung der Schauspieler*innen. In der SZ (24.09.2007) stellt Till Brielgleb heraus, dass Polleschs Theaterstück keine Antworten auf politische Fragen gibt, sehr wohl aber Anregungen für diese bereithält. Neben all diesen zumeist positiven Pressestimmen steht der Artikel von Gerhard Stadelmaier in der FAZ (24.09.2007), welcher sich durchweg negativ äußert: Stadelmaier sieht Polleschs typische Verbindung von Theorie und Theater in diesem Stück als gescheitert bzw. misslungen an.

Diktatorinnengattinnen I (17.10.2007, Volksbühne, Berlin)
In einem sind sich Peter Laudenbach in der SZ (19.10.2007), Christine Wahl im Tagesspiegel (Ausgabe vom 19.10.2007) und Dirk Pilz in der Berliner Zeitung einig: Diktatorinnengattinnen I von Pollesch ist lustig, aber mehr nicht. Dem Stück fehlt die Tiefe, es bietet nicht mehr als Unterhaltung.

Darwin-win & Martin Loser-Drag King & Hygiene auf Tauris (28.04.2008, Volksbühne, Berlin)
In der Berliner Zeitung (30.4.2008) findet Doris Meierhenrich kurze, harte Worte und stempelt Polleschs Stück als monoton ab. Jan Oberländer im Tagesspiegel (Ausgabe vom 30.04.2008) und Kirsten Riesselmann in der taz (30.04.2008) finden erfreulichere Worte, wenden jedoch ebenfalls ein, dass das Stück zwar unterhaltsam sei, jedoch nichts Neues brächte, unfertig und selbstbezüglich wirke. Eckhard Fuhr warnt deshalb auch in seinem Artikel auf Welt online (ebenfalls 30.04.2008) vor der Gefahr, dass Polleschs Stücke in Beliebigkeit verkommen.

Fantasma (06.12.2008, Burgtheater Wien, Akademietheater)
In der Online-Ausgabe des Kurier (07.12.2008) äußert sich Michaela Nottinger, genauso wie ihre Kollegin Margarete Affenzeller des Standard (09.12.2008), außerordentlich positiv über Polleschs Stück Fantasma. Gelobt wird die Inszenierung, wie auch die Schauspieler*innen und Polleschs Fähigkeit zu paradoxen und als unmöglich erscheinenden Verknüpfungen. Norbert Mayer in der Presse (09.12.2008) stellte zunächst eine gewissen Monotonie des Stückes fest, bevor jedoch das Stück endgültig misslingen konnte, wurde es durch ein furioses Ende und eine hervorragenden Leistung der Schauspielerin Sachiko Hara gerettet, so dass auch Mayer zu dem Schluss kommt, dass Pollesch, dem „anarchischen Denker[,] erneut ein hermetisches Kabinettstückerl gelungen“ sei.

Du hast mir die Pfanne versaut, du Spiegelei des Terrors (07.01.2009, Prater, Berlin)
Dirk Pilz erkennt zwar an diesem Pollesch Stück, so schreibt er in der Berliner Zeitung (09.01.2009), den typischen Umgang Polleschs mit Theorie, doch vermisst er, genauso wie Anne Peter in der taz (ebenfalls 09.01.2009), die Tiefe der Inszenierung. Peter findet dafür noch deutlichere Worte, indem sie konstatiert, dass Pollesch zum einen männliche (Sex-)Fantasien reproduziert und zum anderen seine Sexismus- und Kapitalismuskritik misslingt, denn sie rauscht ohne hängenzubleiben an den Zuschauer*innen vorbei.

Ein Chor irrt sich gewaltig (02.04.2009, Prater, Berlin)
Von der Berliner Zeitung (Dirk Pilz, 04.04.09) über die Berliner Morgenpost (Peter Hans Göpfert, 04.04.09), den Tagesspiegel (Rüdiger Scharper, 04.04.2009), die SZ (Peter Laudenbach, 07.04.2009) und zuletzt Die Welt (Eva Behrendt, 09.04.2009) sind sich die Journalist*innen einig: Polleschs Stück Ein Chor irrt sich gewaltig ist (absurd) komisch, aber, so Behrendt und Pilz, der belehrende und besserwisserische Gestus des Stückes, ist zu kritisieren.

Cinecittà aperta, Ruhrtrilogie Teil 2 (19.06.2009, Mülheim/Ruhr)
Sowohl Regine Müller in der taz (22.06.2009) als auch Jens Dirksen in Der Westen (02.06.2009) loben die (absurde) Komik des Stückes wie auch den damit einhergehenden kritischen Blick auf den Kapitalismus.

Calvinismus Klein (04.12.2009, Schauspielhaus Zürich; In den Vorstellungen am 6. und 8. Dezember Kooperation mit Christoph Schlingensiefs "Unsterblichkeit kann töten. Sterben lernen! (Herr Andersen stirbt in 60 Minuten)" und dem Theater am Neumarkt)
Über das Stück von Pollesch herrscht in der Presse keine Übereinstimmung. Barbara Villiger Heilig in der Neuen Zürcher Zeitung (01.12.2009) und Martin Halter in der FAZ (07.12.2009) sind der Meinung, dass Polleschs Stück bekannt, selbstbezüglich und langweilig sei. Dirk Pilz und Peter Michalzik in der FR (07.12.2009) sind hingegen der Ansicht, dass die Thematik des (interpassiven) Theaters hervorragend umgesetzt wurde und Pollesch wieder einmal ein großartiges Boulevardtheater mit ausgezeichneten Schauspieler*innen geboten hat. Die Kombination von Pollesch und Schlingensief wird in der Presse begrüßt: Ulrich Weinzierl auf Welt online (07.12.2009) urteilt jedoch, dass Schlingensief den Polleschabend gerettet habe, da dieser drohte zu misslingen, wohingegen Simone Meier im Züricher Tagesanzeiger (ebenfalls vom 07.12.2009) die Kombination beidseitig als gelungen charakterisiert.

Ich schau dir in die Augen, gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang (13.01.2010, Prater, Berlin)
Der Schauspieler Fabian Hinrichs wird sowohl im Tagesspiegel (15.01.2010) von Rüdiger Scharper, als auch in der Wiener Zeitung (15.02.2010) von Joachim Lange und in der Berliner Zeitung (16.01.2010) von Dirk Pilz für seine herausragende schauspielerische Leistung gelobt und Scharper und Pilz entdecken in dieser Inszenierung mit Hinrichs sogar einen neuen Gestus des Pollesch-Theaters: ernst statt witzig.

Mädchen in Uniform (25.02.2010, Schauspielhaus Hamburg)
Es gibt positive und negative Töne zu Polleschs Stück Mädchen in Uniform. Armgard Seegers im Hamburger Abedblatt (27.10.2010) und Stefan Grund auf Welt online (27.10.2010) loben die Thematik der Dichotomie Individuum/Kollektiv, um welche das Stück kreist. Till Briegleb in der SZ (08.03.2010) und Werner Theurich auf Spiegel online (26.02.2010) kritisieren jedoch, dass Pollesch nach der Inszenierung mit Fabian Hinrichs, bei welcher ein neuer Pollesch Gestus zu erkennen war, wieder zu seiner bekannten und damit erwartbaren Serialität zurückgekehrt ist. Eine weitere Kritik von Frauke Hartmann in der FR vom 02.03.2010 richtet sich gegen die Räumlichkeiten im Schauspielhaus Hamburg, denn Polleschs charakteristische Merkmale der Komik drohen auf der großen Bühne in Hamburg unterzugehen.   

Peking Opel (28.05.2010, Wiener Burgtheater, Akademietheater)
Margarete Affenzeller im Wiener Standard (01.06.2010) und Norbert Mayer in Die Presse (01.06.2010) postulieren die Sinnlosigkeit, die Unmöglichkeit des Verstehens des Stückes von Pollesch. Doch genau dies, so Judith Schmitzberger in der Wiener Zeitung (01.06.2010), ist die Thematik des Stückes. So verbirgt sich Schmitzberger zufolge hinter all dem scheinbar sinnlosen Klamauk sehr wohl eine sinnvolle und tiefgründige Erkenntnis, über die diskutiert werden kann: die Unmöglichkeit von Kommunikation. Weitere Pressestimmen wie Ulrich Weinzierl in der Welt (01.06.2010) oder Stephan Hilpold in der FR (02.06.2010) loben die bekannte Komik von Polleschs Inszenierungen, heben jedoch genau diesen Punkt der Bekanntheit und Erwartbarkeit kritisch hervor. Im Kurier kritisiert Michaela Mottinger (01.06.2010) schließlich die, selbst für Pollesch Stücke, auffällige Textunsicherheit von Volker Spengler und Marc Hosemann.

Der perfekte Tag, Ruhrtrilogie Teil 3 (18.06.2010, Mülheim/Ruhr)
Fabian Hinrichs hat die Presse durchweg verzaubert: seine Leistung als Schauspieler war großartig und herausragend, so sind sich die Journalist*innen von Marion Ammicht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (20.06.2010) und Regine Müller in der taz (21.06.2010) bis hin zu Gudrun Norbisrath in Der Westen (20.06.2010) einig, wobei Norbisrath kritisiert, dass die Textgrundlage von Pollesch nicht überzeugend gewesen wäre. Müller macht noch darauf aufmerksam, dass im Gegensatz zur Ruhrtrilogie Teil 1 und 2 hier ein anderer Gestus sichtbar wäre, das Ensemble sei geschrumpft – auf Fabian Hinrichs und in einer kleinen Rolle Volker Spengler – und der Text sei weniger von Theorie geprägt. Trotz allem will Michael Laages im Deutschlandradio (19.06.2010) einen typischen Pollesch erkannt haben: Polleschs Theater bleibt Theater für Menschen, die kein Theater sehen wollen.

Drei Western (25.09.2010, Staatstheater Stuttgart)
Zu Polleschs Stück Drei Western gehen die Pressestimmen auseinander. Peter Michalzik in der FR (28.09.2010) lobt die Theatermaschine Pollesch, die Mensch, gäbe es sie noch nicht, dringend erfinden müsste, denn Polleschs Theater ist lustig und kritisch bzw. subversiv zugleich. Roland Müller ist in der Stuttgarter Zeitung (28.09.2010) weniger euphorisch: Das Stück sei wieder einmal ein typischer Pollesch und wäre besser, wenn der Autor und Regisseur Pollesch mehr auf Nachvollziehbarkeit setzen würde. Martin Halter in der FAZ (29.09.2010) findet nur noch kritische Töne und bezeichnet das Stück als bekanntes Theoriegefasel.

Sozialistische Schauspieler sind schwerer von der Idee eines Regisseurs zu überzeugen (09.10.2010, Schauspiel Frankfurt)
Tobias Nolte schreibt in der taz (12.10.2010) mit einem positiven Grundton, dass er Polleschs Theaterstück mit vielen Anregungen, jedoch ohne Antworten verlässt. Hingegen findet Hubert Spiegel in der FAZ (11.10.2010), dass von Polleschs aufgesetzten Theorietheater nichts bleibt als die Erinnerung an einige gute Theoriezitate.

XY Beat (27.11.2010, Münchener Kammerspiele)
Die SZ (Christopher Schmidt, 29.11.2010), das tagblatt.de (Barbara Reitter, 29.11.2010) und die FR (Wilhelm Hindemith, 02.12.2010) sind sich einig: das Stück von Pollesch ist wieder einmal komisch und liefert somit intelligente Unterhaltung. Jedoch merkt Schmidt an, dass bezweifelt werden kann, dass der Theoriegestus wirklich theoretisch tiefgründig ist. In der FAZ (30.11.2010) wundert sich Astrid Kaminski über den ungewöhnlich netten Ton von Polleschs Inszenierung, welche fast ohne Kraftausdrücke und bloße Schlagwörter daher kommt.

Schmeiß Dein Ego weg! (12.01.2011, Prater, Berlin)
Ermüdungserscheinungen lassen sich in den meisten Pressestimmen zu diesem Pollesch Stück finden, denn, so die Meinung der Journalist*innen, Pollesch wiederholt sich selbst (vgl. Eberhard Spreng, Deutschlandradio, 12.01.11; Ulrich Seidler, Berliner Zeitung, 14.01.2011; Christine Wahl, Tagesspiegel, 14.01.11; Peter Laudenbach, SZ, 14.01.11; Irene Bazinger, FAZ, 14.01.2011). Trotz allem zeigt sich Seidler von dieser Serialität begeistert und Bazinger lobt besonders das Ende des Stückes mit dem Auftritt von Margit Carstensen.

Fahrende Frauen (14.05.2011, Schauspielhaus Zürich)
Sowohl Andreas Klaeui in der Neuen Zürcher Zeitung (16.05.2011) als auch Simone Meier im Tages-Anzeiger (16.05.2011) sind von Polleschs Theaterstück, dem Umgang mit Theorie in Bezug auf das Thema Kreativität, begeistert.

Die Kunst war viel populärer, als ihr noch keine Künstler wart! (17.06.2011, Prater, Berlin, Koproduktion: Schauspielhaus Hamburg)
Rüdiger Schaper schreibt im Tagesspiegel (20.06.2011), dass er schon bessere Pollesch-Stücke gesehen hat und auch Dirk Pilz in der Berliner Zeitung (20.06.2011) und Katrin Bettina Müller in der taz (20.06.2011) kritisieren die lahme Inszenierung, trotz gutem Text. Die restlichen Pressestimmen finden hingegen lobende Worte und wurden vom Stück aufgrund seiner Komik gut unterhalten (vgl. Eberhard Spreng, Deutschlandfunk, 18.06.2011; Cord Riechelmann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.06.2011; Peter Laudenbach, SZ, 21.06.2011).

Die Liebe zum Nochniedagewesenen (07.12.2011, Burgtheater Wien, Akademietheater)
Bis auf Roland Pohl im Standard (09.12.2011), welcher sich gut unterhalten fühlte und die Schauspieler*innen lobte, sind die Meinungen zu Polleschs Stück verhalten. Martin Lhotzky schreibt in der FAZ (09.12.2011), dass die Theorie in den Wirren des Stückes untergeht. Norbert Mayer findet in Die Presse (09.12.2011) ebenfalls eindeutige Worte und bezeichnet sowohl den Text als auch die Inszenierung als erbärmlich, worin er mit Ulrich Weinzierl auf Welt online (09.12.2011) übereinstimmt. Einzig die Souffleuse würde eine gute Leistung zeigen.

Kill your Darlings! Streets of Berladelphia (18.01.2012, Volksbühne, Berlin)
Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (20.01.2012), Peter Laudenbach in der SZ (20.01.2012), Christine Wahl im Tagesspiegel (20.01.2012), Georg Kasch in der Berliner Morgenpost (20.01.2012) und Mathias Greffrath in der taz (01.02.2012) sind sich einig darüber, dass Polleschs Stück Kill your Darlings! Streets of Berladelphia neben all dem gewohnten Theorie-Diskurs, aufgrund der hervorragenden Leistung von Fabian Hinrichs, einen neuen, persönlicheren, privateren Ton anschlägt.

Wir sind schon gut genug! (03.03.2012, Schauspiel Frankfurt)
Stephan Michalzik von der Offenbacher Post (05.03.2012) verlässt das Pollesch Stück Wir sind schon gut genug! wie er es betreten hat: gut gelaunt. Wie immer fühlte er sich von Polleschs Diskurstheater gut unterhalten. Im Gegensatz dazu kritisiert Eva-Maria Magel in der FAZ (05.03.2012), dass die Kombination aus bekanntem kapitalismuskritischen Text und guter Schauspieler*innen trotz allem nicht für eine große Bühne ausreicht und Peter Michalzik von der FR (05.03.2012) ist sogar der Meinung, dass die Inszenierung langweilig und banal war, da der Text eine bloße Mixtur aus alten Texten Polleschs war.

Neues vom Dauerzustand (06.09.2012, Schauspielhaus Hamburg)
Die Meinungen zu Polleschs Stück Neues vom Dauerzustand gehen weit auseinander. Debra Skerra schreibt auf Welt online (08.09.2012), dass Pollesch selten so gut war. Anke Dürr in der FR (08.09.2012), Klaus Irler in der taz (08.09.2012) und Annette Stielkele im Hamburger Abendblatt (08.09.2012) sehen hingegen einzig Sophie Rois, die zuvor zur Schauspielerin des Jahres gekürt worden war, als Retterin des Stückes, da dieses sinnlos sei und nicht einmal die Problemstellung zu erkennen wäre. Michael Laages im Deutschlandradio (07.09.2012) lobt ebenfalls eine schauspielerische Leistung, allerdings die von Margit Carstensen, welche ihm zufolge Pollesch neu erfindet. Volker Corsten in der FAZ (08.09.2012) kann im Gegenzug nicht einmal den Schauspieler*innen viel Gutes abgewinnen, da der Text schlecht und ungewöhnlich theoriearm sei.

Don Juan (16.09.2012, Volksbühne, Berlin)
In den höchsten Tönen lobt Ulrich Seidler in der FR (17.09.2012) Polleschs neues Stück Don Juan: „ganz großes, heißes, romantisches, modisches, gegenwartsangemessenes Theaterspiel“. Auch Christine Wahl lobt das Stück, wenn auch reservierter, im  Tagesspiegel (17.09.2012), jedoch sei es inhaltlich und performativ schwächer als sein Vorgänger Kill your Darlings! Streets of Berladelphia. In der SZ (18.09.2012) ist Peter Laudenbach hauptsächlich von der Leistung Martin Wuttkes begeistert.

Macht es für euch! (19.12.2012, Schauspielhaus Zürich)
Alexandra Kedeves schreibt im Tagesanzeiger (21.12.2012), dass ihr ein bisschen von allem gefehlt hat: „Der Hymne an die Komödie fehlt der Spass, dem Denkanstoss-Theater («Liebe wird erst real, wenn man so tut als ob») fehlen die Kicks und dem tollen Spielfeld das Spiel.“ Auch Martin Halter in der FAZ (21.12.2012) ist nicht begeistert von dem Stück, welches zwar Komik besitzt, diese sich aber schnell in Redundanz verlieren würde. Hingegen äußert sich Philipp Ramer in der Neuen Zürcher Zeitung (21.12.2012) recht begeistert zu der gelungenen und unterhaltsamen Umsetzung von und Abarbeitung an Theorie und auch zum, auf allen Ebenen überzeugenden, Bühnenbild. Ebenfalls positiv schreibt Catarina von Wedemeyer in der taz (09.01.2013) vom dem Stück, in welchem sie „live verkörperte Theorie“ zu erkennen meint.

KapiTal der Puppen (15.02.2013, Staatsschauspiel Dresden)
Keine große Begeisterung ist in der Presse in Bezug auf Polleschs Stück KapiTal der Puppen zu finden. Hartmut Krug im Deutschlandfunk (16.02.2013) kritisiert, dass aufgrund Polleschs hoher Produktionsrate, seine Originalität leidet, was dieser Abend deutlich machen würde: die Inszenierung sei „thematisch und sprachlich redundant und inszenatorisch flüchtig und spannungslos“. Auch Michael Bartsch von den Dresdner Neuesten Nachrichten (18.02.2013) hatte nach einer Stunde voller Absage an das Theater genug und Sebastian Thiele scheibt in der Sächsischen Zeitung (18.02.2013), dass der Funke des Abends nicht übergesprungen sei. Marius Nobach sieht es in der SZ (19.02.2013) ähnlich, wenn er schreibt, dass das Stück rein selbstbezüglich sei und nicht mehr als eine Light-Version der Pollesch-Stücke biete.

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Forschungsspiegel [ ↑ ]
Polleschs Theaterinszenierungen und auch seine Theatertexte haben in den Wissenschaften eine rege Rezeption hervorgerufen. Besonders seine Behandlung und der Einbezug theoretischer Texte ist Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Die Mehrzahl der Forschungsliteratur ist sich einig, dass Polleschs Theater aufgrund dieser Abarbeitung an Theorie als Diskurstheater, Theorietheater oder politisches Theater zu bezeichnen ist (vgl. u.a.: Bergmann, 2009, 193-208; Bloch, 2004, 57-70; Brandli-Risi, 2001, 117-120; Diederichsen, 2002, 56-63; Diederichsen, 2008, 101-110; Dreysse, 2011, 357-370; Eke, 2009, 175-191; Ernst, 2007, 237-254; Pollesch, 2003a, 113-127; Primavesi, 2004, 366-376; Raddatz, 2007, 195-2003; Schößler, 2005, 141-150.), so dass mit Diederichsen postuliert werden kann: „Der Diskus muss auf die Bühne, in aller Pracht und in allen Lumpen.“ (Diederichsen, 2002, 56-63, hier: 62.) Eine Gegenposition vertritt hingegen Patrick Primavesi in seinem Aufsatz Beute-Stadt, nach Brecht. Heterotopien des Theaters bei René Pollesch. Er lehnt den Begriff des Diskurstheaters für das Theater von Pollesch aus folgenden Gründen ab: „Dennoch greift die Rede vom “Diskurstheater“ als Schema für Polleschs Produktion zu kurz, weil die Grundhaltung der soziologischen Analysen auf der Szene selbst ironisiert wird, weil die Möglichkeit eines individuellen, kritisch beurteilenden Standpunktes in der Hypertrophie seiner abstrakten Sprachformeln radikal aufs Spiel gesetzt wird.“ (Primavesi, 2004, 366-376, hier: 374.)
Neben allgemeinen Analysen zum Diskurstheater Polleschs gibt es auch eine Vielzahl von Texten, die sich mit spezifischen Thematiken bei Pollesch auseinandersetzen, wobei der Geschlechterdiskurs besonders hervorzuheben ist. Der Geschlechterdiskurs mit seiner binären Konstruktion in Frau und Mann, die damit einhergehende Zwangsheterosexualität und die Problematik von Sexismus ist einer der Diskurse, die Pollesch, in stetiger Wiederholung, in seinen Texten behandelt und welcher in der Forschungsliteratur seine Beachtung gefunden hat. Exemplarisch können dafür Miriam Dreysses Beitrag Heterosexualität und Repräsentation. Markierungen der Geschlechterverhältnisse bei René Pollesch und Franziska Bergmanns Text Die Dialektik der Postmoderne in Theatertexten von René Pollesch. Zur Verschränkung von Neoliberalismus und Gender herangezogen werden. Dreysse macht u.a. anhand der Polleschstücke Sex und Insourcing des Zuhause auf die von Pollesch in seinen Stücken markierte Verflechtung von „Heterosexualität, Arbeit und Zuhause“ (Dreysse, 2011, 357-370, hier: 360.) aufmerksam: „Arbeit ist […] in der postfordistischen Ökonomie immer sexuelle Arbeit, da immer eine eindeutige Darstellung von Heterosexualität und Geschlechtsidentität verlangt und Heterosexualität in der Dienstleistungsgesellschaft als Produkt mit vermarktet wird.“ (Dreysse, 2011, 357-370, hier: 360.) Und weiter, unter Einbezug des Zuhauses, heißt es: „Wie die Arbeitsplätze der neoliberalen Dienstleistungsgesellschaft ist auch das Zuhause von geschlechtsspezifischen Machtverhältnissen durchzogen und heterosexuell normiert.“ (Dreysse, 2011, 357-370, hier: 360.)
Auch Bergmann geht in ihrer Analyse der Polleschstücke Sex und Heidi Hoh arbeitet hier nicht mehr auf die Verschränkung von „Geschlecht, Begehren und neoliberalen Arbeitsverhältnissen“ (Bergmann, 2009, 193-208, hier: 199.) ein. Ging Dreysse noch sehr optimistisch davon aus, dass Polleschs Stücke „die Möglichkeit [bieten], das binäre Geschlechtermodell zu denaturalisieren“ (Dreysse, 2011, 357-370, hier: 362.), postuliert Bergmann, ganz im Sinne von Natalie Bloch in ihrem Text »ICH WILL NICHTS ÜBER MICH ERZÄHLEN!« Subversive Techniken und ökonomische Strategien in der Theaterpraxis von René Pollesch, etwas vorsichtiger, dass eine Subversion nur noch in den Inszenierungen, nicht auf textueller Ebene stattfindet. Bloch definiert diese Subversion weiterhin als „Widerstand des Restsubjekts“ (Bloch, 2008, 165-182, hier: 175.), da sie in Pollesch keinen Subversiven, sondern eher „ein[en] Regelbrecher und ein[en] Rebell“ (Bloch, 2008, 165-182, hier: 180.) sieht.
Um eine weitere Thematik von Pollesch, die der Technologie, aufzunehmen, sei noch auf Paul A. Youngman Text Civilization and Ist Technological Discontents in René Pollesch’s world wide web-slums verwiesen, in welchem er sich mit Polleschs Blick auf die zeitgenössische Technologie beschäftigt und Pollesch schlussendlich als Medienkritiker bzw. Medienpessimisten charakterisiert.
Ein weiterer Diskussionspunkt in der wissenschaftlichen Polleschforschung bezieht sich auf die spezifische Form der Ästhetik bei Pollesch. Diedrich Diederichsen verweist in seinem Text Denn sie wissen, was sie nicht leben wollen. Das kulturtheoretische Theater des René Pollesch darauf, dass Polleschs Medienästhetik – wie u.a. Loop und Permutation – der zeitgenössischen Pop-Musik entlehnt ist (Diederichsen, 2002, 56-63, hier: 61.) und  Bloch bringt die Debatte in ihrem Text Popästhetische Verfahren in Theatertexten von René Pollesch und Martin Heckmanns auf den Punkt, indem sie Polleschs Texte als Popästhetik charakterisiert und analysiert.
Das Verhältnis von Schauspieler*in/Figur und die Rolle der Stimme ist ein weiterer Themenkomplex der wissenschaftlichen Forschung, welcher immer wieder behandelt wird und exemplarisch an Jenny Schrödls Text Schreiarien und Flüsterorgien. Stimmen als Oberflächenphänomene im Theater René Polleschs summiert werden kann: Schrödl postuliert, dass bei Pollesch, im Gegensatz zum Repräsentationstheater, die Stimme der Schauspieler*innen kein „Ausdruck der Innerlichkeit und Psyche einer Rollenfigur“ ist, sondern es findet eine „De-Personalisierung und mithin eine Veräußerlichung der Stimme“ (Schrödl, 2007, 117-129, hier 120.) statt.
Abschließend kann festgehalten werden, dass sich die Forschungsliteratur zu Pollesch eher durch homogene statt durch kontroversgeführte Debatten auszeichnet. Es gibt wenig Unstimmigkeiten in der Einschätzung von Polleschs Theaterstücken, sondern eher eine Behandlung derselben Themen, mit ähnlichen Thesen, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen.

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