Pressespiegel

Grenzgang
Mit seinem Debütroman Grenzgang liefert Stephan Thome einen „Erstling, […] der durch tiefe Menschenkenntnis besticht, durch kompositorische Klugheit, […] altmeisterliche Sprache, kurz: durch Reife […]“, urteilt Martin Ebel (Tages-Anzeiger, 10.10.2009). „Ein Debüt von solcher Reife hat es lange nicht gegeben […]“ loben auch Roland Mischke (Süddeutsche Zeitung, 10.10.2009) ebenso wie Volker Hage (Der Spiegel, 17.08.2009).
Im Zentrum des Provinzromans Grenzgang stehen die Protagonisten Kerstin Werner und Thomas Weidmann – Mitte vierzig, beide vor den Scherben ihrer gescheiterten Lebensentwürfe stehend, versuchen sie den Zwängen des alltäglichen Lebens zu entkommen, die sich aus ihrer bisherigen Vergangenheit ergeben haben. „Selten hat man das schleichende Scheitern im Leben so faszinierend erzählt bekommen“, schreibt Sandra Kegel (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2009). Lange fühlten sich die Hauptfiguren in Thomes „fulminantem Debütroman jung, frei und zuversichtlich, um dann irgendwann um die vierzig plötzlich wie ohnmächtig vor den Trümmern ihrer einstigen Luftschlösser zu stehen“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2009). Aufgrund seiner Romankonzeption schätzt Kegel Thome als einen „ernstzunehmende[n] Autor“ ein, der sich „auf Anhieb […] etabliert hat“. In Klaus Kastbergers Rezension heißt es, dass Thome „[r]ein literarisch […] aus dem Grenzgang das Beste heraus [holt]: Die sieben Jahre, die zwischen den einzelnen Grenzgängen liegen, geben dem 450-Seiten-Roman seine Struktur“, schreibt er (Die Presse, 01.01.2010). Diese Struktur wird von vielen Kritikern besonders hervorgehoben. Stephan Thome konzentriert die Handlung des Romans auf Ereignisse in den Jahren 1985, 1992, 1999 und 2006 und fokussiert dabei stets die drei Tage des Grenzgangfestes. Der Autor schickt seine ProtagonistInnen unter anderem bis ins Jahr 2013. So schreibt Kastberger: „Geschichte und Zeitgeschichte der Bundesrepublik drängen sich nicht vor, sondern streifen den Text en passant, bis hin zur Fußball-Heim-WM, die als ein nationaler Grenzgang scheint“ (Die Presse, 01.01.2010). So heißt es auch in der Rezension von Sandra Kegel: „Spannung erzeugt der 1972 geborene Autor durch die literarisch geschickte Montage des Romans. Denn Thome schildert die Ereignisse Bergenstadts nicht etwa chronologisch. Vielmehr erzählt er stets nur das, was sich an jeweils drei Tagen des ‚Grenzgang‘-Festes ereignet. Dabei springt Thome in seinen Siebenjahresstiefeln so rasant wie ansatzlos durch die Zeiten, dass einem beim Lesen fast schwindelig wird“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2009). „Wie mit Siebenjahresstiefeln springt der Autor von den beiden Schlüsseljahren 1999 […] und 2006 […] zurück in die Vergangenheit und voran in die Zukunft“, so beschreibt auch Martin Ebel die Romanstruktur (Tages-Anzeiger, 10.10.2009). In diesen Jahren konturiert der Autor die Lebensentwürfe der beiden Hauptfiguren Kerstin Werner und Thomas Weidmann, die so „einerseits im extremen Zeitraffer, andererseits in entscheidenden Momentaufnahmen und Lebenswendepunkten“ (Titel-Kulturmagazin, 26.10.2009) zu sehen sind. Die „grandiose Konstruktion des Romans“ und der „einnehmende Realismus […] fuß[en] besonders auf Thomes Fähigkeit, Dialoge zu schreiben und Perspektiven psychologisch zu erleuchten“ (ebd.). Tom Thelen beschreibt Thome als einen Romanautor, der sich „auf exemplarische Szenen, kurze Wortwechsel und lakonische Andeutungen“ versteht und dabei sogar humorvoll ist. Er ist der Ansicht, dass Thomes Werk eines der „erstaunlichsten Debüts der letzten Jahre“ sei und „definitiv Format“ besitze.
Dirk Knipphals, der das „Entscheidende […] in der Perspektive“ des Romans sieht, meint jedoch, dass diese „einige Schwächen“ habe (TAZ, 14.10.2009). „Sprachlich hat der Beschreibungswille auf der Satzebene gelegentlich noch nicht zur richtigen Form gefunden. Manchmal trägt die Erzählstimme Stephan Thomes zu dick auf“. Dennoch resümiert Knipphals, dass „die Stärken […] um Längen [überwiegen]“, da sie in der sorgfältigen Ausarbeitung der einzelnen Lebensschicksale der ProtagonistInnen liegen. Ihm zufolge bewirkt der Roman, dass „die deutsche Literatur endlich den Schritt von der Dorfliteratur zum US-amerikanischen Vorstadtroman geschafft hat“. Auch Roland Mischke schreibt dem Roman eine Schwäche zu, nämlich dass dieser „zu lang geraten“ sei (Frankfurter Rundschau, 02.10.2009) und der Autor damit „die Spannung mitunter arg strapaziert“; dennoch sei Grenzgang „kraftvolle Literatur, wirklichkeitssättigend, berührend“.
Neben der achronologischen Erzählstruktur des Romans nutzt der Autor ein weiteres sprachliches Mittel, um seinem Werk Struktur und Tiefe zu verleihen: Die unaufgeregte Erzählweise entspricht der Geruhsamkeit des Lebens in der Provinz. Sandra Kegel bezeichnet dies als „Grundton“, der „zweifellos pessimistisch“ scheint (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2009). „Die Flucht aus der eigenen Biographie ist freilich ein Lieblingsthema der Literatur. Dennoch findet Stephan Thome dafür eine eigene Tonart, so taufrisch wie die Landschaft des gewählten Schauplatzes“. Iris Radisch beschreibt diesen Ton als „schwanke[nd] zwischen Lakonie und magazinhafter Saloppheit“ (Die Zeit, 08.10.2009). Ulrich Rüdenauer kritisiert, dass diese „Erzählstrategie [anfänglich] etwas langatmig“ wirkt, fasst aber abschließend zusammen, dass „die lange Weile nötig ist, um die Enttäuschungen und Wunschträume der Figuren in Szene zu setzen. Dann gewinnt das Buch an Rasanz, mehr an innerem als an äußerem Tempo: „Was sich hier tut, spielt sich in den Protagonisten ab – und in Thome haben sie einen Autor gefunden, der über die Sprache verfügt, ihnen die Pein und den Missmut von der Seele zu schreiben, sie in Situationen hineinzumanövrieren, die etwas Zwangsläufiges und Kontingentes haben“ (Der Tagesspiegel, 16.08.2009). Zahlreiche RezensentInnen loben Thomes technisches Handwerk. Er schreibe „mit einer Kunstfertigkeit, einer technischen Virtuosität, einem Charme“, wie es lange nicht gesehen wurde (Die Welt, 26.09.2009). So bezeichnen sowohl Volker Hage als auch Martin Ebel das Romangeschehen als „Kunstgriff“ (Der Spiegel, 17.08.2009). Ebel ist sogar der Ansicht, Stephan Thome erweise sich „[m]it diesem Kunstgriff […] ohne alle Besserwisserei als ein Meister der Form“ (Der Tages-Anzeiger, 10.10.2009).

Fliehkräfte
Nachdem Stephan Thomes Erstlingsroman Grenzgang von der Presse weitgehend positive Resonanz erfuhr, gehen die Meinungen zu seinem Folgeroman Fliehkräfte in den Feuilletons weit auseinander. Judith von Sternburg zufolge kann Fliehkräfte nicht mit seinem Vorgänger mithalten: „[W]ar ‚Grenzgang‘ […] noch kompakt […] strukturiert, fliegt das neue Buch schier auseinander in eine Unzahl von Gesprächen und Details“ (Frankfurter Rundschau, 05.10.2012). Andere Literaturkritiker wie Madlen Reimer bewerten dagegen sowohl die Struktur als auch die Erzählweise positiv. Reimer konstatiert, dass in dem Roman „verschiedene Bedeutungsebenen beeindruckend verwoben [werden]“. Dies werde durch die „raffinierte Erzählstruktur“ bewirkt (Literaturkritik.de, Oktober 2012). Stefan Gmünder stimmt in diesem Punkt mit ihr überein, kritisiert aber gleichzeitig den Inhalt des Romans: „[S]o stabil die Konstruktion des Romans auf der formalen Ebene ist, so fragil bleibt sie inhaltlich. […] So bleibt dieser Roman ebenso unentschieden wie seine Hauptfigur“ (Der Standard, 06.10.2012).
Ähnlich ambivalent wie die Bewertungen der Struktur zeigen sich die Einordnungen der Literaturkritiker bezüglich des Genres. Während Thomas Wild Fliehkräfte als „Bildungsroman“ (Tagesspiegel 28.09.2012) bezeichnet, liest Sandra Kegel das Werk als „umgekehrte[n] Bildungsroman [...], nicht als Ent-, sondern als Abwicklung einer Biographie“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2012). Stefan Gmünder spricht von einem „Reiseroman“ (Der Standard, 06.10.2012) und Richard Kämmerlings nennt Thomes Werk einen „Midlife-Crisis-Ehe-Roman“ (Die Welt, 06.10.2012).
Laut Kämmerlings hat Thome mit Hartmut den „Archetyp eines Biedermanns“ entworfen, der „das Handeln komplett verlernt“ hat (Die Welt, 06.10.2012). Wie auch andere RezensentInnen kritisiert er, dass der Roman zu wenig Handlung beinhaltet, und bezeichnet Hartmut Hainbachs Situation als „läppischen Grundkonflikt“. Cammann zufolge bedient sich Thome zu sehr stereotyper Vorstellungen und Klischees: „Portugiesen sind locker und nicht so verkopft, Professorenkollegen voller Dünkel, der chinesische Doktorand ist ein penetranter Idiot. Natürlich hat sein Vater ihn ein bisschen geschlagen, und Frauen sind das ewig Andere“ (Die Zeit, 24.09.2012). Zudem kritisiert er die von anderen RezensentInnen lobend hervorgehobene Einstellung Thomes zu seinen Charakteren: „Für das Kunststück aber, zugleich einfühlend und distanziert mit seinen oft kindisch wirkenden Figuren umzugehen, fehlen Thome die Fertigkeiten. Es bleibt bei der reproduzierten Binsenweisheit für melancholische Stunden, wie bieder und spießig doch jedes Leben sein kann – und so langweilig wie dieses Buch“ (Die Zeit, 24.09.2012). Thomas Wild beanstandet die Unvollständigkeit einiger Erzählstränge im Roman: „[V]iele Episoden, die voller Bedeutsamkeit eingeführt wurden, [bleiben] blass. […] Das ist vielleicht so im Leben – aber nicht im Leben eines guten Romans“ (Tagesspiegel, 28.09.2012). Die negativen Bewertungen gelten auch für die von anderen Kritikern positiv besprochenen Dialoge, die einen Großteil des Romans ausmachen. So urteilt Richard Kämmerlings, dass Fliehkräfte voller „Lebenskrisenkitsch und pseudotiefsinnige[r] Bewältigungsdialoge“ sei (Die Welt, 07.10.2012).
Thomes Sprache wird von zahlreichen Kritikern aber auch gelobt, darunter von Rainer Moritz, der die „liebevoll ausgemalten Bilder [...] und zahllosen differenzierten Dialoge [...]“ wertschätzt und lobt, dass der Roman „ungewöhnliche, aber nie manierierte Bilder“ enthalte. Für ihn „strahlt ‚Fliehkräfte‘ [sprachliche] Eleganz aus“ (Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2012). Meike Fessmann bezeichnet Stephan Thome als „sprachgewandte[n] Autor“ (Süddeutschen Zeitung, 17.09.2012) und lobt die intertextuellen Bezüge zu verschiedenen Autoren und Filmen. Für Rainer Moritz ist Stephan Thome als Erzähler „unaufgeregt und unangestrengt“ und nutzt einen „feinfühlig gehandhabten psychologischen Realismus“ (Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2012). Auch Sandra Kegel bezeichnet seine Erzählweise als „realistisch“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2012).
Ganz anders wird Thomes Sprachgebrauch von Alexander Cammann bewertet: „Thomes Sprache [...] erzeugt oft ein Gefühl des Fremdschämens. Pseudopoetische Wolken schweben auf jeder zweiten Seite am Himmel, was ebenso wenig leitmotivisch wirkt wie Hartmuts ständiges Schwitzen, kreischende Möwen oder von Ferne bellende Hunde. Hier wird die Außen- gegenüber der Innenwelt allenfalls simuliert [...]“ (Die Zeit, 24.09.2012). Cammann zufolge enthält der Roman „viele […] nicht zu ignorierende Problemsätze“, die nicht nur eine „Verdruckstheit“ aufweisen, sondern auch ein „Unbehagen“ aufkommen lassen, das „mit jeder Seite [wächst]“ (Die Zeit, 24.09.2012). Ebenso negativ äußert sich Richard Kämmerlings über die von Thome entworfenen sprachlichen Bilder. Für ihn ist die Titelmetapher „an plakativer Ausdrücklichkeit kaum zu überbieten“ (Die Welt, 06.10.2012). Thomas Wild schließlich bezeichnet Thome als „Meister der gefälligen Darstellung“, dessen Erzählung „peinlich genau“ (Tagesspiegel, 28.09.2012) darauf bedacht ist, das Lesen so hürdenlos wie möglich zu gestalten. „Ein genauer Blick, doch ohne tiefere Einblicke.“ Thomes Sprache folgt laut Thomas Wild Konventionen, ohne Perspektiven zu öffnen. „Sie transportiert vieles und transformiert davon nur weniges“ (Tagesspiegel, 28.09.2012).
Auch bezüglich des Romaninhalts variieren die Ansichten der RezensentInnen. So konstatiert Fessmann, dass der Roman „von der Stärke seiner Figuren [lebt], die auch dort individuelle Charaktere sind, wo sie in typische Lebenssituationen geraten“ (Süddeutsche Zeitung, 17.09.2012). Ihrer Meinung nach versteht Thome „Beziehungsprobleme souverän zum Gesellschaftspanorama auszuweiten“ (Süddeutsche Zeitung, 17.09.2012). So begreift Fessmann den Roman als „nostalgische[n] Abgesang auf die Vorzüge der bürgerlichen Lebensform“ (Süddeutsche Zeitung, 17.09.2012). So wird der Roman als „Gesellschaftspanorama der deutschen Bundesrepublik, speziell des akademisch-bürgerlichen Milieus“ gelesen (Die Presse, 07.10.2012). Thomes Figuren werden als nur „knietief“ (Tagesspiegel, 28.09.2012) im Leben stehend wahrgenommen und dabeials „echt und berührend“ (Die Presse, 07.10.2012). Sowohl Kämmerlings als auch Cammann verstehen den Roman als „identitäre Lektüre“ (Die Zeit, 24.09.2012), und Judith von Sternburg sieht in Hartmut Hainbach „ein[en] Jedermann unserer Tage, ein[en] Spiegel, der dem Leser lästig sein kann“ (Frankfurter Rundschau, 05.10.2012). Besonders Thomes Beschreibung der Seelenleben seiner Figuren und sein Fokus auf die Zwischenmenschlichkeit finden großen Anklang bei den Kritikern. Laut Kegel führt Thome die LeserInnen mit einem „geschärften Blick für seelisches Zwielicht“ in die „Abgründe einer typisch deutschen Familie“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2012). „Als unaufgeregter, stiller Erzähler sieht er seinen Helden beim Straucheln zu und erzeugt gerade im Unauffälligen eine eigene Spannung“ (Tiroler Tageszeitung, 05.10.2012), so wertschätzt Jelcic Thomes Haltung gegenüber seinen Charakteren, und Rainer Moritz lobt: „‚Fliehkräfte‘ ist ein meisterhafter Roman“ (Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2012).

Gegenspiel
Nachdem bereits Fliehkräfte in der Presse ausführlich diskutiert worden ist, befasst sich das Feuilleton auch ausgiebig mit Stephan Thomes Roman Gegenspiel.
Negative Kritik erhält Thome seitens der Redaktion des Fokusmagazins, welche anmerkt, dass „das verkopfte Umsichselberkreisen im eigenen Mief auf über 400 Seiten [...] absehbar [und schnell] in Langeweile [endet]“ (Focus online, 13.01.2015). Auch Tobias Rapp ist der Meinung, dass es „eine Menge Text für eine ziemlich durchschnittliche Ehe der deutschen Mittelschicht“ (Der Spiegel, 10.01.2015) sei. Marie Schmidt sieht den Erfolg von Thomes Werken lediglich in der Tatsache begründet, „dass gerade niemand mehr weiß, was ein normales Leben eigentlich ist“ (Die Zeit, 15.01.2015) und der Alltag beziehungsweise die Normalität, welche Thome in all seinen drei Romanen darstellt, in der heutigen Gesellschaft keine genaue Definition erfährt. Schmidt hält daher kritisch fest, dass „Thomes Romane [...] dem Zwang zum Geständnis persönlicher Umstände deshalb so ergeben [sind] wie Frauenzeitschriften, Talkshows und Lebenshilfebücher“ (Die Zeit, 15.01.2015), weil „die Verunsicherung [über die Definition von einem normalen Leben] so groß ist, dass mit hohem narrativem Aufwand immer wieder verhandelt werden muss, was zumindest als ‚gelingendes Leben‘ gelten darf“ (Die Zeit, 15.01.2015). Dietmar Jacobsen merkt außerdem kritisch an, „dass es Thome in ‚Fliehkräfte‘ besser gelungen ist, in die seelischen Tiefen seines männlichen Protagonisten einzudringen“ (Literaturkritik, 16.02.2015) als in die seiner weiblichen Hauptfgur. Er relativiert seine Kritik jedoch dadurch, dass dies bei einem männlichen Autor „wohl als normal angesehen werden [darf]“ (Literaturkritik, 16.02.2015). Gleichermaßen hält Andre Thomas fest, dass Thome „mit der Veröffentlichung eines neuen Romans den Vorgänger besser aussehen [lässt]“ (Der Spiegel, 03.02.2015). Auch Felicitas von Lovenberg kritisiert, dass „schon ‚Fliehkräfte‘ ein durchaus erschöpfendes Buch [war]“ und Stephan Thomes neues Werk nun eben „weit hinter den ‚Fliehkräften‘ zurück[bleibt]“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.01.2015). Elmar Krekeler vertritt eine ähnliche Meinung wie Andre Thomas und Felicitas von Lovenberg, indem er das Ende des Romans wie folgt kommentiert: „Noch immer ist nichts entschieden zwischen Hartmut und Maria. Es wird auch nichts entschieden werden zwischen den beiden, sollte Thome, was der Himmel und der Suhrkamp Verlag verhindern mögen, auch die Geschichte von Philippa [...] erzählen“ (Die Welt, 25.01.2015).
Verena Auffermann hält fest, dass Thome sowohl „ein konzeptuell arbeitender“ als auch ein „betont dialogischer Autor“ (Deutschlandradio Kultur, 23.01.2015) sei und verweist damit auf den Perspektivwechsel, welcher seine beiden Romane Fliehkräfte und Gegenspiel charakterisiert und miteinander verbindet. Es gehe dem Autor, wie Judith von Sternburg jedoch meint, nicht „um den Knalleffekt des Perspektivwechsels“ (Frankfurter Rundschau, 09.01.2015). Vielmehr treibe Thome „das Nebeneinanderherleben [der ProtagonistInnen] auf die Spitze“ (Frankfurter Rundschau, 09.01.2015). Auch Andre Thomas lobt den Perspektivwechsel innerhalb der beiden Romane: „Auf den Leser hat dieses Ineinanderspiegeln einen anfänglich irritierenden und später faszinierenden Déjà-vu-Effekt“ (Der Spiegel, 03.02.2015). Ähnlich beurteilt auch Elmar Krekeler Thomes Romankonzeption, wenn er schreibt, „dass es [Thome] auf diese Weise gelingt, eines seiner zentralen Themen – das Netz von Missverständnissen und Fehldeutungen, das über einer Ehe liegt – im Grossen [sic] formal abzubilden“ (Die Welt, 24.01.2015). Ferner meint Krekeler, dass „Thomes Literatur […] eine der extremen Nüchternheit [ist]. Der schönen Konstruktion. Der tiefenscharfen Analyse menschlicher Kommunikation“ (Die Welt, 25.01.2015). Laut Krekeler „wagt sich [Thome] mit scheinbar ganz einfachen Instrumenten an die Oberflächen und Abgründe des Mittelstands“ (Die Welt, 25.01.2015). Auch Alf Mentzler lobt Thome dafür, dass die Geschichte von der Protagonistin Maria „mit großer Leichtigkeit [erzählt wird], mit viel Gespür für Rhythmus und Dynamik“ (Hessischer Rundfunk, 22.01.2015). Mentzler äußert sich positiv über die Erfahrung, „‚Gegenspiel‘ als Komplementär-Roman zu seinem Vorgänger zu lesen“, weil dieser „für viele Wiedererkennungsmomente und Aha-Erlebnisse [sorgt]“ (Hessischen Rundfunk, 22.01.2015). Felicitas von Lovenberg hingegen kritisiert die Sprunghaftigkeit, durch welche die Protagonistin charakterisiert ist: „Nicht weniger anstrengend als für ihre Mitmenschen aber ist Maria für den Leser, und vermutlich war sie es auch für den Autor“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.01.2015). Nichtsdestotrotz findet von Lovenberg, dass „[der Roman] an innerer Spannung gewinnt […], wenn [Thome] in Marias Gedankenwelt abtaucht […]. Hier kommen Thomes erzählerische Stärken voll zum Tragen“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.01.2015). Stefan Tolksdorf vertritt eine ähnliche Meinung und schreibt, dass „die Faszination des Buches mehr in der Schilderung ihres Umfelds als in der Person der zwischen Konvention und Ausbruchswunsch pendelnden Protagonistin [liegt]“ (Badische Zeitung, 07.02.2015). In sprachlicher Hinsicht lobt Elmar Krekeler besonders „die Dialoge, die messerscharf sind“ (Die Welt, 25.01.2015), wohingegen Judith von Sternburg meint, „Thome [sei] […] kein Meister des Dialogs“ (Frankfurter Rundschau, 09.01.2015). Für Jochen Jung hingegen wird die Erzählung gerade „durch Thomes große Kunst im Schreiben von Dialogen“ unterstützt, da diese wie gesprochen klingen (Die Presse, 14.02.2015).

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