Archaea wurden als dritte eigenständige Domäne des Lebens, neben den Bacteria und Eukarya durch Carl Woese und George Fox in den siebziger Jahren entdeckt (Woese and Fox 1977, PNAS 74, 5088-90). 

Anfänglich wurde angenommen, dass Archaea ausschließlich an extreme Habitate angepasst sind, welche sich z.B. durch hohe Temperaturen (Thermophile, Hyperthermophile), extreme pH-Werte (Acidophile) oder hohe Salzgehalte (Halophile) auszeichnen, oder über spezielle Stoffwechseleigenschaften, wie z.B. die Methan-Produktion (Methanogene), verfügen. Allerdings konnte diese Vorstellung in neueren Studien mit molekularen Sonden (DeLong 1998, Curr. Opin. Genet. Dev. 8, 207-10) widerlegt werden. Heute weiß man, dass archaeale Vertreter in allen Ökosystemen (z.B. verschiedenen Böden, Meerwasser) zahlreich anzutreffen sind und somit eine wichtige Rolle im biogeochemischen Kreislauf spielen.

Der archaeale Mosaik-Charakter: Im Unterschied zu den Bacteria und Eukarya besitzen Vertreter der Archaea einzigartige stoffwechselphysiologische Eigenschaften. Insbesondere bezüglich des Zentralen Kohlenhydrat-Metabolismus (ZKM) zeichnen sich die Archaea durch eine große Stoffwechsel-Vielfalt aus, die durch eine Vielzahl „neuer", ungewöhnlicher Enzyme charakterisiert ist [21].

Solfatare

Solfatare im Kverkfjöll-Geothermalgebiet, Island, 1992 (Foto B. Siebers).

Interessanterweise sind die zentralen molekularen informationsverarbeitenden Prozesse der Transkription, Translation, Replikation und der DNA-Reparatur denen der Eukaryonten sehr ähnlich. Das archaeale System stellt somit ein alternatives und oftmals einfacheres Modell dar, um die komplexen Prozesse, die im eukaryalen Zellkern ablaufen, zu untersuchen. Darüber hinaus stellen die Archaea eine wichtige dritte vergleichende Entwicklungslinie dar und sind somit ein wichtiges Instrument für phylogenetische Untersuchungen.

Hyperthermophile Organismen (optimale Wachstumstemperatur über 80°C) und die molekularen Grundlagen der Anpassung dieser Organismen an ihren Lebensraum haben aus verschiedenen Gründen das Interesse vieler Wissenschaftler geweckt. Neben der Faszination für die extreme Lebensweise sind auch experimentelle Vorteile ein Grund für das Arbeiten mit hyperthermophilen Proteinen (z.B. eine höhere Rigidität, leichtere Kristallisation, einfache Aufreinigung rekombinanter Proteine durch Hitzefällung). Dieses Interesse wird zusätzlich durch das große Potential hyperthermophiler Proteine in biotechnologischen/industriellen Anwendungen verstärkt: So sind „Extremozyme" äußerst tolerant gegenüber Säure und/oder hohen Temperaturen und damit von großem Vorteil für die Anwendung.