Charakteristika des Werks

Isabel

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Inhaltsangaben und Interpretationsansätze zu Isabel [ ↑ ]
Der Roman Isabel, welcher im Jahr 2014 erschienen ist, handelt vom Leben der gleichnamigen Protagonistin. Zaimoglu nutzt für seinen Roman verschiedene Themen und Genretypen – er schreibt über Migration, über das Leben in der Großstadt Berlin, schneidet einen Liebesroman und einen Kriminalfall an. Trotz dieser Vielfalt innerhalb des Romans ist es größtenteils das Innenleben von Isabel – und teilweise das des Soldaten Marcus –, das für die Leser im Vordergrund steht. Deshalb wird sowohl der Kriminalfall als auch der Ausgang der Liebesbeziehung nicht vollständig offen gelegt. Auch die eigentliche Hauptfigur Isabel gibt den LeserInnen einige Rätsel auf. Beispielsweise wird erst zum Ende des Romans klar, dass Isabel ursprünglich Schauspielerin war, sie diesen Beruf jedoch auf Grund schwerer Rückenprobleme aufgeben musste. Nun hält sie sich mit Nebeneinkünften über Wasser – sie modelt gelegentlich, kümmert sich um einen körperlich behinderten Mann und wohnt einem Ehepaar als Zeugin ihres Beischlafs bei. Dabei sitzt sie mit dem Rücken zum Ehepaar, trägt einen Keuschheitsgürtel und erhält anschließend 100€. Ihre Tage verbringt Isabel jedoch hauptsächlich damit, durch Berlin zu streifen – Zaimoglus Beschreibungen nehmen die Leser dabei direkt mit in die Großstadt. Isabel kennt die Transvestiten, die Flaschensammler und Obdachlosen. Obwohl sie immer wieder mit Leuten vertraut ist, lässt sie nur ihre Hündin Ruby wirklich an sich heran. Enge Freunde scheint sie nicht zu haben. Ihre Abende verbringt sie in verschiedenen Obdachlosenküchen, Kleidung bekommt sie aus der Altkleidersammlung. Zaimoglu lässt jedoch offen, ob seine Protagonistin dieses Leben wirklich nötig hätte, oder ob sie es für sich gewählt hat, um sich selbst zu bestrafen, um zu leiden oder weil sie sich aufgegeben hat. Es wird allerdings beschrieben, dass Isabel eine Wohnung für sich alleine hat, außerdem, dass sie die Kleidung, die sie erhält, weiterverschenkt und scheinbar nicht selbst benötigt. Obwohl sie sich häufig in sämtlichen Armenspeisungen aufhält, isst sie dort nahezu nie etwas. Es lässt sich daher annehmen, dass Isabel nicht wirklich in akuter Armut lebt. Über Isabels Vergangenheit erfährt man innerhalb des Romans nichts, es handelt sich eher um eine Momentaufnahme, die die Vergangenheit und Zukunft der Charaktere offen lässt. Deswegen ist es schwer, Isabel einzuordnen oder einzuschätzen.
Die Darstellung von Isabels Leben beginnt damit, dass sie von ihrem Freund, bei dem sie gewohnt hat, verlassen wird. Auch an dieser Stelle wird nicht erläutert, aus welchen Gründen diese Trennung stattfindet. Einzig der kryptische „Abschiedsbrief“ (S. 8) ihres Exfreundes soll Aufschluss bringen: „Männer ohne Land. Frauen ohne Himmel. Zeit nach den Exzessen. Aufgebrachtes, aufgesogenes Licht – Schluss.“ (ebd.) Auch Isabel ordnet den Brief als „sinnlos“ (ebd.) ein. Unklar bleibt ebenfalls, wieso Isabel oft sehr aggressiv auf andere Menschen losgeht, wieso sie derart schlecht vertrauen kann und wieso sie niemanden an sich heran lassen will. Isabel hat nur wenige Vertraute - neben ihrer Hündin Ruby gehören Juliette und deren Mutter Christine dazu. Ihre Freundin Juliette hat sich jedoch vor wenigen Monaten selbst umgebracht. Nach der Trennung von ihrem Freund zieht Isabel in die ehemalige Wohnung ihrer verstorbenen Freundin. Dadurch, dass Isabel in Juliettes alter Wohnung lebt, trifft sie auf den Soldaten Marcus, der, wie sich später herausstellt, Juliettes Exfreund ist und der Vater des Kindes, mit dem Juliette schwanger war, als sie sich umgebracht hat. Marcus war im Kosovo und ist seelisch geprägt durch eine missglückte Mission, bei der er als Fahrer im Einsatz war. Vor seinen Augen stößt ein am Straßenrand stehender Mann seine eigene, behinderte Tochter vor Marcus Auto, in der Hoffnung Blutgeld zu erhalten. Das Mädchen verstirbt und Marcus kehrt nach Berlin zurück. („Blick geradeaus: Am Rand der Teerstraße steht ein Zigeuner im Festtagsanzug. Wiesenblume im Knopfloch. Die schwarzen Lackschuhe trägt er wie Pantoffeln – hinten durchgetreten, Naht an der Ferse aufgeplatzt. Seine rechte Hand ruht auf der Schulter seiner Tochter. Was ist mit ihr los? Pummeliges Mädchen, kleine Nase. Mongoloid. Nein. Zigeunervater stößt das Kind auf die Straße. Soldat trifft das Mädchen mit Kühlergrill und Stoßstange. Dumpfer Schlag. Soldat fährt darüber. Bremst. […] Arme und Beine wie ausgerenkt. Kopf weggeknickt. Genickbruch. Augen offen. Zigeunervater reißt die Arme hoch. Schreit klagend.“, S. 84f.)
Auch Marcus fällt es schwer, Menschen an sich heran zu lassen, auch er vertraut hauptsächlich sich selbst. Während Isabels Motive für ihr zurückgezogenes Dasein unklar bleiben, liegen die von Marcus durch seinen Militäreinsatz jedoch auf der Hand. Auch dass er fast immer als ‚Soldat‘ statt als ‚Marcus‘ bezeichnet wird, zeigt, wie sehr der Charakter durch seine Vergangenheit geprägt ist. In Berlin arbeitet er bei einem Wachschutz an der Universität. Auf seiner Suche nach Juliette trifft er schließlich auf Isabel. Durch sie erfährt er von Juliettes Selbstmord, durch einen befreundeten Ex-Militär, der bei der Polizei arbeitet, dass Juliette schwanger war. Isabel und der Soldat haben zunächst nichts miteinander zu tun, vor allem deshalb, weil Isabel annimmt, der Soldat hätte Juliette geschlagen und wäre an ihrem Selbstmord mit Schuld.
Nach einem Telefonat mit ihrer Mutter, die sich um ihre Tochter sorgt und mit ihrer Lebensweise unzufrieden ist, beschließt Isabel in ihre Heimat zu fliegen. Ihre Eltern leben nach wie vor in dem Land, das innerhalb des Romans nicht benannt wird. Auf Grund der elterlichen Namen – Derya und Kambay – kann man allerdings auf die Türkei als Isabels Heimat schließen. Interessant ist, dass Zaimoglu in seiner Schilderung ein ‚asoziales‘ Berlin zeigt, mit seinen dunkelsten Ecken und größten Abgründen. Im Gegensatz dazu wird eine behütete Türkei dargestellt, mit einer modernen und liebenden Familie. Ihre Mutter war Schuldirektorin, ihr Vater spricht drei Fremdsprachen, beide sind kulturell interessiert, und Isabels Mutter liebt ihren Mann vor allem, „weil er [ihr] nichts vorschreibt“ (S. 126). Während ihres Aufenthalts in der Heimat versuchen Isabels Eltern ihre Tochter zu verheiraten – allerdings weniger aus traditionellen Pflichten, sondern mehr, weil sie sich um ihre Tochter sorgen. Isabel trifft sich mit drei Kandidaten, verhält sich diesen gegenüber jedoch so unfreundlich, dass sie alle drei in die Flucht schlägt. Kurz darauf fliegt sie zurück nach Berlin, wo Isabel auch wieder auf Marcus trifft. Dieser hat inzwischen mitbekommen, dass Juliettes Bruder, Patrick, der als Handwerker tätig ist, verschiedene ehemalige Auftraggeber beklaut und später erpresst hat. Als kurz darauf Juliettes Mutter, Christine, mit eingeschlagenem Schädel gefunden wird, beschließt Marcus Patrick zu beschatten. Er beobachtet Patrick unter anderem dabei, wie er seine kleine Tochter ‚quält‘ und dabei scheinbar große Freude empfindet. So kauft Patrick seiner Tochter nach langem Bitten ein paar Süßigkeiten auf dem Spielplatz, um diese im Anschluss vor den Augen seiner Tochter an eine Krähe zu verfüttern. Als diese daraufhin zu jammern beginnt, greift Patrick das „Kuscheläffchen“ (S. 215) seines Kindes, um es ebenfalls der Krähe zu opfern. Kurze Zeit später bedroht Patrick auch Isabel. Nachts kommt er zu ihrer Wohnung, weckt sie lautstark und verlangt Geld von ihr. Er ist sich sicher, dass Isabel Schmuckstücke seiner toten Mutter verkauft hat, die ihm zustanden. Diese möchte er nun bezahlt haben. Isabel öffnet Patrick nicht die Tür und wartet, bis er gegangen ist. Mit Pfefferspray und Messer bewaffnet, verlässt sie die Wohnung und trifft Marcus. Als dieser sie später zurück zu ihrer Wohnung fährt, sehen beide, dass es in einem Teil des Wohnhauskomplexes gebrannt hat – die Feuerwehr vermutet, dass es sich um Brandstiftung handelt. Auch in Isabels Wohnung wurde eingebrochen, auf ihre Wäsche uriniert und ihr Zimmer verwüstet. Schnell ist beiden klar, dass sowohl der Brand als auch der Einbruch Patricks Werk gewesen sein muss. Obwohl Isabel Marcus immer noch gelegentlich misstraut, kurz sogar denkt, er könne mit Patrick zusammenarbeiten, begleitet sie ihn nach Hause, um dort in Sicherheit zu sein. An den darauffolgenden Tagen beschatten der Soldat und Isabel Patrick weiter, und bekommen so mit, dass er auch weitere Bekannte von Isabel, Familie Hochheiser, erpresst. Dieser Familie hat Patrick – wie sich später herausstellt – auf illegalem Weg ein Adoptivkind beschafft. Dafür will er nun zusätzliches Geld.
Isabel und Marcus kommen sich indes näher. Als der Soldat nachts einen Alptraum hat, schläft Isabel mit ihm. Diese Entscheidung trifft sie scheinbar um ihn zu beruhigen und abzulenken, und nicht, weil sie Gefühle für ihn hegt. Kurz darauf gelingt es Patrick, Isabel zu entführen, wobei auch an dieser Stelle unklar bleibt, wie die Überwältigung der Frau machbar war. Isabel findet sich in einem Kellerraum wieder, wo Patrick sie bedroht und letztendlich die kleine Katze seiner Tochter vor ihren Augen quält, bis sie ihm verspricht, die geforderte Summe von 9000€ zu besorgen. Auf Isabels Bedenken, wie sie an so viel Geld kommen soll, weist Patrick sie an, das Geld von dem Soldaten einzufordern, im Gegenzug solle sie hundertmal mit ihm schlafen.
Der Mann lässt Isabel gehen. Nach einem erfolglosen Anruf bei ihren Eltern, in denen sie zwar um Geld bittet, den eigentlichen Grund jedoch nicht verrät, entscheidet sich Isabel dafür unterzutauchen. Dann trifft Isabel jedoch auf die Flaschensammlerin Helga, die sie mit in ihre Wohnung nimmt. Dort findet Isabel am Tisch sitzend den toten Patrick – vergiftet durch die Flaschensammlerin. Fast schon als Randnotiz löst Zaimoglu das Rätsel um Juliettes Selbstmord auf, indem er Isabel Marcus gegenüber widergeben lässt, was sie durch Helga erfahren hatte. So erfährt auch Marcus, dass Juliette ihr gemeinsames Kind mit Hilfe von Christine auf die Welt gebracht hat. Als sowohl das Kind, als auch ihre Mutter schlafen, „geht [sie] leise ins Bad. Schneidet sich auf“ (S. 375). Obwohl Christine weiß, dass es ein Fehler ist, ruft sie ihren Sohn Patrick an. Dieser eilt zur Wohnung und beschließt, dass Juliettes Kind weg muss. So ist es das Baby seiner Schwester, das er an Familie Hochheiser verkauft. Nachdem Isabel und Marcus Patricks Leiche im Wald abgelegt haben, fahren sie zu Familie Hochheiser, um ihr zu berichten, dass sie sich nicht mehr sorgen müssen. Dabei trifft Marcus auch auf sein Kind, dass erst im letzten Satz als Mädchen identifiziert wird: „Seine Tochter biss sich an Margrets Haaren fest.“
Die Momentaufnahme rund um Isabels Leben endet mit diesem Satz. Unklar bleibt, ob Isabel sich auf eine gemeinsame Zukunft mit Marcus einlässt und ob sie sich von dem Leben als vermeintliche Obdachlose entfernt. Zaimoglu zeigt in seinem Roman somit ein Berlin, das zwar „arm“, aber gar nicht so „sexy“ ist, wie der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Klaus Wowereit es einst behauptete. Isabel spielt sich ausschließlich innerhalb sozialer Randgruppen der Großstadt ab und zeigt Ausschnitte des Lebens derer, die Flaschen sammeln müssen, in Armenküchen speisen und ihr Geld durch Prostitution verdienen. Dabei lässt Zaimoglu die Leser durch seinen direkten Schreibstil, der teils schon dramatische Züge annimmt, zwar einerseits ohne Hindernisse an Isabels Gedanken und Leben teilhaben. Andererseits ist es jedoch auch nahezu unmöglich, sich als Leser mit Isabels Charakter zu identifizieren. Obwohl Isabels Leben vordergründig bemitleidenswert scheint, fällt es schwer, mit ihr mit zu fühlen, da viele ihrer Entscheidungen unbegründet bleiben und ihr Leiden sowie ihre Armut ‚vorgespielt‘ wirken. Es scheint so, als würde Isabel ihre Lebensart als großes Experiment, als Widerstand gegen die Normalität sehen. Eine Art stummer Protest gegen das bürgerliche Leben mit Mann, Kind und Haus. Als Deutschtürkin scheint sie die vermeintlich kulturellen Probleme ihrer türkischen Heimat auf sich geladen zu haben, als Konsequenz dessen führt sie ein Leben am Rande der Gesellschaft und lässt niemanden an sich heran. Sie misstraut allen Männern um sich herum, wird aggressiv, wenn sie jemand berührt. Eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten gibt Isabel in einem wütenden Monolog zum Ende des Romans:
„Isabel sprach: Sie sind verflucht. Sie lieben Vergewaltigungspornos. Bestien, die sich auf Sitten einschwören. Sie sagen: Deutsche Frauen sind dreckig. Wir kneten ihr Fleisch. Wir reiten sie hart. Sind Nutten, wir müssen aber keine Nuttenmiete bezahlen. Sie sagen: Unsere Frauen sind rein. Wir holen eine Unschuld vom Lande ins Bett. Wenn die Jungfrau stöhnt vor Lust, wissen wir, sie hat sich vor uns besteigen lassen. Wir kennen uns aus: Ein beschädigtes Weib geht zum Arzt. Es gibt Spezialisten, die löten die aufgeknackte Büchse. Die vernageln die Kiste. Die verschließen die Tür. Unser Bettschatz muss ihr Pulver trocken halten. Sie muss ein Trauermädchen sein. Nicht beschmutzt. Nicht von anderer Männer Saft bekleckert. Halbjungfrauen erkennen wir sofort. […] Will sie nicht, wie sie soll, schießen sie ihr in den Kopf. Lassen die Schwester, die Cousine, die Verdorbene wie eine blutende Ratte im Rinnstein liegen.“ (S. 272ff.)
Diese Aussage von Isabel steht jedoch im totalen Gegensatz dazu, wie ihr Aufenthalt innerhalb der Türkei dargestellt wird. So wird Isabel von ihrer Familie umsorgt, und die Frauen um sie herum sind allesamt starke Charaktere, die sich nicht scheuen ihren Mund auf zu machen. Ihre Cousine bittet Isabel offen darum, ihr Potenzmittel zu schicken, damit sie und ihr Mann eine „vorübergehende Störung“ (S. 234) beheben können. Im Gegensatz dazu ist es Isabel, die einen Keuschheitsgürtel mit in die Türkei schmuggelt, um ihre Mutter zu verärgern. Es wirkt, als würde Isabel ganz bewusst nach Problemen suchen, durch die sie sich ihr eigenes Leben verkomplizieren kann. So fällt es schwer, sich vollständig auf Isabels Darstellungen einzulassen und die Figur als zuverlässig einzustufen. Durch die eingeengte Perspektive, das Fehlen einer übergeordneten Erzählinstanz sowie die Fragmentierung der Gedanken erhält die Erzählsituation so einen gewissen Grad an Unzuverlässigkeit.

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Pressespiegel zu Isabel [ ↑ ]
Für den Roman Isabel, der im Jahr 2014 erscheint, findet die Presse vielfach lobende Worte. Vor allem Zaimoglus sprachliche Darstellung wird äußerst positiv hervorgehoben. So ordnet Tobias Becker (Spiegel, 05.03.2014) Isabel als „großen Berlin-Roman“ ein, der Text sei „wild, ehrlich, bis ins Mark ethnisch und authentisch“. Isabel sei „keine Migrantengeschichte, sondern eine Geschichte, in der ganz selbstverständlich Migranten auftauchen“. In „frostiger Sprache“ schreibe Zaimoglu „über zwei schockgefrostete Herzen“, seine Worte werfe er „wie Eissplitter auf die Seiten“. Damit sorge der Autor für „viel Atmosphäre, aber wenig Erklärung“. Die Geschichte sei zwar nicht immer gänzlich zu verstehen, aber „man fühlt sie umso intensiver“. Jens Jessen (Zeit, 13.03.2014)  hebt ebenfalls besonders Zaimoglus Verwendung der Sprache hervor. Er könne mit seiner Sprache das, „was kein Autor seiner Generation kann“. Jessen bezeichnet Zaimoglu als den „große[n] Meister“, der den Leser „mit seiner Sprache“ „alles glauben machen kann“. Jessen beschreibt den Roman als „unerbitterlich düster“ und als „krasse Verkehrung der Klischees“. Detlef Kuhlbrodt (die tageszeitung, 22.03.2014)  hingegen ist der Meinung, die Darstellung der Randgruppen Berlins wirke „ein bisschen klischeehaft“. Auch Isabels Streifzüge durch die Hauptstadt veranlassen ihn eher zu der Annahme, „Zaimoglu wolle den Leser mitnehmen auf eine Sightseeingtour“. Dennoch findet er den Roman „spannend“, man lese ihn in einem Rutsch. Dass man zeitweise „den Faden verliert, um ihn später dann wieder zu finden“, bewertet Kuhlbrodt als Stärke des Romans. Duygu Özkan (die Presse, 20.04.2014)  schließt sich einerseits dem ausgesprochenen Lob, andererseits aber auch der leichten Kritik an. So sei Zaimoglus Sprache „asketisch und schön“, die Erzählung an sich „bisweilen aber ärgerlich“. Sie stört, dass der Autor „seinen Leser in Unwissenheit zappeln“ lässt. Der Roman sei hauptsächlich „eine (bisweilen rätselhafte) Momentaufnahme aus dem Leben mehrerer Berliner“. Zaimoglus Sätze bleiben jedoch im Gedächtnis, was Özkan als „das Imposanteste in diesem Roman“ bezeichnet. Damit schließt sie sich Katharina Grazin (Frankfurter Rundschau, 22.03.2014) an, die Isabel als „sprachmächtige Phantastereien“ bezeichnete. Die vielen ungeklärten Fragen, die auch nach der vollständigen Lektüre bleiben, würde man Zaimoglu daher verzeihen.

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Zaimoglus Werke

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Thematische Aspekte zu Zaimoglus Werken [ ↑ ]
Zaimoglus Werk rangiert thematisch hauptsächlich zwischen der Auseinandersetzung mit Fremdheits- beziehungsweise Minoritätserfahrungen in Deutschland, der Stellung des Islam in der der deutschen Gesellschaft und dem Sehnsuchtsmotiv Liebe.

Ersteres bildet den roten Faden, der alle Texte durchzieht. Darstellung von Außenseiterfiguren finden sich sowohl in den frühen Werken, die explizit 'vom Rande der Gesellschaft' erzählt werden, als auch in den darauffolgenden Romanen und Theaterstücken. Da sind die Ich-Erzähler in Zwölf Gramm Glück, die sich auf der Suche nach dem Glück heimatverloren durch Deutschland respektive der Türkei bewegen, die gleichnamige Protagonistin in dem Roman Leyla, die aufgrund ihres Geschlechts durch den Vater viktimisiert wird und als Gastarbeiterfrau der ersten Generation als Fremde in Deutschland ankommt, in Liebesbrand ist es der perpektivenlose David, der sich von seiner Umgebung löst, um seiner Liebe durch halb Europa zu folgen, und Hinterland und Ruß sind bevölkert von glücklosen, gebrochen Außenseitern, allen voran Budenbetreiber Renz. Und der Roman Isabel erzählt von den Persönlichkeiten, die sich teilweise außerhalb vom ‚Rande der Gesellschaft‘ befinden – darunter zu finden die „Flaschenpflückerin“ (Isabel, S. 248) Helga, der „stark gepuderte Transvestit“ (Isabel, S. 47) Herbert sowie das Ehepaar, das sein Sexualleben durch eine Zeugin seines Beischlafs auffrischt. Die Fremdheits- und Minoritätserfahrung der späteren Werke werden nicht nur wie in Kanak Sprak und Koppstoff durch die andersartige Herkunft der Figuren erzeugt, sondern sie scheint vielmehr eine Universalerfahrung zu sein, wie sie in jeder Gesellschaft und Kultur zu finden ist. Dies zeigt auch Rom intensiv, in welchem Zaimoglu auf der einen Seite die eigenen Erfahrungen als deutscher Muslim in Rom festhält, andererseits aber auch die der anderen Migranten, Touristen, Andersgläubigen. Ging mit den Schilderungen in den neunziger Jahren noch Protest gegen Ausgrenzung und die Forderung nach Selbstbestimmung einher, findet sich in den späteren, 'romantischen' Texten eine literarische Überhöhung des Außenseiter-Daseins. Es ist eine teils heißblütig-fiebrige, teils melancholisch-resignierte Sehnsuchts-Suche, welche David, die Dame Vlasta, Aneschka, Ferdi und Renz in Liebesbrand, Hinterland und Ruß antreibt. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich auch nahezu alle Theaterstücke betrachten; herausragende Beispiele sind hier die Figur des Othello, die aufgrund ihrer Herkunft und ihres Glaubens doppelt markierten Muslima in Schwarze Jungfrauen und die illegalen Einwanderer in Schattenstimmen.
Eng verknüpft mit 'Außenseiter-Erlebnissen' aufgrund von Ethnie und sozialer Deklassierung sind auch die Erfahrungen, welche die Charaktere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Islam machen. Besonders nach den Terroranschlägen von 9/11 und der daraus resultierenden Islamophobie beschäftigte sich Zaimoglu verstärkt mit der Rolle des Islams in Deutschland und seinem eigenen Glauben, was sich vor allem in der literarischen Auseinandersetzung mit dem Islamisten Yücel (Kanak Sprak), dem Gottes Krieger in Zwölf Gramm Glück, den gläubigen Muslima in Schwarze Jungfrauen und dem Glaubenskonflikt der Stadt Jerusalem in Nathan Messias zeigt, aber auch beispielsweise in der Figur Halid Beys in Leyla, welcher seine Ausfälle mithilfe seiner ganz eigenen religiöser Sittlichtkeitsregeln rechtfertigt. Ein Beispiel für die Thematisierung des christlichen Glaubens findet sich in der Figur Tyras in Liebesbrand, die sich einem verklärten Katholizismus zuwendet und dem Liebenden David so verloren geht. Zaimoglus Darstellung von verschiedenen Kulturen und Religionen manifestiert sich in seinem Roman Isabel, in welchem er dem Leser ein heruntergekommenes, aggressives und armes Berlin mitsamt seiner Randgruppen vor Augen führt. Diesem Berlin stellt er die türkische Heimat der Protagonistin gegenüber, in der Isabels gebildete, berufstätige Mutter sowie ihr sanfter, besorgter Vater leben. Zaimoglu spielt hier geradezu mit bestehenden Klischees, indem er die Schattenseiten der Großstadt Berlin und die behütete Bürgerlichkeit der Türkei aufzeigt.
Die Liebe als Sehnsuchtsmotiv tritt verstärkt in den durch die Romantik geprägten Texten auf, ist jedoch schon Teil der Motivik der früheren Werke und bildet das Leitmotiv in der Erzählung Fünf klopfende Herzen, wenn die Liebe springt (Zwölf Gramm Glück). Zumeist sind es die männlichen Protagonisten, die in Liebe entbrennen oder sie zu entdecken suchen; das weibliche Objekt dieser Liebe entzieht sich den Verliebten in der Regel zunächst und muss 'erkämpft' werden wie es in Liebesmale, scharlachrot, in dem Serdar gegen den viel stärkeren Baba kämpfen muss, um Rena zu erlangen. Oft gehen die Liebesgeschichten unglücklich aus oder gar nicht erst in Erfüllung, wie es in den meisten Erzählungen in Zwölf Gramm Glück der Fall ist. In German Amok stirbt gar das Liebesobjekt Larissa aka 'Mongo Maniac' des namenlosen Ich-Erzählers auf dramatische Art und Weise an Unternernährung.  Ähnlich verhält es sich mit den Theaterstücken. In Drei Versuche über die Liebe (Casino Leger, Ja. Tu es. Jetzt. und Halb so wild) wird das Begehren „zugleich befremdend und alltäglich“ und „vor allem physisch, psychisch und sprachlich gewalttätig“ (Kimmich 2010, S. 238) gezeigt, von romantischem Pathos ist wenig zu sehen. Anti-Beispiel ist die Wedekind-Adaptation Lulu live,  in dem Sex zur Ware wird (wie auch schon in German Amok) und Liebe als hehres, erhöhendes Gefühl nicht mehr existiert.

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Formale Aspekte zu Zaimoglus Werken [ ↑ ]
Bekannt und beinahe berüchtigt wurde Zaimoglu bereits durch die Veröffentlichung seines Debütwerkes, der Anthologie Kanak Sprak. 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft. Die von ihm geformte Kunstsprache 'Kanak Sprak' setzte den Maßstab, an dem alle weiteren Veröffentlichungen gemessen werden. Diese zeichnet sich durch die von Sprach- und Grammatikfehlern durchzogene Ausdrucksweise der Migranten sowie durch eine ethnische Lexis, exotische und folkloristische Redewendungen und pseudo-phonetische Transkriptionen der gesprochenen Sprache aus. In ihr lassen sich neben Elementen des Jiddischen, der 'Gaunersprache' Rotwelsch und Anglizismen aus den transnationalen Medien (vor allen Dingen aus der amerikanischen Hip Hop-Szene), Archaismen, Jargon aus der Kritischen Theorie sowie Vokabular aus regionalen Dialekten Deutschlands, vornehmlich des Nordens, und eigene Wortschöpfungen finden.
Während die Monologe in Kanak Sprak von einer dezidiert virilen Sprecherpose bestimmt werden, die in der 'Langversion' Abschaum weiter ausgeführt wird, führt Zaimoglu in Koppstoff den weiblichen Duktus der  'Kanakas' in die 'Kanak Sprak' ein. Zwar bleibt der kräftige und klare Ton des ersten Werkes bestehen, er zeigt sich linguistisch jedoch diverser. Verschmolzen die Stimmen in Kanak Sprak noch zu einem „linguistic amalgam“ (Guido Schenkel), spiegelt die Sprache in Koppstoff die unterschiedliche Sozialisation der 'Kanakas' wider. Die Monologe erscheinen weniger elliptisch und strukturierter. Anders als Kanak Sprak enthält es nicht nur Protokolle von Außenseitern und sozial Deklassierten, wie beispielsweise das in Diktion und kommunikativem Habitus an Kanak Sprak erinnernde Porträt der Rapperin Nesrin, sondern  vielmehr Darstellungen von türkischen Frauen unterschiedlicher sozialer Herkunft, die sich auch des Hochdeutschen bedienen, wie etwa die Studentin Çağil, die Änderungsschneiderin Zeynep oder Schauspielerin Belhe.
Auch der Liebesroman Liebesmale, scharlachrot steht sprachlich unter dem Vorzeichen Kanak Sprak, allerdings bereits in abgeschwächter Form. Erhalten bleiben vor allem die Selbstbezeichnungen, die die 'Kanak Sprak' durchziehen; es wimmelt im Roman von 'Kanaken', 'Alis' und 'Kümmeln'. Durch die Hinzunahme der weiblichen Stimmen der 'Frauengeschichten' Hakans und Serdars treffen die Tonlagen der 'Kanaken' und der 'Kanakas' aufeinander. In Ruß lässt sich in der Inszenierung der 'Ruhrgebiets-Sprache' eine Verkehrung der Funktion der 'Kanak Sprak' feststellen. Während  der multiple Sprachkörper von Kanak Sprak die fehlende Sprachheimat der 'Kanaken' schaffen und die hybride und problematische Identität ihrer Benutzer spiegeln soll, finden die Bewohner der untergehenden Welt des Kohleabbaus ein letztes Stück Heimat, das sie verbindet und ihre Identität in dem Duktus des Ruhr-Sprachraums bewahrt.
Formal steht sein Frühwerk in der Tradition der sogenannten 'Protokoll-Literatur' der sechziger und siebziger Jahre, wie sie von Erika Runge (Bottroper Protokolle 1968), Sarah Kirsch (Die Pantherfrau 1973) und Maxie Wander (Guten Morgen, du Schöne 1977) verfasst wurde. Wie Runge, Kirsch und Wander generierte auch Zaimoglu seine ersten Texte, indem er Gespräche mit dem Diktiergerät aufnahm und diese anschließend umschrieb. Aufgrund des „Wechselspiel[s] zwischen dem Dokumentarischen und Fiktionalen“ (Skiba 2004, S. 188) eignet sie sich dazu, soziale Missstände künstlerisch zu thematisieren, eine genaue gattungsspezifische Einordnung dieser Textform ist jedoch schwierig.
Kanak Sprak, Abschaum und Koppstoff sind mehrmals dramatisch umgesetzt worden, Abschaum nicht zuletzt in dem Film Kanak Attack, an dessen Drehbuch Zaimoglu mitgewirkt hatte. Auch die Theatertexte weisen sowohl sprachliche als auch formale Elemente Kanak Spraks auf, darunter die Shakespeare-Adaptation Othello und die an das Dokumentationstheater angelehnten Stücke Schwarze Jungfrauen und Schattenstimmen.  Dies ist auch auf den performativen Charakter der 'Kanak Sprak' zurückzuführen: durch die „physisch-räumliche, konkret körperliche Dimension“  (Maria E. Brunner) wird sie in der Vorstellung und auf der Bühne lebendig, sie ist direkt gebunden an die Gesten und Körperbewegungen ihrer Benutzer, die sich auf diese Weise durch die Zwischenräume der Gesellschaft bewegen.
Einen literarischen Exkurs wagte 2003 Zaimoglu mit der Kriminalkomödie Leinwand. Wenig erfolgreich, kritisierte man die 'schmucklosen' Regieanweisungen, die Überzahl an Dialogen und die offensichtliche Anlehnung an die Fernsehsendung Tatort. Die Geschichte wird durch drei Handlungsstränge bestimmt, welche nicht stringent zu Ende führen geführt werden und erinnert an die Form eines Drehbuchs. Anders, als der Titel vermuten lässt, wird das Motiv der Leinwand und der Kunst nicht weiter ausgeführt. Aufgrund der eher schwachen literarischen Leistung dient Leinwand nicht als repräsentatives Beispiel für Zaimoglus Erfolg als Schriftsteller.
Neben der in allen Texten mehr oder weniger evidenten 'Kanak Sprak' zeichnet sich sein Werk durch den experimentellen Umgang mit tradierten, zum Teil 'veralteten' deutschen literarischen Formen aus. Ihren Höhepunkt fand diese Entwicklung bislang in Zaimoglus kreativer Aneinigung der deutschen Romantik. In seinem ersten Roman, Liebesmale, scharlachrot, ist dieser Übergang bereits erkennbar. Dem Briefroman Goethes Die Leiden des jungen Werthers (1774) nachempfunden, wird die Handlung in Briefen wiedergegeben, die zwischen der Türkei und Deutschland hin und her geschickt werden. Auch sprachlich machen sich Entlehnungen aus dem empfindsamen Briefroman bemerkbar, die Verwendung von Archaismen aus dem 18. Jahrhundert verleiht dem Text neben einem Einblick in das Gefühlsleben junger Türken einen parodistischen Charakter.
Der Migrationsroman Leyla hingegen lässt bereits den Einfluss der Grimmschen Märchenerzählungen erkennen. Der Anarchismus und die zornige Kraft des an die Stürmer und Dränger erinnernden Zaimoglu weicht hier einem märchenhaften, stellenweise auch beobachtenden Ton, welcher orientalisch anmutet, jedoch auf die deutsche Romantik verweist. In der Motivik und der Führung des Handlungsbogens ist Leyla hingegen an die Gastarbeiterliteratur sowie die Ankunftsliteratur angelehnt und enthält Bezüge auf die Literatur Şinasi Dikmen und Aras Ören. Das Motiv der Binnenmigration von Anatolien nach Istanbul lässt sich ebenfalls in Romanen von Saliha Scheinhardt, Fakir Baykurt und Emine Sevgi Özdamar wiederfinden. 
In dem aus seinem Aufenthalt in der Villa Massimo (2005) entstandenen Text Rom intensiv offenbart sich wiederum der Einfluss Rolf Dieter Brinkmanns, der mehr als dreißig Jahre zuvor ebenfalls Stipendiat der Villa Massimo war und seine Erfahrungen in Rom. Blicke (1979) festgehalten hatte. Zaimoglu folgt ebenfalls der anti-goetheschen Linie Brinkmanns. Dem resignierten, verbitterten und manchmal sogar verzweifelten Ton Brinkmanns stehen jedoch ein sarkastischer Humor und burleske Züge gegenüber, wodurch Zaimoglus Text zu einem ironischen und bissigen Bericht des römischen Alltagsgeschehens wird. Neben dem Bezug auf Brinkmann findet sich auch eine Anlehnung an die der Benjaminschen Figur des Flâneurs  (Walter Benjamin, Das Passagen-Werk); während jedoch Benjamins Flâneur durch das gemächliche Flanieren seinen spielerischen und absichtlich künstlichen Widerstand zum hektischen Leben der Großstadt zur Schau stellt, ist Zaimoglus Flâneur ein ruheloser, rasch irritierter und von den Einheimischen verspotteter Außenseiter.
Mit Liebesbrand fand Zaimoglu dann  endgültig zum traditionellen deutschen Erzählen. In einem märchenhaft-melancholischen Ton gehalten, erinnert die Radikalität der erzählten Liebe zunächst an Fatih Akins Film Gegen die Wand (zum Trailer hier). Stärker jedoch noch zeigt sich der Einfluss der deutschen Romantik, wie etwa Novalis' Heinrich von Ofterdingen, Joseph von Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts sowie den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Die romantischen Topoi finden sich besonders in der Reise und der Sehnsucht des Protagonisten wieder, aber auch in den literarischen Überhöhungen und dem ständigen Umkreisen des geliebten Objekts. Ein weiterer intertextueller Bezug ergibt sich zu Orhan Pamuks Roman Das neue Leben (1994), in welchem die Odyssee der Liebe mit einem Busunfall endet, in dem die Hauptfigur, anders als in Liebesbrand, umkommt.
Zaimoglus „Universalroman der Spätromantik“ (Rüdenauer 2009), Hinterland, breitet in sieben Kapiteln episodisch das Leben verschiedener Figuren aus, wobei sich der Handlungsfaden von Figur zu Figur weiterspinnt. Bei Hinterland handelt es sich um ein komplexes, multiperspektivisches Mosaik, das Elemente der romantischen Volksmythen und türkisch-religiöse Volkstraditionen miteinander verbindet. Das dominante Prinzip des Romans ist die erzählerische Metonymie und schlägt sich besonders in den vielen Ortswechseln nieder – so bewegt sich die Handlung von Prag nach Istanbul, von dort nach Ankara, wieder Istanbul, Föhr, Budapest, dem Plattensee, nach Krakau und schließlich nach Berlin. Für die Struktur sind nicht die Handlungsstränge selbst entscheidend, sondern die Korrespondenzen von sich symbolisch aufladenden Motiven, wie etwa der Wimpernschlag, Tau, Regen, Faden, Mobiltelefon, Mumie, Pflaumenkern. Die Erzählperspektiven wechseln rasch und unangekündigt. Handlungsführend ist jedoch das Sehnsuchtsmotiv, welches interkulturelle und erkenntnistheoretische Grenzen überwindet.
In dem Roman Ruß schließlich beweist Zaimoglu einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit. Das Ruhrgebiet als Handlungsort stellt eine 'typisch deutsche' industrielle Region dar, die sich bereits in literarischen Texten von sozialkritischen Autoren des Realismus wie Max von der Grün und Ralf Rothmann repräsentiert sieht. Michael Hofmann zufolge führt Zaimoglu seine 'romantische Linie' auch in diesem Roman weiter fort: Ruß stehe in der Tradition der schwarzen Romantik und repräsentiere die Melancholie und trostlosen Abbildungen einer untergehenden Welt. Die Haupterzählung wird aus der Sicht eines größtenteils nicht individuierten heterodiegetischen Erzählers gehalten, welche durch markierte, 'chorische' homodiegetische Textpassagen durchbrochen wird (vgl. Hofmann 2012, S. 253).
Zaimoglus sprachliche Experimentierfreude ist auch in seinem Roman Isabel ein stilistisches Markenzeichen des Autors. Der Roman ist geprägt durch verknappte, teils sogar schon elliptische Sätze, in denen Zaimoglu oft auf Artikel verzichtet („Frau, Mann, Hündin wandten sich ab, Soldat eilte wieder vor.“, Isabel, S. 267). Dieser Stakkato-Stil erinnert an paratextuelle Szenenanweisungen im Theater („Lärm, Tumult, Wirt brüllte um Ruhe. Donnerhall draußen.“, Isabel, S. 53).
Der Eindruck der dramatischen Sprachverwendung wird unterstützt durch Personenbeschreibungen („An den Nebentisch setzten sich ein älterer Freier und ein Stricherjunge. Freier: gespornt und parfümiert. Stricherjunge: Abschaum – billige Bomberjacke, Karottenhose, keine Strümpfe.“, Isabel, S. 63) und durch oft stark rhythmisierte Dialoge („Über die tote Tochter. Über die ermordete Mutter, sagte Isabel leise.“, Isabel, S. 267) sowie Gedankenströme, aus denen der Großteil des Romans besteht. Diese sind innerhalb des Textes nicht als solche gekennzeichnet, sie gehen somit nahtlos in beschreibende Passagen über. Zaimoglu nimmt die Leser dadurch ohne Hindernisse mit in das Geschehen.
Neben der sprachlichen und formalen Dimension erhält die gesellschaftskritische Ebene in der Mehrzahl seiner Texte einen gehobenen Stellenwert. Kritisiert Zaimoglu in Kanak Sprak, Abschaum und Koppstoff lautstark den (leisen) Rassismus der 'Alemannen' und die multikulturelle Linke, so rechnet er in German Amok mit der Kunstszene und in der Sammlung Kopf und Kragen. Kanak-Kultur-Kompendium mit dem vorherrschenden Mediendiskurs ab. In German Amok zeigt sich dies vor allem in den langen Hasstiraden, die der namenlose Ich-Erzähler auf Kunst- und Performanceszene 'ablässt' und in dem satirischen Ton Kopf und Kragens, in dem die fiktiven Interviews des Moderators Galaxy mit parodisierten Medienvertretern gehalten ist.
Hinzu kommen Aufsätze wie Gastarbeiterliteratur. Ali macht Männchen (1998) sowie Knabenwindelprosa. Überall wird von deutscher Popliteratur geschwärmt (1999), in denen sich Zaimoglu gegen die Gastarbeiterliteratur einerseits und gegen die Popliteratur andererseits als adäquate literarische Form ausspricht. Beiden Strömungen wirft er auf vehemente und stellen- weise parodistische Art und Weise Weinerlichkeit und Opportunismus vor.
Doch auch in den in Zusammenarbeit mit Günter Senkel entstandenen Theaterstücken ist die ostentative politische Triebkraft und die provokative Sprachgewalt der 'Kanak Sprak' noch oft sichtbar, vor allem in den erfolgreicheren Stücken Othello, Schwarze Jungfrauen und dem nicht gleichermaßen erfolgreichen, aber dennoch beachtlichen Nathan Messias, welches auf Lessings Aufklärungsdrama Nathan der Weise basiert. Charakteristisch auch für die Theaterstücke ist Zaimoglus demotische Sprache, die sich auch hier wieder in den ausführlichen, langen, prosodisch durchkomponierten (Hass-)Tiraden wiederfindet.
Unter den Stücken befinden sich einige Neuübertragungen, die Senkel und Zaimoglu sprachlich und formal in die Gegenwart versetzt haben. Derer sind es Othello, Lulu live, Max und Moritz – Junk Opera sowie Molière. Eine Passion und Hamlet. Sie basieren mehr oder weniger lose auf den Originaltexten, sind jedoch in ihrer Art sehr unterschiedlich. Während Othello im Aufbau noch stark an das Shakespearsche Stück erinnert und durch in der 'Kanak Sprak'-gehaltenen Sprache für Aufsehen sorgte, entfernen sich Lulu und die Kompilation Molière. Eine Passion weit mehr von den Originaltexten. Für Lulu live verfassten Zaimoglu und Senkel die Chattexte, die sich vor allem der verknappten Sprache der Cyber-Pornographie bediente. In Molière. Eine Passion wurden vier Stücke Molières zusammengefasst und umgangssprachlich umgearbeitet. Neben den Adaptionen widmete sich das Autorenteam in Schwarze Jungfrauen und Schattenstimmen dem Dokumentationstheater, in welchem, ganz in der Manier der frühen Werke, die Berichte sozial Benachteiligter von den Autoren umgeschrieben und in Monologen inszeniert werden. Hinzu kommen Nathan Messias und Alpsegen, wobei letzteres romantische und burleske Züge aufweist, sowie die Kammeroper Der Aufstand und die durch die Bilder der Kunsthalle Kiel inspirierten Stücke Bildergeschichten I: Liebe, diesseits, jenseits und Bildergeschichten II: Raben. Die drei Stücke Casino Leger, Ja. Tu es. Jetzt und Halb so wild, die in Drei Versuche über die Liebe zusammengefasst wurden, beleuchten das Scheitern der Liebe aus verschiedenen Blickrichtungen. Casino Leger und Ja. Tu es. Jetzt. spiegeln ein desillusioniertes und dystopisches Liebesverständnis wider, in Halb so wild fanden die Autoren einen vielmehr satirischen Zugang zu dem Thema.

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Pressespiegel zu Zaimoglus Werken [ ↑ ]
Kanak Sprak: 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft (1995).  Bestehend aus vierundzwanzig Monologen, die Zaimoglu mit seinen Gesprächspartnern durch Interviews erhalten und anschließend künstlerisch verarbeitet hat, verleiht Zaimoglu den eingewanderten und sich in Deutschland niedergelassenen Türken eine Stimme, die sich von der Gastarbeiter- und Immigrantenliteratur der siebziger und achtziger Jahre abwendet: nicht Assimilation und Integration in die deutsche Gesellschaft stehen im Vordergrund, sondern die Anprangerung von Xenophobie und Rassismus durch die Deutschen. Während Klaus Farin (die tageszeitung) Kanak Sprak unter Kritisierung des ausschließlichen Bezugs auf die männliche Perspektive und das „primare Denkorgan des Mannes in seiner Eigenschaft als „ein Stück starker Literatur“ dem potentiellen Kultbuch Anthony Burgess' Clockwork Orange gleichsetzt, fällt das Urteil Imran Ayata (links) weniger wohlwollend aus. Zu bemüht, „anders zu sein und exotisch zu wirken“, erscheine Zaimoglu, die dargestellte Migrationsgeschichte zu stromlinienförmig und die abgedruckten Texte seien „Mist“, nicht aufgrund der Aussagen der Befragten, sondern der Wahl der Textform. Die Kunstsprache Kanak Sprak hingegen wurde von der Kritik freudig angenommen: sie wirke „sowohl echt als auch poetisch“ (Agnes Hüfner, Süddeutsche Zeitung), sei „prall, fleischig, sie swingt, sie wackelt mit dem Hintern“ (Dirk Nolde, Lübecker Zeitung) und zeige sich als „Literatur, wie sie bisher nur von Schwarzen und anderen in Amerika verfaßt wurde“ (Werner Lewerenz, Kieler Nachrichten).

Abschaum. Die wahre Geschichte des Ertan Ongun (1997). Abschaum entstand als direkte Reaktion auf Kanak Sprak und erzählt die Lebensgeschichte des im Gefängnis einsitzenden, drogenabhängigen Deutschtürken Ertan Ongun. Fünfundzwanzig Jahre alt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Kanak Sprak, bat er Zaimoglu, seine Geschichte aufzuschreiben: „Ich geb' dir reinen Stoff. Du bist mein Dealer. Geh und verkauf das Zeug.“ (Zaimoglu 1997, S. 184). Von Zaimoglu zu 35 kurzen „Stories“ verarbeitet, welche erzählen, wie Ertan als kleinkrimineller Junkie in einen Teufelskreis von Drogenkonsum, Beschaffungskriminalität, Entzug und erneutem Drogenkonsum gerät und schlussendlich im Gefängnis landet. Als 'Abschaum' von der Gesellschaft ausgestoßen, ist er einer der „Kanaken, vor denen ihr Deutschen immer gewarnt habt.“ (Ebd. S. 183). Rezipiert als Langversion eines Kanak Sprak-Monologs wird von der Kritik vor allem die Reduktion und Kargheit seiner Prosa bemerkt, mit der Zaimoglu das Scheitern der Integrationbemühen lautstark heraufbeschwört: „[d]ie Buchstaben sind mit dem Stilett in die Seiten geritzt, jedes einzelne Wort schleudert dem um Sympathie bemühten Eingliederungsverfechter kalten Hohn entgegen“, heißt es bei Marcus Römer (Marabu) und in Spex schreibt Katja Schulte, die durch die Verbindung deutscher und türkischer Sätze und -bruchteile entstehenden Sprachgrenzen funktionierten „wie Sperren gegen eine allzu hastige Vereinnahmung.“ Weiterhin problematisiert Schulte die anti-emanzipatorische Haltung des Textes, in welchem Frauen gar nicht erst repräsentiert, sondern lediglich ihre Abwesenheit reproduziert werde. Dominantester Aspekt sei „Ertans brachiales Verhältnis zur Sexualität“, findet Edith Kresta (Die Tageszeitung) und resümiert, dies sei konstituierend für alle anderen Beziehungen Onguns: „Er fickt Dealer, Bullen und natürlich Frauen. […] Er wickelt seine Geschäfte ab. Gnadenlos.“ Die vorwiegend negative Kritik an der literarischen Qualität von Abschaum steht einer positiven Bewertung des sozio-politischen Aspekt des Textes gegenüber, deren Botschaft unmissverständlich ist: „Ertans Realität deckt sich mit der Realität von Outcasts, bzw. auch von ganz normalen Arbeitslosen, die verdammt sind, außerhalb dieser Gesellschaft zu leben. Das will ich anschaubar machen. Nieder mit dem Ethnoquark.“ (Schulte 1997, S. 58).

 

Koppstoff. Kanaka Sprak vom Rande der Gesellschaft (1998). Koppstoff verleiht in ähnlicher Weise wie schon Kanak Sprak jungen, deutsch-türkischen Frauen eine Stimme. Anders jedoch als der Vorgänger entstammen die Porträtierten nicht (nur) dem Rande der Gesellschaft, sondern vornehmlich einer aufstrebenden, zum Teil studierten Mittelschicht. „Kanaken with attitude“ schreibt Volker Marquardt (Die Tageszeitung) mit Blick auf die Selbststigmatisierung, die auch Koppstoff durchzieht und der Tradition der Randgruppen der amerikanischen Westküste folgt. Zwar „[m]ehr Malcolm X als Martin Luther King“ sei der Sound der weiblichen Version Kanak Spraks „großmäulig, wortgewaltig, kraftvoll und wütend.“ Negativ anzumerken sei, so Christina Nord (Die Tageszeitung) die durch die strenge Komponiertheit des Textes verlorengegangene Authentizität der Stimmen „vom Rande der Gesellschaft“. Insgesamt jedoch präsentiere Koppstoff Sabine Peters (Frankfurter Rundschau) und Peter Mosler (Kommune) zufolge eine Zäsur in der deutschen Literaturgeschichte: die „Poesie aus dem Kanakland“ zeige auf, dass sowohl Berlin nicht ohne Istanbul als auch die deutsche Literatur nicht mehr ohne seine türkischen Dichter zu denken seien.

 

Liebesmale, scharlachrot (2000). Nach dem Aufsehen, welches Zaimoglu mit seinen ersten drei, in Kanak Sprak verfassten Werken in der deutschen Literaturszene erregte, folgt mit Liebesmale, scharlachrot der erste Roman, der, Goethes Die Leiden des jungen Werthers nachempfunden, die innovative Sprachgewalt von Kanak Sprak und die (Liebes)Leiden junger 'Kanaken' mit der tradierten Form des Briefromans vereint. Zentrales Thema ist neben der Auseinandersetzung mit Liebe und Sexualität die doppelte Heimatlosigkeit von jungen Deutschen türkischer Abstammung, die sich sowohl in Deutschland als auch in der Türkei nicht voll und ganz beheimatet fühlen. Allgemeine positive Beachtung fand auch hier wieder Zaimoglus Spiel mit der deutschen Sprache. Einzig Die Zeit (Katharina Döbler) hingegen urteilte, der Ton sei künstlich und die Pose der subkulturellen Gegenfigur, die in Ulrich Plenzdorfs Roman Die neuen Leiden des jungen W. (1973) funktionierte, bleibe bei Zaimoglus Serdar „eine ungelöste Aufgabe.“ Kritisiert wurde weiterhin die „verwirrende Vielfalt“ der verschiedenen Rollen-, Frauen-, Lebens-, und Sprachmodelle, die sich überschneiden und widersprechen; Zaimoglu nehme den Zustand seiner Figuren nicht ernst und überlasse sie einer „hemmungslosen Selbststilisierung“. Es gebe, so Döbler weiter, „keine literarische Rebellion im Namen des authentischen Lebensgefühls, sondern nur die literarische Diagnose der Abwesenheit desselben.“ Positiver hingegen die Kritik von Gabriele Killert: „Spätbarock und präpotent wendet sich der Ton der Korrespondenz schon gleich von Goethe ab“, schreibt sie in Neue Zürcher Zeitung, der „rappende, durch alle Stillagen von Goethe (Serdar) bis Gosse (Hakan) elegant und geschmeidig zappende Sound der Kanak Sprak“ sei „eine einzige Feier der Sprache“, vergleichbar mit dem Sprachspiel Arno Schmidts. Die NZZ resümiert weiter, man könne sich dem „Charme dieser furiosen Parodie“ und dem „exhibitionistischen Seelenkitsches neuer Provenienz“ dieses Adoleszenz-Romans kaum entziehen. Dieser positiven Beurteilung schließt sich Parapluie (Ulrich Steuten) an. Obgleich Steuten bemerkt, dass die die Überdosis an verabreichten Sexprotzereien“ zu viel Raum einnehmen und die Figuren ihre Briefe alle auf „mehr oder weniger gleichem intellektuellen Niveau ihre Briefe formulieren“, sei es „vor allem die die Sprachgewalt“, die Liebesmale, scharlachrot seine Kraft verleihe. Christoph Bartmann schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Zorn der früheren Jahre Zaimoglus sei einer „Rap-Arabeske“ gewichen. Sein erster Roman führe „seine Kanak Sprak noch einmal in aller Raffinesse“ vor. Die Leser könnten sich in Liebesmale, scharlachrot vertiefen „wie in einen Bausatz für transkulturelle, 'hybride' Existenz – und Erzählweisen“. Trotzdem bewahre ihn der ironische Ton des Romans sowie „seine überaus bewegliche, rauflustige, fröhlich pubertierende Sprache“ vor „einer seminaristischen Durchführung des Motivs der kulturellen Fremdheit“.  Die Selbstironie, mit der Zaimoglu die Vorurteile seiner türkischen Landsmänner bestätige, hebt auch Nina Freydag (Der Spiegel) hervor und führt weiter aus,  mit „altmodischer Grandezza und pubertärer Versautheit“ erzählt,  spritze Zaimoglus Sprache „heftig und phantasievoll“, wobei sich „türkodeutsche Kreationen“ mit „orientalischen Wort-Ornamenten paaren.“ Ähnlich wie Ulrich Steuten ist Detlef Grumbach (Berliner Zeitung) der Ansicht, die im Roman beschriebenen Sex-Affären könnten „dem Leser gelegentlich auf die Nerven gehen“. Dies verhindere Zaimoglu jedoch, indem er „das Interesse stets rechtzeitig auf die unter der Oberfläche schwelenden Konflikte“ lenke, hierfür greife er die Form des Briefromans ironisch auf, „um dem 'Sturm und Drang' der Immigrantenkinder eine Stimme zu geben“. Zaimoglu spiele, so Grumbach, „souverän mit den unterschiedlichen Sprachebenen“  und erweise sich als ein „glänzender, fast möchte man sagen orientalischer Geschichtenerzähler und Schwadroneur“. Die Ost-West-Wochenendzeitung Freitag (Ingo Arend) gibt zu Bedenken, dass Zaimoglu aufpassen müsse, das 'Kanak-Motiv' nicht zu Tode zu reiten, lobt das Werk jedoch als einen „respektlose[n], komische[n] und pralle[n] Gesang einer gemischten deutschen Identität“, der alles andere als Billers 'Schlappschwanz-Literatur' ist.
Geradezu begeistert äußert sich Joachim Otte im Tagesspiegel. Ihm zufolge sei der Roman ein „starkes, witziges Buch“, von Langeweile so weit entfernt dass man sich frage,  „wann man zuletzt etwas vergleichbares in Almanya und seiner jungen Literatur gelesen hat.“ Das eigentliches Ereignis sei „aber die Sprache selbst“:  Zaimoglus Stil changiere „zwischen Muezzin und Blödsinn“, orientalisierender und hyperziselierter „Proll-Barock“, die Identität und Rang der Figuren würden durch die „überbordende und rückhaltlose Sprache geprägt.“ Ulrich Rüdenauer (Literaturkritik.de) macht als das eigentliche Thema des Romans „das libidinöse Verhältnis der Figuren zur Sprache“ aus. Der Reiz des Romans liege nicht in der „fast überkonstruierte[n] Handlung, sondern vielmehr in der „Kraft, die in den Sätzen Zaimoglus Zuhause“ ist.  Liebesmale, scharlachrot ist das Werk eines Autors, welcher, so Rüdenauer „einer der radikalsten“ politischen Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur ist. In dem „Sammelsurium an sprachlichen Einfällen und absurder Situationskomik“ fehle nicht „der kämpferische Ton“, der ihn bereits mit Kanak Sprak so bekannt machte.

Kopf und Kragen. 'Kanak-Kultur-Kompendium' (2001). Nach dem Erfolg des Adoleszenz-Romans Liebesmale, scharlachrot wurde die Veröffentlichung von Kopf und Kragen, in welchem sich neben bereits veröffentlichte Kurztexten eine Reihe von Talkshow-Protokollen versammeln. Letztere bestehen aus Gesprächen zwischen dem Moderator Galaxy und diversen, mehr oder weniger verfremdeten Prominenten des wahren Lebens, darunter der Autor von Talkau-Marl (Benjamin von Stuckrad-Barre), der Journalist Borste (Wiglaf Droste) und Herrn Zett (Zaimoglu selbst). Innerhalb der Interviews reden sich die Gäste um Kopf und Kragen – an ihnen exerziert Zaimoglu sein Popverständnis an der Medienwelt und thematisiert  den Umgang der Medien(szene) mit der in ihr beheimateten Kanak-Kultur.
Das 'Kompendium' wurde zwar nicht direkt ablehnend, jedoch eindeutig kritisch angenommen. Die Presse war weitestgehend einhellig der Meinung, das neue Buch nehme sich beinahe langweilig aus. Daniel Bax schreibt gar in die tageszeitung, Zaimoglu habe mit Kopf und Kragen „wieder eine halbe Rolle rückwärts gemacht“, vor allen Dingen, da der Zusatz 'Kanak-Kultur-Kompendium' nicht halte, was er verspreche. Es handele sich bei dem Buch enttäuschenderweise bloß um eine lose Zusammenstellung von bereits veröffentlichten Kurzgeschichten, „[e]inige sind besser, andere schwächer“, und fiktiven Talkshow-Protokollen. Enttäuschend auch, weil bereits in ähnlicher Form dagewesen: schon Stuckrad-Barre habe in Blackbox (2000) versucht, seine Ankunft im Medienbetrieb zu verarbeiten. „Ein wenig“, schließt Bax seine Kritik an der mangelnden Originalität Kopf und Kragens, „erinnert 'Kopf und Kragen' an einen Klamottenladen beim Sommerschlussverkauf, wo Restposten verramscht werden: Alles muss raus, bevor die Saison vorbei ist. Der Kanakenbonus hat sich verbraucht, bald ist etwas Neues gefragt.“ Auch Jochen Förster (Die Welt), der die von 'Galaxy' geführten Interviews „stellenweise auf groteske Weise amüsant findet“, bemängelt die Halbherzigkeit Zaimoglus und lobt als „eigentliche Glanzlichter“ die Textminiaturen, welche die „disparate Fingerübung“ durchziehen. Die Irritation, die Zaimoglu angestrebt habe, bleibe dennoch so gut wie aus. Einzig Andreas Rosenfelder (Frankfurter Allgemeine Zeitung) scheint der Ansicht zu sein, dass Zaimoglus Erfindungsreichtum mit überraschenden Wendungen aufzuwarten, „eindrucksvoll“ sei und die „rhetorische Phantasie“ die Lektüre zu einer „kurzweilige[n] Sache“ mache. Langweilig erscheine Kopf und Kragen vielmehr durch die  immer gleiche „hochironische Diktion“ der interviewten Berühmtheiten. Es sei ein „aufwendige[s] Puppenspiel“, bei dem sich letztlich doch der „fingerfertige Diskurs-Jockey in den Vordergrund“ spiele. Kopf und Kragen sei daher nicht – wie schon von Daniel Bax angemerkt – als 'Kanak-Kultur-Kompendium' zu lesen, sehr wohl jedoch als „Blütenlese befremdlicher Rede.“

German Amok (2002). Während er in Kopf und Kragen die Medienwelt satirisch an die Wand stellt, rechnet Zaimoglu in seinem zweiten Roman German Amok  mit der deutschen Kunst- und Performanceszene ab. Neben der scharfen Kritik am Kunstbetrieb, welche auch als ein Resultat eigener Erfahrungen des Künstlers Zaimoglus gesehen werden kann, thematisiert German Amok die Wertung von Sexualität als Ware. Dies wird durch das Milieu der Kunstszene gespiegelt. Der Körper wird hier zum Instrument der Machtausübung, die Figuren sind nahezu alle beziehungsunfähig und von Gewaltphantasien und Machtspielen geprägt. Wenngleich die Kritik nicht begeistert war, so ertrug sie Kopf und Kragen. 'Kanak-Kultur-Kompendium' noch mit gelangweilter Gleichmut. Die Provokationen seines zweiten Romans German Amok fanden noch weniger Anklang. Zwar bescheinigte Ulrich Rüdenauer (Literaturkritik.de) Zaimoglu, dass es sein „ungewöhnlichstes und auch gewagtestes Buch“ sei, es erreiche aufgrund des Fehlens einer tragenden Handlung, der „stark tönenden, obszönen, provokativen Szenen, die wenig Stringenz und viel Leerlauf enthalten“ und des ausbleibenden ironischen Gestus, der Liebesmale, scharlachrot auszeichnete, nicht die Qualität seiner Romanerstveröffentlichung. Jens Jessen führt dies weiter aus (Die Zeit): „starker Tobak“ sei es, „ein zutiefst reaktionäres Buch, fortschrittsfeindlich und kulturkonservativ“ nennt er es mit Verweis auf die Tradition Baudelaires und Houllebecqs; German Amok zelebriere ohne die Feierlichkeit dieser Vorbilder, „aber mit geradezu rauschhaftem Sarkasmus die Verachtung und Moderne.“ Die Selbstverachtung des Autors verbinde ihn mit „den Objekten seines Hasses“ und es liege eine große Kunst in Zaimoglus Fähigkeit, die gegenseitige Beglaubigung des Ästhetisch-Dubiosen und der Zivilisationskritik zu erwirken. Dass er dies erreiche, in dem er die Religion zum ästhetischen Kontrastmittel einsetze, um den Schrecken des irdischen Daseins zu verlängern,  könne dem Werk als Schwäche ausgelegt werden.

Leinwand (2003). Zaimoglu versuchte mit Leinwand eines Ausflug in das Genre der Kriminalgeschichte, die ihm wenig positive Anerkennung einbrachte. Sie erhält  ihren Namen durch den Kriminalfall, den der  deutsch-türkische Kommissar Seyfeddin Karasu gemeinsam mit der Praktikantin, der Psychologiestudentin Claudia Preetz, zu lösen sucht: auf dem Grund eines Waldsees wird die Leiche einer Frau gefunden, welche in drei bemalte Leinwände gehüllt ist. Im Laufe der Geschichte kommt es zu verschiedenen Verwicklungen, welche in den drei Handlungssträngen Wasserleichen-Mord, Obdachlosen-Mord und dem Konflikt mit türkischen Dealern verfolgt werden. Daneben entspinnt sich eine  Liebesgeschichte zwischen Karasu und Claudia, welche jedoch tödlich endet. Besonders stieß sich die Kritik an der 'drehbuchhaften' Konzeption des Textes, der vermuten ließe, dass „Zaimoglu einmal einen Tatort schreiben wollte, so Sebastian Domsch in Frankfurter Allgemeine Zeitung. Man merke dem Text seine Entstehungsgeschichte zu deutlich an, kritisiert Domsch, die beschreibenden Sätze seien „schmucklos wie Regieanweisungen, Dialoge stehen im Vordergrund, die Dramaturgie orientiert sich am Fernsehformat“. Zaimoglu habe „Plot und Spannungskurve aus den Augen“ verloren. Man könne lediglich hoffen, dass er sich „das nächste Mal gleich von Anfang an vornimmt, einen gescheiten Roman zu schreiben.“ In seiner Rezension für Der Tagesspiegel fällt Steffen Kraft ein ähnliches Urteil. Selbst die Sprache der 'Kanaken', hier Jungdealer, welche in den früheren Werken Zaimoglus Alleinerkennungsmerkmal darstellte, erinnere Krafft „eher an die Komiker Erkan und Stefan“. Politische Sprengkraft blitze allein in dem Monolog eines Obdachlosen auf. Insgesamt lese sich Leinwand deshalb unbefriedigend: das Buch sättige „weder die Hoffnung auf echte Ghetto-Literatur noch die auf einen richtig ausgewachsenen Krimi“.

Othello (2003). Mit Othello folgte die erste Gemeinschaftsarbeit von Zaimoglu und Günter Senkel. Von dem Münchener Publikum aufgrund der verbalen Obszönitäten und den Veränderungen der in die Gegenwart versetzten Handlung mitunter sogar entsetzt ausgebuht, äußerten sich auch die Rezensenten eher ungnädig über die skandalöse Neufassung des Shakespeare-Stückes.  Der „Jargon von Kotzsprech und Fackspruch“ versetze die Shakespeare-Figuren in einen „Kanaksprakwettbewerb“, so Michael Skasa (Die Zeit). Katja Werner (Freitag) kritisiert, dass die Fassung im wesentlichen „durch des Autors Lieblingsidiome“ geprägt sei. Der Sprachduktus stört fast alle Rezensenten, zudem wird die geringe dramatische Entwicklung und die Beliebigkeit der Inszenierung bemängelt. Othello nach Zaimoglu und Senkel sei eher ein „Nacheinander mehr oder weniger flotter Momente“ als ein echter shakespearscher „Amoklauf“ , so Joachim Kaiser (Süddeutsche Zeitung). Obwohl das Publikum Othello Katja Werner zufolge „nicht so leicht goutierte“, erreichte die Inszenierung Kultstatus. Auch bei der Neu-Inszenierung durch Schauspieldirektor Kusej bei den Salzburger Festspielen sah die Reaktion der Zuschauer laut Margarete Affenzeller (Der Standard) wenig anders aus: bereits nach wenigen Minuten klappten die ersten Zuschauersessel aufgrund des Fäkalvokabulars oder der Flapsigkeit „gut hörbar hoch“, dabei hätte die Inszenierung der „rüpelhaften Neuübersetzung“ doch weit mehr verdient gehabt „als den notdürftigen Schlussapplaus“.

Ja. Tu es. Jetzt (2003). Nach der Abrechnung mit den Medien in Kopf und Kragen und mit der Kunstszene in German Amok wird in Ja. Tu es. Jetzt. die Filmbranche in den Fokus der Kritik gerückt. Darin spricht eine naive junge Darstellerin bei einer Regisseurin vor, welche ihre Macht ausnützt, um die  junge Schauspielerin mit Gewalt- und Sexphantasien zu kompromittieren. Das Stück zeigt die Abhängigkeiten auf, die zumindest einen Teil der Dynamik der Filmbranche bestimmen und von den in Abhängigkeit Geratenen auch getragen werde. Von der Kritik wird es wohlwollend aufgenommen. Das Stück treffe mit seinem Abbild der Machtmechanismen und der Gleichung Schauspielerei gleich Prostitution „den Kern heutiger Fernseh-Casting-Shows“, so Die Zeit-Rezensentin Marion Dick. Kritikpunkt ist alleine, dass „die Grenze zwischen Spiel und Spiel im Spiel“ leider immer zu klar gezogen bleibe, um dem Anliegen Zaimoglus und der Regisseurin Nomena Struss gerecht zu werden, nämlich zu zeigen, „dass wir im täglichen Überlebenskampf, strategisch oder unfreiwillig, andauernd in Rollen schlüpfen, dass Echtheit und Künstlichkeit verschwimmen.“

Halb so wild (2004). Mit Halb so wild folgt 2004 das dritte Stück der Drei Versuche über die Liebe des Autorenteams Zaimoglu/Senkel. Unter der Regie von Annette Pullen in Kiel uraufgeführt, beschreibt die Verwechselungskomödie in sieben episodenhaften Szenen die Irrungen und Wirrungen, in die sich die Paare und Singles innerhalb des Stücks unter dem Vorzeichen der Liebe begeben: in heiter-ironischem Ton maskieren und inszenieren sich die Figuren und verpassen so das Glück. Die Rezeption der skandalträchtigen Inszenierung von Shakespeares Othello scheint den Autoren laut Steffen Kraft (Der Tagesspiegel) Anlass gewesen zu sein „einen Gang herunter“ zu schalten. Er bezeichnet Halb so wild als „ein Komödchen über die Banalität und den Unernst der Liebe“, in welchem „zu viele Klischees im Plakativen“ erstarren. Während Kraft sowohl die Textvorlage als auch die Inszenierung Annette Pullens nicht überzeugt, ist Beate Jänicke (Die Welt) der Meinung, das „lakonisch-sehnsüchtige“ Skript Zaimoglu und Senkels hätte tiefgründiger erfasst und inszeniert werden können. Beifällig beurteilt sie insbesondere die Figuren Mahmud, Olli und Siggi, welche sich  als „unverwechselbare Bewohner des Zaimoglu-Kosmos“ ungewohnt „witzig und manchmal auch unverhofft poetisch“ zeigen.

Zwölf Gramm Glück (2004). Mit Zwölf Gramm Glück gelang Feridun Zaimoglu der literarische Durchbruch. Nach der Veröffentlichung seines Erzählbandes galt er nicht mehr bloß als provokativer Jungspund, sondern als ernstzunehmende literarische Größe. In 'Diesseits' und 'Jenseits' von Deutschland und Türkei unterteilt, erzählt er in zwölf Kurzgeschichten von dem kleinen Glück, das sich den Protagonisten auf verschiedene Weisen zeigt. Die Ich-Erzähler des ersten Teils 'Diesseits' sind in Deutschland beheimatet oder haben hier einen großen Teil ihres Lebens verbracht, ihre Herkunft jedoch liegt im Südosten. Häufig sind sie Randfiguren, 'schräge Vögel', die erst durch die Liebe wieder zu den Handelnden ihrer eigenen Biographie werden. Die Erzähler in 'Jenseits' hingegen sind entweder Retter- oder Verlierertypen, die an Ferienorten oder in abgelegenen Dörfern agieren. Ihre Liebesbeziehungen sind entweder disfunktional oder verknotet oder bleiben für die Erzähler unerreichbare Hoffnung. Die Erzählung Häute hatte bereits 2003 den Jury-Preis des Ingeborg-Bachmann-Preises gewonnen und bildet den Beginn des Teils 'Jenseits'. Beinahe einhellig stimmt die Kritik in ihrer Begeisterung über die zwölf Geschichten, die jeweils ein Gramm Glück beinhalten sollen, überein. Zaimoglus literarische Entwicklung von den Anfängen bis zu Zwölf Gramm Glück sei „ein weiter Weg“ gewesen, schreibt Volker Weidermann (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), die ihn von „Gewalt und Aufbruch und neuer Sprachfindung zu einer Poesie des Angekommenseins“ geführt habe. Die bis dahin plakativ ausgestellte Fremdheit habe sich verflüchtigt und sei „Staunen, Lachen, Unverständnis und Angst“ gewichen. Während man in dem ersten Teil 'Diesseits' noch „über die eingeborenen Deutschen, ihren Exotikwahn, ihre übersteigerte Fremdenliebe“ lachen könne, zeige sich der zweite Teil 'Jenseits' „beklemmend gegenwärtig und real“. Wenn diese Welt auch mitunter wie eine „überschematische, unerlebte Abziehwelt“ wirke, sei die Lektüre dieses Bands doch „immer eine Bereicherung für den Leser.“ die tageszeitung (Daniel Bax) hingegen bemängelt die „zuweilen etwas überladen“ wirkende Sprache. Die Figuren mit ihren „Diesseitszweifeln und der Sehnsucht nach Transzendenz“ scheinen „wie aus der Zeit gefallen.“ Hinter dem barocken Stil Zaimoglus jedoch trete „der Blick auf ein wichtiges Stück deutscher Gegenwart zu Tage.“ Grund zur Beanstandung bietet für Hubert Winkels (Die Zeit) die nicht immer gleiche literarische Qualität und das etwas sehr schematische Konzept der Geschichten, welche aufgrund des zunehmend elliptischen Tons in „schrille Tonlagen“ zerfaserten; die Reise gehe nicht nur ins Fremde und Jenseitige, sondern „leider auch ins Ungefähre“. Mit Zwölf Gramm Glück erreiche Zaimoglu zwar nicht direkt den „Höhenkamp der Literatur“, touchiere diesen aber zumindest. Der Rezensent der Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nils Minkmar, findet neben dem Lob für die besondere und reduzierte Sprache des Autoren, welche dieser fortwährend neu ermittele und weiterentwickele, große Anerkennung nur für die erste der zwölf Geschichten, Fünf klopfende Herzen, wenn die Liebe springt: sie transzendiere die Literatur und werde „Teil der persönlichen Erfahrung, ohne ihren tiefen universellen Grundton zu verraten.“. Sie beweise, dass manchmal „eben auch 32 Seiten“ reichen, um die viel und oft in langen Literaturformen beschriebene Liebe zu erfassen. Dieser Auffassung ist auch Ulrich Rüdenauer (Cicero). Für ihn stellt Fünf klopfende Herzen, wenn die Liebe springt nicht nur die „schönste Geschichte des Bandes“ dar, sondern gibt dem ganzen Erzählband „auch eine poetische Grundgestimmtheit“. Seinen Furor habe Zaimoglu in den Liebesgeschichten nicht verloren, vielmehr „verfeinert und moduliert.“ Selbst an jenen Stellen, an denen sie „konstruiert, undurchsichtig und heikel erscheinen“, beeindruckten sie durch „ihre eigenartige Wahrnehmung, die ein leicht verschwommenes, hitzig flimmerndes Bild“ erzeuge. Es sei eine „einschmeichelnde Überwältigungsästhetik“ und „eine große Freiheit, das auszuwählen, was seiner Kunst zukommt und es miteinander zu verschmelzen“, die Zaimoglus Schreiben auszeichnet, formuliert es Rolf-Bernhard Essig in der Frankfurter Rundschau. Essig hebt vor allem auch die gelungene Darstellung des Spiels der Liebe zwischen Frauen und Männern hervor. Zaimoglu sei eben doch, „in der ästhetischen und ein wenig wohl auch in der alltagssprachlichen Bedeutung des Wortes“, ein Romantiker.

Lulu live (2005). Die zweite zeitgenössische Adaption eines Theaterstücks Zaimoglu und Senkels folgte mit Lulu live , als die Münchener Kammerspiele und Luk Perceval die Neufassung von Frank Wedekinds Skandalstück Lulu in Auftrag gaben. Das Stück wurde ohne dramatische Handlung als Multimedia-Performance inszeniert, in der Lulu als Prostituierte in einem virtuellen Sexshop für Internetsex arbeitet. Lulu ist hier nicht Urweib oder Kindfrau, sondern eine von vielen, sie wird von den anderen Charakteren und durch den virtuellen Raum verzerrt gespiegelt und vervielfältigt. Das Stück ließ jedoch keinen Kritiker in Begeisterungsstürme ausbrechen. Der Plan der Autoren und des Regisseurs sei es gewesen, „die Verflüchtigung des Menschen festzuhalten, die Gespensterherrschaft des Marktes über die Liebe“, schreibt Peter Kümmel in seiner Theater-Rezension in Die Zeit und folgert, die Widersprüche zwischen dem harten Drang der geschriebenen Sätze und dem „hauchenden Versagen“ der Spielerstimmen, das „Nachdenken über Körpersäfte und die Knochentrockenheit des Internets“ hätten ihre Komik, zumindest für ein paar Minuten. Diese seien aber durch die zwei Stunden andauernde Inszenierung überschritten worden. Dass der Hauptteil des Textes bei Probenimprovisationen entstand und Zaimoglu und Senkel nur die „skurril-sexistische[n] Chattexte“ beisteuerten, erzeugt laut Vasco Boenisch (Frankfurter Rundschau) „eine „beklemmende Direktheit“. Das „assoziative Kreisen um ein gesellschaftspolitisches Thema“ hingegen wirke in den Chattexten erkenntnisleer. Insgesamt sei die Inszenierung ebenso anregend wie anstrengend. Insbesondere Mirko Weber (Tagesspiegel) gewinnt von Lulu live kein gutes Bild. Ihm zufolge lenkt die wenig variantenreiche Sprache virtueller Sexualität von dem eigentlichen Kontext und somit von der politischen Aussage des Stückes ab. Hinzu komme, dass die Neufassung dem Originaltext Wedekinds nichts Neues dazufüge. „Lulu live“, schlussfolgert er, „ist nicht zum Fürchten und auch keine schlimme Farce. Eher urfad.“

Nathan Messias (2006/2009). Die Reminiszenz an Lessings Nathan der Weise spielt im multireligiösen Jerusalem. Als eines Tages 'Nathan' auftaucht und sich als Messias ausgibt, bringt er das Gleichgewicht der Glaubensgemeinschaften empfindlich durcheinander. Besonders das Verhältnis der drei großen monotheistischen Religionen Christentum, Islam und Judentum werden gestört, als Nathan all ihre Schrifttraditionen für Fälschungen erklärt. Mit Blick auf den 11. September 2001 und dem sogenannten War of Terror stellt das Stück die Frage nach der Sinnhaftigkeit der einen, wahren Religion und verkehrt sie durch die anarchistische Figur des Nathan ins Gegenteil. Da das Schauspielhaus Düsseldorf, welches Nathan Messias für die Saison 2005/2006 in Auftrag gegeben hatte, auf die Uraufführung verzichtete, fand diese am 17.04.2009 unter der Regie Neco Çeliks im Ballhaus Naunynstraße in Berlin statt. Zwar hatte das Ballhaus Naunynstraße für das Stück die höchste Sprechtheaterförderung erhalten, welche die Stadt Berlin zu vergeben hatte, dennoch zeigte sich die Kritik enttäuscht. Eine nähere Beschäftigung mit Nathan Messias lohne sich nicht, da „weder differenzierte noch nachvollziehbare Verhältnisse religiöser oder profaner Art in ihm aufscheinen“, urteilt Doris Meierhenrich in der Berliner Zeitung. Die versuchte Neuschreibung bleibe „vor allem Ammenmärchen“ und imaginiere „so etwas wie eine diffuse Privatobsession“. Die Welt resümiert ähnlich: „Kein Stück, ein Diskurs-Papier. Aber gut tauglich für einen 'Pro Reli'-Workshop.“

Schwarze Jungfrauen (2006). Zaimoglu und Senkel griffen für dieses Stück auf die für Zaimoglu bewährte Methode der Protokollliteratur in Kanak Sprak und Koppstoff zurück. Die fünf Monologe sind auf Interviews mit jungen Musliminnen zurückzuführen, die über ihre Erfahrungen als islamgläubige Frauen in einer dem muslimischen Frauenbild ablehnend gegenüberstehenden Gesellschaft berichten. Ob nun heiratsfreudige und jungfräuliche Bosnierin, promiskuitive Partygängerin, Studentin, 'Krüppel', oder eine zum Islam konvertierte Deutsche, sie alle verweigern sich radikal einer westlichen Kultur, die sie in Rollenbilder zwängen will. Iris Alanyali (Die Welt) fühlt sich von Schwarze Jungfrauen an die Vagina-Monologe Eve Enslers im New York der 1990er erinnert; es handele sich bei den 'Schwarzen Jungfrauen' nicht um Neo-Musliminnen sondern vielmehr um Neofeministinnen. Anders als von den Autoren angestrebt sieht sie das Stück auch nicht als eine „tiefschürfende Auseinandersetzung mit dem Islam“ sondern vielmehr als ein „sehr lustvolles Spiel mit Klischees“, das „ziemliche coole Frauen“ in Szene setzt. Ein ernsteres Bild zeichnet Anne Herrberg für die tageszeitung: ihr zufolge handelt Schwarze Jungfrauen von der Suche der Neo-Muslima nach Selbstbestimmung und der radialen Verweigerung der westlichen Kultur. Die Rollenvorbilder, welche diese für sie bereit hält, spiegeln sich in den Schleiern, die ein „blickdichtes Patchwork aus Sprachfetzen unserer Medienkultur" bildeten, wider. Kurzum, mit den 'Schwarzen Jungfrauen' sei „nicht zu spaßen“. Äußerst positiv, beinahe überschwänglich, äußert sich Reinhard Wengierek in Die Welt über die Uraufführung, welche „eine Sensation“ gewesen sei: „Noch nie gab es hierzulande einen derart offenherzigen Blick in die unsäglichen Abgründe einer unheimlichen Emanzipation, die das Moderne mit dem Archaischen, das Liberale mit dem fundamentalistisch Religiösen verquickt.“  Die Dokumentation der „schockierenden Einblicke in diverse Identitätsstrukturen der Parallelgesellschaft“ sei „jenseits probater (journalistischer) Klischees“ gelungen und in ihrer anstößigen und erhellenden Neuartigkeit „höchst bemerkenswert“. Kritischer tönt die Stimme des Theater der Zeit (Mehdi Moradpour): die radikalen Statements und Entschlüsse der 'Schwarzen Jungfrauen' wirkten „aufgrund des fehlenden dialektischen Verhältnisses zwischen den Gegensätzen innerhalb mancher Dialoge nicht immer überzeugend“. Gelungen sei Zaimoglu und Senkel jedoch das Sichtbarmachen gläubiger Muslima ohne moralische Wertung. Eva Behrendt würdigt in Theater heute (05/2006) zunächst Zaimoglus Kunstsprache, welche so ambivalent sei wie die Monologe selbst und rhythmisiere, pointiere und genüsslich „über sexuelle[n] und politisch unkorrekte[n] Motive[n]“ improvisiere. In der Ausgabe 11/2007 wiederum korrigiert sie im Zuge der Inszenierung in Wien ihre frühere Auffassung der „staunenswerte[n] Dokument[s] der Verzweiflung zwischen zwei Kulturen“ zugunsten der negativen Kritik Schwarzer Jungfrauen „als das Fantasieprodukt ihres Autors, der radikale Ansichten fröhlich als Sextoys benutzt.“ 

Leyla (2006). Eine breite und durchweg enthusiastische Rezeption erfuhr Leyla, ein Roman, in welchem Zaimoglu nach eigenen Angaben die Kindheit und Jugend seiner Mutter in Anatolien sowie deren Ankunft als Gastarbeiterin im Wirtschaftswunderland Deutschland schildert. Zentrales Thema ist die strenge Teilung der Geschlechter in der türkischen Gesellschaft, die patriarchalische Gemeinschaft der Familie und die damit verbundene unterwürfige und autoritätsgläubige Frauenrolle, die sich in der Familie der Titelfigur widerspiegelt. Im Laufe der Geschichte gelingt es Leyla nach und nach, sich aus der ihr vorgeschriebenen Rolle der devoten Frau zu befreien und (relativ) selbstbestimmt zu leben. Claudia Voigt (Der Spiegel) nennt Leyla sein „am wenigsten wütendes […] sogar ein sehr verführerisches Buch“. Mit wenigen Sätzen nehme es den Leser „mit der Kraft Grimmscher Märchen“ gefangen, auch wenn die Handlung in den vielen aufeinanderfolgenden Episoden steckenbleibe. Leyla sei ein Beispiel für die gelungene Integration durch Bildung und Sprache, wie sie von „Heerscharen von Migrationsexperten“ gepredigt werde. Dass es Zaimoglu gelingt, in diesem „deutschen Bildungsroman“ beinahe konsequent die Perspektive Leylas einzunehmen, ist für Volker Weidermann (Frankfurter Allgemeine Zeitung) einer der Hauptverdienste Zaimoglus in Leyla. Er schreibe und spreche ein „so genaues und schönes Deutsch wie kaum andere Schriftsteller und erzähle Leyla „in einem archaisch-schönen Märchenton, ohne kitschig zu sein, als Horrorgeschichte, ohne voyeuristisch zu sein, als Geschichte aus der Fremde ohne folkloristischen Zierrat.“ Auch Marius Meller (Der Tagesspiegel) lobt Zaimoglus Einfinden in die weibliche Erzählperspektive und merkt weiter an, er verzichte dabei auf den in Zwölf Gramm Glück vorhandenen konstruktiven Ehrgeiz, was zu der atmosphärischen Schilderung der anatolischen Provinz positiv beitrage.  Durch die „harten, gnadenlosen Schilderungen von seelischer und körperlicher Gewalt fühlte er sich zudem an die Frühwerke erinnert. Zaimoglu sei  eine „starke Stimme der deutschen Literatur“ und  als  „Chronist der Wandlung einer Nation ins Multikulturelle“ gar die Stärkste. Anerkennung fand auch die Authentizität der Figur Leyla, welche Hubert Spiegel (Frankfurter Allgemeine Zeitung) als „durch und durch glaubwürdig“ empfand, wenngleich es Zaimoglu auch nicht gelungen sei, ihren „schlichten, gelegentlich ins Archaische spielenden Tonfall“ so variabel zu handhaben, dass er ihre Entwicklung als Heranwachsende auch sprachlich widerspiegeln konnte. Ulrich Rüdenauer (Frankfurter Rundschau) fand neben der Anerkennung für Leyla preisende Worte für Zaimoglus allgemeine literarische Entwicklung: mit jedem Buch entledige sich der Autor von den „Klischees, die ihm von der Kritik angehängt wurde“. Mit Leyla, dessen „gleichmäßig und sagenhaft dahin schwebende“ Sprache laut Rüdenauer „eine eigentümliche Atmosphäre“ erzeuge, beweise Zaimoglu „einmal mehr seine Vielseitigkeit und sprachliche Virtuosität.“ Als „Geschichte der Emanzipation, als Geschichte des Auf- und Ausbruchs“ wird der Roman dagegen von Iris Alanyali (Die Welt) gelesen. Die Schilderung eines unterdrückten Mädchen mit Kopftuch, ohne zu moralisieren und „sie der öffentlichen Debatte zum Fraß vorzuwerfen“, sei neben seiner Vermeidung jeglichen „1001-Nacht-Kitsch“ sein wahrscheinlich größtes Kunststück. Für Martin Lüdke (Die Zeit) steht Leyla in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage nach den Grenzen multikultureller Gesellschaften und der Positionierung von Islamgesellschaften nach 9/11. Es sei der „Roman zur Debatte“, so Lüdke  und rückt das Werk in den aktuellen politischen Kontext: der Roman wecke „die schlimmsten Befürchtungen“, denn die türkischen Familientyrannen, so Lüdke, die gebe es auch in Deutschland. Wo Leyla für Lüdke die Kehrseiten des deutsch-türkischen Integrationsbestreben aufzeigt, da sieht Liliane Studer (Literaturkritik.de) auch durchaus Positives. Trotz der geschilderten augenscheinlichen Dominanz der Männer blieben „die Bilder von starken Frauen zurück, die sich in ihren eng gesetzten Grenzen zu behaupten versuchen“, sie seien es, die die Männer des Romans „neben sich benötigten, um überhaupt zu überleben.“ Auch sei es ein Roman vieler „wunderschöner Episoden“, voll der Zärtlichkeit, Liebe und Zuneigung zwischen den Geschwistern und der Mutter. Ebenfalls euphorisch äußerte sich die die tageszeitung
Rezensentin Kirsten Riesselmann (taz.de): durch das Verfassen des „großen deutschen Bildungsromans“ (Leyla) habe sich der „straßenkötrig-ingeniöse Kanaksprakster“ zum „vollgültigen Romancier“ entwickelt; „dicht“ seien seine Schilderung der Frauenwelt und voll an einer sich „lustvoll an der Mannigfaltigkeit der Wörter berauschenden Detailgenauigkeit“, die weder moralisiert noch wertet.
Einzig Fritjof  Küchemann schließt sich in seiner Cicero-Rezension nicht der allgemeinen Hochstimmung an. „Blutarm“ und „seltsam eintönig“ wirke die Geschichte, in der die Figuren eine „Typen-Sammlung“ bleiben, die kaum ein Eigenleben entwickelten. Die Hauptfigur Leyla erzähle nicht, sie dokumentiere, die Geschichte bleibe fadenscheinig. Zaimoglu tappe zwar nicht in die sorgsam vermiedene „ethnische Falle“, erinnere stattdessen aber an ein „Heimatmuseum“. Die allgemeine Euphorie legte sich Ende Mai 2006, als durch eine vergleichende Studie Maria E. Brunners zu Leyla und Emine Sevgi Özdamars Das Leben ist eine Karawanserei (1992) eine Plagiatsdebatte eröffnet wurde. Maria E. Brunner hatte in dem Aufsatz Kulturelle Differenzen und Identifikationsräume in Feridun Zaimoglus Roman ‘Leyla’ und Emine Sevgi Özdamars Roman ‘Das Leben ist eine Karawanserei’ anhand von 160 Beispielen die Überschneidungen im Motivbereich und in der Bildersprache von Özdamars Roman  und Leyla herausgearbeitet. Der Plagiatsvorwurf wurde kontrovers diskutiert und fand kein Ergebnis.

Molière. Eine Passion (2007). Mit Molière. Eine Passion folgte 2007 eine anlässlich der Salzburger  Festspiele in Auftrag gegebene Kompilation von Molière-Stücken (Don Juan, Tartuffe, Der Menschenfeind und Der Geizige) in der Zusammenarbeit von Zaimoglu, Senkel und Regisseur Luk Perceval. Sie polarisierte die Kritik nicht zuletzt aufgrund der als allgemein positiv beurteilten schauspielerischen Leistung Thomas Thiemes. Joachim Mischke (Hamburger Abendblatt) bezeichnete die Inszenierung, dessen Premierenabend sowohl von Buhrufen als auch tosendem Applaus gekrönt wurde, als „grausames, großes Theater.“ Paul Jandl hingegen schrieb in der Neuen Zürcher Zeitung, die Inszenierung sei „unendlich langweilig“, es gehe nur um die „Komposita des Wortes Ficken“. Der Text bestehe aus einem „endlos gleich klingende[n] Wortschwall des grossen Themas 'Liebe ist...' und bleibe „vollkommen  spannungsfrei“. Auch die romantischeren Sequenzen „leiden unter einem pennälerhaft selbstzufriedenen Unvermögen.“ Dieser Auffassung schließt sich Dirk Pilz (Berliner Zeitung) an. Die Inszenierung sei vor allem langatmig und schwer, die Figuren „Stereotypen, Scherenschnitte aus der Molière-Vorlage.“

Rom. Intensiv. Mein Jahr in der ewigen Stadt (2007). Aus der Zeit als Stipendiat der Villa Massimo in Rom entstand der Band Rom intensiv. Er besteht aus einer Sammlung von Tages-Skizzen, die Zaimoglus Erfahrungen als Muslim in dem 'Nabel' des Christentum einerseits und als Nicht-Italiener in Italien andererseits wiedergeben. Die Kritik reagierte weitestgehend reserviert bis ablehnend. Während Christoph Schröder (Frankfurter Rundschau) beklagt, die Texte böten neben „flache[m] Geplauder“ die bekannten „kleine[n] Schnurren, die kein Klischee“ auslassen,  einen übertreibenden und sich dumm stellenden Zaimoglu in einer Stadt, an die „eine solch eingeschränkte Perspektive hoffnungslos verschwendet ist“, wiegelt Anja Hirsch (Frankfurter Allgemeine Zeitung) ab: sie scheint der Meinung zu sein, Rom intensiv  entspräche dem literarischen Anspruch, den Zaimoglu sich durch den Zusatz „Mein Jahr in der ewigen Stadt“ gesetzt hat. Der Text läse sich dementsprechend „häppchenweise gut“ und lasse sich sogar stellenweise als alternativer Reiseführer verwenden, die mitunter poetische Beobachtungen enthalten. Zwar warte Zaimoglu mit der ihm eigenen „Fabulierlust“ und „sprachlichen Plastizität“ auf, vieles verlöre sich jedoch „im reflexiven Begleitgeräusch literarischer Aufenthaltsnotizen, die unentschieden lassen, ob sie mehr sein wollen“.

Liebesbrand (2008). In dem von der deutschen Romantik geprägten Liebesroman begibt sich der Protagonist David auf die Suche nach der Liebe und seiner Geliebten Tyra. Sie führt ihn von der Türkei nach Deutschland und von dort nach Prag und nach Wien. Als Ausgangsposition dient ein Busunfall in der Türkei, welchen Zaimoglu in realiter 2006 nur knapp überlebte. Die Kritik zeigte sich einhellig begeistert. Hajo Steinert (Die Welt) bescheinigte dem Autoren, er habe sich nun endgültig „an die Spitze der deutschen Gegenwartsliteratur geschrieben“. Das im Roman beschriebene Verlangen nach Liebe wirke wie aus der romantischen Schule des 19. Jahrhunderts entnommen. Die erotischen Szenen läsen sich „urkomisch“, „niemals geschmäcklerisch, niemals peinlich“ und Prag und Wien avancierten durch das von Zaimoglu verliehene „literarische Eigengewicht“ beinahe selbst zu Protagonisten der Erzählung. Alexander Cammann (die tageszeitung) rühmt ebenfalls den Sinn für Komik, die den an sich konventionellen Plot (neben der Sprachkraft), „zur Kunst“ mache; Zaimoglu, der die „Sehnsuchtsprosa für unsere Zeit gefunden“ habe, sei ein Roman gelungen, „dessen Sog fortreißt, so wie es Literatur heute selten vermag.“  Dem Einfluss der Romantik  auf Zaimoglus Liebeskonzept widmet sich Ulrich Rüdenauer in seiner Rezension in der Frankfurter Rundschau. Bei dem Spiel mit den Sehnsuchtsmotiven und Überhöhungen, dem „Hinauszögern und ständigen Umkreisen des geliebten Objektes“ drohe das Buch ein wenig das Zentrum zu verlieren und auszufransen. Doch auch dies sei durchaus angestrebt, da der fantasierende und fabulierende Sprachstil „den verwirrten Geist des unheilbar Verliebten“ widerspiegele. Zaimoglu inszeniere hier wie in jedem seiner Bücher „ein großes, tragikomisches, menschliches Theater“. „Letzten Endes“ stellt indes Kirsten Riesselmann (Der Tagesspiegel) fest, sei der Roman in seiner Darstellung der Beziehungen zwischen Mann und Frau „konservativ“. Er probiere mit Liebesbrand „die große Synthese aus expressiver, türkischer Emotionstiefe […] und der deutschen Romantik“, dies sei jedoch schwer auszuhalten, vor allem, da Zaimoglu im Nichtverstehen „seiner mythischen heiligen Hure“ doch „sehr absichtsvoll unaufgeklärt, schwärmerisch“ sei.  Die Neue Zürcher Zeitung (Dorothea Diekmann) lobt ihn für seine Weigerung, die „Postulate des Unterhaltungsromans“ zu erfüllen, wobei er jede Erzählökonomie offensiv verwerfe und die Regeln realistischer Wahrscheinlichkeit breche. Dies führe in der Konsequenz mitunter zu einer mangelnden Beachtung der „Regeln sprachlicher Sorgfalt“. Auf die Kapitalismuskritik in Liebesbrand macht hingegen Michael Hamneter (Freitag) aufmerksam. In dem Motiv des Liebenden stecke „ein großes Körnchen antikapitalistischer Protest“. Das „überbordende Plädoyer“ für Liebe, Leidenschaft, nie endende Hoffnung und Frauenanbetung nehme man ihm aber aufgrund seines witz- und humorreichen Erzählens nie übel. Das Bemerkenswerte an Liebesbrand sei, „dass er Liebes- und Gesellschaftsroman in einem ist.“Obwohl Zaimoglu wie gewohnt „enorm sprachgenau und humorvoll“ schreibe, kommt Marius Meller (Frankfurter Allgemeine Zeitung) nicht umhin, die Konventionalität Liebesbrands zu bemerken. Zaimoglu tändle „orientierungslos mit den einschlägigen Klischees“, man könne befürchten, dass Zaimoglus literarische Richtung ins „talmihafte“ führen könnte, was seine Begabung unter Umständen behindern müsse. Sophie von Glinski (Cicero) legt das Augenmerk stärker auf die Sprache, die an Stelle der Handlung, „nach vorn“ treibe: auch wenn sich das Ganze mitunter in die Länge ziehe, werde das Tempo vorgegeben durch „lange, fast atemlos aneinandergereihte Sätze“ und „scharfsinnige[n] Vergleiche“. Das Urteil der Rezensentin fällt insgesamt anerkennend aus: Mit „der Wiederentdeckung der Innigkeit“ habe Zaimoglu sowohl den „Anschluss an die Romantik“ geschafft als auch direkt ins „Herz“ der deutschen Gesellschaft getroffen. Zaimoglus Grandezza, so Ulrich Greiner (Die Zeit) liege in seiner Fähigkeit, das Pathos soweit zu steigern, dass es sich in „reine Komik auflöst“; der Kern der Liebesgeschichte wirke so „ursprünglich, unkonventionell“ aufgrund der „bizarr leuchtende[n] Sprache“ einerseits und seinem „vormoderne[n], antirealistische[n] Zugriff“ andererseits. Durch die stellenweise disharmonische und anorganische Erzählweise sei die Lektüre „spannend, aber auch irritierend.“ Auch Rüdenauer zählt Zaimoglu dank dieses Romans zu den „besten deutschen Schriftstellern“ – Liebesbrand sei eben ein „Liebesroman der ungewöhnlichsten Art“, die einen nicht loslasse. Oder, wie Claudia Schülke (Frankfurter Allgemeine Zeitung) es formuliert: „ein westöstliches Purgatorio.“

Schattenstimmen (2008). Zaimoglu und Senkel erhielten vom Kölner Schauspielhaus, welches sich in Karin Beiers erster Spielzeit dem Thema 'Migration' widmete, einen Stückauftrag, den sie 2008 mit Schattenstimmen realisierten. Darin widmen sie sich den sogenannten 'Illegalen', also Menschen anderer kultureller Herkunft, die ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben. Das Autorenduo verfährt wie schon in Schwarze Jungfrauen und verarbeitet die mit illegalen Einwanderern geführten Interviews zu neun Monologen. Die Kritik jedoch reagiert ungnädig. Alexander Haas (die tageszeitung) kritisierte, dass der Text sich in unangemessener Weise in eine „'Feier' der Fäkal- und Genitalsprache“ verkehre, aus der nicht deutlich werde, wer überhaupt gemeint sei – es stelle sich die Frage, ob Zaimoglu und Senkel tatsächlich die „Realität der Betroffenen abbilden wollten oder nur die „eigene 'gewiefte' Könnerschaft“. Ähnlich sieht dies Vasco Boenisch (Süddeutsche Zeitung): „[D]as Spektrum der Schicksale“ würde „zum Panoptikum, die Typologie zum Reigen der Tabubrüche.“ Der Fokus liege eigentlich auf dem Spektakulären, die Monologe würden durch „viel Selbsthass, Selbstekel, Abstoßendes“ verzerrt. Doch nicht nur die Motivation der beiden Autoren wird hinterfragt, auch die dramatische Qualität des Textes. Man müsse sich fragen, so Bertram Bock im Kulturmagazin, ob sich ein „schwache[s] Stück wie Schattenstimmen überhaupt „für eine Inszenierung eignet.“ Derselben Ansicht ist Joachim F. Tornau (Frankfurter Rundschau): obgleich eindrucksvoll, sei Schattenstimmen „kein Theatertext“.

Hinterland (2009). Nach Liebesbrand bleibt Zaimoglu  in seinem nächsten Roman der deutschen Romantik treu. Dieser zeichnet sich durch abrupte Ortswechsel aus: beginnend in Prag,  ausgehend von der Dame Vlasta, die von ihrem Mann betrogen in ein Haus am Prager Waldesrand zieht und dort Wichteln begegnet, ziehen sich mystische und mythische Gestalten durch die Episoden des Romans. Zusammengenommen bilden sie „ein Epos, das von den Menschen am Rande der Gesellschaft erzählt, die sich nach Erlösung sehnen“ (Yesilada 2012). Auch der Titel Hinterland weist auf diesen Zustand hin. Aus dem Militärischen entstammend, führt er den Mythos, dass im Hinterland alles befriedet ist, ad absurdum. Trotz der fordernden Lektüre fand Hinterland Lob und Anerkennung besonders auf Grund seiner Ungewöhnlich- und Andersartigkeit. Hinterland sei „ein wucherndes Labyrinth“, so Ariadne von Schirach (Welt am Sonntag), welches man bereisen müsse. Es sei ein Roman, der zugleich an die türkische Metropole und die deutsche Ländlichkeit erinnere sowie ein „romantisches Manifest“ darstelle: „subjektiv, zwecklos und fragmentarisch.“ Anerkennung findet auch  Frankfurter Allgemeine Zeitung-Rezensent Hans Ulrich Gumbrecht, er stellt jedoch einschränkend fest, es sei nicht leicht „in diesem Strom der Bewusstseinsfetzen zu schwimmen, ohne die Übersicht zu verlieren“, da die Geschichte durch ihre Kombination an Handlungsarmut und Überzahl an Personen und Milieus verwirre. Insa Wilke (Frankfurter Rundschau) empfindet ähnlich, besonders, wenn der „Sprachrausch des Autors in den Manierismus führe“ und der „sprachliche Schein dem poetischen Sein den Boden“ entziehe, sich im „Gestrüpp der Erzählungen“ verheddere oder „sich im Ansatz zur politischen Analyse“ verirre. Trotzdem liege „ein Zauber über diesem dicken Buch“, der von dem Gesetz herrühre, „alle Wunderlichkeiten der Menschen zu akzeptieren, ohne sie der Lächerlichkeit preiszugeben.“ Wichtig für die Lektüre von Hinterland ist laut Angelika Overath (Neue Zürcher Zeitung) ein weniger rational-analytischer als vielmehr emotional-assoziativer Zugang. Wer sich „wegtragen“ lassen könne, gerate „in einen rauschhaften Basar beglückender Intensität.“

Ruß (2011). Mit Ruß betritt Zaimoglu sowohl geographisch als auch thematisch neuen Grund: anhand der Handlung, die sich um den ehemaligen Arzt und Budenbetreiber Renz entfaltet, beschreibt Zaimoglu das Ruhrgebiet als eine Nachkriegswelt, die im Sterben begriffen ist. Die Handlung besteht im Wesentlichen darin, dass Renz, dessen Frau vor Jahren in der eigenen Wohnung getötet wurde, den Auftrag erhält, einen halb verrückten jungen Mann aus Polen zurückzuholen und eine Zeit lang zu betreuen. Im Gegenzug werde an dem Mörder seiner Frau, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wird, Rache geübt. Bald sieht er sich in eine Mordverschwörung verwickelt, dessen ausübendes Organ er selbst ist. Eine glückliche Fügung bewahrt ihn jedoch davor, selbst zum Schuldigen zu werden. Die Kritik empfing diese Weiterentwicklung weitestgehend wohlwollend. In der WAZ (Britta Heidemann) ist zu lesen, Zaimoglu setze in Ruß der „Epoche der postindustriellen Revier-Verklärung ein postkartentaugliches Denkmal“ und changiere dabei „zwischen  raunender Geisterbeschwörung und totkomischer Krimigroteske“. Thomas E. Schmidt (Die Zeit) lobt und kritisiert gleichzeitig die atmosphärischen Verdichtungen, welche sowohl die Stärke als auch das Problem des Romans seien, da „die Trümmerpersönlichkeiten und die lebendigen Ruinen“ zwar schilderns-, aber auf Dauer nicht erzählenswert seien. Erzähltechnisch ein „stehendes Nichts“, müsse ein Plot von außen hinein gestochen werden. Der Versuch, aus der Elegie ein Epos zu machen, habe nicht hingehauen.  Die in vielen Kritiken anklingende Auffassung, Ruß weise Fehlerhaftigkeiten auf, findet sich auch in der Rezension der Berliner Zeitung (Anja Hirsch) wieder. Von Widrigkeit ist dort die Rede und von einem „große[n], unausgegorene[n] Text“, der von einer „genießerischen Verhaltenheit“ dominiert wird und „den Hang hat, stillzustehen“. Zaimoglu ergründe in Ruß die Möglichkeiten, „sich in der größten Wut selbst beruhigen zu können“. Hubert Spiegel (Frankfurter Allgemeine Zeitung) spricht von einem „poetischen“, einem „somnambulen Realismus“, der in Ruß seinen Blick nicht auf das existierende Ruhrgebiet, sondern auf den verschwundenen Kohlenpott richtet. Indem er die dadurch entstandenen Lücken mit „seiner Phantasie, seinem Einfühlungsvermögen, seinem mimetischen Sprachgefühl, seiner Menschenliebe“ und den „für ihn so typischen, schrägen, diesmal expressionistisch aufgerauten Pathos“ fülle, entstehe ein „Abbild des Ruhrgebiets - als Remix, dessen Autor auf den alten Tonspuren surft, wie es ihm gefällt.“ Katharina Granzin (die tageszeitung) macht auf Zaimoglus Umgang mit der Sprache aufmerksam, die „eher lyrisch-performativ“ in einer „lexikologische[n] Orgie“ münde. Durch den „überempfindlichen Umgang mit der Sprache“ stelle sich jedoch eine „durch Überpointierung erreichte Unschärfe“ ein, zu der ein „stark rhythmisierter, sehr unprosaischer Schreibduktus“ hinzukomme – diese „prachtvolle Prosa“ lenke jedoch die Aufmerksamkeit weg von den Figuren und der Handlung. Wenig begeistert zeigt sich Gerhard Zeillinger (Die Presse). Er beklagt die Konturlosigkeit der Figuren, die lose umrissenen Handlungsstränge, das wenig verlässliche Textmuster, dass den Lesefluss störe. Wenig Konkretes werde geboten, nur spärliche Verweise, keine Erklärungen, die den Leser in der Lektüre anleiten könnten, wodurch diese zu einer „mühsamen Herausforderung“ werde. Einzig das „furiose Finale“ ziehe den Leser in seinen Bann, man wisse dann, dass das Eigentliche sich erst im Nachhinein erschließe und dass manches unverständlich bleibe. Zeillingers Fazit: „Ein unberechenbarer Roman, in jeder Hinsicht.“

Alpsegen (2011). Eine durchwachsene Kritik erhielt das 2011 uraufgeführte Stück Alpsegen. Während Jan Küveler (Die Welt) das „fiebrige Passionsspiel“ als eine „großartig hermetische Inszenierung“ bezeichnet, die mit ihrem Wechsel von  „Analslapstick und mittelalterliche[r] Merkwürdigkeiten-Messe“ „direkt ins limbische System“ knalle und aufgrund der  „ironisch-leidenschaftliche[n] Eingemeindung fremden Brauchtums“ die im selben Zeitraum statffindende Inszenierung von Stefan Puchers Mjunik Disco übertrumpft habe, findet die Inszenierung bei Astrid Kaminski (Frankfurter Allgemeine Zeitung) kein positives Echo. Kaum handlungsorientiert, die Figuren „Speckzonen-Provinzler“ ohne Seele, handele es sich bei dem Text um „ungesättigten Geisterpop“, der E.T.A Hoffmann, Arthur Schnitzler, Jeremias Gotthelf und Rainer Werner Fassbinder mit schwarzer Romantik verquirle. Zaimoglu und Senkel hätten damit „die Chance vergeigt, die ins Horror-Genre verbannten Geister für ein echtes Volksstück zurückzugewinnen.“ Nur die Regie Sebastian Nüblings, resümiert Kaminski, habe „den schlimmsten Zirkus verhindert.“

Der Aufstand (2012). Die Miniaturrevolution, die am 9. Mai 1849 in Elberfeld bei Wuppertal stattfand und fünf Menschenleben forderte, verarbeiteten Zaimoglu und Senkel in der 2012 in Wuppertal uraufgeführten Kammeroper Der Aufstand. Die Rezeption des Stückes war positiv: Pedro Obiera (WAZ) nennt es „ein recht geschickt montiertes Drama im Spannungsfeld von Politik und Liebe“ mit einem – aufgrund der epischen Anlegung des ersten Teils – überraschend dramatischen Schluss. Bei Andreas Falentin (theaterpur.net) heißt es weiter, in „der qualitätsvollen und wirkungsmächtigen“ Kammeroper Der Aufstand seien „Shakespearsche Dimensionen auf Kammermelodram herunter gebrochen“ worden und bildeten das „konzentrierte Skelett einer Historientragödie“.

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Forschungsspiegel zu Zaimoglus Werken [ ↑ ]
Nicht nur im deutschsprachigen Raum hat das Werk Zaimoglus eine breite Resonanz erfahren, die sich auch in der wissenschaftlichen Forschung niedergeschlagen hat. Neben der Forschungsliteratur deutscher Literatur-, Kultur-, Sozial-, und Sprachwissenschaftler*inen finden sich Aufsätze und Texte aus dem türkischen, englischen, italienischen und französischen Sprachraum.

In erster Linie als Autor mit Migrationshintergrund rezipiert, stehen insbesondere mit Bezug auf die frühen Werke Kanak Sprak, Abschaum und Koppstoff verschiedene Aspekte der Migrationsliteratur im Vordergrund: neben der Lesart von Kanak Sprak als Gegenbewegung zu bereits bestehenden Literaturkonzepten wie der Gastarbeiter-, Immigrations- und Popliteratur wird Zaimoglus Frühwerk als Literatur der Transnationalität und Enträumlichung wahrgenommen. Des Weiteren versteht man ihn sowohl als subversiven Dramatiker (vgl. Cheesman 2010) als auch als „minority writer post-1990“ (Taberner 2010, S. 74). Hinzu kommen Aufsätze, die sich mit seinen Rom-Erfahrungen als Nicht-Christ und Nicht-Deutscher auseinandersetzen sowie die Thematisierung Zaimoglus als Autor einer deutschen Gesellschaft, in der das Verhältnis der Deutschen und Türken im Kontext der deutsch-jüdischen Beziehungen gelesen wird. Obgleich der Migrations- und Interkulturalitätsaspekt in jeden einzelnen Text der Forschungsliteratur zu Zaimoglu hinein spielt, lassen sich noch drei weitere große  Diskurse unterscheiden, unter deren Vorzeichen seine Literatur gelesen wird. Zum einen wird der Genderdiskurs in einer Anzahl von Forschungstexten stark gemacht: es wird aufgezeigt, wie Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder in Zaimoglus Werken konstruiert sowie Geschlechterrollen und -stereotype dekonstruiert und neu zusammengesetzt werden. Der zweite Diskurs, der als  Paradigma einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Autoren fungiert, ist die Darstellung des Islam in der deutschen Gesellschaft sowie der Religion im Allgemeinen. Hinzu kommt jene Forschungsliteratur, die sich vorwiegend mit den späteren Werken, allen voran Liebesbrand und Hinterland, unter dem Aspekt des 'Romantic Turn' in Zaimoglus Werk beschäftigt.

Zaimoglus Literatur als Gegenbewegung zu gängigen Literaturkonzepten
Eine mögliche Lesart der frühen Werke Kanak Sprak, Abschaum und Koppstoff liegt darin, sie als Literatur der Gegenbewegung zu lesen. Jürgen Wertheimer analysiert die durch Kanak Sprak hervorgerufene 'Kanaken'-Bewegung als konträr zur Gastarbeiterliteratur der sechziger und siebziger Jahre mit ihrer „unechten Exotik“ und „nicht existenten Solidarität“  einerseits und den multikulturellen Idealisten andererseits (vgl. Wertheimer 2002, S. 131). Mit seiner direkten und brutalen Sprache protestiere Zaimoglu gegen die „verborgene Tendenz der 'Sonderbehandlung' von Minoritäten“ (Ebd. S. 132), sei diese positiv oder negativ. Gleichzeitig könne sie auch als Analogie zum Black Power Movement der sechziger Jahre in den USA gesehen werden und somit als „Antwort auf die Tendenz zur politisch korrekten 'mainstream-Kultur' in Deutschland“ (Ebd. S. 133). Die Kanak Sprak als „Zeichen des existentiellen Sonder-Status“ überwinde durch die Änderung der „psychosoziale[n] Haltung“ und „Interpretation der Wirklichkeit“ demonstrativ und provokativ Isolation und Krise: man sei „stolz, ein Fremder zu sein“ (Ebd. S. 132). Der Verdienst Zaimoglus liegt laut Wertheimer dementsprechend darin, dass dieser mit der „fiktionale[n] Umstellung der Machtverhätnisse“ einen wichtigen Schritt in „die Normalisierung der türkisch-deutschen Beziehung“ getan habe (Ebd. S. 134).
Auch Tom Cheesman befasst sich mit Kanak Sprak als einem Werk des (politischen) Aufrufs.  'Kanake' als politische Kategorie ziele darauf ab, die Künstlichkeit und Rigidität der herkömmlich zugeschriebenen Identitäten aufzudecken, die durch die Kolonialitätsgeschichte und der post-kolonialen Migration entstanden waren (vgl. Cheesman 2002, S.187). Den intellektuellen Hintergrund Zaimoglus sieht Cheesman in der „tradition of Marcusian-Marxian cultural critique” und amerikanischem Hardcore-Rap. Letzteres gäbe der Intoleranz der Schwarzen gegenüber der heuchlerischen weißen liberalen Toleranz und der  “Black middle-class conformity with white liberal values” eine Stimme (vgl. Ebd. 2002, S. 189). Ähnlich wie Wertheimer vergleicht Cheesman die Situation der Türken in Deutschland mit der Situation der Afroamerikaner in den Vereinigten Staaten. Als Modell für Kanak Sprak sieht Cheesman Dursun  Akçams Buch Deutsches Heim – Glück allein: Wie Türken Deutsche sehen. Alaman Ocaği: Türkler Almanları (vgl. Ebd. S. 183). 
Obgleich Dirk Skiba die „kämpferische Selbstbezeichnung 'Kanake' bereits als Phänomen einer sich entwickelnden transnationalen Literatur liest, ist auch er, wie Wertheimer und Cheesman, der Ansicht, dass Zaimoglu einer der prominentesten Vertreter der sich von der Immigrations- und Gastarbeiterliteratur abwendenden Migrationsliteratur ist (vgl. Skiba 2004, S. 184). Sein Frühwerk verordnet Skiba in der Protokoll-Literatur, wie sie von Erika Runge (Bottroper Protokolle 1968), Sarah Kirsch (Die Pantherfrau 1973) und Maxie Wander (Guten Morgen du Schöne 1977) praktiziert wurde und sich mit ihrem „quasi-dokumentarischen Ansatz“ zwischen Literarizität und Dokumentation bewegten (vgl. Ebd. S. 188). Dadurch, dass sich Zaimoglu in der Tradition linker Schriftsteller als Avantgardist und als Kämpfer  für ein gemeinsames Anliegen verstehe, könne die Kanak-Literatur als „Gegenmodell zur harmlosen Popliteratur postmoderner Selbstbespiegelung“ verstanden werden (vgl. Ebd. S.197).
Keith Bullivants Fokus liegt dagegen auf Zaimoglus Erfolg als türkischem Schriftsteller, wie er von dem Dichter und Essayisten Zafer Şenocak umrissen, jedoch nicht erreicht wurde: als gefragter und erfolgreicher Autor sei er Teil eines Durchbruchs zur „künstlerischen Akzeptanz“ und „Aufwertung der sozialen Stellung der türkischen und anderer ethnischen Minoritäten“ (Bullivant 2004, S. 91). Die einzige Differenz zwischen Şenocak  und Zaimoglu, so Bullivant, liege im unterschiedlichen Schreibansatz: Während Şenocaks Integrationsverständnis die Vorstellung umfasst „über ganz normale alltägliche Themen“ schreiben zu können, lehne sich Zaimoglu „gegen die Reste türkischer Tradition als auch gegen einen auf die Vorherrschaft deutscher Kultur und Sitten zielenden Integrationsdruck“ auf und werde auf diese Weise zum Sprachrohr der zweiten und dritten Generation türkischer Einwandererfamilien (vgl. Ebd. S. 96).
Wird Zaimoglus Kanak Sprak zwar von Thomas Ernst in der Popkultur verortet, spricht ihm dieser jedoch nicht seinen subversiven Anspruch sowohl innerhalb als auch außerhalb des Genres Popliteratur ab (vgl. Ernst 2006, S. 149). Als 'minoritärer' Schriftsteller lehne er sich gegen die „Marken-Dandy-Literatur“ und die 'Mainstream'-Literatur Krachts und von Stuckrad-Barres auf (vgl. Ebd. S 151). Hierfür ermächtigt er sich quasi dieser Mainstream-Popliteratur unter dem Paradigma des minoritären Schreibens und führt sie, ebenso wie Wladimir Kaminer http://www.wladimirkaminer.de/, „als zur Identifikation untaugliche Bezugsgröße vor“. Dadurch kontere er, so Ernst, mit der eigenen 'fremden' und minoritären Popkultur die „zahlreichen Ausschlüsse minoritäter oder anti-nationalistischer Milieus“, die von dem hegemonialen Diskurs über Migration ebenso realisiert wird wie durch die Texte der neuen deutschen Popliteratur (vgl. Ebd. S. 157).

Kanak Sprak als Austragungsort eines kulturell-transformativen Prozess
Yasemin Yıldız untersucht anhand von Kanak Sprak, inwiefern die deutsche Sprache selbst einen Platz in kulturell-transformatorischen Prozessen einnimmt (vgl. Yıldız 2004, S. 139). Dies geschehe durch das trotzige und übertriebene Annehmen der negativen Stereotype der türkischen Migranten und des Wortes 'Kanake' . Die Sprache sei dabei stark oral geprägt und unidiomatisch, so dass die Elemente der deutschen Sprache seltsam, wenn nicht gar fremd wirken (vgl. Ebd. S. 320). Kanak Sprak verbinde Darstellungen von Minderheiten mit neuen ästhetischen Formen und Formaten und wende sich insbesondere der deutschen  Sprache als Austragungsort dieser Darstellungen zu (vgl. Ebd. S. 321). Wie Wertheimer und Cheesman sieht auch Yıldız Parallelen zwischen der Kanak Attack-Bewegung und dem Black Power Movement, empfindet diese Referenz jedoch als ein Substitut für etwas, dass in Deutschland keine Entsprechung findet (vgl. Ebd. S. 329). Aufgrund der Beschaffenheit der Funktion von 'Kanake' als „umbrella term“ (Ebd. S. 332), der nicht um eine spezifische ethnische Identität gebaut wird, liege der Vergleich zum Queer-Movement vielleicht näher (vgl. Ebd. S. 321f). Beide repräsentierten eine anti-normative und anti-normalisierende Haltung und weisen Diskurse der Assimilation zurück, während Sichtbarkeit eingefordert werde. Zaimoglus Verdienst läge daher nicht in der Erfindung einer Sprache des tatsächlichen Gebrauchs, sondern vielmehr in ihrer performativen Schubkraft („performative thrust“), welche die deutsche Sprache zu einem „multilayered home“ mache (vgl. Ebd. S. 332).

Zaimoglu als Autor einer 'transnationalen', 'enträumlichten' Literatur
Mit der Emanzipation der deutsch-türkischen AutorInnen um die Jahrtausendwende, der Verstärkung eines globalen, grenzenüberschreitenden Weltbilds und im Zuge der Globalisierung zunehmenden Migration geht die vermehrte Bezugnahme auf Konzepte wie „transnationale Literatur“ und „Enträumlichung“ (Appudurai 1998, S. 13) einher sowie ie Betrachtung von Erinnerungskulturen im Vorzeichen einer multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft.
Das Ziel der Bemühungen einer transnationalen Literatur, wie sie um die Jahrtausendwende von Imran Ayata, Yadé Kara und Feridun Zaimoglu verfasst wurde, besteht Sandra Vlasta zufolge darin, sich von dem Bild eines „between two worlds“-Zustandes der MigrantInnen zu lösen (vgl. Vlasta 2009, S. 101).  Anhand des Romans Liebesmale, scharlachrot, erläutert sie die Art und Weise, auf die diese Texte neue Identitätskonstruktionen vorschlagen, welche „sowohl durch die Protagonisten als auch durch formale Aspekte ausgedrückt werden“ (Ebd. S. 103) und sich in die deutschsprachige Literatur einschreiben. Damit bezieht sie sich auf Leslie A. Adelsons Beitrag The Turkish Turn in contemporary literature: Toward  a New Critical Grammar of Migration, in welchem sie die Vorstellung der Migranten 'between two worlds' als „cultural fable“ (Ebd. S. 103) entlarvt. Aspekte dieser Literatur seien laut Vlasta die Darstellung der Distanz zu der (Eltern-) Generation der Gastarbeiter, die Stärkung des Bildes einer 'hybriden' Gesellschaft, in der niemand eindeutig zuzuordnen ist, die (subversiven) Über- und Selbstzuschreibungen der Charaktere, die sich in erster Linie als Individuen sehen und die Veranschaulichung eines Sprachgewirrs, das das Bild der zwei Welten übersteigt und „ein viel größeres ist, das nahezu alle Charaktere betrifft“ (Ebd. 104). Vlasta plädiert dafür, der Literatur von AutorInnen mit Migrationshintergrund keine „Sonderstellung quasi 'Zwischen-zwei-Literaturen“ einzuberaumen, sondern sie im Gegenteil als einen „integrativen Bestandteil der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ (Ebd. S. 115) zu betrachten.
Ebenfalls einen direkten Bezug auf Adelson, hier aber auf Touching Tales of Turks, Germans and Jews: Cultural Alterity, Historical Narrative, and Literary Riddles for the 1990s,  nimmt Alexandra Lübke. Sie liest den Roman Leyla als Geschichtsbuch und beschreibt Zaimoglu als 'Geschichtsschreiber' und Schriftsteller einer transnationalen, „enträumlichten“ Literatur (vgl. Lübke 2009, S. 78/95). Letztere greife bestimmte Topoi/Orte durch das Erinnern auf und rezitiere sie, wofür sie „sowohl in individuelle als auch gesellschaftliche, kulturelle Archive“ greife, um die Topoi dann „mittels narrativer Praxis in gegenwärtige zeitliche und räumliche Bezüge“ (Ebd. 82) zu setzen. In der Vorstellung eines netzartigen, unabgeschlossenen  Labyrinths und eines von Linien durchzogenen Raums, der ebenso eine räumliche als auch eine zeitliche Dimension besitzt und historiographische Topoi, das heißt die kulturellen Referenzpunkte der Narration bildet (vgl. Ebd. S. 87f), treffen sich Adelson und Lübke. Durch eben diese Referenzpunkte wird Leyla zu einer transnationalen Geschichte, in der auf „miteinander geteilte und ineinander verwobene Vergangenheiten und Gegenwarten, auf Pluralitäten vermeintlich kollektiver Geschichten von vermeintlich homogenen Gemeinschaften“ (Ebd. 96)verwiesen werde. Mit Leyla entrücke Zaimoglu die Eingewanderten, insbesondere die türkischen Immigranten, aus ihrer geschichtslosen Position und mache sie sichtbar in der deutschen Gesellschaft (Vgl. Ebd. 97). 

Subversiver Dramatiker mit Migrationshintergrund
Einen wichtigen Beitrag zur Rezeption von Shakespeares Othello liefern Senkel und Zaimoglu Tom Cheesman zufolge mit ihrer „tradaptation“ des Stückes, mit der sie in Stratford-upon-Avon http://www.rsc.org.uk/about-us/ einen „radical policy change“ in der Wahrnehmung des Dramas hervorriefen (Cheesman 2010, S. 207). Obgleich ihre Version in der Simulation des gegenwärtigen multi-ethnischen Unterklassen-Slangs dem Originaltext nicht entspreche, zeigen sie sich doch erfolgreich darin, dass sie einem der „filthiest of Shakespeare's plays“, dessen Obszönitäten im Laufe der vergangenen vierhundert Jahren und durch den „cultural change“ unverständlich geworden seien, den „original shock effect“ zurückgeben und es zu „a new form of tragedy of our time“ machen, so Cheesman (vgl. Ebd. S. 208). Sie kommentieren zudem durch Änderungen in Handlung und Sprache die gegenwärtige Politik Europas in Bezug auf 'Rassenzugehörigkeit' („race“) und Migration sowie die militärischen Interventionen in Afghanistan und dem Irak (vgl. Ebd. S. 211). Der Fokus jedoch liege auf „emotional dynamics and (ir)religiosity“. Letzteres zeige sich vor allen Dingen durch Zaimoglus Religionsverständnis, welches, in seiner heterodox-religiösen Vorstellung, Europas Säkularisierungsbestreben und dem atheistischen Materialismus widerspreche (vgl. Ebd. S. 214). 

Multikulturalismus und Fremdheitserfahrungen in Rom intensiv
Zaimoglus literarisch festgehaltenen Romerfahrungen werden in der Forschungsliteratur hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt seines Migrationshintergrundes gelesen, welche sich auf der einen Seite in den Beobachtungen Maria Paola Scialdones bezüglich der Kommunikationsschwierigkeiten in der multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft Roms sowie in den von Petra Fachinger beschriebenen Fremdheitserfahrungen manifestiert.
Scaldione zufolge zeigt Zaimoglu  in Rom intensiv die Grenzen einer multikulturellen Gesellschaft auf; sie arbeitet heraus, dass Zaimoglus Erzählprinzip darauf beruht, die „Kommunikationsschwierigkeit einer multikulturellen Gesellschaft zu entlarven“, die aufgrund eines „Mangels an interkultureller Kompetenz“ nicht in der Lage ist, sich miteinander zu verständigen, obgleich sich jeder bemüht, sich souverän in der zwanghaft multiethnischen und multinationalen Umgebung zu verständigen (vgl. Scialdone 2008, S. 352). Das Resultat sei ein „kollektives Missverständnis“ , das auch vor dem Ich-Erzähler nicht Halt mache. Seine Selbstinszenierung beruhten auf demselben Prinzip, durch die interkulturellen Missverständnisse entsteht die Komik der Erzählungen (vgl. Ebd. 352). Interessant sei, trotz der enttäuschenden literarischen Qualität der Erzählungen, Zaimoglus deutsch-türkische Selbstwahrnehmung: für ihn werde Rom gerade dann zum Ort einer Identitätsbildung, wenn sich in ihm „das Gefühl der Angehörigkeit zu Deutschland“ verstärke, besonders, da er sich der „markant deutschen, protestantischen Mentalität“ Luthers bediene, um einen Islam zu befürworten, der in einer „neue[n] deutsch-türkische[n] Identität keimen und entstehen soll.“ (vgl. Ebd.  S. 362)
Anstatt Zaimoglus Rom-Erfahrungen mit Blick auf Multiethnizität und -kulturalität zu untersuchen, liegt Fachingers Fokus auf der Darstellung des religiösen Konfliktes zwischen dem deutschen Muslimen Zaimoglu und der katholischen, papistischen Ewigen Stadt. Sie zeichnet nach, welche Strategien er anwendet, um ethnische Stereotype zu dekonstruieren und das Aufeinanderprallen der verschiedenen „Ethnoscapes“ Roms zu porträtieren. Anders als Scaldione ist Fachinger der Ansicht, dass Rom intensiv die Interaktion zwischen Islam und Christentum als „'clash of civilization'“ vorführe, wobei satirisch die von Samuel P. Huntington formulierten Prognosen zukünftiger Kulturkonflikte mit dem Islam miteinbezogen werden. Auf diese Weise hinterfrage Zaimoglu den einfachen Dualismus zwischen dem aufgeklärten säkularen Westen und dem Islam sowie die Auffassung, dass die Wurzel globaler Konflikte eher kultureller denn ideologischer oder ökonomischer Natur seien. Außerdem demonstriere er humorvoll, dass die westliche Gesellschaft von einer religiösen Doktrin und veralteten Ritualen bestimmt werde (vgl. Fachinger 2012, S. 216). Der Erzähler seiner Geschichte ist zudem laut Fachinger als ein deutscher Muslim und mit seiner Kultivierung der anachronistischen Pose des Flâneurs doppelt markiert und öffnet mit Absicht die diskursive Leerstelle nicht nur zwischen Rom intensiv und anderen „non-Muslim writer's text about Rome“, sondern auch „between  the Eternal City and its non-Christian ethnoscapes.“ (Ebd. S. 217). 
Es finden sich zudem Parallelen in der Herausarbeitung intertextueller Bezüge. Beide sehen die dominante intertextuelle Linie zwischen Zaimoglus Rom intensiv und  Rolf Dieter Brinkmanns, 1979 entstandenen Text Rom. Blicke (vgl. Scialdone 2008, S. 445f/Fachinger 2012, S. 204). Ähnlichkeiten fänden sich in der anti-goetheschen Linie beider Autoren, welche Italien als Sehnsuchtsland der Deutschen ablehnen (vgl. Scialdone 2008, S. 347/Fachinger 2012, S. 207f). Während jedoch Brinkmanns  Ton eine „resignierte[r], höchstverbitterte[r] und manchmal sogar verzweifelte[r]“ Note einnehme, zeichne sich Zaimoglus Text durch „einen sarkastischen Humor und burleske Züge“ aus (Scialdone 2008, S. 347). Rom werde, so Scialdone, als „Parodie des neuen Mythos der Gegenwart: die Interkulturalität und den Multikulturalismus“ inszeniert (Scialdone 2008, S. 350). Neben dieser Referenz sieht Fachinger eine Parallele zu dem ethnographischen Flâneur Walter Benjamin: wie er wandert auch Zaimoglu durch eine Stadt, wobei er die Pose eines teilnehmenden Beobachters einnehme, und verwandele die Kulturhaupstadt in seiner Erzählung zu einer Stadt des Spektakels, der Verstellung und des Konsums (vgl. Fachinger 2012, S. 202f).

Zaimoglu als 'post-1990 minority writer'
Der Kontext für Stuart Taberners Analyse des Künstlerromans German Amok sind die Wiedervereinigung und die damit einhergehenden ”interlinked levels of proximity” (Taberner 2010, S. 69), das heißt den thematischen und stilistischen Veränderung der deutschsprachigen Literatur nach 1990, die direkt oder indirekt mit der Wiedervereinigung zusammen hängen. Taberners arbeitet derer drei heraus: erstens die Themen, Perspektiven und stilistischen Anteile, die eine Kontinuität mit der Pre-Wende Periode signalisieren. Zweitens die Thematisierung breiterer sozialer, politischer und kultureller Entwicklungen, die 1990 vorhergehen, nach der Wende jedoch stärker verfolgt werden. Und drittens, als ein Resultat des vorhergegangenen Paradigmenwechsels, das Aufkommen von ästhetischen Resonanzen, die auf allgemeinere Weise mit den globalen Prozessen ideologischer Rekonfigurationen, erhöhter „interconnectedness“ und dem sogenannten „clash of civilisations“ verwandt sind (vgl. Ebd. S. 69). In diesem Zusammenhang lasse sich German Amok eher dem zweiten Punkt zuordnen: es thematisiere die plötzliche Begeisterung der deutschen Bevölkerung für seine ethnischen Minderheiten innerhalb einer breiteren Analyse der Auswirkungen von Globalisierung, Neo-Liberalismus und kultureller Kolonisierung, durch welche nicht bloß der Sex, sondern auch die ethnische Differenz zur Ware werden (vgl. Ebd. S. 73). Zaimoglu werde mit diesem Roman zu einem der 'minority writers', die nach 1990 die  Rolle der politisch-engagierten Autoren übernehmen, die vor der Wende den „'old white' men (and some 'old white' women)“ wie Günter Grass, Uwe Timm, F. C. Delius, Volker Braun und Christa Wolf vorbehalten war (vgl. Ebd. S. 74)

Touching Tales: Der Diskurs einer Literatur der Parallelen zwischen dem deutsch-jüdischen und dem deutsch-türkischen Verhältnis
In Touching Tales of Turks, Germans and Jews: Cultural Alterity, Historical Narrative, and Literary Riddles for the 1990s beschreibt Leslie A. Adelson das Dritte Reich und den Holocaust als historische und symbolische Referenzpunkte einer „interpretive landscape“ und Erinnerungskultur, in der die türkischen Einwanderer an sich kaum eine Rolle gespielt haben, sich jedoch im Laufe der 1990er Jahre eine Wahrnehmung der Parallelen des deutsch-jüdischen und des deutsch-türkischen Verhältnisses und der damit einhergehenden Viktimisierung herauskristallisierte (Adelson 2000, S. 95ff). Adelson nennt Zaimoglu als einen jener Schriftsteller, die diesen Umstand in ihrem literarischen Werk thematisierten (vgl. Ebd. S.115). In Kanak Sprak liege der Berührungspunkt in jenem Diskurs, der die Bedeutung des deutsch-jiddischen Wortes 'Dreck' im Sinn eines „gross physical matters“ als auch im Sinne einer Verlinkung (der Rückstände) zwischen „flesh, filth, dirt, shit, and history“ herausstelle (vgl. Ebd. S. 116). Dies sei besonders evident, wenn sich die Figur des Juden zwischen die körperliche Berührung von Türken und Deutschen schiebe, wie im Beispiel des Gigolos, der in Kanak Sprak von der 'christenlady' „du mein schöner jude“ genannt wird, zu sehen ist. Dadurch werde er zum Raum einer historischen Erniedrigung („space of historical abject“) in der deutschen Gesellschaft und nehme den Platz der stigmatisierten, jedoch aufgrund des deutsch-jüdischen Traumas nicht mehr thematisierten viktimisierten Juden ein (vgl. Ebd. S. 117-118).

Die (De-)Konstruktion von Geschlechterrollen und -stereotype im Werk Zaimoglus
Ein weiterer Blickwinkel der Forschungsliteratur auf Zaimoglus Werk manifestiert sich im Gender-Aspekt, unter dem die Texte auf die (De-)Konstruktion von Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern, Genderrollen und -stereotype zumeist türkisch-stämmiger Figuren innerhalb der deutschen als auch der türkischen Gesellschaft untersucht werden.
Moray McGowan beschreibt Zaimoglus virile Protagonisten in Kanak Sprak als eine mögliche Art innerhalb der Reihe der verschiedenen Männlichkeitsdarstellungen in der deutsch-türkischen  'Männerliteratur'. Anders als die vorgehenden Texte der Gastarbeiterliteratur der sechziger Jahre von Aras Ören der Bekir Yıldız oder der ironischeren und subversiveren Texte seit Beginn der siebziger Jahre, die von Sinaşi Dikmen und Güney Dal verfasst wurden, lehne Zaimoglu in Kanak Sprak sowohl die passive Opferidentität als auch die liberale Rhetorik des Multikulturalismus ab (vgl.  McGowan 2001, S. 303). Die jungen türkischen Männer sprächen dabei mit einer Stimme, in einem performativen Stil, um die von außen auferlegte Identität mit Nachdruck zurückzuweisen, insbesondere die des armen, aber gutherzigen 'Gastarbeiter-Ali' und die 'Müllkutscher Prosa' der Gastarbeiterliteratur (vgl. McGowan 2001, S. 303). Stattdessen bejahen sie die selbstgewählte Identität der 'Kanaken' und feiern ihre Stellung am Rande der Gesellschaft, für die sie nichts als Häme bekommen  (vgl. Ebd. S. 304).
Auch Yasemin Yıldız untersucht die Konstruktion von Männlichkeit in Kanak Sprak und Koppstoff. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass in der Akzeptanz der Stereotypen in Kanak Sprak einerseits die Krise der ethnisierten Maskulinität ausgetragen wird, welche andererseits in Koppstoff aufgefangen und durch die Stärke und Stabilität der weiblichen Figuren gespiegelt wird, so dass letzteres wiederum zu einem Schauplatz des Kampfes der männlichen Migranten wird (vgl. Yıldız 2012, S. 72f). Während die männlichen Protagonisten in Kanak Sprak sich die von außen zugeschriebenen Stereotype trotzig und mit „wordforce“ aneignen, werden sie von den weiblichen Figuren in Koppstoff entschieden zurückgewiesen (vgl. Ebd. S. 71f). Yıldız erläutert, dass durch die Sprache in Kanak Sprak der Kampf der Destabilisierung des männlichen Körpers und der Psyche lesbar gemacht wird, während es zeitgleich als Instrument genutzt wird, um diese Auswirkungen zu kontern (vgl. Ebd. S. 80).  Dies signalisiere auch eine Veränderung in Zaimoglus Agenda: die weiblichen Stimmen, die er in Koppstoff entwirft, setzen stilistisch einen Prozess in Bewegung, der mit Leyla seinen Höhepunkt erreicht und ihn als einen ernstzunehmenden literarischen Autoren etabliert (vgl. Ebd. S.87).
Während McGowan und Yıldız sich hauptsächlich auf die Konstruktion einer (ethnisierten) Männlichkeit konzentrieren, wendet sich Guido Schenkel den weiblichen Stimmen zu. Mit Bezug auf Gayatri Chakravorty Spivaks Aufsatz Can the Subaltern Speak? stellt er die These auf, dass Kanak Sprak eine Variante der „Spivakian subalternation“, einer zwischen dem unterdrückenden Kolonialismus und der Selbstbestimmung des Postkolonialismus gefangenen Frau, darstellt und das Problem der damit verbundenen 'Stimmenlosigkeit'/'Stimmenergreifung' reproduziere (vgl. Schenkel 2009, S. 25f). In Kanak Sprak gebe es durch die ausschließliche Männlichkeit der Interviewten (noch) keinen Raum, aus dem das „sexed subaltern subject“ (Spivak 1994, S. 103) sprechen kann. Anders verhalte es sich in Koppstoff: hier wird dem „historically muted subject of the subaltern woman“ (Ebd.  S. 91) nicht nur eine Stimme gegeben, sondern auch das vorgebliche Diktum der sozialen und räumlichen Beschränkung der Frauen unterlaufen.  Die Weiblichkeit der Frauen in Koppstoff sei direkt mit einer Bewegungsfreiheit („spatial mobility and linguistic mobility“; Schenkel 2009, S. 32) verbunden, welche die intra- und interkulturellen Beschränkungen der von außen kommenden Definition wirkungsvoll unterlaufen und ihnen erlauben, eine eigene Stimme abseits des männlichen Kollektivs zu finden (vgl. Ebd. S. 30-32).
Kristin Dickinson, Robin Ellis und Priscilla Layne nähern sich dem Thema 'gender roles' und 'gender performance' hingegen durch einen sprachwissenschaftlichen Zugang. Ihr Ziel ist es aufzuzeigen, wie Zaimoglu „linguistic rebellious language“ (Dickinson/Ellis/Layne 2012, S. 95) verwendet, um die implizit markierende Funktion der Sprache im deutschen Sprachsystem aufzudecken. Anhand von Beispielen aus den Koppstoff-Monologen veranschaulichen sie, dass Sprache in Deutschland als ein dominanter „marker of 'race'“ verwendet wird, um zwischen 'Deutschen' und 'Fremden' zu unterscheiden (vgl. Dickinson/Ellis/Layne, S. 95). Zur gleichen Zeit wird die Sprache der Frauen in Koppfstoff zum Instrument, welches sie in einem „act of violence“ (Ebd. S. 97) in die Position der Handlungsmächtigen („position of agency“; Ebd. S. 97) versetzt (vgl. Ebd. S. 94). Durch den Akt des Protests der Frauen demonstriere Zaimoglu die Vergeblichkeit des Versuchs 'to unmark oneself' –  ob nun physisch oder linguistisch – da dies überhaupt erst den Beweis bringe, dass sie markiert seien (vgl. Ebd. S. 100f). Gleichzeitig geschehe dasselbe wiederum durch Zaimoglu: Indem er den Fokus von den 'Kanaken' zu den 'Kanakas' verschiebt, markiere er die Frauen zusätzlich zu der Markierung als 'ethnisch' („being discursively inscribed as racially 'Other'“; Ebd. S.103) im Verhältnis zu der unmarkierten maskulinen Form 'Kanake' als female 'Other' (vgl. Ebd. S. 103f). Um auf den Umstand der doppelten Markierung ('ethnic' und 'female') des Körpers einer „ethnischen“ Frau aufmerksam zu machen, verwenden die Frauen die verletzenden Begriffe, die ihnen diese Identitäten auferlegt und geben den Diskursen der doppelten Markierung so eine neue Bedeutung: „they re-signify  discourses of the doubly marked 'ethnic' woman's body“ (Ebd. S. 103). Dadurch werde der Körper der Frau als eine „site of struggle“ (Ebd. S.103) offenbart.
Frauke Matthes schließt sich in ihrer Analyse Leylas des Diskurses der Konstruktion türkisch-muslimischer Männlichkeit an. Der Roman stellt ihr zufolge eine Maskulinität dar, die Männer über Frauen und hilflose Individuen stellt und favorisiert, um die eigene Männlichkeit zu stärken (vgl. Matthes 2012, S. 171). Die Zelebration der Frauen als die 'wahren' Heldinnen und Personifizierung des Erfolgs der Immigration impliziere dabei die subversiven, oder sogar rebellischen Tendenzen Zaimoglus in Bezug auf patriarchalische Handlungsgewalt (vgl. Ebd. S. 170). Das Bild der männlichen Charaktere werde jedoch nicht als ein einseitiges gezeichnet, sondern bezieht auch das Verhalten der Frauen, die zu der Konfiguration des Patriarchats innerhalb einer Familie beitragen, mit ein (vgl. Ebd. S. 174). Dies geschehe besonders auch durch Furcht – die Männer fürchteten das Ende der patriarchalischen Dominanz, die Frauen physischen und  psychischen Missbrauch – sowie der unausgesetzt wiederholten Performanz der ihnen seit der Kindheit eingeprägten 'gender acts' (nach Judith Butler; vgl. Ebd. S. 175f). Im Laufe des Romans zeige Zaimoglu jedoch, dass diese 'gender identity' und 'gender relations' insbesondere durch die Figur Leyla unentwegt re-evaluiert wird und dem Schicksal der inferioren Tochter/Frau schließlich entkommen kann. Darin und in der  allmählich bröckelnden männlichen Macht und Männlichkeit in der modernen Türkei, folgert Matthes, lasse Zaimoglu das Stereotyp des grausamen türkisch-muslimischen Mann hinter sich und enthülle, dass die Männer des Romans schwächer sind als sie sich selbst wahrnehmen (vgl. Ebd. S. 177).

Der „grüne Faden“ in Zaimoglus Werk: Darstellungen des Islam
Margarete Littler positioniert sich in ihrer Analyse der Islamdarstellung in Zaimoglus Prosa gegen die in The Turkish Turn verfasste Auffassung Leslie A. Adelsons, „der Islam [sei] in der Literatur der türkischen Migration fast vollkommen abwesend“ (Littler 2009, S. 144). Littler legt dar, dass der Islam „als dynamisches Moment in der Verkettung des Textes“ (Ebd. S. 145) wirke und zieht zur Verdeutlichung die Erzählung Gottes Krieger aus Zaimoglus Erzählband Zwölf Gramm Glück heran, in welchem hauptsächlich die Angst vor dem islamischen Fundamentalismus thematisiert wird. Sie führt aus, dass in der Geschichte der Kampf nicht zwischen dem Islam und dem Westen stattfindet, sondern vielmehr innerhalb der Religion selbst, mit Littlers Worten „zwischen der totalisierenden Polemik des Priesters und den befreienden Worten des Propheten“ (Ebd. S. 154). Letztere löst den Aussteiger zum Schluss der Geschichte von der „zerstörerischen Identität des Terroristen“ los und ermöglicht ihm, „den Tod nicht als Ende, sondern als radikalen neuen Anfang“ (Ebd.) anzusteuern. Dies gilt Littler zufolge auch für die Darstellung des Islams in den Texten Zaimoglus (und Emine Sevgi Özdamars) und plädiert dafür, der Islam sei nicht bloß als homogen und als „ursprüngliche[r] Ausgangspunkt“ zu betrachten, sondern auch als „schöpferische Quelle einer neuen Energie […], die die alten religiösen, nationalen und ethnischen Identitäten in Bewegung bringt.“ (Ebd.)
Einen stärkeren Fokus auf die Darstellung des Islams nach 9/11 legt hingegen Karin E. Yeşilada. Durch 9/11 habe sich die Position der Deutsch-TürkInnen zu einer defensiven gewandelt: „Confronted with the deficiencies of 'their' supposed religion, [they were] more or less forced into a new 'Muslim identity'“ (Yeşilada 2012, S. 146) . Im Zuge dessen positionierten sie sich eher als 'Insider' und reflektierten ihre islamische Erziehung und die dazu gehörigen Einstellungen, die Rolle des Islams in der deutschen Gesellschaft und ihre eigene Stellung als 'Muslim' artists' (vgl. Ebd.) Daraus entstand, angelehnt an Leslie Adelson's Konzeption des 'Turkish Turn' in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur der 'Muslim Turn', der Yeşilada zufolge erst durch Zaimoglu ermöglicht wurde: Seine Arbeit durchziehe ein 'grüner Faden [„green thread“; grün wie die traditionelle Farbe des Islam, Anm. d. Verf.], der sich besonders in Kanak Sprak, Zwölf Gramm Glück, Schwarze Jungfrauen und Nathan Messias zeige (vgl. Ebd. S. 147). Interessant daran seien die in einander verschränkten Verbindungen zwischen Religion, Eros und Blasphemie sowie die 'Unabgeschlossenheit' („openness“) der Schlüsse dieser Erzählungen, welche die Fragilität eines religiösen Lebensmodells unterstreiche (vgl. Ebd. S. 160). Die Erzählung Gottes Krieger lese sich mit Bezug auf die gängigen Mediendiskurse eines radikalen Islam subversiv; indem er in seinen Porträts der Islamisten Yücel (Kanak Sprak) und des Erzähler aus Gottes Krieger die öffentliche Vorstellungen von 'suicide bombers' durch die fiktiven Erzählungen unterwandere, biete er seine eigene Version von religiösem Fanatismus und betone so die „'normal' qualities“ der durch die Medien dämonisierten und exotisierten islamischen Fundamentalisten/'suicide bombers' (vgl. Ebd. S. 160-163).
In ihrer Beschäftigung mit Schwarze Jungfrauen untersucht Frauke Matthes weiterhin, anders als Margarete Littler  und Karin E. Yeşilada, den weiblichen Blickwinkel auf den Islam.  Die Frauen veranschaulichten eine duale Identifikation mit dem Islam: einerseits zeigen sie die Hingabe ihres Glaubens und andererseits eine radikale, durch Deutschland geprägte Religionsauffassung, die sich von dem „Dorfislam des Vaters“ zu distanzieren suche (vgl. Matthes 2010, S. 204f). Matthes sieht den Islam der Frauen hauptsächlich als ein moralisches und sittliches Korrektiv und als eine Reaktion auf die kulturelle Exklusion aus dem deutschen Mainstream (vgl. Ebd. S. 205). Zaimoglu nutze das Stück und die Bühne nicht nur, um zu unterhalten oder zu kritisieren, sondern auch, um das weitestgehend nicht-muslimische Publikum darüber aufzuklären, dass muslimische Frauen eben nicht dem Klischee der passiven, stimmlosen Frau entsprechen müssen (vgl. Ebd. S. 206). Dabei bleibe die Frage nach der Authentizität eine beabsichtigt ambige, welche die Erwartungshaltung der Medien und des Publikums  und ihr Verlangen nach Authentizität und Eindeutigkeit ('Muslim authenticity') gewollt störe (vgl. Ebd. S. 208). Zwar unterstreiche Zaimoglu durch seine subversive Darstellung der 'Schwarzen Jungfrauen' die Vorstellung des Islam als das „quintessental  'Other'“ in einer Gesellschaft nach 9/11, fordere das Publikum jedoch gleichzeitig heraus, ihre stereotype Konzeption des Islam zu hinterfragen und schließe auf diesem Wege an aktuelle Debatten an (vgl. Ebd. S. 209).

Zaimoglus 'Romantic Turn'
Nachdem er mit Kanak Sprak und den Folgewerken in den neunziger Jahren die Literaturszene betreten hat, nimmt Zaimoglus Werke verstärkt Bezug auf die Literatur der deutschen Romantik.  Dieser 'Romantic Turn' bildet einen weiteren Bezugspunkt, unter dem besonders seine spätere Prosa untersucht wird.
Dies geschieht unter anderen durch Margarete Littler, welche sich hier der politischen Bedeutung von Zaimoglus Hinwendung zu der deutschen Romantik, insbesondere in Liebesbrand, widmet. Indem sie die Liebe Davids zu Tyra einerseits und Jamila andererseits untersucht und in Bezug zu Heinrich von Kleists Penthesilea setzt (vgl. Littler 2012, S. 229), ist es ihr möglich, die kosmopolitische und anti-nationale Qualität des Romans sowie Zaimoglus Ambivalenz gegenüber den (national-orientierten) literarischen Traditionen, die er zitiert, herauszuarbeiten (vgl. Ebd, S. 235-237).
Auch Michael Hofmann erkennt ein aufbegehrendes Moment in Zaimoglus 'Romantic Turn'. Er vertritt die These, dass dieser als ein Rebell der Romantik gesehen werden kann, da er die altbekannten literarischen Konzepte auf originelle Weise in sein Werk einbaue. Dadurch decke er das produktive Potential dieser Konzepte zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf. Ein besonderes Augenmerk legt Hofmann auch auf die Begegnung interkultureller Dimensionen in Zaimoglus Texten, das heißt der Konfrontation von Elementen der deutschen und der türkischen Kultur sowie auf die Rebellion gegen die Vernunft der Aufklärung und der Vorherrschaft des wirtschaftlichen Denkens durch die produktiven Räume der Romantik: der Vorstellungskraft, bedingungslosen Liebe und der Religion des Herzens (vgl. Hofmann 2012, S. 239). Hofmann ist der Ansicht, dass der Einfluss der Romantik Zaimoglu schon seit Anbeginn begleitet und bereits in Kanak Sprak in der Gegenüberstellung der Klischees des 'Orientalen' und des 'Spießers' und der 'blumigen' und 'orientalisch anmutenden' Sprache sichtbar ist (vgl. Ebd. S. 240). Die Hinwendung zu der Romantik und einer anti-bourgeoisen Tradition vertieft und entwickelte sich mit den späteren Werken von der Genese der 'Romantic Rebellion' in Kanak Sprak (vgl. Ebd. S. 244f) über eine sublimierte Romantik in Liebesmale, scharlachrot (vgl. Ebd. S. 247) und dem  'ernsten' „Romantic novel“ Liebesbrand (vgl. Ebd. S. 250f) zu der schwarzen Romantik des Ruhrgebiets in Ruß (vgl. Ebd. S. 253f).
Dorothee Kimmich vertritt einen anderen Standpunkt. Anders als Littler und Hofmann sieht sie Zaimoglu weniger in der Tradition der Romantik als vielmehr in der des Schriftstellers und Ethnographen Hubert Fichte (vgl. Kimmich 2010, S. 237f). Als Protokollant einer „ebenso unbekannten wie unverborgenen Wirklichkeit“ entspreche seine Arbeit dem Prinzip der „'teilnehmende[n]Beobachtung' des Ethnologen“, der, wie Fichte, mit der „Beobachtung der Sprache“ (Ebd. S. 237) beginnt. In Kanak Sprak und Abschaum habe er weniger Personen als Sprachen und Diskurse dokumentiert und literarisch verarbeitet. Diese „'ethnologische' Alltagsforschung“ sei im Laufe der Zeit einer „subtileren Form der Beobachtung gewichen, die sich auf das „gesamte Leben in der deutschen und türkischen Provinz“ (Ebd. S. 238) erstrecke. Aus seinen Vorlesungen, die er im Rahmen der Poetik-Dozentur 2007 in Tübingen gehalten hatte, werde zudem deutlich, dass Zaimoglu sich durch seine „bestimmte Form der Sprachdisziplin, die einer Moral gleicht und eine Ästhetik einschließt“ (Ebd. 240), von den zeitgenössischen literarischen Moden wie der Popliteratur und dem Lifestyle des postmodernen Autors distanziere (vgl. Ebd. S. 240).

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