Sommersemester 2013
Antje Rávic Strubel
Schlupfloch: Literatur
Literatur im besten Sinne verführt zum Denken. Ein Denken, das an Grenzen führen kann, die uns im Alltag nicht bewußt sind. Ein Denken, das in die Zwischenräume geht, das die Schranken unserer Wahrnehmung unterwandert.
Literatur im besten Sinne macht uns nicht nur bewußt, auf welche Weise wir Sprache, Wissen und Erfahrung benutzen, um uns in dieser Welt zu orientieren. Sie kann uns darüber hinaus zeigen, wie uns Sprache, Wissen und Erfahrung oft beschränken – wie schnell wir das, was uns als Wesen einzigartig macht, aufgeben zugunsten einer willkürlichen Definition dessen, was wir Identität nennen. Literatur, die sich die Wirklichkeit nicht zum Vorbild nimmt, sondern zum Gegenstand ihrer Kritik macht, ist ein riskantes Unterfangen: mit etwas Glück führt sie zu Selbstverlust. Erst, wenn das Wort im Fluß der Sprache seine magische Kraft zurückgewinnt, kann es uns dorthin tragen, wo wir nicht sind. Und dort wird etwas Altes neu erfahrbar: Unmittelbarkeit.
Die Unmittelbarkeit von Liebe, Rausch und Tod.
Ein Plädoyer fürs Ungewisse.
Programm