Rickers, Folkert: Forschungsvorhaben

 

Rickers, Folkert: Forschungsvorhaben

 

(1) »Bruderkrieg in der Thüringer evangelischen Kirche 1933–1938,

dokumentiert durch das Tagebuch der Marie Begas« zusammen mit Heinz-Werner Koch
Aus der Sicht der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft, an deren Leben sie aktiv teilnahm, sowie aus der Binnensicht als Inspektorin des Landeskirchenamtes in Eisenach stellt die Verfasserin die Auseinandersetzung zwischen den radikalen Deutschen Christen und der Bekennenden Kirche im Alltag dar.
Erscheint im Frühjahr 2011 im Böhlau Verlag; ausgestattet mit einer biografischen Skizze über die Verfasserin und Biogrammen aller im Tagebuch genannten Personen sowie mit Kommentaren und Registern; ergänzt durch eine Sammlung aller Dokumente, auf die die Verfasserin zu sprechen kommt (zugleich die bisher umfangreichste Sammlung von Dokumenten zum Kirchenkampf in Thüringen).
Abgeschlossen!

(2) Die politische Dimension des Religionsunterrichts

Nachdem die Frage nach den politischen Implikationen der Religionspädagogik über Jahrzehnte von der Forschung – zu ihrem Nachteil! – nicht beachtet worden sind und praktisch nur auf die Arbeiten von Rickers (1973) und Sander (1980) zurückgegriffen werden konnte, kommt jetzt Bewegung in die Problemstellung durch die Arbeiten von Grümme (2009) und Schlag (2010). Wie es scheint, könnte die bislang ausgeblendete Frage nach der politischen Dimension für die Religionspädagogik zurückgewonnen werden – Grund genug, sich noch einmal zum Thema zu äußern.
Im Herbst erscheint mein Beitrag »Politische Bildung im Religionsunterricht und der Kapitalismus« in: KERYKS 2010 als Beitrag des Themahefts »Religiöses Lernen und Politik«.
Abgeschlossen!

(3) Bildung und Eschatologie

Philosophie und Theologie haben in den letzten Jahrzehnten die Eschatologie so gründlich entmythologisiert, dass eine der wesentlichen Dimensionen biblischen Denkens auch für die Religionspädagogik verloren gegangen ist und lediglich noch als individuelle Eschatologie (Frage nach dem Weiterleben über den Tod hinaus) rezipiert wird. Die Verkürzung um die universale Eschatologie sollte aber von der Religionspädagogik nicht länger hingenommen werden, zumal sich bei näherer Analyse zeigt, dass die biblische Eschatologie Hoffnungspotential birgt, an das christlicher Glaube und christliches Handeln heute strukturell anknüpfen können. Dieses ist wesentliches Element der Bildungstheorie des vergessenen Bildungstheoretikers Heinz Joachim Heydorn. Mein Interesse ist es, diesen Bildungshorizont aufzuzeigen und die Religionspädagogik in ihm neu zu verorten.
Im Herbst d.J. erscheint mein Beitrag »Eschatologie und Religionspädagogik. Bildungstheoretische Aspekte« im Jahrbuch der Religionspädagogik 26 (2010). Das Jahrbuch ist in unterschiedlichen Beiträgen dem Thema »Eschatologie« gewidmet.
Abgeschlossen!

Dieser Band, der erste, an dem ich nicht mehr als Herausgeber beteiligt bin, wird auch einen längeren Beitrag enthalten über die Geschichte des Jahrbuchs: »Jahrbuch der Religionspädagogik. Idee und Entstehung (bis JRP 10).«
Abgeschlossen!

(4) Helmuth Kittel und die Jugendbewegung

Eine Tagung des »Arbeitskreises Historische Religionpädagogik« im April in Hofgeismar bot die Gelegenheit, ein Thema aufzunehmen und weiter zu führen, zu dem ich bereits drei Beiträge geliefert habe, nämlich zum religionspädagogischen Denkansatz von Helmuth Kittel. Es hat sich gezeigt, dass Kittel geistesgeschichtlich gesehen antiaufklärerisch orientiert ist und sein gesamtes Denken, auch sein religiöses völkisch verwurzelt ist. In der Zeit des »Dritten Reichs« hatte er deshalb keine Schwierigkeiten, sich mit dem System zu arrangieren.
In dem neuen Beitrag geht es nun darum zu zeigen, dass die völkische Verpflichtung bei Kittel weitgehend auf die Jugendbewegung zurückzuführen ist, der Kittel mit Leib und Seele zugetan war, zunächst als einfaches Mitglied, dann aber auch in verschiedenen Führungspositionen. Als Bundesführer der Freischar hat er diese 1933 in die Hitlerjugend überführt und damit praktisch aufgelöst.
Erscheint im Frühjahr 2011 unter dem Titel »›Vom Individuum zum Volksgenossen‹. Helmuth Kittel und die Jugendbewegung« in einem von Michael Wermke herausgegebenen Band, der die oben bezeichnete Tagung dokumentiert (»Transformation und religiöse Erziehung. Kontinuitäten und Brüche der Religionspädagogik 1933 und 1945«, Hofgeismar April 2010).
Abgeschlossen!

(5) Hugo Rönck

Hugo Rönck (1908-1990) war einer der radikalsten Deutschen Christen Thüringischer Provenienz und gehörte zum inneren Führungskreis um Siegfried Leffler und Julius Leutheuser. Er war Mitglied der NSDAP seit 1928 und Träger des Goldenen Parteiabzeichens. Kaum im Pfarramt wurde er bereits 1936 in Führungspositionen berufen, zunächst als Landesjugendpfarrer (Kirchenrat), dann – nach Kriegsteilnahme – ab 1943 als Präsident bzw. Landesbischof des Thüringer evangelischen Kirche. Als Landesjugendpfarrer hatte er das seinerzeit radikalste deutschchristliche Handbuch für den Konfirmanden- und Religionsunterricht zu verantworten; es enthält schlimme antisemitische Ausfälle. Mit seiner Präsidentschaft hat er das Führerprinzip in die Thüringer evangelischen Kirche eingeführt.
Geplant ist die Erstellung einer Biografie, die zwar weitgehend fertiggestellt ist, aber wegen langjähriger Unterbrechung neu wieder aufgenommen werden muss, auch um der inzwischen aufgefundenen Dokumente des Landesjugendpfarramts wegen, die lange als verschollen galten und ganz neue Aspekte der Tätigkeit Röncks ermöglichen. Der Abschluss der Arbeit wird nicht vor Sommer 2011 zu erwarten sein.