Chemikalien: Verwendung

Verwendung der Chemikalien

Der Einsatz der Chemikalie(n) ist gut geplant, sie stehen bereit und auch die benötigten Gerätschaften sind vorhanden und in einem akzeptablen Zustand. Bevor es mit den praktischen Arbeiten losgehen kann, gilt es noch zu prüfen, ob davon auszugehen ist, dass bei der Tätigkeit die Regeln der TRGS 526 (textlich gleich mit der DGUV I 213-850 „Laborrichtlinien“) eingehalten werden! Passen Menge und Anwendungsweise zu dem darin beschriebenen Sicherheitskonzept für Labore? Sind bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen alle gefährlichen Expositionspfade berücksichtigt worden? Falls ja, kann das Experimentieren fast beginnen! Falls nicht, reicht das Schutzkonzept der Laborrichtlinien möglicher Weise nicht aus. Die Gefährdungsbeurteilung ist zu prüfen und zu ergänzen, zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Verwendungsbeschränkungen

Vor Beginn von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist zu prüfen, ob diese möglicherweise für besondere Personengruppen verboten oder nur unter Einhaltung besonderer Arbeitsbedingungen möglich sind.

Das betrifft an erster Stelle natürlich Jugendliche (junge Studierende/junge Azubis/Schülerpraktikanten) sowie werdende und stillende Mütter. Die Vorschriften über entsprechende Beschäftigungsbeschränkungen finden sich

Die Verwendungsbeschränkungen können auch weitere Personen im räumlichen Arbeitsumfeld von Schwangeren bzw. Stillenden betreffen, wenn hierdurch  eine „unverantwortbare Gefährdung im Sinne §§ 11 und 12 MuSchG vermieden wird.

Mehr Informationen (Link auf Schutzmaßnahmen à organisatorische Maßnahmen -> besondere Personengruppen im Visier)

Bei der Planung ist auch zu klären, ob  Tätigkeiten durch Personen mit Allergien gegenüber den zu verwendeten Chemikalien/Materialien oder mit bestimmten Vorerkrankungen durchgeführt werden sollen.

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Besonders gefährliche Stoffe

Das Gefährdungspotenzial einiger Stoffe ist so groß, dass sie weiteren Vorschriften unterliegen und daher ihr Bezug sowie ihre Verwendung behördlicherseits überwacht werden. Das betrifft zu auf z. B.

  • Betäubungsmittel (oder deren direkte chemische Vorstufen)
  • Sprengstoffe (oder chemische Komponenten, die für die Herstellung von Sprengstoffen erforderlich sind)
  • extreme Gifte („Seveso-Stoffe“)
  • Stoffe, die zur Herstellung von chemischen Waffen dienen können
  • Ozonschicht-schädigende Stoffe

Derartige Stoffe können daher auch nicht einfach benutzt werden, selbst wenn sie im Betrieb legitim vorhanden sein sollten, denn es ist davon auszugehen, dass ihre Verwendung mit expliziten behördlichen Nutzungsregeln verbunden ist.

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Innerbetriebliche Gefahrstoffkennzeichnung

Die Kennzeichnungspflicht besteht für alle Gebinde, die Gefahrstoffe enthalten. Es ist unerheblich, ob es sich um Originalbehälter gekaufter Chemikalien handelt, oder um selbst gefüllte Behälter handelt.

Seit 2015 erfolgt eine vorschriftenkonforme vollständige Kennzeichnung von Gefahrstoffen nach dem Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS). Sie ist für Hersteller und Händler verbindlich und besteht aus folgenden Komponenten:

  • Name der Substanz (bei Verdünnungen unter Angabe des Gehalts und des Lösungsmittels)
  • ein oder mehrere Gefahrenpiktogramme,
  • ein Signalwort (Gefahr oder Achtung),
  • Gefahrenhinweisen (Hazard-Statements, H-Sätze) und
  • Sicherheitshinweisen (Precautionary Statements, P-Sätze).
  • Herstellerangaben

Wenn Gefahrstoffe ausschließlich innerbetrieblich verwendet werden, sollten sie nach dem GHS-System beschriftet werden, dürfen aber auch mit einer vereinfachten Kennzeichnung etikettiert werden (TRGS 201; Stoffname + Piktogramm mit Gefahrenbezeichnung).

Eine Vereinfachungsvariante ist das von der DGUV eigens für die Kennzeichnung von Standflaschen in Laboratorien entwickelte Konzept. Kernelement ist die Kombination von Piktogrammen und Phrasen, also zu einem aussagekräftigen Schlagwort komprimierten H-Satz.

Weitere Informationen und zum Download von Piktogramm-Phrasen-Kombinationen

Eine vereinfachte Kennzeichnung ist ausschließlich innerbetrieblich zulässig, kann also nur für Gefahrstoffe genutzt werden, die innerhalb der Universität verwendet werden (keine Abgabe an Externe/Dritte, kein Versand).

Sollten sich im Vorratsschrank noch Gefahrstoffbehälter mit alter Kennzeichnung (orange Gefahrensymbole, R- und Sätze), dann müssen diese nach jetziger Rechtslage nicht zwingend mit einer GHS-Kennzeichnung versehen werden. Ausschlaggebend ist, dass die kommunizierten Gefahren noch dem heutigen Wissensstand entsprechen und die zu dem Stoff bereitgestellten Informationen und Anweisungen auf die alte Kennzeichnung Bezug nehmen (wiederfinden können; keine Wiedersprüche).

Wenn diese Relikte auf ein GHS-konformes Etikett umgestellt werden sollen, unterstützen dies 

  • die Etiketten-Druck-Anwendung des Gefahrstoffverzeichnisses DaMaRIS (Für jede dort eingetragene Chemikalie können Etiketten in der vollständigen, der vereinfachten und in der Laborstandflaschen-Kennzeichnung erstellt werden.
  • der GHS-Konverter

 

Das Etikett eines Gefahrstoffbehälters muss ausgetauscht werden,

  • wenn die darüber kommunizierten Hinweise inzwischen unvollständig oder falsch sind,
  • der Zahn der Zeit sichtbar am Etikett genagt hat und die Gebrauchsspuren dazu führen, dass die Angaben nicht mehr vollständig erkennbar sind.

Die Größe des Etiketts, der Piktogramme und der Schrift muss dem Volumen des Gefahrstoffgebindes angemessen sein. Die vorgeschriebenen Mindestabmessungen findet man in der CP-VO:

Inhalt [Liter] Etikettengröße [mm] Piktogramm [mm]
1/8 - 3 52 – 74 (EU-StoffRL) mindestens 10 x 10
< 3 74 x 52 (falls möglich) 16 x 16 ; mindestens 10 x 10
3 – 50 105 - 74 23 x 23
50 – 500 148 x 105 32 x 32
> 500 148 x 105 46 x 46

Für kleinere Gebinde/Verpackungen gibt es geregelte Ausnahmen (CLP-VO Art. 29 + Anhang 1 Punkt 1.5.1, sowie in der TRGS 200). Diese sind insbesondere für Synthese- und Analytik-Laboratorien von besonderer Bedeutung: Sofern die Abmessung der Verpackung nicht gestattet, dass der Text der Kennzeichnung in gut leserlicher Weise wiedergegeben werden kann, sind Faltetiketten, Anhängeetiketten oder Kennzeichnung einer äußeren Verpackung zulässig. Dies betrifft z. B. Syntheseprodukte in Gebinden in Größe eines Schnappdeckelgläschens, oder in einem NMR-Röhrchen-Format.

Proben müssen erkennbar zugeordnet werden, aber man kann sie auch zusammenfassend z.B. in eine größere Dose oder Schachtel hineinstellen, die dann nach Gefahrstoffrecht gekennzeichnet ist, wenn von den Proben jeweils die gleiche Gefahr ausgeht.  

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Chemikalien im Produktionsgang

Befinden sich Gefahrstoffe im Verlaufe einer Tätigkeit nur zwischenzeitlich in einem Behälter, so muss dieser nicht zwingend vollständig gemäß CLP-VO gekennzeichnet werden, auch nicht vereinfachend.

Allerdings sollte dem Nutzer der Chemikalien immer klar sein, was sich in dem jeweiligen Gebinde befindet: Der Sumpfkolben einer chemischen Synthese muss nicht gekennzeichnet werden, wohl aber die einzelnen Kolben einer fraktionierenden Destillation, denn diese könnten im weiteren Verlauf des Experimentes verwechselt werden. Es reicht dann jedoch aus, wenn sie eindeutig der Person zugeordnet werden können, die das Experiment durchführt und diese den Inhalt der jeweiligen Kolben eindeutig identifizieren kann (z. B. indem sie mit einer Nummer versehenund in den Labornotizen schriftlich nachvollziehbar dokumentiert wird, welche Substanz welcher Nummer zugeordnet ist.)

Müssen diese sich im „Produktionsgang“ befindenden Gefahrstoffe über die persönliche Anwesenheit des eigentlichen Verwenders aufbewahrt werden, sind sie mindestens mit einer vereinfachten Kennzeichnung zu versehen.

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Selbst hergestellte Stoffe/Gemische

In der chemischen Forschung gehört die Synthese neuer Stoffe zum Alltag. Die gefährlichen Eigenschaften der „neuen Forschungsstoffe“ sind  jedoch bestenfalls lückenhaft.

Daher liegen wohl meist keine Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierenden oder keimzellmutagenen Wirkung oder zur spezifischen Zielorgan-Toxizität bei wiederholter Exposition vor. In derartigen Fällen sind nach § 6 GefStoff Abs. 14 Stoffe bzw. Gemische bei der Gefährdungsbeurteilung zu behandeln wie Stoffe der Gefahrenklassen

  • akute Toxizität (oral, dermal und inhalativ) Kategorie 3,
  • Ätz-/Reizwirkung auf die Haut Kategorie 2,
  • Sensibilisierung der Haut Kategorie 1,
  • Keimzellmutagenität Kategorie 2
  • Spezifische Zielorgan-Toxizität, wiederholte Exposition (STOT RE) Kategorie 2

Beispiel für eine interne Kennzeichnung einer neuen Forschungschemikalie basierend auf der Mindest-Pauschaleinstufung

Chemikalien _forsch Kennz

Forschungsstoffe gehören aufgrund bestimmter struktureller Ähnlichkeiten gewissen chemischen Stoffklassen an, deren Eigenschaften man in erster Näherung auch für den „neuen Forschungsstoff“ unterstellen sollte. Bei der Abschätzung des Gefährdungspotenzials können auch weitere Stoffeigenschaften einfließen (z. B. für die Flüchtigkeit bei Raumtemperatur die Größe des Moleküls (Molekulargewicht) und die Polarität, für die Reaktivität die Anwesenheit von sehr energiereichen Strukturelementen wie z. B. Peroxid-, Azo-,, Epoxidgruppen usw.)

Bei der Kennzeichnung von Forschungschemikalien ist folgendes zu beachten (TRGS 201 Punkt 4.7)

  • Sie müssen eindeutig identifizierbar sein (mit interner Codierung, Chargennr., Laborjournalnummer o.ä. kennzeichnen.)
  • Rückschluss auf ihre Zusammensetzung muss möglich sein (Laborjournal).
  • Forschungschemikalien werden nicht präventiv überkennzeichnet.
  • Sie werden mit einer Zusatzkennzeichnung versehen, wenn keine Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen vorliegen:

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Aufbewahrung von Chemikalien, Syntheseprodukten und Chemikalienresten

In der Praxis ist es in Chemielaboratorien notwendig, Chemikalien (Vorräte, Produkte, Zwischenstufen, Reste usw.) aufzubewahren oder zu lagern. Die GefStoffV unterscheidet diese beiden Begriffe und sieht unterschiedliche Freiheitsgrade und Randbedingungen vor. Alles, was am Arbeitsplatz steht und zum unmittelbaren Fortgang der Arbeiten dient, wird aufbewahrt. Lagern dagegen entspricht dem Aufbewahren zur einer späteren Verwendung (sowie zur Abgabe an andere oder die Bereitstellung zur Beförderung, wenn die Beförderung an Werktagen nicht innerhalb von 24 Stunden erfolgt).

Gefahrstoffe direkt am Arbeitsplatz erhöhen die Gefahr für die dort beschäftigten Personen. Sie dürfen dort daher nur aufbewahrt werden, wenn sie unmittelbar benötigt werden und dann auch nur so, dass ihr Gefährdungspotenzial berücksichtigt wird. Andernfalls sind sie an sicherer Stelle zu lagern.

Die TRGS 510 regelt die Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern, also dem klassischen Behältertyp in Laboratorien. Grundsätzlich ist man aber immer gut beraten, wenn man Folgendes berücksichtigt: Bei der innerbetrieblichen Bevorratung von Gefahrstoffen sind drei Gruppen von Schutzzielen zu beachten und adäquate Maßnahmen zu ergreifen, nämlich...

  1. mengenunabhängige Basismaßnahmen, die das jeweilige Gefahrenpotenzial generell begrenzen, eine ungewollte Freisetzung verhindern und einer Stoffverwechselung und missbräuchliche Verwendung vorbeugen.
  2. Kontrollen, um gefährliche Veränderungen der Substanzen und Gebinde während der Aufbewahrung und Lagerung zuverlässig zu erkennen und zu verhindern. (Im Fokus: Chemikalienbehältnis, Inhalt, Alterungsprozesse..)
  3. adäquate Zusammen-, Getrennt- oder Separatlagerung, um Auswirkungen bei einer unbeabsichtigten Freisetzung zu begrenzen und um gefährlichen chemischen Wechselwirkungen vorzubeugen.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie im ProfI7/Gefahrstofflagerung  (Link auf Thema 6 Infoblätter). Darin werden auch u.a. die Themen Aufbewahrung und Lagerung von Chemikalien in Laboratorien - Prinzipien und No-Goes, Sicherheitsschränke, Kühl- und Eisschränke; heikle Stoffe, Zugangssicherungen behandelt.

UDE-Angehörigen, die dieses Thema noch weiter vertiefen möchten, können dies im Rahmen der UDE-internen Fortbildung tun. (s. Angebot: „Gefahrstoffe richtig kennzeichnen und lagern“).

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Weitergabe von Chemikalien an Dritte

In der Praxis kann es vorkommen, dass sich KollegInnen eine Chemikalie ausleihen oder eine kleine Menge vom Vorrat abfüllen möchten. Dieser Bitte wird man in den allermeisten Fällen nachkommen können, aber man sollte stets diese drei Randbedingungen im Hinterkopf haben:

  1. Handelt es sich um einen „geregelten Stoff“, also einen, der besonderen behördlichen Abgabe- und Verwendungsbeschränkungen unterliegt, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese eine Weitergabe ausschließen.
  2. Die Übergabe von Chemikalien an Dritte kann formal einem Inverkehrbringen dieser Chemikalie entsprechen, und zwar dann, wenn mit Dritte eine andere Rechtsperson gemeint ist, also eine andere Universität, eine externes Forschungsinstitut, Schule o.ä.   Gibt man dagegen eine "ungeregelte" Chemikalie an KollegInnen z. B. einer anderen Arbeitsgruppe innerhalb der Universität Duisburg-Essen ab, entspricht diese weiterhin einer Nutzung als Endverbraucher im Sinne von REACH: Die Chemikalie wurde an die Rechtsperson der Universität geliefert und wird dann auch weiterhin betriebsintern benutzt (von der gleichen Rechtsperson; kein Inverkehrbringen!)
  3. An das Inverkehrbringen von Gefahrstoffen sind eine ganze Reihe von Vorschriften geknüpft, voran REACH (Meldepflichten, Abgabedetail­regelungen, Sicherheitsdatenblattregelungen …), ChemVerbotsV (zur Abgabe befugte Personen, Dokumentationspflichten, Meldepflichten….), CLP-VO (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnungspflichten)…

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