Nachrufe aus der Fakultät für Geisteswissenschaften

Dr. h.c. Edgar Kamphausen

Kamphausenfoto
Foto: Privat
Das Institut für Anglophone Studien der Universität Duisburg-Essen trauert um Edgar Kamphausen. Mit ihm verliert der Essener Teil der Anglistik eine Schicht ihres Urgesteins, die bis in die Gründungsphase der ehemaligen Universität-Gesamthochschule Essen zurückreicht. Von der Landesregierung in den frühen 1970er Jahren als Akademischer Oberrat von der Ruhr-Universität an die neu gegründete Universität abgeordnet, gehörte er während vieler Jahre ihrem Gründungssenat an und war maßgeblich an der Konzeption der Gesamthochschule als Institution sowie der Anglistik als Fach beteiligt.

Edgar Kamphausen war ein vielbelesener und umfassend gebildeter homme de lettres, dessen Interessenspektrum weit über die Grenzen der Englischen Philologie hinausreichte und Nachbardisziplinen wie Germanistik und Romanistik sowie darüber hinaus die Philosophie, Gesellschafts-, Geschichts- und Kulturwissenschaften einschloss. Dieses weitgefächerte Interesse manifestierte sich materiell in einer wahren Bibliomanie, die im Laufe der Jahre sein Essener Büro in eine Aladinshöhle für jeden Bibliophilen verwandelte,  die bei Kollegen wie Studenten beliebt war, weil er seine Bücherschätze großzügig teilte. In den letzten Jahren seiner aktiven Zeit galt sein besonderes Interesse den akademischen Kontakten mit russischen Universitäten. Die vielfältigen Verdienste, die er dabei erwarb, brachten ihm die Verleihung eines russischen Ehrendoktorgrades ein.

Den Kollegen, die ihm nahestanden, war er ein treuer Freund, Weggefährte und Ratgeber, im Umgang mit Studenten war er von engelsgleicher Geduld und Nachsicht, was ihn zu einem äußerst beliebten akademischen Lehrer machte.

Eine seiner privaten Passionen war der Tabak: Er rauchte alles, was brannte – englischen Pfeifentabak, Zigarillos, Zigarren, schwarze französische Zigaretten. Auf seinen nicht sehr gesunden Nikotinkonsum angesprochen, pflegte er zu sagen, dass ihm an seiner Langlebigkeit nicht sehr viel liege, sei doch der größere Teil seiner männlichen Vorfahren in ihren frühen fünfziger Jahren einem Herzversagen erlegen. Edgar Kamphausen ist im Juli 2024 sanft eingeschlafen. Er wurde siebenundachtzig Jahre alt.

Edgar, thanks for having been around!

Prof. Dr. Erhard Reckwitz
(Universität Duisburg-Essen)

Prof. em. Hermann Sturm

Prof. Hermann Sturm
Foto: Dekanat Geisteswissenschaften
​Ein paar Ältere erinnern sich vielleicht noch: wer in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts in der 2. Etage von Gebäude R12 durch den A- oder B-Flur ging, kam vorbei an einem verglasten Innenraum voller Gebrauchsgegenstände: Radios, Schreibmaschinen, Haartrockner und vieles andere mehr, das noch ein bisschen älter war, als dieser Flur – die Designsammlung des damaligen Fachbereichs 4. Die Sammlung gibt es noch – mittlerweile im Quartier Nord der Folkwang Universität der Künste auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zollverein. Ihr Begründer, der auch ein grundlegendes Buch dazu herausgegeben hat („gestalten gebrauchen erinnern“), ist im Februar wenige Wochen vor seinem 88. Geburtstag verstorben. 

Professor Hermann Sturm war eine prägende Gestalt der ehemaligen Gesamthochschule und Universität Essen. Aufgewachsen im Nordosten Baden-Württembergs, studierte er Kunst, Philosophie und Germanistik in Stuttgart, Berlin und Tübingen. Danach war er Lehrer an verschiedenen württembergischen Schulen und ab 1966 Dozent an den pädagogischen Hochschulen in Wuppertal, Braunschweig und Essen. Dort wurde er 1972 zum Universitäts-Professor der neugegründeten Gesamthochschule ernannt und vertrat bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2001 das Fach Kunst- und Designpädagogik in Lehre und Forschung. Die Folgen seines Wirkens reichen weit über Essen hinaus. Viele seiner ehemaligen Mitarbeiter*innen und Doktorand*innen haben später andernorts Karrieren gemacht. 

Nicht nur als akademischer Lehrer hinterließ Hermann Sturm nachhaltige Spuren. Als Autor und Herausgeber veröffentlichte er Dutzende von Büchern zur ästhetischen Theorie und Praxis. Sein Hauptinteresse galt der noch jungen Disziplin der Designwissenschaft. Sein Buch „Der ästhetische Augenblick“ gehört bis heute zum designwissenschaftlichen Kanon. Außerdem verfasste er zahllose Zeitschriftenartikel und konzipierte einschlägige Ausstellungen in Essen, Duisburg, Basel und anderswo. Er engagierte sich in der akademischen Selbstverwaltung und bei Reform-Versuchen in der Lehrerausbildung und gründet 1998 mit Kolleginnen und Kollegen das „Institut für Kunst und Design“ (IKUD) - als wissenschaftliche Einrichtung der damaligen Fakultät für Kunst und Design mit der Aufgabe, „die Theoriefächer Kunst- und Designwissenschaften zu betreiben, die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Einrichtungen (Museen, Instituten, Sammlungen, De­signzentren, Forschungsstellen) zu verstärken und weiterzuentwickeln“. Dieses Institut leitete er bis zu seiner Emeritierung. Zusammen mit vier Kollegen aus den Politik-, Sozial- und Literaturwissenschaften rief er 1986 „Revierkultur“ ins Leben – eine „Zeitschrift für Gesellschaft, Kunst und Politik im Ballungsraum“. Die hat zwar nach acht Ausgaben ihr Erscheinen wieder eingestellt, ihre Hefte aber sind heute noch hochaktuell. Vielleicht wurde sie einfach zu früh gegründet. Sturms Interesse an regionaler Kultur manifestierte sich auch in der Kampagne gegen den Abriss des historischen Turmhauses der Krupp‘schen Hauptverwaltung. 

Engagement für das Ruhrgebiet und internationale Kooperation war für Hermann Sturm kein Widerspruch. Er importierte das Amt des „artist in residence“, lud ausländische Gastdozent*innen ein, hielt selbst Vorlesungen in den USA und war Gastprofessor in Tokio. Seine schwäbische Herkunft hat er dabei nie verleugnet.

Neben all diesen Aktivitäten fand er immer auch Zeit für die eigene künstlerische Arbeit. Mehrere Einzelausstellungen und Beteiligungen an zahlreichen Gruppenausstellungen bezeugen dies. Sein Nachlass enthält Hunderte von Linolschnitten, Aquarellen, Zeichnungen und Radierungen. 

Hermann Sturm hat die Gründungsideen dieser Hochschule (Theorie-Praxis-Integration, Regionalbezug und Internationalisierung) ernst genommen und gelebt. In einer Zeit, da Kultur- und Geisteswissenschaften hochschulpolitisch in den Hintergrund geraten, ist es gut, an ihn und seine Arbeit zu erinnern.

Prof. Dr. Cordula Meier
(Institut für Kunst- und Designwissenschaft, Folkwang Universität der Künste)

Dr. Hannes Krauss