Personen im Historischen Institut: Isidor Brodersen, M.Ed.
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Isidor Brodersen, M.Ed.
Das Spiel mit der Vergangenheit in der Zweiten Sophistik
Lehrstuhlprojekt
Laufzeit: seit April 2016 laufend
„Füge zu jedem Thema Marathon und Kynegeiros hinzu, ohne die überhaupt nichts geht. Auch soll jedes Mal der Athos durchsegelt, der Hellespont zu Fuß überschritten werden, die Sonne sich wegen der Medergeschosse verfinstern, Xerxes fliehen und Leonidas bewundert werden, […] und auf Salamis, Artemision, Plataiai musst du oft und in dichter Abfolge anspielen.“ (Luc. Rh.Pr. 18.)
Diesen Ratschlag an einen angehenden Rhetor präsentiert im 2. Jahrhundert nach Christus der Satiriker Lukian, nach Kurt Tucholsky ein „frecher Hund“. Daran zeigt sich beispielhaft der hohe Stellenwert der klassischen Vergangenheit für die griechischsprachigen pepaideumenoi im Imperium Romanum des 1.–3. Jahrhunderts n.Chr. Gleichzeitig wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass eben diese Kanonisierung und der Umgang mit ihr nicht in jedem literarischen Kontext gleich interpretiert werden können: Das klassische Griechenland als lieu de mémoire kann gerade im intellektuellen Umfeld der „Zweiten Sophistik“ auch in scherzhafter, ironischer oder anderweitig gebrochener Weise genutzt werden.
Es darf also nicht nur nach dem Stellenwert gefragt werden, den der bis heute wirkmächtige Kanon an klassischen Themen, Personen und Ereignissen für die Konstruktion und Aufrechterhaltung der eigenen griechischen Identität im Imperium Romanum innehatte, etwa in Abgrenzung zu römischen Eliten oder der lokalen Bevölkerung. Vielmehr soll im Rahmen des Projekts untersucht werden, welche literarischen, rhetorischen oder narrativen Strategien eingesetzt werden, um eben diese Identitätsbildung humorvoll und spielerisch zu begleiten, zu kommentieren und zu hinterfragen. Somit soll gezeigt werden, dass gerade unernste Texte einen wesentlichen Beitrag zur Verhandlung der Identität eines pepaideumenos leisten können.