Funktionalität/ Dysfunktionalität von Korruption im Wandel von Gegenwartsgesellschaften
Dem „take-off der Korruptionsbekämpfung“ (von Alemann) in den 1990er Jahren stand als Pendant gleichsam ein „take-off der Korruptionsforschung“ zur Seite. Ungeachtet der nach wie vor bestehenden Dominanz ökonomischer Fragestellungen widmet sich eine wachsende Anzahl der Beiträge auch der Untersuchung politikwissenschaftlicher Kategorien. In der institutionenökonomisch orientierten Korruptionsforschung werden politisch-institutionelle Variablen vornehmlich als erklärende Faktoren für variierende Ausmaße von Korruption betrachtet. Die umgekehrte Frage, welche Wirkungen Korruption auf politisch-institutionelle Prozesse des (System-)Wandels hat, wurde bislang in empirisch-quantitativen Arrangements kaum untersucht und steht auch in small-n-Analysen, die sich spezifisch mit dem Korruptionsproblem beschäftigen, seltener im Fokus systematischerer Untersuchungen.
Vor diesem Hintergrund wurden in der ersten Förderphase des Projekts die Chancen für ein komparativ angelegtes Forschungsprojekt näher erkundet, das diese Leerstellen schließen hilft. Die Wirkungsanalysen sind sowohl auf der Ebene des Systemwandels als auch auf der Ebene der Veränderung gesellschaftlicher Subsysteme (betrachtet für unterschiedliche Systemtypen) angesiedelt.
Die Forschungsfragen sind:
- Wie und auf welche Weise wirkt sich endemische Korruption in Prozessen des Wandels von Gegenwartsgesellschaften auf konkrete politische, administrative und ökonomische Reformvorhaben aus?
- Welchen Einfluss haben Herrschaftsregime und "politische Kultur" als vermittelnde Variable auf diesen Zusammenhang?
Begleitend soll zudem der Frage nachgegangen werden, ob sich die Bewertung des Phänomens Korruption im internationalen Dialog von Wissenschaft und Praxis im Zeitverlauf verändert hat.
Zu den vielversprechenden Zwischenergebnissen zählen bisher:
- die Annahme des Panel Proposals "The (Dys-)Functionality of Corruption in Changing Contemporary Societies: A Comparative Analysis for Industrial, Transforming and Developing Countries" für die Jahrestagung des European Consortium for Political Research (ECPR) in Potsdam (10.-12. September 2009) Neben den KollegInnen der Uni DuE konnten wir mit Prof. Michael Johnston (Colgate University Hamilton, NY), Prof. Tanja Börzel (Freie Universität Berlin, SFB 700) und Prof. Alice N. Sindzingre (CNRS Paris, SOAS London) hochrangige Zusagen gewinnen.
- Parallel zur ECPR-Jahrestagung wird ein Workshop zum State of the Art "Funktionalität und Dysfunktionalität von Korruption im Wandel von Gegenwartsgesellschaften" stattfinden, in dessen Rahmen gemeinsam mit FachkollegInnen anderer Universitäten Optionen für gemeinsame Projekte und DFG-Forschungsanträge diskutiert und konkretisiert werden. Ferner ist geplant, die besten Papers des Workshops sowie der ECPR-Tagung in eine Buchpublikation oder ein Special Issue eines Journals einfließen zu lassen.
- die Erstellung einer Studie zu einem Teilbereich des Themenfeldes mit dem Titel:
- „Korruption und Demokratisierung - Literaturbericht und Forschungsfragen“, die in Kürze als INEF-Report erscheinen wird.
Angesichts der substantiellen Fortschritte wird das Forschungsprojekt auch in der zweiten Antragsrunde des Profilschwerpunkts unterstützt. Hier werden insbesondere das Panel auf der ECPR-Tagung und der Workshop zum "State of the Art" gefördert.