Floor-Crossing in den jungen Demokratien Sub-Sahara Afrikas
Projektbeschreibung
Trotz aller widrigen Rahmenbedingungen und Unkenrufen haben sich demokratische Institutionen in vielen Ländern Sub-Sahara Afrikas relativ gut behauptet. Die positive Einschätzung der Demokratie bezieht sich auf die beiden seit Dahl in der Demokratisierungsforschung als grundlegend angesehenen Dimensionen der Partizipation und des Wettbewerbs, d.h. in den afrikanischen Staaten kommt es zu relativ inklusiven Formen politischer Beteiligung, bei der in einem weitgehend offenen Wettbewerb die führenden Ämter im Staat tatsächlich neu besetzt werden. Eines unter mehreren zentralen Problemen der jungen Demokratien (nicht nur) in Afrika ist die Akzeptanz von Einschränkungen der Regierungsgewalt und von formellen institutionellen Vetospielern. Hierbei ist die Schwäche der Parlamente und der politischen Parteien von besonderer Relevanz.
Das Forschungsprojekt nimmt ein in den afrikanischen Regimen unter unterschiedlichen Begriffen bekanntes Phänomen in den Blick, das des Parteiwechsels von Parlamentsabgeordneten (engl. „floor crossing"). Während in etablierten Demokratien der Parteiwechsel von Parlamentsabgeordneten zur alltäglichen Wirklichkeit gehört und nur wenig Anlass gesehen wird dieses durch entsprechende Regeln zu beeinflussen oder direkt zu sanktionieren, steht man in einigen afrikanischen Ländern dem Phänomen kritischer gegenüber, weil die Parteiensysteme relativ schwach institutionalisiert sind und stetiger Parteiwechsel die Parteien weiter schwächt, das Phänomen eine quantitative Bedeutung annimmt, die die Stabilität von Regierungen, z. T. auch Regimen bedroht, und die Parteiwechsler fast immer von Oppositionsparteien zur Regierung wechseln, d.h. die durch den Wählerwillen festgelegte Gewichte auf breiter Front verschoben werden.
Für das Forschungsvorhaben bietet sich eine Kombination aus large‐n Studie zur Untersuchung bestimmter Effekte (auf Demokratisierung, Stabilität) und von Fallstudien an. Im Rahmen der Fallstudien könnten Effekte auf die jeweils primär betroffenen Parteien genauer nachgezeichnet und mögliche kausale Mechanismen identifiziert werden. Die Grundlage bildet die Erfassung der bestehenden Regeln für alle afrikanischen Länder, in denen es seit 1991 signifikanten Parteienwettbewerb gegeben hat.
Ausgehend von der vorhersehbaren Varianz unterschiedlicher Fälle sollen dann unterschiedliche outcomes geprüft werden. Als vorläufige Forschungsfragen bieten sich an:
- Welche unterschiedlichen Formen der Regulierungen des Parteiwechsels können konzeptionell differenziert werden? Was wird genau untersagt oder erlaubt?
- Welche Formen des Parteiwechsels hat es nach entsprechenden Reformen gegeben, wurden die Regeln überhaupt akzeptiert oder umgangen?
- Welche Auswirkungen haben die Regulierungen auf die Stabilität der Regierungen und die Institutionalisierung des Parteiensystems?
Die Relevanz des Forschungsthemas liegt für Afrikainteressierte auf der Hand, auch wenn institutionelle Reformen bisher nur in einigen wenigen Ländern erfolgten. Daher erscheint trotz großer Konkurrenz ein Antrag bei der DFG als Sachmittelbeihilfe erfolgversprechend.