Digitale Langzeitarchivierung
Überblick
Das Archivgesetz NRW gibt vor, dass neben den herkömmlichen analogen Formaten ( insbesondere die klassischen Papierakten) digitale Unterlagen und Objekte zu archivieren sind (§ 2 Abs. 1). Die Archivierung und Nutzung der an den Hochschulen entstandenen Unterlagen ist von den Hochschulen in eigener Zuständigkeit zu regeln (§ 11 Abs. 1).
Archivwürdige digitale Unterlagen und Objekte werden an den Hochschulen produziert/abgelegt in:
- Fachverfahren (FV), v. a. Enterprise Ressource-Planning und Campus Management Systeme (Lehre-, Studium und Prüfungsverwaltung).
- Dokumentenmanagementsystemen (DMS) für die Führung von E-Akten und zur Abbildung von (Teil-)Prozessen. Die Einführung von DMS wird aktuell an den NRW-Hochschulen im Rahmen der laufenden E-Akte-Projekte stark vorangetrieben. Grundlage hierfür ist das novellierte E-Government-Gesetz NRW, das auch die Hochschulen in die Pflicht nimmt und dort die Einführung der E-Aktenführung und E-Vorgangsbearbeitung bis zum 31.12.2025 vorsieht.
- Vorgangsbearbeitungssystemen.
- Dateisammlungen (z. B. auf Netzlaufwerken, Festplatten und anderen Datenträgern) & Cloud-Systemen (z. B. Sciebo) in mehr oder minder strukturierter Form.
- Webseiten und Social Media-Kanälen.
- virtuellen Arbeitsräumen (z. B. Microsoft Teams, Ilias) & (Email-)Postfächern.
Zur Archivierung digitaler Unterlagen und Objekte wird ein digitales Langzeitarchiv (dLZA) benötigt. Ein dLZA für die öffentlichen Hochschulen NRW hat zum Ziel, die archivwürdigen digitalen Unterlagen der Trägereinrichtungen im Sinne des Archivgesetzes NRW dauerhaft verständlich zu erhalten, ihre Authentizität zu garantieren und den Zugang zu ihnen zu ermöglichen. "Lange Zeit" bedeutet hier grundsätzlich eine unbeschränkte Frist, mindestens aber eine Zeitspanne, welche mehrere Generationen an Hard- und Software überdauert.
Die Anforderungen an ein dLZA für die Archivierung von digitalen Unterlagen und Objekten ergeben sich aus dem OAIS-Referenzmodell. Aus Datensicht geht das Modell von Informationspaketen aus, die neben dem Inhalt (=Primärdaten) beschreibende Informationen (=Metadaten) enthalten. Dabei werden die von der produzierenden Stelle eingelieferten Pakete (SIP) bei der Übernahme in das dLZA in Archiv-Informationspakete (AIP) umgewandelt. Ebenso werden spezielle Informationspakete für den Zugriff im Rahmen der Benutzung von Archivgut gebildet (DIP).
Funktionell werden die sechs Aufgabenbereiche nach OAIS unterschieden:
- Datenübernahme (Ingest)
Hier wird die physische Übernahme von Daten in Containerformaten in das dLZA unter Prüfung von Archivfähigkeit, Vollständigkeit und Unversehrtheit realisiert. Die SIP werden hier in AIP umgewandelt, die archivischen Erschließungsinformationen (inhaltlich-beschreibende Metadaten) werden in den Bereich der Datenverwaltung übernommen.
- Archivspeicher (Storage)
Der Archivspeicher sorgt dafür, dass die AIPs physisch erhalten bleiben. Dazu dienen Maßnahmen der IT-Sicherheit wie redundante Speicherung, Backup und Restore sowie regelmäßige Prüfungen der Datenintegrität.
- Datenverwaltung (Management)
Die Datenverwaltung nimmt die inhaltliche und technische Beschreibung der AIP-Informationen vor. Über die Datenverwaltung können Archivbestände identifiziert, Rechercheanfragen entgegengenommen und bearbeitet werden. Außerdem organisiert sie den Zugang. I.d.R. wird diese Aufgabe durch die Erschließungsprogramme/ Archivinformationssysteme (d.h. die archivischen Fachverfahren) realisiert.
- Zugang (Access)
In diesem Aufgabenbereich werden die Recherche durch Archivbenutzer*innen unterstützt, Anfragen entgegengenommen, verarbeitet und die Ergebnisse in DIPs umgewandelt. Diese werden den Archivbenutzer*innen entsprechend der Berechtigungen zur Verfügung gestellt. Die DIPs können dabei – anders als in analogen Archiven, in denen häufig das Original vorgelegt wird – in verschiedenen Ausprägungen (Repräsentationen) generiert werden (z. B. als Bildschirm-Vorschau oder als Druckversion).
- Erhaltungsplanung (Preservation Planning)
Die Erhaltungsplanung dient der Entwicklung und Umsetzung konkreter Erhaltungsmethoden. So muss z. B. die Erneuerung veralteter AIP-Datenformate organisiert werden, wobei Fragen der Format-Konvertierung sowie des Erhalts von Integrität und ggf. Rechtsverbindlichkeit bedeutsam sind. In dem hier beschriebenen Konzept ist dabei v.a. die Migrationsstrategie berücksichtigt.
- Systemverwaltung (Administration).
Hier werden die Verwaltung von Konfigurationseinstellungen, Organisation der Beziehungen der Komponenten untereinander und Überwachung der Zugriffsrechte realisiert.