Forschungsrichtung Thermoelektrik
Ansprechpartner: Prof. Dr. Roland Schmechel
Die direkte Umwandlung von Wärmeströmen in elektrische Energie ist nicht unbedingt die effizienteste Art aber eine relativ robuste Art, da keine mechanischen Komponenten erforderlich sind. Für die autonome Energieversorgung von Sensoren und Aktuatoren ist die direkte Umwandlung daher durchaus eine Option. Bis zu einigen hundert Grad Heißseiten-Temperatur liefert die Thermoelektrik auch eine recht beachtliche Leistungsdichte. Bei noch höheren Temperaturen oberhalb von 1000K wird für die Thermoelektrik der direkte Kontakt zum Wärmemedium zunehmend eine Herausforderung.
Abschätzung der erreichbaren elektrischen Leistungsdichten für Thermoelektrik (TE), Thermophotovoltaik (TPV) und Nahfeld-Thermophotovoltaik (NF-TPV) in Abhängigkeit von der Heiß-Seiten-Temperatur unter Berücksichtigung endlicher thermischer Ankopplung. (Details siehe: Irene Ambo Okanimba Tedah, D. Wolf, R. Schmechel 2019 J. Phys. D: Appl. Phys. 52 275501 (Open Access))
Ein Alternative könnte in diesem Temperaturbereich die Thermophotovoltaik sein, da sie keinen direkten Kontakt zum heißen Medium benötigt, stattdessen aber die Wärmestrahlung mit einer photovoltaischen Zelle in elektrische Energie umwandelt (siehe Abbildung). Die elektrischen Leistungsdichten werden vergleichbar oder übersteigen sogar die der thermoelektrischen Generatoren. Moderne Entwicklungen nutzen das Strahlungsnahfeld aus und können so auch bei bereits geringeren Temperaturen beachtliche Leistungsdichten erreichen.
Das Suchen nach neuartigen oder alternativen Konzepten zur direkten Umwandlung von Wärmeströmen und das Abschätzen derer physikalischer Grenzen ist ein wesentlicher Teil unserer Aktivitäten im Bereich Thermoelektrik.
Die Sicherstellung einer umweltfreundlichen Energieversorgung ist eines der zentralen Probleme dieses Jahrhunderts. Energieeinsparkonzepte und die Rückgewinnung von Energie durch intelligentes Abwärmemanagement sind wesentliche Bestandteile eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen. Thermogeneratoren können Abwärme in nutzbare elektrische Energie wandeln. Von Industrieseite wird in dieser Technologie ein realistisches Einsparpotential gesehen. Die Voraussetzung für die Nutzbarmachung ist allerdings die Verfügbarkeit effizienter Wandlermaterialien im industriellen Maßstab, die momentan noch nicht gegeben ist.
Die Anforderungen an die Materialentwicklung sind jedoch klar: Thermowandler müssen einen hohen intrinsischen Materialwirkungsgrad aufweisen, aus einem auch für Massenproduktion geeigneten, verfügbaren Rohmaterial synthetisierbar sein und eine hohe Langzeitstabilität besitzen.
Ein hoher intrinsischer Materialwirkungsgrad lässt sich durch Nanostrukturierung des Materials erreichen. Hintergrund ist die Forderung, dass das Wandlermaterial sowohl eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit aufweisen sollte, um den Innenwiderstand des Generators zu reduzieren, als auch eine sehr schlechte Wärmeleitfähigkeit, sodass die Abwärme nicht ungenutzt durch Wärmeleitung verloren geht. Diese gegenläufigen Forderungen erfordern ein Materialdesign auf der Nanometerskala, wie es durch die Methoden der Nanotechnologie möglich ist.
In unserer Gruppe verfolgen wir verschiedene Ansätze, nanoskalige thermoelektrische Materialien zu entwickeln oder zu optimieren. Silizium ist ein Halbleiter, der als nicht nanostrukturiertes, kristallines Material eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit aufweist und daher nur einen sehr schlechten Wirkungsgrad als thermoelektrischer Wandler zeigt. Startet man von Silizium-Nanopartikeln und kompaktiert diese zu einem nanoskaligen Körper, kann man dadurch die Effizienz verbessern: Die Korngrenzen wirken als Streuzentren für Phononen und reduzieren somit die Wärmeleitung. Würde es gelingen, diese Effizienz soweit zu optimieren, dass das Material konkurrenzfähig wird, hätte man einen thermoelektrischen Wandler, der aus ungiftigem, im Überfluss vorhandenem Rohmaterial hergestellt wird! (SPP 1386 und NETZ)
Allerdings ist Silizium per se natürlich sehr oxidationsanfällig. Daher versuchen wir ebenfalls, oxidische Halbleiter für Hochtemperaturanwendungen zu entwickeln. Oxide sind zwar meist schlechtere Transportmaterialien als z.B. klassische Halbleiter wie Silizium und Germanium, aber dafür eben wesentlich robuster in realistischen Einsatzsituationen.
Forschungshighlights:
Strom-Sintern von Nanopartikeln
Unser nanoskaliges Silizium wird durch einen Strom-Sinter-Prozess verdichtet. Kürzlich ist es in einer kombinierten experimentellen und theoretischen Arbeit gelungen zu zeigen, wie Perkolationseffekte in der Pulverschüttung die sich ausbildende Mikrostruktur beim Sintern beeinflussen: An den Strompfaden, die sich durch das Nanopulver ziehen, wird Joulsche Wärme freigesetzt. Es entstehen Hot-Spots an Stellen, an denen der Widerstand am größten ist. Hier schmilzt das Material auf und kann sich umlagern, was zur Verdichtung der Probe führt. Dichteschwankungen entlang der Strompfade sind daher charakteristisch für auf diese Weise gesinterte Proben.
Da thermoelektrisches Nanopulver versintert wird, spielt darüber hinaus der Peltier-Effekt eine große Rolle beim Sintern. An der Grenzfläche zwischen Nanopulver und Graphitelektrode wird entweder Peltier-Wärme deponiert oder aber entnommen, wodurch ein Temperaturgradient entlang der Pressrichtung entsteht. Dieser hat erhebliche Auswirkungen auf die Probenmorphologie sowie die elektrischen Eigenschaften.
Literatur:
Pn Übergänge für die Thermoelektrik
Ein bislang wenig untersuchtes Themengebiet im Bereich der Thermoelektrik ist das Verhalten von pn-Übergängen, wenn diese zusätzlich einen parallel zu Grenzfläche angelegten Temperaturgradienten ausgesetzt sind.
Lassen sich hier zusätzliche Spannungsbeiträge messen? Lassen sich solche Strukturen praktisch anwenden? Dann müsste das Design von Thermoelektrischen Generatoren TEG's neu überdacht werden.
a) Herkömmliche thermoelektrische Vorrichtung. b) PN-Verbindungs-TEG mit elektrischen Kontakten auf der kalten Seite.
Generatorbau
Der Bau eines auf nanokristallinen Siliziums bestehenden Thermogenerators wird in einem AiF-Kooperations-Projekt (AiF-Projekt in Kooperation mit dem IUTA und der SLV) durchgeführt. Von dem Kooperationspartner IUTA werden hoch dotierte Silizium-Nanopartikel in einem skalierbaren Gasphasenprozess synthetisiert. Die Nanopartikel werden mittels Stromsintern (Spark-Plasma-Sintern) zu Festkörpern kompaktiert, welche auch nach dem Sintern die nanoskalige Natur der Partikel aufweisen [1].
Für den Generatorbau wird das so erhaltene nanokristalline Silizium anschließend elektrochemisch metallisiert und in die notwendige Geometrie (viele kleine Klötzchen) gebracht [2]. Die Klötzchen werden dann vom Kooperationspartner SLV mittels Silbersintern zu thermoelektrischen Generatoren gefügt (siehe Bild).
Metallisierte Silizium-Thermoelemente
Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde eine solcher Generator mit 100 Elementen (Klötzchen) charakterisiert. Der Generator hielt eine Messung bei einer Heißseitentemperatur von 600 °C und einer Kaltseitentemperatur von 300 °C bei einem Druck von 1.5 MPa gut aus und lieferte dabei eine elektrische Leistung von 1 W.
TEG
Innovationspreis NRW 2014
Für die Entwicklung eines thermoelektrischen Generators aus umweltfreundlichem Material wurde Dr. Gabi Schierning am 10. März 2014 mit dem Innovationspreis NRW 2014 in der Kategorie „Nachwuchs“ ausgezeichnet.