Projekte Inklusion (Vertiefung)
Deutsch Inklusiv
Implementation fachdidaktischer Konzepte für einen inklusiven Deutschunterricht
Das zentrale Ziel des Projektes besteht darin, neue bzw. ergänzende, inklusionsrelevante Lehrinhalte zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren, die relativ zwanglos in die bestehende Modulstruktur integriert werden können. Wir gehen zunächst von einem weiten Begriff von Inklusion aus, wonach es um eine ganze Reihe von in- bzw. exkludierenden Kategorien geht (z. B. soziale Herkunft, Gender, Migrationshintergrund), nicht nur um die der „Behinderung“ und deren Facetten. Die Studierenden sollen lernen, dass unter dem Label „Inklusion“ eine Erweiterung des in allen Schulformen und -stufen ohnehin anzutreffenden Heterogenitätsspektrums intendiert ist. Sie sollen auch lernen, dass Labels wie „Behinderung“ umstritten sind, dass es also semantische Kämpfe gibt, die sich unterschiedlichen Interessenlagen verdanken. Sie sollen erkennen, dass das „Labeling“ von Kindern und Jugendlichen im Wesentlichen testabhängig ist und dass Testergebnisse divergieren können.
Vorgesehen ist zunächst ein Vertiefungs- bzw. Wahlbereich für etwa 20 Prozent der Grundschulstudierenden. Dafür kommen, so erste Überlegungen, fachdidaktische und fachwissenschaftliche Veranstaltungen in Betracht, die bislang im 4. und 6. Bachelor-Semester und im 1. Master-Semester angesiedelt sind. Darüber hinaus sind das Praxissemester und die Begleitveranstaltung dazu im 2. Master-Semester und die Master-Arbeit für die Thematik relevant.
Zur Umsetzung des Vorhabens ist die fachinterne Abstimmung des Lehrkonzeptes im Sinne eines belastbaren Commitments der Lehrenden von zentraler Bedeutung. Das Projekt wendet sich dabei an alle in der Germanistik Lehrenden. Ca. 15 Kolleg*innen haben bereits ihr Interesse zur Mitarbeit bekundet. Sie werden darüber diskutieren, ob die Vorüberlegungen haltbar sind. Dabei haben sie zu bedenken, was auf zentraler Ebene bereits vorentschieden wurde:
Es sollen in erster Linie Kinder in Betracht kommen, die die Förderschwerpunkte „Lernen“, „Emotionale und soziale Entwicklung“ und „Spezifische Sprachentwicklungsstörung“ haben.
Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ sind, bezogen auf das Fach Deutsch, in erster Linie solche mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (bzw. „Legasthenie“). Es bietet sich an, im Rahmen des Moduls „Einführung in den Schriftspracherwerb“ im 4. Bachelor-Semester eine Lehrveranstaltung mit dem Arbeitstitel „Förderung der Lesekompetenz in inklusiven Lerngruppen, speziell Förderschwerpunkt Lernen“ vorzusehen. Sollte dieser Vorschlag fachintern akzeptiert werden, werden im Wintersemester 2017 und in der vorlesungsfreien Zeit einzelne Sitzungen dieser Lehrveranstaltung von Projektmitarbeiterinnen und interessierten Kolleg*innen detailliert vorbereitet und es werden Konzepte für eine formative und summative Evaluation erarbeitet. Fest vereinbart ist eine Kooperation mit Kollegin Annemarie Fritz-Stratmann (Bildungswissenschaften) und ihren Mitarbeiter*innen. Möglichst in einer gemeinsamen Lehrveranstaltung sollen die Studierenden etwas über strukturell ähnliche, aber auch spezifische Aspekte von „Legasthenie“ und „Dyskalkulie“ erfahren.
„Spezifische Sprachentwicklungsstörungen“ können im 6. Bachelor-Semester im Rahmen eines Moduls „Spracherwerb“ unter dem Arbeitstitel „‘Normaler‘ und ‚gestörter‘ Spracherwerb und spezifische Entwicklungsstörungen“ curricularer Bestandteil werden.
Für Lehrpersonen ist der Umgang mit Schüler*innen, denen Förderbedarf im Bereich „Emotionale und soziale Entwicklung“ attestiert wurde, besonders belastend. Bislang gibt es im 1. Master-Semester eine Wahlveranstaltung „Der Kompetenzbereich ‚Sprechen und Zuhören‘ in der Grundschule“. Sie könnte zukünftig spezifiziert werden unter dem Titel „Kommunikation im Deutschunterricht und die Förderung emotional-sozialer Kompetenzen“.
Akzeptieren die Kolleg*innen diese Zuordnungsvorschläge, werden in Arbeitsgruppen mittelfristig die entsprechenden Curricula und Lehrveranstaltungen geplant. Voraussetzung ist eine gründliche Einarbeitung in die jeweilige Thematik. Den Projektmitarbeiterinnen obliegt die Sichtung der einschlägigen Literatur, die dann den weiteren Interessierten zugänglich gemacht wird.
Es wird angestrebt, dass der Vertiefungs- bzw. Wahlbereich bis zum Ende der Förderperiode 2019 voll etabliert ist.
Zwei der genannten vier Angebote – diejenigen zu den Bereichen „Lernen“ und „Emotionale und soziale Entwicklung“ – sollen, die Zustimmung der Fachkolleg*innen vorausgesetzt, bis zum Wintersemester 2018/19 als Pflichtangebot für alle Studierenden des Grundschullehramts entwickelt, erprobt und evaluiert werden.
Das Konzept zielt auf Nachhaltigkeit, insofern von Anfang an alle interessierten Fachkolleg*innen angesprochen sind. Wenn sie die Erfahrung machen, den Prozess mitsteuern zu können, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie die neuen Lehrinhalte auch nach dem Ende der Förderung aufrechterhalten bzw. weiterentwickeln.