Gender-Report 2016 erschienen
Professorinnen braucht das Land!
- von Amela Radetinac
- 24.01.2017
Zwei von drei Studierenden, die ihr Medizinstudium erfolgreich abschließen, sind Frauen. Doch nicht einmal jede sechste Professur an Universitätskliniken und Medizinischen Fakultäten in NRW wird weiblich besetzt. Warum das so ist, und wie das verändert werden kann, thematisiert das Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW an der Universität Duisburg-Essen (UDE) erstmalig im gerade veröffentlichten Gender-Report 2016. Gefördert durch das NRW-Wissenschaftsministerium erscheint er alle drei Jahre.
„Jungen Ärztinnen wird unterstellt, dass sie zukünftig vor allem für die Familie da sein wollen – damit werden sie häufig von einer Karriereförderung ausgeschlossen“, erläutert Dr. Beate Kortendiek von der Koordinations- und Forschungsstelle des Netzwerks. Gleichzeitig machten Frauen zu wenig auf sich aufmerksam, forderten nicht genug. Und Frauen, die tatsächlich Beruf und Familie vereinbaren wollen, schreckten vor den ausgedehnten und unplanbaren Arbeitszeiten zurück. Die Hochschulmedizin könne aber nicht auf qualifizierte Frauen verzichten.
Um die Chancen auf eine wissenschaftliche Karriere in der Medizin für Frauen zu erhöhen, rät das Netzwerk den Hochschulen zum Beispiel dazu, vorab besser über Wege in die Professur zu informieren, proaktiv zu rekrutieren sowie Arbeitszeit- und Organisationsmodelle zu schaffen, die es zulassen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Mehr Betreuungsplätze für Kleinkinder beispielsweise sollte es auch an Hochschulen geben. Denn was sich in der Medizin zuspitzt, betrifft die Wissenschaftskarriere grundsätzlich: Auf den höheren Stufen sind immer noch wenig Frauen zu finden.
Insgesamt gibt es an den Hochschulen ebenso viele Absolventinnen wie Absolventen, Professuren gehen aber nur zu einem knappen Viertel an Frauen. Doch: Über die Juniorprofessur schaffen seit Beginn des Jahrzehnts deutlich mehr Frauen den Einstieg in die Wissenschaftskarriere: Hier machen sie 44 Prozent aus. „Wissenschaftskarrieren müssen planbarer werden“, sagt Kortendiek, „Arbeitsverträge sollten entfristet und Förderprogramme für Frauen installiert werden. An den Gleichstellungsplänen muss permanent und dezentral weitergearbeitet, Erfolge und Fehlschläge müssen kontrolliert und gesteuert werden.“
Seit 2014 sieht das Hochschulzukunftsgesetz eine Gleichstellungsquote für die Besetzung von Professuren vor. Dies wird bereits in der Hälfte der nordrhein-westfälischen Hochschulen praktiziert, auch die anderen Hochschulen befinden sich im Umsetzungsprozess. Gesetzliche Quotenregelungen sind auch für die geschlechterparitätische Besetzung von Hochschulgremien hilfreich. So sind inzwischen bereits 42 % der Hochschulräte weiblich.
NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze: „Der Gender-Report zeigt, dass wir mit den verbindlicheren gesetzlichen Vorgaben des Hochschulzukunftsgesetzes auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel sind. Daneben bleibt die gezielte Förderung von Wissenschaftlerinnen weiter dringend erforderlich. Denn wir können es uns nicht leisten, auf das hochqualifizierte und überaus motivierte Potential junger Frauen zu verzichten. Gerade die Befunde im Bereich der Hochschulmedizin belegen das deutlich.“
Am 8. März werden die Ergebnisse der Studie auf dem Gender Kongress mit Hochschulleitungen, Gleichstellungsbeauftragten, Menschen aus Wissenschaft, Medizin, Politik und Verwaltung diskutiert und gemeinsam Strategien für mehr Chancengerechtigkeit entwickelt.
Weitere Informationen:
http://www.genderreport-hochschulen.nrw.de/fileadmin/media/media-genderreport/download/Gender-Report_2016/Gender-Report_2016_f_web.pdf
Dr. Beate Kortendiek, Fakultät für Bildungswissenschaften, Tel. 0201/183-6134, beate.kortendiek@netzwerk-fgf.nrw.de
Redaktion:
Amela Radetinac, Tel. 0203/379-1488