Institutionelle Probleme der Eingliederung
Integration durch Bildung
- von Claudia Braczko
- 01.02.2017
Bildung gilt als der Schlüssel zur Integration von Geflüchteten: die Schule besuchen, dabei Deutsch lernen und einen Abschluss machen, weiter dann mit Ausbildung oder Studium. Eine Vielzahl von Förderprogrammen wurde aufgelegt und zahlreiche Institutionen sind beteiligt – aber im Dschungel von Bildungsangeboten und Zuständigkeiten mangelt es an Abstimmung. Auf besondere Bedürfnisse in der Flüchtlingssituation wird wenig Rücksicht genommen und „insbesondere zugewanderte Jugendliche mit einem hohen Bildungsanspruch könnten zu kurz kommen“, kritisiert Prof. Dr. Sybille-Stöbe-Blossey vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Integration durch Bildung fängt mit der Schulpflicht – und dem Recht auf Schule – an. Jeder unter 18-Jährige ist schulpflichtig. Auf lokaler Ebene müssen die Schulaufsicht, die Schulverwaltungsämter in Städten, Gemeinden und Kreisen, die Kommunalen Integrationszentren und nicht zuletzt die einzelnen Schulen zusammenarbeiten, um Schulplätze für die Jugendlichen zu organisieren. Das zeigte Prof. Sybille Stöbe-Blossey bei der Vorstellung erster Ergebnisse eines Projekts zur Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge auf, das durch das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung gefördert wird.
Das Angebot an Bildungsgängen ist groß: Es reicht von verschiedenen Vorbereitungsklassen über die Integration in Regelklassen mit begleitenden Sprachfördergruppen bis hin zu „Internationalen Förderklassen“ an den Berufskollegs für ältere Jugendliche. Die Geflüchteten brauchen aber vor allem eine Beratung, denn das deutsche Bildungssystem mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist schon für hier aufgewachsene junge Menschen oft schwer durchschaubar.
Für Jugendliche, die durch die Flucht ihre Schullaufbahn unterbrechen mussten und das Potenzial haben, ihr Abitur zu machen, könnte es sich als Sackgasse erweisen, warnt die Bildungsexpertin: „Viele Programme zielen darauf ab, möglichst viele Jugendliche für das duale Ausbildungssystem zu gewinnen, und es gibt Hochschulen, die Interesse an denjenigen mit Abitur haben, – aber es gibt eine Gruppe dazwischen, die durchs Rost fallen könnte!“
Nach der ersten Zuweisung zu einer Schule gilt es also die Übergänge in den Blick zu nehmen – von der „Seiteneinsteigerphase“ ins Regelsystem und zu weiterführenden Bildungsabschlüssen ebenso wie von der Schule in Ausbildung und Studium. Für Jugendliche, die in NRW aufwachsen, gibt es ab der 8. Klasse eine systematische Vorbereitung und Begleitung von Übergängen durch die Berufs- und Studienorientierung im Rahmen des Landesprogramms „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA).
Angesichts der Zuwanderung wurde das Konzept durch „KAoA-Kompakt“ ergänzt. Jugendliche können Elemente wie Potenzialanalysen und Berufsfelderkundungen bis zur 10. Klasse nachholen. „Das ist ein richtiger Schritt“, so Sybille Stöbe-Blossey, „gebraucht würde aber eher ein KAoA-Plus, ein migrationssensibles Konzept, das auf die besondere Situation von Geflüchteten abgestimmt wäre.“ Dieses Konzept müsste Möglichkeiten für den Erwerb weiterführender Bildungsabschlüsse ebenso berücksichtigen wie die Unterstützung bei der Aufnahme und dem Abschluss einer Ausbildung.
Weitere Informationen:
http://www.iaq.uni-due.de/aktuell/presse/2017/170201.php
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Tel.: 0203/379-1805, sybille.stoebe-blossey@uni-due.de
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Claudia Braczko, Tel. 0157/71283308, presse-iaq@uni-due.de