Zwischenergebnisse zum IAQ-Projekt
Junge Flüchtlinge in der Schule
- von Ulrike Bohnsack
- 11.07.2017
Die Integration jugendlicher Flüchtlinge muss in den Kommunen von vielen verschiedenen Akteuren gemeinsam bewältigt werden. Dafür gibt es keine fertigen Konzepte, und die Koordinierung wird in den Städten und Kreisen sehr unterschiedlich gehandhabt. Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) untersucht, wie bei der Berufsorientierung kooperiert wird und welche Probleme und möglichen Lösungen es gibt. Hierzu haben die Wissenschaftler jetzt Zwischenergebnisse vorgelegt.
Auf Landesebene gilt es generell als förderlich für die Integration, wenn Flüchtlinge möglichst schnell in Regelklassen eingegliedert werden. In der Praxis stellen ihre sehr unterschiedlichen Kompetenzen, Lese- und Sprachkenntnisse allerdings eine Herausforderung dar. Insbesondere für Jugendliche, die noch nicht oder zumindest nicht in lateinischer Schrift alphabetisiert sind, haben sich inzwischen spezielle Angebote als sinnvoll erwiesen. Die Schulen versuchen häufig, Klassen auf verschiedenen Niveaustufen zusammenzustellen. Wie das gehandhabt wird, hängt stark von der lokalen Schullandschaft ab, hat das IAQ festgestellt. Welcher Schule die Jugendlichen zugewiesen werden, ist oft – vor allem bei großen Zahlen von neu Zugewanderten – eher von den Kapazitäten der Schulen als von den Interessen und Potenzialen der Jugendlichen beeinflusst.
Da bei vielen Flüchtlingen die auf maximal zwei Jahre angelegte besondere (Sprach-)Förderung zu Ende geht, wird der Übergang nun umso wichtiger. „Hier müssen individuelle Wege in die weitere Schulbildung oder die Berufsausbildung gefunden werden, die den Potenzialen der Jugendlichen entsprechen“, sagt Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey. Sie leitet den IAQ-Forschungsschwerpunkt Bildung und Erziehung im Strukturwandel. „Um die jungen Menschen zu beraten und zu begleiten, brauchen die Schulen Unterstützung. Bewährt haben sich hier zum Beispiel lokale Info-Tage oder auch gemeinsame Übergangskonferenzen unter Beteiligung von Jugendhilfe und Arbeitsverwaltung.“
Besonders problematisch ist die Situation der über 18-Jährigen. Da sie nicht mehr schulpflichtig sind, können sie nur dann die internationalen Förderklassen besuchen, wenn sie gleichzeitig an einer Arbeitsmarkt-Maßnahme teilnehmen. Ob sie diese bekommen, hängt aber vom Aufenthaltsstatus ab. „Für viele entstehen auf diese Weise Versorgungslücken, die vor allem bei unterbrochenen Schullaufbahnen und fehlenden Schulabschlüssen gravierend sind“, kritisiert Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey.
In vielen Kommunen werden Maßnahmen entwickelt, um Schulen, Arbeitsverwaltung und Jugendhilfe zu verknüpfen und nicht zuletzt die lokale Wirtschaft zu involvieren. So können Lösungen im Einzelfall gefunden und gezielte Angebote geschaffen werden.
Notwendig sind allerdings landesweite Regelungen – vor allem sollte die Schulpflicht für Jugendliche, die noch keinen Schulabschluss haben, bis zum 21. oder 25. Lebensjahr erweitert werden. „Dies ist ein wichtiger Schritt für eine nachhaltige Integration junger Menschen, der auch im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung vorgesehen ist. Aber die Schulpflicht allein reicht nicht aus, Ressourcen und Regelungen für Schulabschlüsse sind ebenso wichtig“.
Das IAQ-Projekt „Kooperation von Akteuren vorbeugender Sozialpolitik: Eine Analyse am Beispiel der Berufsorientierung jugendlicher Flüchtlinge“ wird vom Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW, Düsseldorf) gefördert.
Weitere Informationen: http://www.iaq.uni-due.de/iaq-forschung/2017/fo2017-04.php
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Tel. 0203/379-1805; sybille.stoebe-blossey@uni-due.de
Redaktion: Claudia Braczko, Tel. 0157/71283308, claudia.braczko@uni-due.de