Internationale Tagung über die Liebe

Herzenssache

  • von Ulrike Bohnsack
  • 04.09.2017

Dating-App oder romantischer Brief, auf ewig Dein oder offene Beziehung: Um das wohl schönste Gefühl der Welt dreht sich eine Tagung an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Nichts weniger als die Liebe bringt am 21. und 22. September an die 60 Wissenschaftler zusammen. Sie tauschen sich darüber aus, wie sich die Auffassung von Liebe seit dem Barock verändert hat.

Eine Herzensangelegenheit ist diese Tagung für die Organisatoren Frank Becker und Elke Reinhardt-Becker. Er Geschichtsprofessor, sie promovierte Literaturwissenschaftlerin (und miteinander verheiratet) haben sich seit langem diesem Thema verschrieben, das ebenso Soziologen, Kultur- und Kommunikationswissenschaftler beschäftigt.

Romantische Liebe – eine Erfindung der Moderne

„Die westliche Kultur ist von ‚Liebe‘ besessen“, findet Elke Reinhardt-Becker. „Besonders die Medien inszenieren permanent Geschichten und erfinden neue Formen von Beziehungen, die zu Leitbildern für die Gesellschaft werden.“ Die große Sehnsucht nach dem einen wahren Gefühl ist indes erst rund 200 Jahre alt. „Davor hatte die Liebe einen anderen Stellenwert; sie war etwas, was sich außerhalb der Ehe abspielte. Oft hatte sie etwas Zerstörerisches. Erst in der Romantik kam auf, was wir mit ihr verbinden: das Streben nach dauerhaft tiefem Verstehen, durch das sich auch die eigene Identität stabilisiert.“

Heute kann man aus einem ganzen Pool an Konzepten wählen: Wie eine Beziehung angebahnt wird, wer sie mit wem eingeht und wie man sie lebt, ist nicht durch Geburt, Religion und Kultur bestimmt; familiäre und andere Zwänge haben sich abgeschwächt.

Welche Liebes- und Lebensmodelle sind wirklich neu?

‚Postmodernen Multividualismus‘ nennt Historiker Frank Becker die Grundlage für die große Wahlfreiheit. „Was diese für den Einzelnen und die Gesellschaft bedeutet, welche Liebes- und Lebensmodelle es gibt, interessiert uns. Man muss aber genau hinschauen, was wirklich neu ist. Viele Elemente aus der Vergangenheit tauchen nämlich heute wieder auf.“

Bei der Tagung betrachten die Forscher deshalb historische Romane ebenso wie illustrierte Magazine der Weimarer Republik und Gegenwartsliteratur, außerdem Popmusik, Filme und – natürlich – das Fernsehen. Sie befassen sich mit der bunten Gesellschaft, konkret mit Migration, Homosexualität und Transgender: Wie l(i)eben binationale Paare? Und sind die queeren Romanzen anders?

Die Tagung „Liebeserfindungen, Liebesempfindungen. Semantiken der Liebe zwischen Kontinuität und Wandel – vom Barock bis zur Gegenwart“ findet im Glaspavillon am Campus Essen statt.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Frank Becker, Institut für Geschichte, Tel. 0201/183-3579, frank.becker@uni-due.de
Dr. Elke Reinhardt-Becker, Institut für Germanistik, Tel. 0201/183-3423 elke.reinhardt-becker@uni-due.de

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