Jugend und Politik zusammenbringen
Das geht mich an!
- von Amela Radetinac
- 18.10.2017
Junge Erwachsene gehen seltener wählen oder engagieren sich in Parteien – ist ihnen Politik egal? Ganz und gar nicht. Das Institut für Berufs- und Weiterbildung der Universität Duisburg-Essen (UDE) stellte nun im Projekt „Jugend partizipiert“ fest, dass sie sich durchaus mit politischen Themen auseinandersetzen. Aber: Zwischen Jugend und Politik liegt tatsächlich eine Kluft. Diese zu ergründen und zu überbrücken, war Ziel des Projekts, das die Landeszentrale für politische Bildung NRW initiierte und das nun abgeschlossen wurde.
Mit sieben verschiedenen Schulen in NRW arbeiteten außerschulische Träger der politischen Bildung im letzten Schuljahr zusammen – richteten an Haupt-, Real- und Gesamtschulen wie auch an Gymnasien Politik-AGs ein, Wahlpflichtfächer oder Projektkurse. Die zu behandelnden Themen legten die rund 75 Teilnehmenden der Jahrgangsstufen 8 bis 12 selbst fest. An der Herbert-Grillo-Gesamtschule Duisburg-Marxloh etwa interessierten sich die Schüler für Politik auf kommunaler Ebene und setzten sich für mehr jugendgerechte Räume ein, beispielsweise eine Eisdiele. Am Schiller-Gymnasium in Köln-Sülz entschieden sich die Jugendlichen für die Themen Islamischer Staat und Legalisierung von Cannabis.
Fremde Lebenswelten
Im Laufe der mehrjährigen Untersuchungen beobachteten und befragten die UDE-Wissenschaftler die Jugend. Das Besondere: Es wurden auch Begegnungen und Befragungen mit Politikern arrangiert. „Wir konnten feststellen, dass nicht nur Jugendliche die Politik häufig als ‚fremde Welt‘ wahrnehmen, sondern auch den politischen Akteuren die Lebenswelten der Jugendlichen ‚fremd‘ sind“, erläutert Prof. Dr. Helmut Bremer von der UDE. Es gibt zu wenig Berührungspunkte. Wobei besonders Jugendliche aus sozial weniger privilegiertem Umfeld dazu neigen, sich selbst auszuschließen, da sie den Umgang mit Politik kaum gewohnt sind.
Indem sich die jungen Leute in den Arbeitsgruppen jedoch aktiv mit politischen Prozessen und relevanten Themen beschäftigten, sich darüber hinaus mit Mandatsträgern austauschten, wuchs ihre Bereitschaft zum Engagement, erhöhte sich ihr Interesse an Politik und schärfte sich die Urteilsbildung. „Sie sind selbstsicherer geworden und haben das Gefühl gewonnen, dass sie etwas bewegen können“, resümiert das Forscherteam. „Gerade sozial Benachteiligte profitieren von aktiven Erfahrungen“, so Bremer, „ein konstanter Austausch zwischen Politikern und Jugendlichen kann die wechselseitige Distanz deutlich verringern.“
Das Projekt „Jugend partizipiert“, das in den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 durchgeführt wurde, schließt an die Pilotstudie „Jugend für Politik gewinnen“ aus den Jahren 2013/14 und 2014/15 an. Die Ergebnisse hieraus konnten bestätigt und erweitert werden.
Weitere Informationen: https://www.uni-due.de/biwi/politische-bildung/jugendpartizipiert
Prof. Dr. Helmut Bremer, Institut für Berufs- und Weiterbildung, Tel. 0201/183-2210, helmut.bremer@uni-due.de
Redaktion: Amela Radetinac, Tel. 0203/379-2429
Im Bild (oben):
Schülerinnen der Herber-Grillo-Gesamtschule Duisburg-Marxloh mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir (im Eiswagen re.).