Buch zum DFG Projekt
Ruhrgebietsliteratur seit 1960
- von Daniela Endrulat
- 13.12.2019
Das Revier hat viel zu erzählen, das zeigt sich auch an seinen Romanen oder Theaterstücken. Bislang gab es aber keine systematische Darstellung seiner Literatur. UDE-Germanisten haben diese Lücke nun geschlossen: Das Buch Ruhrgebietsliteratur seit 1960. Eine Geschichte nach Knotenpunkten präsentiert die gesamte Bandbreite an Texten, die zwischen 1960 und 2010 entstanden ist. Es nimmt Weichenstellungen, Umbrüche, Ereignisse und Entwicklungslinien literaturhistorisch in den Blick.
Autoren sind die vier UDE-Wissenschaftler Prof. Dr. Rolf Parr, Prof. Dr. Werner Jung, Dr. Britta Caspers und Dr. Dirk Hallenberger. Auf rund 600 Seiten zeigen sie am Beispiel von Texten bekannter und weniger bekannter Schriftsteller, welche Entwicklung die Literatur des Ruhrgebiets seit Beginn der 1960er Jahre genommen hat.
Von Max von der Grün bis Frank Goosen
Im Fokus stehen Romane, Erzählungen, Gedichte, Theaterstücke, Krimis und Dokumentartexte mit ihren Bezügen zum Ruhrgebiet. Darunter Werke von Max von der Grün, Jürgen von Manger, Brigitte Kronauer oder auch Frank Goosen. Gemeinsam haben alle Autoren, dass sie entweder im Ruhrgebiet zu Hause waren, noch hier leben oder aus der Ferne über das Revier schreiben.
Bei der Analyse gingen die Wissenschaftler nicht chronologisch oder nach Autoren geordnet vor. „Stattdessen haben wir einzelne Knotenpunkten festgemacht: Ereignisse, die eine besondere Strahlkraft nach außen hatten und die Ruhrgebietsliteratur beeinflusst haben", sagt Prof. Dr. Rolf Parr.
Dazu zählen u.a. die Etablierung des Themas Industrielle Arbeitswelt im Revier durch die Dortmunder Gruppe 61, die zunehmende Bedeutung der Literatur von Migranten oder die Geburt eines Erfolgsgenres: 1975 veröffentlichte Jürgen Lodemann den ersten Regionalkrimi. Auch das Kulturhauptstadtjahr 2010 hatte Einfluss auf die Ruhrgebietsliteratur.
Größerer Leserkreis
Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts interessierten sich die Germanisten der UDE vor allem für drei Aspekte: Welche Entwicklungslinien gibt es? Wo finden sich Brüche? Welche Ereignisse beeinflussten Literaturbetrieb und Schriftsteller?
„Die Ruhrgebietsliteratur entwickelt sich von den 1960er Jahren bis heute sehr stark im Hinblick auf die Leserschaft", so Parr. „Anfangs richteten sich die Texte vor allem an das eigene Umfeld, z.B. an andere Bergleute. Der Leserkreis war sehr begrenzt. Mit der Zeit interessierten sich aber immer mehr Menschen dafür, weit über das Revier hinaus." Auch die Genres veränderten sich – weg von dokumentarischer, realistischer Literatur hin zu Pop-Literatur, experimentellen Texten und Zukunftsszenarien.
Strukturwandel auch in der Literatur
Für große Veränderungen und Brüche sorgten das Zechenschließen und der damit verbundene Strukturwandel in der Region. Ein Aspekt bleibt jedoch über die Jahre hinweg unverändert: die Frage der Ruhrgebietsidentität. „Diese versuchen die Autoren seit etwa 2010 vor allem in der Abgrenzung zum Rest der Republik herzustellen", sagt Parr. „Verschlägt es ihre Protagonisten nach Berlin, Düsseldorf oder München, so fühlen sie sich nach ihrer Rückkehr ins Revier immer besonders glücklich, wieder zu Hause zu sein."
Der Ansatz des Bandes „Ruhrgebietsliteratur seit 1960. Eine Geschichte nach Knotenpunkten" lässt sich auch auf andere Regionen übertragen und liefert somit ein Modell für regionale Literaturgeschichtsschreibung.
Hinweis:
Redaktionen wenden sich wegen eines Rezensionsexemplars an: Ute Hechtfischer, hechtfischer@metzlerverlag.de
Weitere Informationen:
https://www.uni-due.de/germanistik/parr/ruhrgebietsliteratur
Prof. Dr. Rolf Parr, Germanistik/Literatur- und Medienwissenschaft, Tel. 0201/18 3-3426, rolf.parr@uni-due.de
Redaktion: Daniela Endrulat, Tel. 0203/37 9-2429, presse@uni-due.de