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Familie und Corona

Zurück zu alten Rollenmustern?

  • von Ulrike Bohnsack
  • 06.08.2020

Drängt die Corona-Krise Frauen wieder in alte Rollenbilder? Um das herauszufinden, haben Soziologieprofessorin Anja Steinbach und ihr Kölner Kollege Karsten Hank in einer Studie untersucht, wie Paare Hausarbeit und Kinderbetreuung vor und während der Pandemie aufgeteilt haben. Die Befürchtungen, es gebe einen Rückschritt, scheinen demnach unbegründet. Dennoch werden die Aufgaben keinesfalls gleichberechtigt übernommen.

Die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern ist kein neues, Corona-bedingtes Phänomen in Deutschland, sagen die beiden Autoren. Schon vor Corona waren bei 60 Prozent der von ihnen befragten Paare hauptsächlich oder ausschließlich die Frauen für Hausarbeit und Kinderbetreuung verantwortlich.

Verschiebungen

Die Krise hat allerdings für gewisse Verschiebungen gesorgt: Der Anteil der Frauen wie auch der Männer, die sich nur der Hausarbeit und Kinderbetreuung widmen, ist während der Pandemie gestiegen. In eigentlich gleichberechtigten Beziehungen haben Partnerinnen stärker die überwiegende oder sogar gesamte Verantwortung übernommen. Wenn Männer ihren Anteil steigerten, erreichten sie dadurch meist erst eine gleichgewichtige Arbeitsteilung.

Anja Steinbach ordnet die Studienergebnisse so ein: „Der Beitrag der Partnerin zu Aufgaben in Haushalt und Familie scheint unabhängig von ihrer zeitlichen Belastung durch Erwerbstätigkeit zu sein, während Männer ihren Anteil flexibel anpassen (können), wenn sich ihre Arbeitszeit verändert. Ihr Beitrag erscheint also in der Partnerschaft stärker verhandelbar zu sein als jener der Frau.“

Rollentausch

Steinbach betont, dass sie keine generelle Re-Traditionalisierung der Geschlechterbeziehungen durch die Corona-Krise feststellen konnten. Vielmehr seien in Paarbeziehungen „unterschiedliche Anpassungsprozesse an die veränderten Rahmenbedingungen zu beobachten“. Diese führten zwar zum Teil tatsächlich dazu, dass die Partnerin sich stärker in die traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter einfindet. Andererseits ist der Anteil jener Paare gestiegen, in denen die herkömmlichen Rollen getauscht wurden und der Mann mehr Verantwortung für Haushalt und Kinder übernimmt.

Nicht COVID-19 verursache die insgesamt eher klassische Arbeitsteilung in Haushalt und Familie, sagt Karsten Hank, „sondern die immer noch stark traditionell geprägten Rollenbilder und institutionellen Strukturen hierzulande.“

Die Ergebnisse der Studie sind im Journal of Family Research veröffentlicht:
DOI: 10.20377/jfr-488, https://ubp.uni-bamberg.de/jfr/index.php/jfr/article/view/488/438

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Anja Steinbach, Soziologie, Tel. 0203/37 9-1344 anja.steinbach@uni-due.de

 

 

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