Puppe statt Partnerin?
Sexpuppen und Frauenbild
- 20.03.2023
Der Markt für hochpreisige Sexpuppen, sogenannte „Real Dolls“, wächst seit Jahren, die Pandemie hat das beschleunigt. Welche Einstellungen haben die Besitzer der Puppen gegenüber echten Frauen und welche Auswirkung hat die Puppennutzung auf ihr eigenes Leben? Das haben Prof. Dr. Johannes Fuß und Jeanne Desbuleux vom Institut für Forensische Psychiatrie und Sexualforschung der LVR-Universitätsklinik Essen untersucht, das zur Medizinischen Fakultät der UDE gehört. Heraus kam unter anderem: Je stärker die Puppe als Mensch gesehen wird, desto negativer fällt das Frauenbild aus. Das Journal of Sex Research berichtet.
Die Puppen werden kontrovers diskutiert. „Die einen befürchten, dass die zunehmende Ähnlichkeit zu Menschen dafür sorgt, dass Nutzer auch echte Frauen stärker als Objekt wahrnehmen“, erklärt Johannes Fuß, Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie und Sexualforschung. „Die anderen hingegen hoffen, dass die Puppen Personen bei der Auslebung ihrer Sexualität helfen könnten, für die dies mit anderen Menschen nicht möglich ist.“ Derzeit richten sich Sexpuppen besonders an heterosexuelle Männer, die sie entweder nur als Sexspielzeug nutzen oder mit der Real Doll in einer Art partnerschaftlicher Beziehung leben.
Das Forschungsteam befragte 217 heterosexuelle Männer zwischen 18 und 77, die eine solche Puppe besitzen. Das Ergebnis: Fast 24 Prozent gaben an, ihr Verhalten gegenüber Frauen habe sich geändert. Vor allem Männer, die mit einer Sexpuppe partnerschaftlich zusammenleben, fühlten sich von Frauen unabhängiger und interessierten sich weniger für eine echte Partnerschaft. Die Körper echter potenzieller Partnerinnen fanden sie weniger attraktiv.
„Darüber hinaus gaben fast 9 Prozent der Befragten sexistische oder objektifizierende Antworten. Allerdings berichteten circa 6 Prozent der Probanden, dass sich ihr Frauenbild seit Puppennutzung verbessert habe“, erläutert die Sexualwissenschaftlerin Jeanne Desbuleux, die die Studie mit Fuß durchgeführt hat. „Frauenfeindliche Denkmuster sind in unserer Gesellschaft jedoch leider Alltag, sodass wir nicht wissen, ob der Real Doll eine ursächliche Rolle zukommt“, führt sie aus. Insgesamt zeigten die Ergebnisse der Studie, dass die Zuschreibung typisch menschlicher Gefühle wie Liebe, Eifersucht und sexueller Erregung auf die Puppe mit einer frauenfeindlichen Einstellung einhergehe. Dieses Phänomen trete vor allem bei denen auf, die mit ihrer Puppe eine partnerschaftliche Beziehung führen.
Link zur Originalveröffentlichung: https://doi.org/10.1080/00224499.2022.2103071
Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. Johannes Fuß, LVR-Universitätsklinik Essen, Institut für Forensische Psychiatrie und Sexualforschung, johannes.fuss@uni-due.de
Redaktion: Dr. Milena Hänisch, Tel. 0201/723-1615, milena.haenisch@uk-essen.de