Elternbeiträge zur Kinderbetreuung
Arme Familien weiter benachteiligt
- von Katja Goepel
- 07.08.2023
Die Bundesregierung unterstützt mit dem Gute-KiTa-Gesetz die Weiterentwicklung der Kinderbetreuung in KiTa und Tagespflege seit 2019 mit zusätzlichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt und will damit unter anderem die soziale Teilhabe verbessern. Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey und ihr Team vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der UDE haben die bisherigen Maßnahmen ausgewertet und sehen weiteren Handlungsbedarf.
Mit dem Ende der Sommerpause wird der zweite Evaluationsbericht zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes im Parlament diskutiert. Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass eine Reihe von Maßnahmen zu einer guten Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung geführt haben. Allerdings ergeben sich mit Blick auf die soziale Teilhabe noch starke Defizite. Zwar hat die vollständige Beitragsbefreiung für Familien, die Grundsicherung oder andere Transferleistungen (Wohngeld, Kinderzuschlag) beziehen, zu einer spürbaren Entlastung geführt. Jedoch konnte eine Verbesserung der Situation von Eltern mit geringem Erwerbseinkommen noch nicht festgestellt werden: Benachteiligte Familien müssen nach wie vor einen überproportional hohen Anteil ihres Haushaltseinkommens für die Betreuung ihrer Kinder aufwenden. In einigen Bundesländern zahlen sie genauso hohe Beiträge wie Besserverdienende.
Die Bundesregierung betont deshalb in ihrer Stellungnahme, dass insbesondere „Familien mit geringem Erwerbseinkommen, die nicht die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung erfüllen, stärker entlastet werden [müssten]“. Eine verpflichtende Staffelung der Beiträge nach Einkommen scheiterte jedoch erneut am Widerstand der Bundesländer. Auch in Nordrhein-Westfalen, wo eine solche Staffelung bereits vorgeschrieben ist, gibt es Probleme. In vielen Kommunen, beispielsweise im Ruhrgebiet, wo die Haushalte stark belastet sind, zahlen Familien mit eigenem Erwerbseinkommen besonders hohe Beiträge – dies trifft auch Geringverdienende.
„Die aktuellen Beitragsregelungen werden dem Anspruch auf Stärkung der sozialen Teilhabe leider in keiner Weise gerecht“, kritisiert Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey. Einen Beitrag zur Lösung dieses Problems könnte die Wohngeldreform von Ende 2022 leisten. Diese hat den Kreis der Familien mit Anspruch auf Wohngeld erheblich ausgeweitet. „Fraglich ist aber, ob die betroffenen Familien wissen, dass sie, wenn ihr Wohngeldantrag bewilligt ist, auch Anspruch auf den beitragsfreien Kita-Besuch haben“, so Stöbe-Blossey. Offen bleibt ebenfalls, wie strukturschwache Kommunen die Beitragsbefreiungen finanzieren können, ohne die Beiträge für Familien mit einem Einkommen oberhalb der Befreiungsgrenzen noch weiter zu erhöhen.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey, IAQ, Tel. 0203 37 9-1807, sybille.stoebe-blossey@uni-due.de