© UDE/Fabian Strauch

Schlüsseltechnologie vorantreiben

Doris Segets erforscht Materialien für die Energiewende

Winzige Nanopartikel versprechen vor allem eines: die Energiewende möglich zu machen. Damit die Entwicklung der Partikel schneller voran geht, möchte UDE-Professorin Dr. Doris Segets Künstliche Intelligenz einsetzen. Im Gespräch erklärt die Wissenschaftlerin, wie sie die Nanomaterialien, die in der Laborumgebung wunderbar funktionieren, für die Industrie nutzbar machen will – beispielsweise für den Hochlauf von Wasserstoff.

Frau Professor Segets, Sie sind Chemieingenieurin und damit Expertin in einer Disziplin, die als Schlüsseltechnologie für die Energiewende gilt. Woran forschen Sie genau?

Ich arbeite mit Nanopartikeln. Das heißt, ich konzentriere mich auf die Herstellung und Prozessierung von Materialien. Prozessierung bedeutet, dass wir nicht nur die Partikel entsprechend ihrer nötigen Eigenschaften bauen, sondern sie auch weiterentwickeln. Aus Partikel machen wir Suprapartikel und letzten Endes auch strukturierte Schichten, wie zum Beispiel Elektroden. Die braucht es z.B. für die Wasserstoffelektrolyse. Bisher bestehen die Katalysatoren in Elektroden, die die Wasserstoffherstellung in Gang bringen, aus Edelmetallen. Die sind teuer und schwer verfügbar. Daher entwickeln wir an der UDE edelmetallfreie Katalysatoren. Ein ähnliches Ressourcenproblem gibt es übrigens auch bei der Windenergie, denn in den Rotoren werden Permanentmagnete auf Basis seltener Erden verbaut. Auch dafür brauchen wir günstige und leicht verfügbare neue Materialien.

Was ist so besonders an Ihrer Forschung an der UDE und der Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum?

Was mich antreibt ist die Frage, wie können wir das was im Labor im Kleinstmaßstab funktioniert in die große Skala bringen, also fit für die Industrie machen? Angesichts des kleinen Zeitfensters, das der Klimawandel uns für die Energiewende noch lässt ist es unglaublich wichtig, dass wir hier schnell vorankommen. Und dafür haben wir das richtige Team.

Haben Sie schon Antworten auf diese Frage gefunden?

Ja, wir haben eine evidenzbasierte Lösung gefunden, bei der wir glauben, dass sie großes Potenzial hat, Edelmetalle und seltene Erden zu ersetzen. Unsere Idee sind compositionally complex materials. Sie zeichnen sich durch nahezu unendliche Kombinationsmöglichkeiten aus. Wir konstruieren das Nanomaterial nicht aus einem oder zwei Elementen, sondern aus sehr vielen. Dieses Mischen erlaubt es, völlig neue Eigenschaften zu erzeugen. Aber: wenn wir fünf Elemente in einem Material kombinieren wollen, dann bekommen wir schnell über 2 Millionen Kombinationsmöglichkeiten, d.h. der Parameterraum explodiert. Und wir brauchen neue Wege um die Aufgabe zu bewältigen.

Und wie identifizieren Sie in dieser unendlichen Spanne das Material mit den passenden Eigenschaften?

Ohne eine gute Systematik wäre das die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aber mit dem richtigen System können wir den Heuhaufen schnell kleiner machen. Dafür wollen wir Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen. Die KI füttern wir mit Systemdaten, also Daten entlang der Materialsynthese.

Welche Art von Daten sind dafür beispielhaft?

Das sind zum Beispiel Daten, die fehlerhafte Eigenschaften beschreiben, die man von vorne herein nicht im Material haben möchte. Ein Beispiel wäre ein Katalysator, der sich unter Reaktionsbedingungen, also bei 80 Grad Celsius und einem pH-Wert von 2 auflöst. Diesen könnte man zukünftig durch Betrachtung der Löslichkeit ausschließen.

Lernen aus Fehlern ist also die Devise?

Ja, unbedingt! Die Wissenschaft konzentriert sich oft auf das, was funktioniert. Man kann aber noch mehr lernen, wenn man versteht, warum etwas nicht funktioniert. Und diesen Grund anschließend in physikalische Parameter überführen. Ich glaube, dass wir durch die Kombination aus künstlicher Intelligenz, neuartigen Materialien die auf dem gezielten Mischen von Elementen basieren und dem Verständnis wie sich diese Materialien in einem System verhalten, den Durchbruch in der Materialentwicklung für die Energiewende schaffen können.

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