HY Summit im Ruhrgebiet
Drei Fragen an Prof. Dr. Christof Schulz
- von Juliana Fischer
- 18.09.2023
Beim HY Summit kommt das „who is who“ aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft im Wasserstoffsektor zusammen. Eine ganz zentrale Frage beim Wasserstoffkongress: Wie kann der Wasserstoffhochlauf gelingen? Prof. Dr. Christof Schulz erklärt, welche Technologien die Wissenschaft für den industriellen Maßstab entwickelt und wie das die Wasserstoffproduktion unabhängig von teuren Edelmetallen macht.
Das Ruhrgebiet gilt als Wasserstoffhochburg. Was macht die Region so interessant und welche wissenschaftlichen Einrichtungen und Kooperationen ermöglichen exzellente Wasserstoffforschung?
Das Ruhrgebiet versteht, kann, und braucht Wasserstoff. Das Verstehen wird durch eine Forschungslandschaft mit einer europaweit einzigartigen Dichte an Universitäten, Max-Planck-Instituten, und technologienahen Forschungseinrichtungen kontinuierlich weiterentwickelt. Das Können ergibt sich aus der interdisziplinären Kooperation der Forschungspartner, die grundlegende Erkenntnis zügig technologisch umsetzen, oft in Zusammenarbeit mit den zahlreichen Industriepartnern der Region. Und zwar sowohl auf der Seite der Herstellung und Nutzung von Wasserstoff als auch auf der Seite der Entwicklung und Produktion der nächsten Generationen der dafür erforderlichen Anlagen und Technologien. Das Brauchen ist offensichtlich für eine Metropolregion mit energieintensiver Industrie und 5 Millionen Bewohner:innen, von denen sich viele Sorgen machen, dass ein „weiter so“ nicht funktionieren kann.
Die Elektrolyse kommt bisher nicht ohne Edelmetalle als Katalysatoren aus. Edelmetalle sind nicht nur teuer, sondern es gibt auch Sorgen, ob sie überhaupt in den erforderlichen Mengen gefördert werden können. Gibt es Alternativen?
Hier gibt es spannende neue Forschung, die zeigt, dass man durch die Kombination von zahlreichen kostengünstigen und verfügbaren Elementen in Legierungen und Oxiden vergleichbare oder sogar bessere Eigenschaften als mit Edelmetallen erreichen kann. Bei der „Materialentdeckung“ durch Simulation und Hochdurchsatzexperimente entstehen jedoch unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten. Der Ansatz unserer Kooperationspartner an der Ruhr-Universität Bochum liefert da einen Wegweiser in einem ansonsten fast unendlichen Suchfeld. Damit wissen wir, für welche Materialklassen wir Synthese und Verarbeitung weiterentwickeln müssen, um die vorhergesagten Materialkandidaten im Anwendungskontext erproben zu können. Gemeinsam finden wir die Schnittmenge von „theoretisch Vorstellbarem“ und dem „praktisch Umsetzbaren“. Mithilfe neuer Methoden der Datenwissenschaften und des maschinellen Lernens finden wir gemeinsam die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen und können die vielfältigen Informationen bestmöglich nutzen. Dieser Schulterschluss ist ganz entscheidend, die Entwicklung von einsetzbaren Materialien und neuen Technologien zu beschleunigen. In der Vergangenheit hat die Entwicklung von Höchstleistungsmaterialien Jahrzehnte gedauert – diese Zeit können wir uns in der derzeitigen Situation nicht mehr erlauben.
Seit 2005 gibt es an der UDE das Center for Nanointegration (CENIDE), das die dringend benötigten Materialien für die Energiewende liefern möchte. Welche Materialien für welche Energieanwendungen sind das?
CENIDE ist in den letzten Jahren auf über 90 Arbeitsgruppen mit über 500 Forscherinnen und Forschern in Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften, Biologie und Medizin angewachsen. Materialien für Energie sind nicht das einzige – aber ein ganz wichtiges Thema. Hier hat CENIDE mit der Universität ja auch deutlich sichtbar in den Forschungsbau NanoEnergieTechnikZentrum, NETZ, investiert, der dieser Tage sein zehnjähriges Jubiläum feiert. Wichtige Schwerpunkte sind die Herstellung, das Verstehen und das Prozessieren von Materialien für die Elektrokatalyse mit stark verringertem Edelmetallanteil. Ein weiterer CENIDE-Schwerpunkt sind magnetische Materialien: Denn das Kernstück in Windkraft und Elektromobilität sind Hochleistungsmagneten, bei denen die zunehmend knapper werdenden Komponenten Neodym und Dysprosium Sorgen machen. Hierfür forschen wir an Alternativen. Aber auch für Batteriematerialen gibt es eine lange Tradition in NETZ, insbesondere hinsichtlich der Herstellung in skalierbaren Gasphasenprozessen. Auch die Interaktion von Materialien mit Licht ist im Blick, sowohl in Hinblick auf Perowskit-Photovoltaik als auch effiziente Lichtemitter. Diese wichtige Fragestellung, was neue Materialien zur Energiewende beitragen können, wird auch im neu gegründeten Research Center Future Energy Materials and Systems verfolgt, das uns im Rahmen der Research Alliance Ruhr eng mit den Universitäten in Bochum und Dortmund verbindet.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christof Schulz, Tel. 0203 37 98163, christof.schulz@uni-due.de