Nature-Veröffentlichung bestätigt Theorie
Sternengeburt in einer fernen Galaxie
- von Jennifer Meina
- 30.11.2023
Über 160.000 Lichtjahre von uns entfernt gibt es auffallende Parallelen zu unserer Milchstraße: Obwohl Umgebung und Bedingungen unterschiedlich sind, entstehen die Himmelskörper auf gleiche Art und Weise. Prof. Dr. Rolf Kuiper von der UDE gelang diese Entdeckung mit Kolleg:innen aus England und den USA mit einem Blick in eine andere Galaxie. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature– und bestätigt damit frühere Beobachtungen und gängige Theorien.
Sterne und Planeten in unserer Milchstraße entstehen aus gigantischen Wolken aus Gas und Staub. Zu Beginn ziehen sich die Wolken aufgrund ihrer eigenen Gravitation zusammen. Dabei verdichtet sich das Gas und Staub zu einer flachen rotierenden Scheibe, der Akkretionsscheibe. In ihrer Mitte entsteht ein junger Stern – um den später die Planeten oder weitere Sterne kreisen. Innerhalb dieser rotierenden Scheibe kollidieren und verschmelzen Staubkörner und mehr und mehr Materie entsteht. Schließlich erreichen diese eine ausreichende Größe, um selbst genug Schwerkraft zu erzeugen und sich zu vollwertigen Planeten zu formen. Dieser Prozess erstreckt sich über einen langen Zeitraum von Millionen bis Milliarden von Jahren.
Prof. Rolf Kuiper, an der Universität Duisburg-Essen (UDE) Professor für Theoretische Physik mit dem Schwerpunkt Planetenforschung, fokussiert seine Forschung auf die Akkretionsscheiben. Denn diese wurden bisher nur um Sterne in unserer eigenen Galaxie entdeckt. Das Team nutzte dazu eines der weltweit leistungsfähigsten Teleskope: ALMA steht in der chilenischen Atacama Wüste, wird von der ESO (European Southern Observatory) zusammen mit internationalen Partnern betrieben und funktioniert wie ein gigantisches Zoom-Objektiv. Damit lässt sich das Universum im Millimeter- und Submillimeterbereich des elektromagnetischen Spektrums mit noch nie dagewesener Sensitivität und Auflösung erforschen.
Mit seinen Kolleg:innen konnte er nun mit der neuesten Konfiguration des ALMA-Teleskops zum ersten Mal nachweisen, dass eine Akkretionsscheibe ebenfalls um einen Stern außerhalb unserer Galaxie rotiert, in der Großen Magellanschen Wolke. „Das weist darauf hin, dass Sterne in anderen Galaxien ähnlich entstehen wie bei uns“, sagt Kuiper. Der Hauptunterschied besteht darin, dass das System aus Stern, Jet und Scheibe in diesem Fall optisch sichtbar ist und nicht, wie bei einem jungen massereichen Stern zu erwarten, tief in ihrer Ursprungswolke eingebettet ist. Die Erklärung: Die Umgebung ist anders als unsere, es gibt weniger schwere Elemente und weniger Staub. „Das hilft uns, noch besser zu verstehen, wie Sterne und Planeten entstehen.“
Bereits 2018 veröffentlichte das Team Forschungserkenntnisse, in denen sie den Jet nachweisen konnte, der zu diesem Stern und zu seiner Akkretionsscheibe gehört. Das Forschungsteam schlussfolgerte, dass massereiche Sterne wahrscheinlich auf ähnliche Weise wie massearme Sterne entstehen, indem sie Material von Scheiben um sich herum aufnehmen. Das bedeutet, dass die gleichen physikalischen Gesetze für Sterne unabhängig von ihrer Größe gelten. Diese Theorie konnte durch die neusten Beobachtungen nun ebenfalls bestätigt werden.
Bild:
Mithilfe des ALMA-Teleskops konnten die Wissenschaftler:innen nun eine Scheibe um einen jungen massereichen Stern in einer anderen Galaxie beobachten. Das Bild zeigt die Mutterwolke LHA 120-N 180B, in der dieses System (HH 1177) erstmals beobachtet wurde. Das Bild in der Mitte zeigt den Jet, der das System begleiten. Der obere Teil des Jets ist leicht auf uns gerichtet (blau); der untere Teil entfernt sich von uns (rot). Die Aufnahmen (r.) enthüllten damit die rotierende Scheibe um den Stern, deren Seiten sich ebenfalls auf uns zu und von uns wegbewegen.
Weitere Informationen:
Hier geht es zum Artikel:https://www.nature.com/articles/s41586-023-06790-2
https://www.uni-due.de/physik/agk/
Prof. Dr. rer. nat. Rolf Kuiper, Fakultät für Physik, rolf.kuiper@uni-due.de
Redaktion: Jennifer Meina, Tel. 0203/379-1205, jennifer.meina@uni-due.de