Enhancing connectivity of rivers and floodplains, reducing flood risks and enhancing biodiversity, is among the prime aims of the Nature Restoration Law.
© Your Captain Luchtfotografie/Irvin van Hemert

Das EU-Parlament stimmt Anfang 2024 ab

Wie kann Europa seine Natur wiederherstellen?

Anfang 2024 wird das Europäische Parlament endgültig über das „Gesetz zur Wiederherstellung der Natur“ abstimmen. Die international einzigartige und heiß diskutierte Verordnung hat das Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt in Europa aufzuhalten und umzukehren. Ein internationales Team von Wissenschaftler:innen unter Leitung der UDE hat untersucht, wie erfolgsversprechend dieses Gesetz ist. Der Artikel wird am 14. Dezember in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Das „Gesetz zur Wiederherstellung der Natur“ (Nature Restoration Law, NRL) verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, bis 2030 wirkungsvolle Renaturierungsmaßnahmen zu ergreifen: bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen und bis 2050 in allen Ökosystemen, die einer Wiederherstellung bedürfen. Zentrale Punkte betreffen die Wiedervernässung entwässerter Moore sowie die Erholung von Bestäuberpopulationen. Das NRL hat im EU-Parlament bereits mehrere Hürden genommen: Zuletzt wurde es vom Umweltausschuss des EU-Parlaments gebilligt, nachdem Delegationen des Parlaments und des Rates den endgültigen Text verhandelt hatten. Für Anfang 2024 ist nun die Abstimmung des Europäischen Parlaments über das NRL geplant.

Aber wird die Verordnung ihre Ziele wirklich erreichen? Die Autor:innen der Studie sind ausgewiesene Expert:innen, die große europäische Projekte zur Renaturierung und zur biologischen Vielfalt leiten. Sie haben die Erfahrungen mit anderen europäischen Umweltrichtlinien und -strategien analysiert und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten der NRL bewertet.

„Das NRL verfolgt viele erfolgsversprechende Ansätze und verdeutlicht, dass die EU Kommission von Erfahrungen mit ähnlichen Rechtsvorschriften gelernt hat. Ein zentraler Aspekt dabei: Mit der Konstruktion des NRL umgeht die EU-Kommission mehrere Fallstricke, die die Umsetzung europäischer Politiken und Verordnungen oft behindern", sagt Prof. Dr. Daniel Hering von der Universität Duisburg-Essen, Erstautor der Studie. „Die Verordnung definiert klare Ziele und Zeitpläne und legt die Umsetzungsschritte fest. Sie muss zudem nicht, wie eine Richtlinie, formal in nationales Recht umgesetzt werden und spart damit Zeit.“ Dennoch wird die konkrete Umsetzung auf der Ebene der Mitgliedsstaaten für den Erfolg des NRL entscheidend sein. „Während die Ziele des EU-Gesetzes genau definiert und verbindlich sind, müssen die Schritte zu ihrer Erreichung im Detail von den europäischen Ländern entschieden und durchgeführt werden, und die meisten von ihnen sind freiwillig“, erläutert Prof. Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), einer der Autoren der Studie.

Ein weiterer erfolgsentscheidender Aspekt: Die Zusammenarbeit der Politik mit den Landnutzer:innen, insbesondere mit der Landwirtschaft. „Die intensive Landwirtschaft ist nach wie vor eine der Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt in Europa", ordnet der Senior-Autor Guy Pe'er ein. „Aber die Ziele der Landwirtschaft und der Renaturierung könnten miteinander verknüpft werden, so dass beide Seiten davon profitieren können. Die Landwirtschaft profitiert direkt von gesunden Böden und sich erholenden Bestäuberpopulationen sowie von einem verbesserten Landschaftswasserhaushalt – das zeigt, wie sich die Ziele des NRL mit einem Nutzen für die Landwirtschaft verbinden lassen.“ Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass ein Einsatz von Fördermitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU auch zur Zielerreichung des NRL entscheidend sein wird: eine in Fachwelt und Anwendung kontrovers diskutierte These.

Insgesamt bewerten die Autor:innen das NRL positiv. Sie machen jedoch deutlich, dass eine ehrgeizige nationale Umsetzung und die Zusammenarbeit mit Wirtschaftssektoren wie der Landwirtschaft letztlich über den Erfolg der Renaturierung in Europa entscheiden werden.

Im Bild: Die Vernetzung von Flüssen und ihren Auen, ein wichtiges Ziel des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur, reduziert das Risiko von Überschwemmungen und steigert die Biodiversität.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Daniel Hering, Lehrstuhl für Aquatische Ökologie, Universität Duisburg-Essen, Tel.: 0201/18 3-3084, daniel.hering@uni-due.de

Dr. Guy Pe’er, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Deutsches Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), guy.peer@ufz.de

DOI: www.science.org/doi/10.1126/science.adk1658

Redaktion: Astrid Bergmeister, Pressesprecherin und Leiterin Ressort Presse, Tel. 0203/37 9-2430, astrid.bergmeister@uni-due.de
 

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