Bauarbeiter bei der Arbeit
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Werkverträge begünstigen undurchsichtige Firmenstrukturen

Zunehmende Parallelwelten am Arbeitsmarkt

  • von Katja Goepel
  • 15.04.2024

In arbeitsintensiven Branchen wie dem Baugewerbe und der Schiffbauindustrie werden immer mehr Arbeitnehmer:innen über Werkverträge angestellt. Aufträge werden dabei an Subunternehmen vergeben, die diese teilweise ihrerseits weitervergeben. So entstehen undurchsichtige Subunternehmensketten, die das eigentliche Arbeitsverhältnis verschleiern. Das spart Unternehmen Kosten, führt jedoch zu wachsender Ungleichheit am Arbeitsmarkt. Zu diesem Ergebnis kommen mehrere aktuelle Studien des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen.  

Transnationale Arbeitsmärkte begünstigen die Vergabe von Aufträgen an nicht-tarifgebundene Subunternehmen, die diese ihrerseits weitervergeben können. Häufig wissen nicht einmal die Beschäftigten, für welche Firma sie eigentlich tätig sind. So etabliert sich eine zunehmende Parallelwelt am Arbeitsmarkt, stellen die Wissenschaftler:innen der Forschungsabteilung Prekarisierung, Regulierung und Arbeitsqualität (PreRA) des IAQ fest.

Für ihre aktuellen Studien haben Dr. Karen Jaehrling und Frederic Hüttenhoff zwei Branchen genauer untersucht: Im Bereich Schiffsbau führten sie 23 Interviews mit Expert:innen, insbesondere der IG Metall, Betriebsräten und Beratungs- und Unterstützungsstellen für Arbeitsmigrant:innen. Auch mit Mitgliedern des Baugewerbes u.a. mit den beiden Arbeitgeberverbänden, der IG BAU sowie mit Arbeitgebern und Betriebsräten in ausgewählten Baubetrieben unterschiedlicher Größe, wurden 35 Interviews geführt. Zusätzlich zu ihren Erfahrungen befragt wurden rumänischen Bauarbeiter sowie gewerkschaftlich organisierte Zöllner:innen.

Im Bauhauptgewerbe lässt sich demnach eine Ausweitung der Nutzung von Subunternehmen feststellen. „Die Vergabe von Aufträgen an Werkvertragsfirmen erfolgt häufig nicht aufgrund von höherer Fachkompetenz, sondern zur Kostenreduktion und Gewinnmaximierung durch niedrigere Löhne, Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und unbezahlte Überstunden“, erläutert Frederic Hüttenhoff. Die mehrheitlich migrantischen Arbeitskräfte würden kurzfristig über Werksvertragsfirmen angestellt und daher deutlich schlechter bezahlt als ihre fest angestellten Kolleg:innen. Zudem hätten sie häufig keinerlei Zugang zu gewerkschaftlichen Organisationen. „Es etabliert sich zunehmend eine Parallelwelt aus prekären Beschäftigungsverhältnissen, die sich durch ihre undurchsichtige Unternehmensstruktur staatlichen Kontrollen weitgehend entzieht“, so Dr. Karen Jaehrling. Auch auf deutschen Werften werden Arbeitnehmer:innen über Werkverträge oder als Leiharbeiter:innen angestellt.

Für die transnational agierenden Subunternehmen gelten unterschiedliche Regelungen, was externe Kontrollen erschwert. Deshalb haben Gewerkschaften, Betriebsräte und Beratungsorganisationen in den untersuchten Branchen angefangen, sich ebenfalls transnationaler auszurichten. Dennoch stoßen diese immer wieder an Grenzen, die nur vom Gesetzgeber gelöst werden können. Ein Beispiel dafür ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das u.a. die Einrichtung von Meldestellen für Ver-stöße bei den Arbeitsbedingungen in Betrieben ab 1.000 Mitarbeitenden vorsieht. „Noch effektiver könnte die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten in Bezug auf Werkvertragsfir-men sein“, ist sich Jaehrling sicher. „Im Gegensatz zur Leiharbeit haben Betriebsräte aktuell keine Möglichkeit, den Einsatz von Werkvertragsfirmen zu unterbinden, etwa wenn schwerwiegende Geset-zesverstöße vorliegen. Dieses Mitbestimmungsrecht wäre jedoch zwingend erforderlich.“

Weitere Informationen:
Report

IAQ: Frederic Hüttenhoff, Tel. 0203-37-92394, frederic.huettenhoff@uni-due.de, Dr. Karen Jaehrling, Tel. 0203-37- 92635, karen.jaehrling@uni-due.de   

Redaktion: Katja Goepel, Pressereferentin IAQ, Tel. 0203-37-91836, katja.goepel@uni-due.de

 

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