Leitende Wissenschaftler:innen des Friedensgutachtens
© PRIF/Yvonne Blum

Friedensgutachten 2024 vorgestellt

Welt ohne Kompass

  • 10.06.2024

Das globale Konfliktgeschehen hat sich im vergangenen Jahr weiter verschärft: Der Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza, die anhaltende Aggression Russlands gegen die Ukraine sowie Militärputsche und dschihadistische Gewalt in Afrika forderten zehntausende Opfer. Das Friedensgutachten 2024 empfiehlt erste Schritte, um Gewaltspiralen zu durchbrechen und Konfliktursachen zu bearbeiten. Die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute, darunter das Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen, haben das Gutachten heute in Berlin vorgestellt.

Die internationale Gemeinschaft sieht sich multiplen Krisen ausgesetzt. Die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute* plädieren angesichts dieser dramatischen Lage entschieden für eine Neubesinnung auf Kernprinzipien des Multilateralismus. Dazu, so die Friedensforscher:innen, gehöre eine konsequente Ausrichtung an Völkerrecht und internationaler Gerichtsbarkeit, die nicht zuletzt im Umgang der Bundesregierung mit dem Israel-Gaza-Krieg geboten sei.

Der brutale Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 hat Israel tief erschüttert und weltweit Entsetzen hervorgerufen. Israel habe, so die Friedensforschenden, zweifelsohne das Recht zur Selbstverteidigung. Dennoch bewerten die Friedensforschungsinstitute die militärische Reaktion der israelischen Armee im Gazastreifen aufgrund der vielen zivilen Opfer kritisch. Die Friedensforscher:innen empfehlen in ihrem Gutachten der Bundesregierung deshalb, die Lieferung von Munition sowie von Klein- und Leichtwaffen an Israel bis zum Ende des Krieges auszusetzen. Während sich die langfristige Bearbeitung des Konfliktes am Ziel der Zweistaatenlösung zu orientieren habe, bedürfe es kurzfristig neben einer Waffenruhe und der Befreiung der Geiseln einer international verantworteten Übergangsphase für den Gazastreifen, die die humanitäre Versorgung, wirtschaftliche Erholung und politische Perspektiven ermöglicht.

Weitgehend abseits der internationalen Aufmerksamkeit stagniert in vielen Staaten die Umsetzung der 2015 verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen. „Die Bilanz der SDGs ist zur Halbzeit der Umsetzung der Agenda 2030 ernüchternd: Bei mehr als 30 Prozent der Ziele sind keine Fortschritte oder sogar Rückschritte gegenüber dem Ausgangsjahr 2015 zu verzeichnen. Besonders betroffen sind Länder in Subsahara-Afrika, die von staatlicher Fragilität sowie Gewalt geprägt sind“, so Prof. Dr. Tobias Debiel, stellvertretender Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF) an der Universität Duisburg-Essen. Das vom INEF koordinierte Kapitel „Nachhaltiger Frieden“ zeigt auf, dass die Förderung von Frieden und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele in afrikanischen Ländern durch die verstärkte Berücksichtigung lokaler Wissensbestände und Ansätze der Konfliktbearbeitung vorangebracht werden kann. So leiste der Einsatz örtlicher Friedensaktivist:innen etwa im Norden Ghanas oder in Nordkenia einen wichtigen Beitrag zur Bearbeitung ethnischer Konflikte.

*Das Friedensgutachten ist das gemeinsame Gutachten der deutschen Friedensforschungsinstitute: Bonn International Center for Conversion (BICC), Institute for Peace Research and Security Policy in Hamburg and Berlin (IFSH), Institut für Entwicklung und Frieden der UDE (INEF) und Peace Research Institute Frankfurt (PRIF).

Im Bild:
(v.l.) Prof. Dr. Conrad Schetter (BICC), Prof. Dr. Christopher Daase (PRIF), Prof. Dr. Ursula Schröder (IFSH) und Prof. Dr. Tobias Debiel (INEF/UDE).

Weitere Informationen:
https://www.friedensgutachten.de/

Prof. Dr. Tobias Debiel, Institut für Entwicklung und Frieden, Tel. 0203/379-2049 (Sekretariat), tobias.debiel@uni-due.de

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