Eine runde Struktur in Form von Yin und Yang, gebildet aus in blau dargestellten ferroelektrischen und magnetischen Mustern in rot.
© R. Msiska/J. Schaab/D. Meier/amb design & illustrations

Richtungweisende Studie

Neue Möglichkeiten des Reservoir Computings

Spracherkennung, Wettervorhersagen, Smart Home-Anwendungen: Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge erobern unseren Alltag. Vielversprechend sind dabei Systeme, die auf Reservoir Computing basieren. Hierzu forscht die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Karin Everschor-Sitte, Theoretische Physik der UDE. Sie befasst sich vor allem mit neuen Möglichkeiten des Reservoir-Computings, etwa durch magnetische Materialien. Jetzt hat das Team in einer richtungweisenden Studie gemeinsam mit Spezialist:innen aus dem Bereich ferroelektrischer Materialien gezeigt, dass sich auch diese Systeme eignen, um komplexe Daten schneller und effizienter zu verarbeiten. Die Ergebnisse veröffentlichte nun Nature Reviews Physics.

Vereinfacht ausgedrückt wird beim Reservoir Computing ein großes Netzwerk (das Reservoir) genutzt, um komplexe Aufgaben in eine leicht zu verarbeitende Form zu bringen. „Als physikalisches Reservoir eignet sich jedes System, das über vier Kerneigenschaften verfügt: Komplexität, Kurzzeitgedächtnis, Nichtlinearität und Reproduzierbarkeit“, erklärt UDE-Professorin Karin Everschor-Sitte. „Sehr interessant sind magnetische Muster auf der Nanoskala, vor allem so genannte Skyrmionen. Diese magnetischen Wirbel kann man bewegen und anregen – etwa durch elektrische Ströme, Temperatur, Spannung oder Lichtpulse –, sodass sie sich vergrößern, verkleinern oder verformen. Weil diese Systeme gut manipulier- und messbar sind, lassen sich energieeffiziente und leicht zu steuernde Reservoirs konstruieren. Sie sind mit unserer derzeitigen Computer-Hardware kompatibel.“

Mit ihren Forschungen haben Everschor-Sitte und ihr Team vor etwa sieben Jahren den Grundstein für das magnetische Reservoir-Computing gelegt. Jetzt entwickelten sie in Kooperation mit Kolleg:innen der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) die Idee einer neuen Variante: ferroelektrisches Reservoir-Computing, das auf den besonderen Eigenschaften ferroelektrischer Materialien beruht: „Diese können Energie gut speichern, sie können ihre elektrische Polarisation ändern, etwa durch ein elektrisches Feld oder durch Temperatur; sie haben ein schnelles Schaltverhalten, und sie lassen sich mechanisch verformen“, zählt Co-Autor Dr. Atreya Majumdar (UDE) die Vorzüge auf.

Weil die magnetischen wie auch die ferroelektrischen Materialien so vielseitig sind, können auch die Systeme multidimensional und hybrid angelegt werden: Das heißt, sie haben viel größere Fähigkeiten, Daten zu verarbeiten, komplexe Muster zu erkennen und Informationen darzustellen. Auch vergangene Eingaben können besser gespeichert und genutzt werden; das ist besonders bei zeitabhängigen Daten wichtig.

Mit den neuen Möglichkeiten des Reservoir Computing ließen sich künftig leistungsfähigere Anwendungen entwickeln, die mit Sprach- und Bilderkennung, Sensorik oder eingebetteten Systemen zu tun haben. „Smart Home-Applikationen und das Internet der Dinge brauchen kompakte Systeme, die schnell sind und wenig Energie verbrauchen“, so Majumdar. „Das Reservoir Computing ist hierbei eine vielversprechende Lösung.“

 

Im Bild: Yin und Yang aus ferroelektrischen (blau) und magnetischen Mustern (rot).

Originalpublikation: https://www.nature.com/articles/s42254-024-00729-w

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Karin Everschor-Sitte, Theoretische Physik, Tel. 0203/37 9-4720, karin.everschor-sitte@uni-due.de
Dr. Atreya Majumdar, Theoretische Physik, Tel. 0203/37 9-4717,atreya.majumdar@uni-due.de

Redaktion: Ulrike Bohnsack, Tel. 0151-74448046, ulrike.bohnsack@uni-due.de

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