Landschaftsaufnahme der Talsperre kleine Kinzig
© TZW, Michael Hügler

KI gestützte Vorhersagen

Frühwarnsystem für Trinkwasserversorger

Rund 12 Prozent des Trinkwassers in Deutschland stammen aus Seen und Talsperren. Deren Zustand wird maßgeblich von den darin lebenden Organismen bestimmt. Der Klimawandel, Umweltverschmutzungen und invasive Arten wie Blaualgen gefährden jedoch die Biodiversität – und damit die Qualität des Trinkwassers. Im Forschungsprojekt IQ Wasser* untersucht ein interdisziplinäres Team der Universität Duisburg-Essen die mikrobiologische Biodiversität mithilfe von Umwelt-DNA-Analysen. Ziel ist die Entwicklung eines KI-gestützten Frühwarnsystems, das Veränderungen in der Wasserqualität erkennt.

„Etliche Lebewesen tragen zur Wasserqualität in Trinkwasserreservoiren bei“, erläutert Dr. Julia Nuy aus der Umweltmetagenomik am Research Centre One Health. „Muscheln filtern Partikel aus dem Wasser, Bachflohkrebse zerkleinern organisches Material, und bestimmte Bakterien verstoffwechseln Stickstoff oder Kohlenstoff.“ Dabei gilt: Je höher die Artenvielfalt, desto stabiler bleiben ökologische Dienstleistungen wie etwa das Filtern des Wassers.

Die Rolle der Biodiversität und insbesondere die mikrobiologische Vielfalt wird bei der Bewertung der Wasserqualität bislang jedoch kaum berücksichtigt. Mikroorganismen wie Bakterien übernehmen dabei wesentliche Funktionen im Ökosystem, bergen aber auch Risiken, wie etwa Cyanobakterien (Blaualgen), die sich bei steigenden Temperaturen ausbreiten.

In den nächsten drei Jahren nimmt das interdisziplinäre Team vier Mal pro Jahr Proben in der Wahnbachtalsperre und in der Talsperre Kleine Kinzig. „Nach der Filterung extrahieren wir die DNA und sequenzieren sie vollständig“, erläutert Dr. Julia Nuy, die das Teilvorhaben Mikrobielle Ökologie und Biodiversität leitet. „Damit arbeiten wir genom-aufgelöst und können aus kleinen Fragmenten nahezu vollständige Genome rekonstruieren, das gibt präzise Einblicke in die mikrobielle Vielfalt und die Dienstleistungen eines Ökosystems“, erklärt Dr. Julia Nuy. „Anhand der Genome können wir beispielsweise erkennen, ob Bakterien Stickstoff oder Kohlenstoff verstoffwechseln – eine zentrale Funktion für das Ökosystem“.

Ein weiterer Fokus liegt auf dem Pathogenitätspotenzial: „Wir untersuchen, wie sich Antibiotikaresistenzen zeitlich entwickeln, ob bestimmte Resistenzgene nur in spezifischen Bakterien vorkommen oder in einer breiten Vielfalt von Mikroorganismen. Zudem analysieren wir, ob aktuelle Trends beim Antibiotikaeinsatz in den untersuchten Bakterien nachweisbar sind“, so Nuy.

Die gewonnenen Daten fließen in KI-Modelle ein, die Umweltveränderungen und ihre Auswirkungen auf die Biodiversität vorhersagen. „Unser Ziel ist es, ein Frühwarnsystem für Trinkwasserversorger zu schaffen“, betont Nuy. „So können potenzielle Gefahren wie Algenblüten oder antibiotikaresistente Keime frühzeitig erkannt und gezielte Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.“

* IQ Wasser wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit etwa zwei Millionen Euro gefördert und vom TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser Prof. Dr. Andreas Tiehm koordiniert. An der UDE ist Prof. Dr. Alexander Probst Konsortialpartner. Weitere Partner sind das Fraunhofer-Institut IOSB (Dr. Christian Kühnert), das Museum für Naturkunde Berlin (Dr. Sabrina Kirschke) sowie Moldaenke GmbH (Christan Moldaenke) und Ident Me GmbH (Anne Findeisen).

 

Weitere Informationen:
https://tzw.de/projekte/projektdetails/detail/projekte/iq-wasser-ki-biodiversitaet
Dr. Julia Nuy, Umweltmetagenomik, Research Centre One Health, Tel. 0201/183 4109, Mail julia.nuy@uni-due.de

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